Liebe & Sexualität
Wie sich in Partnerschaften Essgewohnheiten und Gewicht ändern
Veröffentlicht am:20.08.2025
6 Minuten Lesedauer
Die Hose kneift und die Bluse spannt. Wenn Paare zusammenziehen, ändern sich häufig die Essgewohnheiten und das Gewicht steigt bei beiden. Wie ist dieses Phänomen zu erklären und wie lässt sich Übergewicht in einer Beziehung vermeiden?

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Warum ändern sich bei Paaren die Ernährungsgewohnheiten?
Liebe geht durch den Magen, sagt ein Sprichwort. Ein gutes Essen kann dazu beitragen, das Herz eines anderen Menschen zu erobern und seine Zuneigung zu gewinnen. Liebe und Partnerschaft können sich allerdings auch auf das Gewicht auswirken. Menschen in einer Partnerschaft wiegen im Durchschnitt mehr als Singles.
Paare, die in einer festen Beziehung und in einem gemeinsamen Haushalt leben, nehmen im Laufe der Zeit oft deutlich an Gewicht zu. Der Grund: Ernährungsgewohnheiten verändern sich, neue Routinen entstehen. Morgens wird gemeinsam gefrühstückt statt wie bisher gar nichts oder nur wenig zu essen. In Gesellschaft schmeckt es in der Regel auch besser als alleine. Die Folge: Es werden mehr Kalorien aufgenommen und das macht sich dann auf der Waage bemerkbar. Eine deutsche Panelstudie zeigt: Innerhalb von vier Jahren steigt das Gewicht bei einem Mann, der vor dem Zusammenziehen leichtes Übergewicht hatte, im Durchschnitt um etwa 7,5 Kilogramm an.
Eine amerikanische Studie zeigt: Ernährt sich ein Partner ungesund und isst praktisch kein Obst, Gemüse, keine Vollkornprodukte und keinen Fisch, übernimmt der andere häufig diese Essgewohnheiten. Nimmt ein Partner stark zu, dann steigt meistens auch bei dem anderen das Gewicht. Anders sieht es dagegen aus, wenn ein Partner bereits stark von Übergewicht betroffen ist und erfolgreich abnimmt. Die Abnahme beeinflusst bei dem anderen das Gewicht kaum. Das Risiko bleibt bestehen, übergewichtig zu werden.
Wann Paare gemeinsam zunehmen
Lange Zeit wurde vermutet, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen einer Eheschließung und einem höheren Gewicht. Doch nicht der Trauschein ist entscheidend, sondern das erste gemeinsame Heim. Die Veränderung in der Beziehung führt häufig dazu, dass sich die täglichen Essgewohnheiten ändern und beide bei ihren gemeinsamen Mahlzeiten mehr Kalorien aufnehmen als alleine.
Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative gemeinsame Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, der Universität Mannheim, der Universität Leipzig und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen untersuchten, wie sich der Beziehungsstatus langfristig auf den Body Maß-Index (BMI) auswirkt und wann Paare am meisten zunehmen. Daten von fast 21.000 Menschen im Alter zwischen 19 und 100 Jahren wurden über einen Zeitraum von 16 Jahren ausgewertet. In Interviews stellten die Forschenden Fragen zum Beispiel zur Ernährung, zum Sport, Rauchen, zu Veränderungen im Berufsleben oder zum eigenen Gesundheitsempfinden. Die Studie zeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen Beziehungsstatus, BMI und Gewicht gibt.
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Steigt in der Ehe das Risiko für Adipositas?
Die Studienlage ist nicht eindeutig und die Ergebnisse sind widersprüchlich. Einige Studien zeigen, dass bei Männern und Frauen in einer Ehe mit größerer Wahrscheinlichkeit Adipositas (Fettleibigkeit) auftritt. Andere Studien sehen diesen Zusammenhang nicht oder nur bei einem Geschlecht. In einer amerikanischen Studie wurde untersucht, wie sich die Dauer des Zusammenlebens darauf auswirkt, dass bei Paaren Adipositas auftritt. Paare haben häufig auch einen ähnlichen BMI. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie sind:
- Paare, die verheiratet sind oder zusammenleben, haben ein höheres Risiko für Adipositas.
- Bei Frauen stieg die Wahrscheinlichkeit, von Fettleibigkeit betroffen zu sein, wenn sie länger als ein Jahr mit einem Partner zusammenlebten, bei Männern war sie zwischen dem ersten und zweiten Jahr signifikant höher.
- Männer, die zwischen einem und zwei Jahren in einer Partnerschaft lebten, hatten ein doppelt so hohes Risiko, Adipositas zu entwickeln, wie alleinlebende Männer.
- Die Dauer der Partnerschaft hat einen starken Einfluss darauf, ob sich eine Adipositas entwickelt. Lebte das Paar mehr als zwei Jahre zusammen, hatten beide häufig Übergewicht und waren wenig körperlich aktiv.
- Verheiratete Paare sowie Paare in einer Lebensgemeinschaft lebten in puncto Adipositas und Zeit vor dem Bildschirm ungesünder als Paare, die nicht zusammenwohnten.
- Diese Ähnlichkeit hängt vermutlich mit Prozessen bei der Partnerauswahl zusammen. Denn Menschen neigen scheinbar dazu, sich einen Partner oder eine Partnerin mit einem ähnlichen Körpertypus zu suchen. Das hat eine Untersuchung an der Universität Heidelberg gezeigt. Menschen mit einem normalen Gewicht wählten in der Regel eine Partnerin oder einen Partner mit normalem Gewicht, Menschen mit Übergewicht wählten eher einen Partner oder eine Partnerin aus, der oder die ebenfalls von Übergewicht betroffen ist.
Die Autorinnen der Studie vermuten, dass sich Frauen in einer Partnerschaft oft sozial verpflichtet fühlen könnten, regelmäßige Mahlzeiten und größere Portionen zu sich zu nehmen. Deshalb nähmen sie zu. Außerdem sinke ihre Motivation, ihr Gewicht zu halten.
Adipositas in Deutschland
Etwa zwei Drittel der Männer (67 Prozent) und die Hälfte der Frauen (53 Prozent) in Deutschland sind von Übergewicht betroffen. Jeder vierte Erwachsene sogar von starkem Übergewicht (Adipositas). Mit zunehmendem Alter steigt die Zahl der Menschen mit Adipositas. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat starkes Übergewicht vor allem bei Männern und jungen Erwachsenen zugenommen. Deutlich geringer sind die Zahlen bei Menschen mit hohem sozioökonomischen Status.
Wie sich Krisen und Trennungen auf das Essverhalten auswirken
Kriselt es in der Beziehung, hat das Paar häufig ein niedrigeres Gewicht als in einer problemlosen Partnerschaft. Dafür kann es mehrere Gründe geben: weniger gemeinsame Mahlzeiten, die Probleme wirken sich psychosomatisch aus oder jemand nimmt bewusst ab, weil möglicherweise ein neuer Partner oder eine neue Partnerin gesucht wird.
Scheitert die Beziehung und das Paar trennt sich, verschwinden die Kilos häufig wieder. Der BMI sinkt oft wieder auf den Wert, der vor dem Zusammenziehen gemessen wurde. Ein Grund dafür könnte die sogenannte „Heiratsmarkthypothese“ sein: Wer auf Partnersuche ist, bemüht sich eher um ein niedrigeres Körpergewicht, weil das mit Attraktivität verbunden wird.
Eine Untersuchung der Universität Heidelberg bestätigt diese Vermutung. Singles achten eher auf ihr Gewicht, wenn die Konkurrenz bei der Suche nach einer Partnerin oder einem Partner groß ist. Sie glauben, ein niedrigeres Gewicht wirke anziehender auf andere und könne ihre Chancen verbessern. Sobald ein neuer Partner oder eine neue Partnerin gefunden ist und sie wieder in einer Partnerschaft leben, steigt ihr Gewicht.
Besonders große Auswirkungen auf das Gewicht hat eine Scheidung. Danach nehmen Frauen und Männer am meisten zu. Das könnte damit zusammenhängen, dass sie – insbesondere Männer – zur Zeit der Scheidung schon wieder in einer neuen Beziehung leben.

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Als Paar aktiv werden
Wenn Sie und Ihr Partner oder Ihre Partnerin Übergewicht vermeiden oder wieder loszuwerden möchten, empfiehlt es sich, dass Sie gemeinsam eine Ernährungsberatung nutzen oder einen Abnehmkurs besuchen. Motivieren Sie sich gegenseitig dabei, die ungesunde Lebensweise zu ändern und sich gesünder zu ernähren. Die AOK unterstützt ihre Versicherten mit einer Reihe von Gesundheitskursen dabei, aktiv abzunehmen.
Passende Angebote der AOK
Ernährungsberatung
Wer abnehmen möchte, muss seine Ernährung häufig dauerhaft ändern. Die Ernährungsberatung der AOK zeigt, wie das gelingen kann und unterstützt bei der Umsetzung.
Tipps für das gemeinsame Abnehmen
Gemeinsam abnehmen macht mehr Spaß. Die Motivation ist höher, Erfolge können gemeinsam gefeiert und Tiefs leichter überstanden werden. Mit diesen Tipps gelingt der Gewichtsverlust leichter:
- Machen Sie einen Ernährungsplan mit gesunden Mahlzeiten für die ganze Woche.
- Führen Sie ein gemeinsames Ritual ein: Treiben Sie am Wochenende zusammen Sport. Wählen Sie eine Sportart aus, die Ihnen beiden Spaß macht.
- Gehen Sie in eine Selbsthilfegruppe. In netter Runde können Sie sich mit anderen austauschen sowie Tipps, Informationen und Anregungen zum Abnehmen bekommen.
- Oder gründen Sie selbst eine Selbsthilfegruppe. Der Adipositas Verband Deutschland e. V. unterstützt Sie dabei.
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