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Von wegen schonen – bei den meisten Schmerzen hilft Bewegung

Veröffentlicht am:15.09.2021

5 Minuten Lesedauer

Plötzlich fährt ein stechender Schmerz in den Rücken, beim Sitzen fühlt es sich an, als ob ein Gewicht ins Kreuz drückt. Schonung klingt bei Rückenschmerzen besonders verlockend. Mediziner raten ihren Patienten jedoch auch bei Schmerzen dazu, in Bewegung zu bleiben. Sei es beim Hexenschuss, Fehlhaltungen oder einem Muskelkater. „Wer rastet, der rostet“, heißt es so schön. Im Interview verrät Univ.-Prof. Dr. Ingo Froböse, Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation / Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung, warum Bewegung den schmerzenden Rücken wieder schneller fit macht.

Ein junges Paar bleibt bei Rückenschmerzen in Bewegung und macht Übungen im Wohnzimmer.

© iStock / svetikd

Warum ist Bewegung für die Genesung des Bewegungsapparates wichtig?

Bewegung aktiviert die Heilkräfte im Körper. Das geschieht auf ganz unterschiedliche Weise. Insgesamt können wir vier verschiedene Mechanismen unterscheiden.

Univ.-Prof. Dr. Ingo Froböse, Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation / Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung.
Univ.-Prof. Dr. Ingo Froböse, Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation / Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung.

© Sebastian Bahr

  1. Bewegung hilft dabei, Stoffwechselprozesse anzustoßen. Diese sind wichtig, um Strukturen schneller aufzubauen und abbauen zu können.
  2. Bewegung kurbelt das Immunsystem an, was wiederum Regenerationsprozesse unterstützt.
  3. Bewegung wirkt entzündungshemmend, indem durch Aktivität antientzündliche Botenstoffe freigesetzt werden.
  4. Bewegung unterstützt das mentale Wohlbefinden, da sie für Ablenkung sorgt und das Selbstvertrauen stärkt.

„Der Körper hängt am Tropf der Bewegung. Stimulation braucht stets einen Reiz und genau dort kommt die Bewegung ins Spiel.“, so Dr. Ingo Froböse.

Bei welcher Art von Rückenschmerzen bietet sich welche Bewegung an?

Etwa 90 Prozent der Schmerzen im Rücken sind unspezifisch. Das bedeutet, dass keine organische Ursache gefunden wird. Häufig liegt hier eine Muskelverspannung vor. Unspezifischen Schmerzen sollte mit unspezifischer Bewegung begegnet werden. Die Bewegung zielt also nicht auf einen bestimmten Bereich im Rücken ab. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass wenn nach 16 bis 18 Stunden keine intensiveren Schmerzen auftreten, war die Bewegung gut gewählt. Es gibt einen Grund, warum 16 bis 18 Stunden angesetzt werden. So lange braucht der Körper, bis Entzündungsprozesse und damit Beschwerden eintreten. Das können Rötung, Schmerzen oder Schwellung sein.

Bei unspezifischen Schmerzen sollte die Muskulatur aktiviert werden, das wirkt sich auf das Bindegewebe aus und hilft dabei, Gelenke zu ernähren. Dehnung und Lockerung aber auch Anspannung und Kräftigung sind bei Rückenschmerzen wichtig. Bestehen spezifische Schmerzen, zum Beispiel im Lendenwirbelbereich, ist es wichtig, auch die Umgebungsstruktur zu beachten. Schließlich sind Muskeln Teamplayer. Eine zu geringe Bauchmuskulatur kann beispielsweise Rückenschmerzen verursachen. Da Muskeln über mehrere Gelenke durch Faszien miteinander verbunden sind und sich durch den gesamten Körper ziehen, können Nackenschmerzen beispielsweise auch von der Schulter herrühren.

„Bei anhaltenden unspezifischen Rückenschmerzen es wichtig, sich zu dehnen, zu lockern und letztendlich zu kräftigen.“

Univ.-Prof. Dr. Ingo Froböse
Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation / Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung

Welche Rückenschmerzen sollten nicht mit Bewegung kombiniert werden?

Akuten oder starken Schmerzen sollte nicht mit Bewegung, sondern zunächst mit Ruhe begegnet werden. Es macht keinen Sinn, eine stark verkrampfte Muskulatur, die steinhart ist, zu aktivieren. Hier bieten sich zunächst ein bis zwei Tage Ruhe an. Wärme, zum Beispiel ein Wannenbad, sind nun besonders wohltuend. Nach der akuten Phase kann mit leichten Übungen in die Bewegung zurückgefunden werden. „Ein Genug an Bewegung gibt es nicht, sondern lediglich ein Zuviel.“, erklärt Froböse.

Wie kann ich mit Bewegung Rückenschmerzen vorbeugen und wieviel Bewegung am Tag ist genug?

Die Weltgesundheitsorganisation hat in ihren Richtlinien klare Aussagen zum Thema Bewegung gemacht. Sie rät zu 150 bis 300 Minuten Kreislauftraining pro Woche. Das entspricht einer täglichen sportlichen Aktivität von 30 bis 40 Minuten. Allerdings sind die negativen Auswirkungen von Mangelbewegung im Arbeitsalltag nicht durch Training nach dem Feierabend wieder wettzumachen, das haben Studien gezeigt. Um Rückenschmerzen effektiv entgegenzuwirken, braucht es also zusätzlich zur sportlichen Aktivierung auch eine Aktivierung im Alltag.

Frau bleibt in Bewegung und trainiert mit Fitnesstrainer an Geräten.

© iStock / Satyrenko

Sport beugt Rückenschmerzen vor, um alle Muskeln zu reizen empfehlen Experten eine Mischung aus Ausdauer- und Muskeltraining, zum Beispiel unter Anleitung in einem Fitnessstudio.

Da etwa 150 Muskeln auf den Rücken einwirken, ist zudem nicht nur Bewegung in Form von Fahrradfahren oder Joggen empfehlenswert, sondern auch ein Muskeltraining. Schließlich leben Muskeln von einem täglichen Reiz und wachsen nur dann, wenn sie entsprechend stark beansprucht werden. Vor allem die asymmetrische Bewegung ist gut, denn so können tiefe Muskeln angesprochen werden. Ich empfehle gerne ein angeleitetes Training. Im Fitnessstudio können beispielsweise sinnvolle Übungen erlernt werden, die dann zu Hause fortgesetzt werden können. Große Muskeln lassen sich unter anderem gut mit Trainingsgeräten trainieren.

Welche Übungen sind auch für ältere Patienten mit Rückenschmerzen geeignet?

Jede Bewegung ist gut für den Körper. Lassen körperliche Einschränkungen kein intensives Training zu, sind auch Spaziergänge und leichte Kraftübungen sinnvoll, um Rückenschmerzen im Alter entgegenzuwirken.

„Ein Training unter Anleitung im Fitnessstudio kann sinnvoll sein, da sich für ein isoliertes Training großer Muskeln spezielle Gerätschaften wunderbar eignen.“

Univ.-Prof. Dr. Ingo Froböse
Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation / Zentrum für Gesundheit durch Sport und Bewegung

Wer kann dabei helfen, eine geeignete Trainingsart zu finden?

Personen, die einem Bewegungsfachberuf angehören, können dabei helfen, eine geeignete Trainingsart zu finden. Die Befragung eines Sportwissenschaftlers oder Physiotherapeuten ist also sinnvoll. Sportstudios ermöglichen in der Regel ein Schnuppern, damit die Leistungen zunächst kennengelernt werden können. Wer sich für Bewegungskurse in seiner Nähe interessiert, kann auch bei seiner Krankenkasse nachfragen.

Regelmäßige Bewegung ist wichtig, was hilft dabei, motiviert zu bleiben?

Klare Ziele und kleine Schritte wirken motivierend. Wichtig ist, dass die Ziele erreichbar sind, und zwar innerhalb von 6 bis 8 Wochen. Eine Belohnung kann Wunder wirken. Wird das Ziel erreicht, können beispielsweise neue Turnschuhe oder ein Wellnesswochenende winken. Besonders motivierend ist das Ganze, wenn in sich selbst investiert wird. Ansonsten helfen noch feste Termine oder ein gemeinsames Training mit Freunden dabei, nicht die Lust zu verlieren.

Ein gewisser sozialer (positiver) Druck wird erzeugt, wenn der Familie oder den Bekannten von den sportlichen Zielen berichtet wird. Positive Erlebnisse beim Sport sind sehr wirksam. Wer sich beim Sport eigentlich eher subjektiv unterfordert fühlt, hat auch noch morgen Lust auf Aktivität. Trainieren bis zur absoluten Belastungsgrenze kann allerdings die Motivation schwinden lassen.

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Die AOK bietet ihren Versicherten das Programm AOK Rückenaktiv an. Hier erhalten Interessierte wertvolles Rückenwissen und können mit einem Online-Test überprüfen, wie rückenfit sie sind. Zudem gibt es ein individuelles Trainingsprogramm, das dazu beitragen kann, Rückenschmerzen vorzubeugen und von Prof. Dr. Klaus Pfeifer begleitet wird. Über 15 Wochen hinweg wird mit gezielten Übungen mehr Bewegung in den Alltag integriert, motiviert und individuelles Feedback vermittelt.

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