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Psychologie

Trauma: Wenn die Seele verletzt wird

Veröffentlicht am:18.02.2022

4 Minuten Lesedauer

Ob Naturkatastrophe oder schwer Unfall: Extrem belastende Ereignisse können ein Trauma auslösen. Wichtig: Ein Trauma hat nichts mit Schwäche zu tun. Erfahren Sie, woran Sie ein Trauma erkennen und wann ein Besuch beim Arzt sinnvoll ist.

Ein Mädchen, das unter den Symptomen eines Traumas leidet, sitzt auf dem Bett und hat den Kopf in die Arme gelegt.

© iStock / bunditinay

Was ist ein Trauma?

Unter einem Trauma verstehen Fachleute eine schwere seelische Verletzung, die durch ein extrem belastendes persönliches Erlebnis ausgelöst werden kann. Traumatisierend können verschiedene Situationen und Ereignisse wirken, die so außergewöhnlich bedrohend oder katastrophal sind, dass sie bei fast jedem Menschen eine tiefe Verzweiflung auslösen würden. Hierzu zählen unter anderem:

  • Naturkatastrophen
  • schwere Unfälle
  • Kriege
  • Tod naher Angehöriger
  • lebensbedrohliche Erkrankungen
  • körperliche oder sexuelle Gewalt

Ein Trauma kann eine starke und oft langanhaltende seelische Belastung zur Folge haben. Das hat jedoch nichts mit Schwäche zu tun. Vielmehr gibt es außergewöhnlich belastende Situationen, die ein Mensch nicht ohne Weiteres bewältigen kann. So gesehen handelt es bei einer Traumatisierung um eine komplexe Reaktion auf extreme äußere Einflüsse, welche von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird.

Manche Menschen weisen eine höhere seelische Widerstandsfähigkeit gegen potenziell traumatisierende Einflüsse auf als andere. Dieses Phänomen wird in der Psychologie auch Resilienz genannt. Menschen, die traumatisiert wurden, stehen jedoch keine ausreichenden Möglichkeiten zur Verfügung, um die Situation zu bewältigen. Das erklärt, warum in ähnlichen Situationen Menschen unterschiedlich reagieren beziehungsweise die Einflüsse unterschiedlich verarbeiten.

Was passiert bei einem Trauma?

Bei einem Trauma gerät meist der gesamte Organismus unter immens hohen Stress beziehungsweise in Alarmbereitschaft, um sein Überleben zu sichern. Dabei werden große Mengen an Stresshormonen, zum Beispiel Adrenalin und Noradrenalin, ausgeschüttet, wodurch verschiedene Hirnareale nicht mehr normal zusammenarbeiten können. Dies kann sowohl zu akuten Stressreaktionen als auch zu posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) führen.

Eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Trauma sitzt in einem Stuhlkreis.

© iStock / Vladimir Vladimirov

Psychologische Beratungen oder Selbsthilfegruppen können dabei helfen, ein Trauma zu verarbeiten.

Wie merkt man, dass man traumatisiert ist?

Menschen reagieren verschieden auf ein außergewöhnlich belastendes Ereignis. Außerdem können die kurzfristigen und langfristigen Reaktionen sehr unterschiedlich ausfallen. Die Frage „Bin ich traumatisiert?“ richtet sich im Wesentlichen nach den Traumasymptomen und den nachfolgenden Symptomen der seelischen Verarbeitungsphase.

Zu den typischen unmittelbaren Traumasymptomen gehören:

  • massive Ängste
  • Gefühl der Hilf- und Schutzlosigkeit
  • Entsetzen
  • Gefühl der emotionalenTaubheit
  • Verwirrung
  • Kontrollverlust

Es ist vollkommen normal, nach einer außergewöhnlich belastenden Situation unangenehme Gefühle, Gedanken und körperliche Empfindungen zu erleben – das sind sozusagen normale Reaktionen auf eine nicht normale Situation. Es kann beispielsweise zu Schlafstörungen, innerer Unruhe, Niedergeschlagenheit, Schuldgefühlen oder Grübeln und Gedankenkreisen kommen. Meist klingen solche Reaktionen wenige Stunden bis Tage nach dem Ereignis wieder ab und das Erlebte kann in einen Zusammenhang eingeordnet werden. In manchen Fällen können Symptome auch noch anhalten, wenn die Situation schon lange vorbei ist. Dies kann sich beispielsweise durch ein andauerndes Gefühl der Bedrohung oder vermehrte Schreckhaftigkeit äußern. Auch ein verdrängtes Trauma kann nach einiger Zeit wieder an die Oberfläche kommen.

Zu bedenken ist, dass einige Traumaformen wie körperliche, sexuelle oder emotionale Übergriffe in Partnerschaften oder Familien auch langdauernd bestehen können.

Posttraumatische Belastungsstörung: Symptome

Manche Menschen können ein traumatisches Erlebnis nur schwer oder gar nicht bewältigen und entwickeln als verzögerte psychische Reaktion eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Kennzeichnend für diese Störung sind folgende Symptome:

  • Betroffene lässt das Erlebte nicht los und sie erleben das Ereignis immer wieder in ihren Gedanken. Oft zeigen sich die Erinnerungen sehr plötzlich und deutlich als sogenannte „Flashbacks“.
  • Sie sind besonders wachsam oder in ständiger Alarmbereitschaft. Als Folge der Übererregbarkeit können sie oft schlecht schlafen oder sich kaum konzentrieren.
  • Viele erleben ein Gefühl von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit, fühlen sich gleichgültig gegenüber anderen Menschen oder teilnahmslos und ohne Freude.
  • Betroffene vermeiden Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das traumatische Erlebnis wachrufen könnten.
  • Viele Menschen mit einer PTBS quälen sich mit negativen Gedanken und Schuldgefühlen. Oft ist das Vertrauen in sich und andere erschüttert. Auch das Selbstwertgefühl nimmt oft stark ab.

Außerdem besteht als Traumafolge ein erhöhtes Risiko für Depression, Angst- oder Suchterkrankungen oder psychosomatische Erkrankungen.

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Ist eine Traumatisierung heilbar?

Die meisten Betroffenen mit einem Traumaerlebnis haben gute Heilungschancen. Bei manchen Menschen reicht die Unterstützung durch nahestehende Menschen wie Familie, Freunde oder eine psychologische Beratung, um seelisch wieder ins Lot zu kommen. Andere benötigen eine Psychotherapie, um mit dem Erlebten klarzukommen. Je frühzeitiger professionelle Hilfe erfolgt, desto besser. Hierdurch lässt sich möglicherweise auch einer posttraumatischen Belastungsstörung vorbeugen.

Insbesondere bei einer posttraumatischen Belastungsstörung ist eine rechtzeitige Behandlung durch einen Psychiater oder Psychotherapeuten wichtig. Die Psychotherapie sollte in einem geschützten Rahmen möglichst mit einem Traumaexperten stattfinden, um der meist komplexen Situation gerecht zu werden. Eine Therapie kann in der Regel ambulant erfolgen. Leidet der Betroffene zusätzlich unter schweren depressiven Symptomen oder besteht akute Suizidgefahr, ist eine stationäre Behandlung in einer Klinik wichtig.

Im Zentrum der Behandlung steht in der Regel eine traumafokussierte Psychotherapie, die – falls nötig – durch eine medikamentöse Therapie und weitere Elemente ergänzt werden kann. Ziel der PTBS-Behandlung ist, den Betroffenen darin zu unterstützen, wieder Kontrolle über die ungewollt auftretenden Erinnerungen zu erhalten, das Trauma als Teil seiner Lebensgeschichte zu integrieren, seine Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen und einen neuen Sinn im Leben sowie mehr Lebensqualität zu finden. Zusätzlich können mithilfe einer solchen Therapie auch begleitende Symptome wie Ängste, Depressionen, Schlafstörungen oder Konzentrationsprobleme und etwaige weitere psychische Störungen gebessert werden.

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