Psychologie

Digitale Teilhabe: Chancen, Herausforderungen und Lösungen

Veröffentlicht am:27.11.2025

6 Minuten Lesedauer

Einen Termin beim Arzt buchen, Kindergeld beantragen, neue Freundschaften finden: Viele Dinge sind online möglich. Die Digitalisierung verändert das Leben in vielen Bereichen. Doch wie können alle Menschen davon profitieren und die Potenziale nutzen?

Eine ältere Frau sitzt entspannt auf dem Sofa und tippt etwas in ihr Smartphone ein.

© iStock / PIKSEL

Was bedeutet digitale Teilhabe?

Die digitale Transformation wirkt sich auf viele Bereiche des alltäglichen Lebens aus: auf die Schule, die Familie, den Beruf, die Pflege, das soziale Engagement, aber auch auf das Zusammenleben und den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene nutzen digitale Technologien. Mit dem Smartphone wird gechattet, gespielt, Musik gehört, im Supermarkt bezahlt, per App ein Bahnticket gekauft oder mit dem Tablet ein Film gestreamt.

Für die meisten Menschen ist das ganz selbstverständlich, doch längst nicht für alle. Manche können sich die Technik nicht leisten, andere haben kein Internet und wieder anderen fehlt es an den nötigen Kompetenzen oder sie haben Vorbehalte und innere Barrieren. Digitale Teilhabe bedeutet jedoch, dass jede und jeder an der digitalen Welt teilhaben und sich sicher und souverän darin bewegen kann. Unabhängig von Alter, Geschlecht, Einkommen, Bildungsgrad, Behinderung, Sprache, Herkunft oder Wohnort. Allen Menschen sollte der Zugang zu Computern, Smartphones oder WLAN und der Erwerb von Medienkompetenz ermöglicht werden. Digitale Teilhabe ist soziale Teilhabe.

Welche Möglichkeiten bietet die digitale Gesellschaft?

Die digitale Gesellschaft hat auch mit Vielfalt und Inklusion zu tun. Digitale Plattformen bieten neue Möglichkeiten, sich gesellschaftlich zu engagieren und die eigenen Interessen in die Öffentlichkeit zu tragen. Digitale Werkzeuge ermöglichen, sich politisch zu beteiligen und etwas zu verändern. Viele Menschen können sich so Gehör verschaffen. Wenn es um die Frage von Chancengerechtigkeit geht, spielt ein souveräner Umgang mit digitalen Medien und Online-Anwendungen eine immer wichtigere Rolle.

Für Menschen mit Behinderung hat gerade das Smartphone den Alltag massiv verändert und erleichtert. Damit lassen sich Smart Homes steuern, Texte übersetzen, Bilder beschreiben, Wetterberichte abrufen oder akustische Benachrichtigungen einstellen, wenn die Ampel an der Kreuzung auf grün springt.

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Eine digitale Welt für alle?

Jedes Jahr veröffentlicht die Initiative „Digital für alle“ eine Studie zur digitalen Teilhabe in Deutschland. Im Jahr 2025 wurden 1.003 Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren befragt. Eine große Mehrheit (88 Prozent) sieht die Digitalisierung als Chance für die Gesellschaft. 78 Prozent glauben, dass sie ihr Leben leichter macht und fast 72 Prozent würden gerne mehr digitale Angebote in ihrem Alltag nutzen. Zum Vergleich: 2019 wurde die digitale Transformation noch deutlich kritischer gesehen. 68 Prozent der Befragten sahen damals in der Digitalisierung eine Chance und 31 Prozent eine Gefahr. 2025 glauben 10 Prozent, sie sei eine Gefahr für die Gesellschaft.

Im Jahr 2025 wünschen sich viele Befragte mehr Unterstützung, um nicht abgehängt zu werden. Fast die Hälfte fürchtet, mit der technischen Entwicklung nicht mithalten zu können, mehr als ein Drittel fühlt sich von digitalen Technologien oft überfordert. Auch bei der Selbsteinschätzung zeigt sich Unsicherheit. Die eigenen Digitalkompetenzen werden mit befriedigend bewertet. 16 Prozent würden sogar lieber in einer analogen Welt leben. Weitere Ergebnisse sind:

  • 67 Prozent glauben, die Gesellschaft sei digital gespalten. Mehr als in den Vorjahren (2024: 63 Prozent, 2023: 60 Prozent, 2022: 58 Prozent).
  • 73 Prozent sind der Meinung, die digitale Transformation stärke das gesellschaftliche Miteinander und sei eine Chance für die Demokratie.
  • 41 Prozent sehen die Demokratie jedoch durch Hass und Hetze im Netz ernsthaft bedroht.
  • 63 Prozent sind überzeugt, dass soziale Medien den Austausch politischer Meinungen fördern.
  • Jede und jeder Fünfte (22 Prozent) gab an, digitale Technologien würden das politische Engagement erleichtern.

Digitale Gesellschaft: Welche Rolle spielt das Alter?

Die Digitalisierung geht für mehr als die Hälfte der Menschen (59 Prozent) in Deutschland zu langsam. 22 Prozent halten sie für zu schnell. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede in den Altersgruppen. Bei den 16- bis 29-Jährigen sind im Jahr 2024 nur 12 Prozent der Meinung, das Tempo sei zu schnell, bei den 30- bis 49-Jähringen 14 Prozent. Dagegen hält fast die Hälfte (47 Prozent) der über 75-Jährigen die Digitalisierung für zu schnell.

Digitale Teilhabe für Menschen mit Behinderung

Unterschiede zeigen sich auch bei Menschen mit Behinderung. Unter ihnen gibt es Digital Natives, aber auch diejenigen, die Ängste haben und vor allem offline sind. Bei vielen Menschen mit Behinderung ist die sozioökonomische Situation prekär und das erschwert den Zugang zu digitalen Technologien. Es gibt aber noch weitere Benachteiligungen aus Sicht der Betroffenen. Für jene mit einer psychischen Behinderung oder einer Lernbehinderung sei es schwieriger, digitale Angebote zu nutzen als für Menschen, die in ihrer Mobilität oder Sinneswahrnehmung eingeschränkt sind. Oft werden entsprechende Technologien und Hilfsmittel auch nicht bereitgestellt. Es mangelt an Barrierefreiheit, an Wissen und fachlichem Personal.

Ein älteres Ehepaar sitzt am Küchentisch vor einem Laptop. Neben dem Mann liegen Papiere auf dem Tisch. Ein Blatt hält er in der Hand.

© iStock / Ridofranz

Die Digitalisierung erleichtert auch älteren Menschen den Alltag und erspart ihnen Behördengänge.

Angebote für digitale Teilhabe

Für die digitale Teilhabe reicht es nicht aus, einen technischen Zugang bereitzustellen oder dazu zu motivieren, das Internet zu nutzen. Wichtig ist, Menschen zu befähigen, sich souverän in der digitalen Welt zu bewegen und ihre Risiken richtig einschätzen zu können. Bei Kindern kommt es auf eine frühe Medienerziehung an. Menschen mit Behinderung wünschen sich eine inklusive Bildung und Arbeitswelt. Digitale Technologien wie Videotelefonie oder Messengerdienste ermöglichen Menschen, die das Haus nicht mehr verlassen können, mit anderen in Kontakt zu bleiben.

Passende Angebote der AOK

Digitaler Engel: Projekt für ältere Menschen

Der „Digitale Engel“ ist ein Projekt, das sich an ältere Menschen wendet, die digitale Kompetenzen erwerben möchten. Mit zwei Infomobilen fahren Expertinnen und Experten durch Deutschland – insbesondere in ländliche Regionen. Vor Ort informieren und beraten sie ältere Menschen darüber, wie die Digitalisierung sie beim Einkaufen, bei Behördengängen, dem Austausch mit Familie, Freunden und Freundinnen oder im Bereich Gesundheit unterstützen kann. Unter dem Dach des DigitalPakt Alter soll der „Digitale Engel“ die digitale Teilhabe älterer Menschen fördern.

Auf dem Index

Die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) ist in Deutschland dafür zuständig, Kinder und Jugendliche etwa vor Cybermobbing, sexueller Gewalt oder Radikalisierung in Online-Plattformen zu schützen. Gefährden Medien die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit, werden sie indiziert und in eine Liste für jugendgefährdende Medien aufgenommen.

Schutz von Kindern und Jugendlichen

Digitale und vor allem soziale Medien spielen eine große Rolle bei Kindern und Jugendlichen: um zu kommunizieren, sich zu informieren oder um die Freizeit zu gestalten. Junge Menschen werden zwar oft als Digital Natives bezeichnet, doch es fehlt ihnen häufig an Medienkompetenz, um mit digitalen Medien verantwortungsvoll, kritisch und souverän umzugehen. Zum Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule gehört die Vermittlung von Medienkompetenz. In der Europäischen Union soll der Digital Services Act (DSA) Kinder und Jugendliche schützen. Anbieter von Online-Plattformen sind verpflichtet, besondere Vorkehrungen zu treffen und ein hohes Maß an Privatsphäre, Sicherheit und Schutz zu gewährleisten.

Was ist ein digitaler Führerschein?

Der digitale Führerschein (DsiN–Digitalführerschein) ist ein Weiterbildungsangebot. Damit werden digitale Kompetenzen in verschiedenen Themenbereichen nach bestandener Prüfung zertifiziert. Menschen aller Altersgruppen können den digitalen Füherschein erwerben. Sie lernen, sicher mit digitalen Anwendungen umzugehen, um sie dann im privaten wie im beruflichen Kontext anzuwenden. Vermittelt wird zum Beispiel Hintergrundwissen, wie Sie sich vor Schadsoftware schützen, soziale Medien sicher nutzen oder echte von gefälschten Nachrichten unterscheiden können. Der DsiN-Digitalführerschein wird deutschlandweit angeboten.

Wer die Prüfung ablegen möchte, meldet sich online an und kann die Prüfung digital ablegen. Mit dem DsiN-Digitalführerschein können Sie auch gegenüber Ihrem Arbeitgeber oder Ihrer Arbeitgeberin Ihr digitales Wissen nachweisen und sich beruflich weiterentwickeln.

Fachlich geprüft
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