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Organe

Was kann man gegen Lymphödeme tun?

Veröffentlicht am:22.02.2023

6 Minuten Lesedauer

Ein Lymphödem ist eine Erkrankung des Lymphsystems, bei der Beine, Arme oder andere Körperregionen mit gestörtem Lymphabfluss stark anschwellen können. Das beeinträchtigt die Lebensqualität, aber bestimmte Maßnahmen können die Beschwerden lindern.

Ein Physiotherapeut legt am Bein und Unterschenkel einer Patientin mit Lymphödem einen Kompressionsverband an.

© iStock / Philartphace

Wie funktioniert das Lymphsystem?

In unserem Körper gibt es zwei Gefäßsysteme. In den Blutgefäßen zirkulieren die roten und weißen Blutkörperchen sowie die Blutplättchen und über das Blutplasma werden Wasser, Elektrolyte, Nährstoffe und andere Substanzen zu den Organen unseres Körpers transportiert. Weil aber auch die feinsten Blutgefäße nicht überall hinreichen, tritt Flüssigkeit aus den Blutgefäßen in die Zellzwischenräume über, um alle Gewebebereiche zu versorgen. Diese Gewebeflüssigkeit – die Lymphflüssigkeit oder Lymphe – muss anschließend wieder abgeleitet werden. Dafür sorgt das Lymphgefäßsystem.

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Die Lymphgefäße bilden zusammen mit den lymphatischen Organen das Lymphsystem. Zu den lymphatischen Organen gehören unter anderem die Lymphknoten, die Milz, das Knochenmark und die Mandeln. Die Lymphgefäße transportieren die Lymphflüssigkeit zu den Lymphknoten, wo sie gefiltert wird. Größere Lymphgefäße leiten die gefilterte Lymphe weiter und münden in zwei große Venen oberhalb des Herzens. Dort gelangt die Lymphe zurück in den Blutkreislauf.

Das Lymphsystem dient also einerseits dazu, die aus den kleinsten Blutgefäßen ins Gewebe ausgetretene Flüssigkeit nach dem Verteilen von Wasser und Nährstoffen wieder abzuleiten. Andererseits dient es als Reinigungs- und Transportsystem: Reste abgestorbener Zellen, Giftstoffe, Stoffwechselprodukte der Zellen, Eiweiße und im Darm resorbierte Fette werden über die Lymphflüssigkeit transportiert. Zudem spielt das Lymphsystem eine wichtige Rolle für die Aktivierung der körpereigenen Abwehr, da auch Krankheitserreger über die Lymphe transportiert und in den Lymphknoten abgefangen werden.

Lymphödem – Ursache, Formen und Symptome

Ein Lymphödem entsteht durch Schädigungen der Lymphgefäße, die dazu führen, dass die Lymphflüssigkeit nicht mehr ausreichend abtransportiert werden kann. Die Flüssigkeit staut sich an einer oder mehreren Stellen im Körper und es kommt zu einer Schwellung: dem Ödem. Häufig schwellen Arme oder Beine an, aber auch andere Körperteile können betroffen sein. Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Lymphödemen:

  • Man spricht von einem primären Lymphödem, wenn eine angeborene Fehlbildung der Lymphgefäße vorliegt. Diese Beeinträchtigung kann sich bereits bei der Geburt, aber auch erst im Jugend- oder Erwachsenenalter bemerkbar machen. Das primäre Lymphödem ist sehr selten: Nur etwa einer von 100.000 Menschen ist betroffen.
  • Beim sekundären Lymphödem nimmt das Lymphsystem im Laufe des Lebens Schaden. Es ist sehr viel häufiger als das primäre Lymphödem. Laut einer britischen Studie sind 0,1 Prozent der Bevölkerung an einem Lymphödem oder chronischen Ödem erkrankt, wobei Frauen deutlich häufiger betroffen sind als Männer.

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Mögliche Ursachen des sekundären Lymphödems

Das sekundäre Lymphödem kann als Folge von Erkrankungen, Infektionen, Verletzungen oder nach der Behandlung einer anderen Krankheit entstehen. Weltweit häufigste Ursache ist eine Wurmerkrankung, die sogenannte Filariose. Diese kommt aber in Industrieländern selten vor. Die häufigste Ursache von Lymphödemen in Industriestaaten sind Krebstherapien, bei denen Lymphgefäße bestrahlt oder entfernt werden. Insbesondere bei Brustkrebs oder Prostatakrebs kommt es häufig zu sekundären Lymphödemen. Ein weiterer bedeutender Risikofaktor für Lymphödeme ist starkes Übergewicht (Adipositas). Auch schwere chronische Störungen des Blutabflusses in den Venen können durch eine Überlastung des Lymphsystems zu Ödemen führen, die chronisch entzündliche Prozesse im Gewebe induzieren und in der Folge auch die Lymphgefäße schädigen können.

Symptome des Lymphödems

Die konkreten Symptome hängen beim Lymphödem vom Stadium ab. Unterschieden werden vier Stadien:

  • Stadium 0: Das Lymphgefäßsystem ist zwar schon geschädigt, der Abtransport der Flüssigkeit aber noch ausreichend. Deshalb entsteht noch keine Schwellung. Mögliche Symptome sind ein Schweregefühl und ein schnelles Ermüden des betroffenen Körperteils.
  • Stadium I: Eine leichte Schwellung ist erkennbar, diese klingt aber nachts oder nach längerem Hochlagern der betroffenen Extremität wieder ab. Das Ödem ist weich und auf Druck bleibt eine Delle zurück.
  • Stadium II: Das Gewebe hat sich verhärtet und auf Druck bleibt deshalb keine Delle mehr zurück. Die Haut ist schmerzhaft gespannt, die Schwellung geht durch Hochlagern nicht zurück.
  • Stadium III: Das betroffene Bein oder der Arm ist durch den Lymphstau sehr stark geschwollen und die Beweglichkeit stark eingeschränkt. Die Haut ist an den vom Lymphödem betroffenen Stellen verdickt, vernarbt und neigt zu schlecht heilenden Wunden.

Wie wird ein Lymphödem behandelt?

Ein Lymphödem ist eine chronische Erkrankung, die sich ohne angemessene Behandlung verschlimmern kann. Wie gut sich die Beschwerden lindern lassen, hängt vom Stadium der Erkrankung ab und davon, wie gut die Empfehlungen zu Therapie- und Selbsthilfe-Maßnahmen von den Betroffenen eingehalten werden können. Deswegen sollten Sie beim Verdacht auf ein Lymphödem möglichst schnell ärztliche Hilfe holen. Die Frage, welcher Arzt oder welche Ärztin bei einem Lymphödem für eine mögliche fachärztliche Behandlung eingebunden werden sollten, kann am besten in Ihrer Hausarztpraxis beantwortet werden.

Eine Physiotherapeutin führt bei einer älteren Patientin mit Lymphödem im Oberarm eine manuelle Lymphdrainage durch.

© iStock / JodiJacobson

Mit einer manuellen Lymphdrainage wird bei einem Lymphödem der vermehrte Abtransport von Gewebsflüssigkeit angeregt.

Komplexe Physikalische Entstauungstherapie

Die Behandlung eines Lymphödems erfolgt in den meisten Fällen „konservativ“ – man versucht also, ohne operative oder andere invasive Maßnahmen auszukommen. Ziel der Therapie ist die Verringerung der überschüssigen Flüssigkeitsmenge im Gewebe und die Verbesserung des Lymphabflusses sowie die Eindämmung der chronisch entzündlichen Vorgänge in dem vom Flüssigkeitsstau betroffenen Gewebe. Für die Lymphödemtherapie gibt es eine spezielle Behandlungsform, die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE).

Die KPE setzt sich aus mehreren Einzeltherapien zusammen:

  • Manuelle Lymphdrainage

    Mit einer speziellen medizinischen Massagetechnik, bei der Haut und Unterhaut des Patienten mit bestimmten Grundgriffen gedehnt werden, wird das Lymphsystem zum vermehrten Abtransport von Gewebsflüssigkeit angeregt. Bei fortgeschrittenen Lymphödemen müssen weitere Techniken eingesetzt werden, um auch tiefer gelegene Lymphgefäße zu erreichen und Verhärtungen zu lockern.

    Es gibt auch Apparate zur Entstauungsbehandlung, die wie Manschetten an Arme oder Beine gelegt werden und durch Pumpbewegungen den Transport der Lymphflüssigkeit unterstützen. Sie können die manuelle Lymphdrainage ergänzen. Ihr Einsatz ist aber nicht für alle Betroffenen geeignet.

  • Kompressionstherapie

    Die Kompression mit speziellen Verbänden oder Strümpfen soll einerseits die Entstauung der Arme oder Beine nach der Lymphdrainage aufrechterhalten und andererseits verhindern, dass sich erneut Flüssigkeit im Gewebe ansammelt, indem der Venendruck reduziert wird. Es gibt verschiedene Arten von Bandagen und spezielle Kompressionskleidung wie Handschuhe, Strümpfe oder Ärmel. Damit die Kompression gut wirken kann, müssen die Bandagen beziehungsweise die Kompressionskleidung immer getragen werden.

    Weil die Haut beim Lymphödem verhärtet und besonders anfällig für Entzündungen ist, muss die Kompressionstherapie mit Maßnahmen zum Schutz und zur Pflege der Haut einhergehen. Außerdem sollten Lymphödem-Betroffene strikt darauf achten, selbst kleinere Hautverletzungen zu vermeiden. Sollte es doch zu Verletzungen kommen, können Hautdesinfektionsmittel vor einer Entzündung schützen.

  • Körperliche Übungen

    Über eine dem körperlichen Zustand angemessene sportliche Betätigung und spezielle Übungen zur Aktivierung der vom Lymphödem betroffenen Regionen wird ein erhöhter Abtransport von Gewebsflüssigkeit über die Lymphgefäße erreicht. Das ist wichtig, denn die wiederholte Kontraktion und Entspannung der Muskeln, die in Nähe der Lymphgefäße liegen, ist ein wesentlicher Faktor für den Transport der Lymphe in den Lymphgefäßen. Sport mit Lymphödem sollte mit angelegten Kompressionsbandagen oder -kleidung durchgeführt werden. Atemübungen ergänzen das Training, um das Zwerchfell zu Auf- und Abwärtsbewegungen zu animieren, was den Lymphfluss begünstigt. Besonders Ausdauersportarten wie Radfahren, Schwimmen oder Nordic Walking verbessern den Abtransport von Lymphflüssigkeit.

Medikamente und chirurgische Eingriffe

Spezielle Medikamente gegen Lymphödeme gibt es nicht. Deshalb spielen Arzneimittel bei der Behandlung von Lymphödemen eine untergeordnete Rolle. Lediglich Komplikationen oder Begleiterscheinungen, beispielsweise Hautprobleme, lassen sich medikamentös behandeln.

Eine operative Therapie kann in Betracht gezogen werden, wenn sich der gesundheitliche Zustand trotz einer langfristig durchgeführten KPE (mindestens sechs Monate) verschlechtert, es zu fortschreitenden Gewebeverhärtungen kommt oder ein starker Leidensdruck auf dem Patienten oder der Patientin lastet. Die Art des Eingriffs richtet sich nach Verlauf, Stadium und Ort des Ödems und ist immer mit einer begleitenden konservativen Therapie verbunden.

Kann man einem Lymphödem vorbeugen?

Ein primäres, also anlagebedingtes Lymphödem lässt sich nicht durch vorbeugende Maßnahmen ausschließen. Wohl aber kann man zusätzliche Risikofaktoren vermeiden, wenn man um seine Veranlagung weiß – etwa, weil es gehäufte Fälle in der Familie gibt. Ein entscheidender Risikofaktor ist starkes Übergewicht. Deshalb gilt auch zur Prävention von Lymphödemen: ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung sind wichtig.

Was das sekundäre Lymphödem betrifft, so haben Krebspatienten und -patientinnen ein besonders hohes Risiko für eine Erkrankung – vor allem Brustkrebspatientinnen. Bei ihnen ist es deshalb besonders wichtig, alle Möglichkeiten der Vorbeugung zu nutzen. Dies gilt einerseits mit Blick auf die allgemeinen Empfehlungen, das Lymphsystem mit sportlicher Aktivität zu unterstützen und für eine gesunde Ernährung zu sorgen. Zudem sollten die Patientinnen auf eine gute Hautpflege und die Vermeidung von Verletzungen achten. Da starke Hitze, Kälte und starke körperliche Belastungen Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe begünstigen können, sollte auch dies vermieden werden. Außerdem ist es wichtig, gut zu beobachten, ob es im Rahmen der Krebserkrankung oder -behandlung zu Beeinträchtigungen des Lymphsystems kommt, damit gegebenenfalls möglich frühzeitig mit einer Therapie gegengesteuert werden kann.

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