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Was ist das Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS)?

Veröffentlicht am:11.11.2025

5 Minuten Lesedauer

Das Ehlers-Danlos-Syndrom ist eine Gruppe seltener Erbkrankheiten. Typisch sind stark dehnbare und verletzliche Haut sowie überbewegliche Gelenke. Heilbar ist EDS zwar nicht, durch eine frühe Diagnose können Betroffene aber Verletzungen vorbeugen.

Eine junge Frau zeigt auf ihren überstreckten Arm.

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Ehlers-Danlos-Syndrom und die verschiedenen Formen

Das Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) umfasst verschiedene seltene, erbliche Erkrankungen des Bindegewebes. Typische Merkmale sind sehr bewegliche Gelenke, sehr dehnbare verletzliche Haut und eine erhöhte Anfälligkeit für Verletzungen. Schon länger ist bekannt, dass es unterschiedliche Formen gibt, die weitere Organe betreffen. Die unterschiedlichen Formen können verschieden schwer ausgeprägt sein, manche Betroffene haben nur geringe Anzeichen der Erkrankung und wenig Beschwerden, bei anderen kann dieselbe Form zu schweren Beeinträchtigungen führen. In den 1980er-Jahren wurde zunächst ein Klassifikationssystem mit vielen Untertypen entwickelt. Das führte jedoch in der Praxis oft zu Unsicherheiten. Heute unterscheidet man dreizehn Unterformen des Ehlers-Danlos-Syndroms. Die meisten davon sind sehr selten. Am häufigsten tritt das hypermobile EDS (hEDS) auf. Weitere bekannte Varianten sind das klassische EDS, das vaskuläre EDS sowie das kyphoskoliotische EDS, bei denen neben den übergreifenden Symptomen weitere Beschwerden im Vordergrund stehen.

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Welche Symptome treten bei Ehlers-Danlos-Syndromen auf?

Das Bindegewebe spielt im gesamten Körper eine wichtige Rolle. Es ist verantwortlich für die Stabilität von Haut, Sehnen, Bändern, Blutgefäßen, inneren Organe, Knochen und Augen. Bei Ehlers-Danlos-Syndromen ist das Bindegewebe durch genetische Fehler geschwächt. Je nach EDS-Typ treten verschiedene Beschwerden auf.

Einige Symptome haben die unterschiedlichen Formen gemeinsam:

  • Die Gelenke sind sehr mobil – Menschen mit EDS können etwa ihr Knie stark überstrecken oder die Finger besonders weit nach hinten biegen – also vom Handteller weg Richtung Handrücken.
  • Die Haut ist auffällig dehnbar – Patienten und Patientinnen können sie etwa am Hals, im Gesicht und an den Gelenken mehrere Zentimeter anheben.
  • Die Haut ist sehr verletzungsanfällig und heilt schlecht.
  • Das Bindegewebe ist geschwächt und verletzlich.

Die Ausprägung eines Ehlers-Danlos-Syndroms kann von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein: Während manche Betroffene nur leichte Beschwerden haben, leben andere mit Symptomen, die sie stark einschränken.

Nicht jeder stark bewegliche Mensch ist krank

Übermäßig bewegliche Gelenke treten bei etwa einem von 30 Menschen auf. Überbewegliche Gelenke sind damit über 100-mal häufiger als Ehlers-Danlos-Syndrome, die bei etwas mehr als einem von 5.000 Menschen vorkommen. Wenn bei überbeweglichen Gelenken keine weiteren typischen Symptome bestehen, ist es daher unwahrscheinlich, dass ein Ehlers-Danlos-Syndrom vorliegt.

Eine junge Frau sitzt mit nach vorn gestreckten Armen auf einer Behandlungsliege. Hinter ihr steht ein Physiotherapeut, der ihre Haltung korrigiert.

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In der Physiotherapie lernen Menschen mit dem Ehlers-Danlos-Syndrom Übungen zur Schmerzlinderung.

Wie entsteht das Ehlers-Danlos-Syndrom?

Bindegewebe ist ein wichtiger Bestandteil von vielen Organen wie Haut, Bändern, Sehnen, inneren Organen, Blutgefäßen oder Augen. Das Bindegewebe wird hauptsächlich von Kollagenfasern gebildet. Bei Menschen mit einem Ehlers-Danlos-Syndrom liegt die Ursache in veränderten Genen. Durch sie kann der Körper das wichtige Strukturprotein Kollagen oder Eiweiße, die an der Bildung der Kollagenfasern beteiligt sind, nicht richtig bauen. Besonders sichtbar wird das in Geweben, die reich an Bindegewebe sind, also Haut, Bändern, Gelenken und Blutgefäßen, aber auch inneren Organen oder Augen. Das ist auch der Grund, warum die Symptome so vielfältig ausfallen und in verschiedenen Körperbereichen auftreten. Je nachdem, welche Kollagentypen betroffen sind, unterscheiden sich die Ehlers-Danlos-Typen. Neben gemeinsamen Symptomen wie überbeweglichen Gelenken und verletzlicher, stark dehnbarer Haut sind beim vaskulären Typ vor allem auch Blutgefäße betroffen, die Ausbeulungen (Aneurysmen) bilden und reißen können. Beim kyphoskoliotischen Typ kann es zu einer Verkrümmung der Wirbelsäule und Problemen am Auge kommen, wie einem Einreißen der Hornhaut oder des Augapfels. Für die meisten EDS-Formen sind inzwischen konkrete Mutationen bekannt – beim klassischen EDS sind etwa die Gene COL5A1 oder COL5A2 verändert. Beim hypermobilen Ehlers-Danlos-Syndrom, das der häufigste Typ ist, sind die Genveränderungen noch nicht bekannt. Bei Verdacht auf Ehlers-Danlos-Syndrome wird in der Regel ein Gentest durchgeführt, mit dem sich für einige Typen die Erkrankung diagnostizieren und die Unterform bestimmen lässt.

Wie verbreitet ist das Ehlers-Danlos-Syndrom?

Das EDS gehört zu den seltenen Erkrankungen. Schätzungen zufolge ist ein Mensch von 5.000 betroffen. Am häufigsten ist der hypermobile Typ. Forschende gehen aber davon aus, dass die Erkrankung bei einigen Personen unerkannt bleibt. Die genaue Anzahl der Betroffenen ist demnach nicht bekannt.

So diagnostizieren Ärzte und Ärztinnen Ehlers-Danlos-Syndrome

Der Verdacht auf diese Erkrankung entsteht häufig durch die Symptome in Verbindung mit der Familiengeschichte. Ein Ehlers-Danlos-Syndrom kann aber auch bei Kindern auftreten, in deren Familien eine solche Krankheit bislang nicht bekannt ist. Dann leiten die Symptome zur Verdachtsdiagnose, vor allem wenn Gelenke auffallend überbeweglich sind, die Haut stark dehnbar und verletzlich ist und Wunden schlecht heilen. Die Diagnose wird in der Regel aus der Familiengeschichte und der körperlichen Untersuchung gestellt. Für die Diagnosestellung müssen dabei mehrere Haupt- und Nebensymptome vorliegen. Bei bestimmten Typen – vaskulär, kyphoskoliotisch, arthrochalasis und dermatosparaxis – können Gentests die Diagnose sichern. Oftmals erhalten Patienten und Patientinnen die Diagnose aber anhand der klinischen Symptome und der Familienanamnese, also ohne Gentest. Ehlers-Danlos-Syndrome können von einem Elternteil auf die Kinder vererbt werden (autosomal dominant) oder nur auftreten, wenn beide Eltern ein verändertes Gen weitergeben (autosomal rezessiv). Auch Neuerkrankungen sind möglich, sodass es bei Erkrankten in der Familie zuvor noch keine Fälle von Ehlers-Danlos-Syndromen gab. Für Betroffene ist eine genetische Beratung sinnvoll, bei der sie zum Beispiel erfahren, wie groß das Erkrankungsrisiko für eigene Kinder sein wird.

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Was tun bei Ehlers-Danlos-Syndrom?

Die Erkrankung ist nicht heilbar. Auch wenn die Vielzahl der Symptome durchaus eine Herausforderung für Patienten und Patientinnen sein kann, lernen sie oft, mit dem Syndrom umzugehen – sie können trotzdem ein erfülltes und aktives Leben führen. Dabei helfen verschiedene Behandlungsmethoden, die nicht an der Ursache, sondern an den Symptomen ansetzen. Die Physiotherapie etwa vermittelt Betroffenen Übungen, die das Verletzungsrisiko senken, Schmerzen lindern und die Gelenkgesundheit stärken. Im Rahmen der Ergotherapie lernen Erkrankte Handgriffe, Techniken und Hilfsmittel kennen, die sie bei der Alltagsbewältigung unterstützen. So können Orthesen in bestimmten Situationen vor Verletzungen schützen oder bei schmerzenden Gelenken Linderung bringen. Abhängig vom Ehlers-Danlos-Typ können durch gezielte Untersuchungen gesundheitliche Risiken rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Falls erforderlich, erhalten Patienten und Patientinnen Medikamente zur Schmerzdämpfung. Die Erkrankung empfinden viele Betroffene als beschwerlich. Bei psychischen Problemen kann psychologische Unterstützung erforderlich sein. Oft schätzen Erkrankte auch den Austausch innerhalb von Selbsthilfegruppen. In Deutschland gibt es dafür beispielsweise den Bundesverband Ehlers Danlos Selbsthilfe e.V. oder die Deutsche Ehlers-Danlos Initiative e.V.

Fachlich geprüft
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