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Rückfallprophylaxe: Was der Psyche nach stationärer Behandlung hilft

Veröffentlicht am:05.03.2024

6 Minuten Lesedauer

Depressionen, Burn-Out, Suchterkrankungen - stationäre Behandlungen können bei vielen psychischen Problemen helfen. Doch wie geht es danach weiter? Unser Experte erklärt, wie Betroffene nach der stationären Behandlung einen Rückfall vermeiden können.

Eine junge Frau liegt lächelnd auf einer Wiese und hat die Augen geschlossen.

© iStock / hobo_018

Rückfallprophylaxe: Nach der Behandlung beginnt die Wachsamkeit

Die Behandlung einer psychischen Erkankung endet nicht, sobald die Beschwerden nicht mehr akut sind. Daher steht am Ende jeder psychotherapeutischen Behandlung die sogenannte Rückfallprophylaxe. Doch wie lassen sich die zuvor gemachten Fortschritte nach einer stationären Behandlung festigen und Rückfälle vermeiden?

Wir haben mit Dr. med. Siegmund Golks, MHBA Leitender Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der medius Klinik in Kirchheim, über genau dieses Thema gesprochen.

Dabei ging es unter anderem über die Bedeutung von Bewegung, Schlaf und gesunder Ernährung für die mentale Gesundheit, die Erkennung von persönlichen Frühwarnzeichen sowie die Wichtigkeit eines Krisenplans für den Ernstfall.

Herr Dr. Golks, was können Betroffene nach einer stationären Behandlung tun, um einen Rückfall zu vermeiden?

Die Patienten haben ja hoffentlich verstanden, welche Erkrankung sie haben, wie sie behandelt wird und auf welche Faktoren sie Einfluss nehmen können. Das sollten Sie im Alltag umsetzen und sich dabei von einem lokal niedergelassenen Psychiater unterstützen lassen. Besteht ein Vertrauensverhältnis zum eigenen Hausarzt, kann die Unterstützung auch von diesem kommen.

Häufig wird auch eine ambulante Psychotherapie empfohlen, wobei es durch hohe Nachfrage schwierig sein kann, dafür einen Platz zu finden. Manche Patienten, insbesondere solche die an Suchterkrankungen leiden, profitieren auch von Selbsthilfegruppen oder eben der Suchtberatung.

Für die ambulante Unterstützung von Patienten nach einer stationären Behandlung gibt es eine breite Palette von Angeboten. Welche davon im Einzelfall genau genutzt werden können und sollten, wurde idealerweise schon gegen Ende der stationären Behandlung besprochen und organisiert.

Muss die Rückfallprophylaxe also individuell auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt werden?

Ja, denn es gibt ja verschiedene psychiatrische Erkrankungen und auch wenn zwei Patienten formal die gleiche Erkrankung haben, heißt das noch nicht, dass für beide die selben Angebote für die Rückfallprophylaxe zu empfehlen sind. Dafür sind die individuellen Ausprägungen der Erkrankungen einfach oft zu unterschiedlich.

Darüber hinaus geht es ja nie nur um die bloße Erkrankung sondern um Personen, und die verfügen grundsätzlich über sehr unterschiedliche Ressourcen, soziale Umfelder, et cetera. Auch von daher muss man das immer sehr individuell zuschneiden.

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Können Bewegung und sportliche Aktivität das mentale Wohlbefinden verbessern?

Bewegung ist natürlich immer gut, das gilt für Menschen mit psychischen Vorerkrankungen genauso wie für jede andere Person auch. Im Rahmen der eigenen Möglichkeiten für einen aktiven Lebensstil und ausreichend Zeit an der frischen Luft zu sorgen, ist sehr wichtig für die Rückfallprophylaxe.

Eine Möglichkeit für Bewegung an der frischen Luft, die in Japan schon als Therapiemethode akzeptiert ist, ist der ganz klassische Waldspaziergang. Dessen positive Effekte auf die körperliche und psychische Gesundheit sind weithin bekannt und erfahren in den Medien aktuell wieder mehr Aufmerksamkeit, manchmal auch in Verbindung mit Achtsamkeitsübungen.

Wie sollte das Schlafverhalten für die Rückfallprophylaxe aussehen? Wie viel Schlaf ist sinnvoll?

Ein geregelter Tagesablauf mit einer festen Tag-Nacht-Struktur ist sehr sinnvoll. Viele Menschen, und gerade solche, die an den Auswirkungen psychischer Erkrankungen leiden, glauben leider mehr Schlaf zu brauchen, als eigentlich strikt notwendig ist. Dabei kann man sagen, dass der absolute Großteil der Bevölkerung (ca. 68 Prozent) mit sechs bis acht Stunden Schlaf pro Nacht auskommt.

Am besten sollte der Tagesablauf so organisiert werden, dass man tatsächlich möglichst zu den gleichen Zeiten zu Bett geht und aufsteht. Diese Regelmäßigkeit ist gut für den Biorhythmus, hält den Stress für den Körper möglichst niedrig und senkt damit auch das Rückfallrisiko.

Kann auch eine gesunde Ernährung dem mentalen Wohlbefinden helfen?

Eine gesunde, ausgewogene Ernährung allein macht noch keine vollwertige Rückfallprophylaxe aus. Als Bestandteil eines Gesamtkonzepts, also eines grundlegend gesunden Lebensstils ist sie natürlich immer gut.

Körper und Geist profitieren von den Nährstoffen, die durch eine gesunde Ernährung zugeführt werden, auch insofern, dass sie sogenannten „Zivilisationskrankheiten“ wie Bluthochdruck, Übergewicht und Zuckerkrankheit (Diabetes) vorbeugen.

Ein junger Mann sitzt gegenüber seiner Therapeutin auf einem Sofa und hat die Hände vor das Gesicht geschlagen.

© iStock / fizkes

Machen sich Frühwarnzeichen eines Rückfalls bemerkbar, kann eine vorgezogener Arzttermin sinnvoll sein.

Gibt es Frühwarnzeichen für einen Rückfall, auf die man in der Prophylaxe besonders achten sollte?

Ja die gibt es. Einerseits existieren natürlich für jeden Patienten individuelle, spezifische Frühwarnzeichen die auf einen kommenden Rückfall hinweisen. Zusätzlich ist es so, dass einige allgemeine Warnzeichen bei den meisten Menschen auf einen möglichen Rückfall hindeuten. Dazu zählen:

  • Schlafstörungen
  • Konzentrationsstörungen
  • Veränderungen der Stimmung
  • Gereiztheit
  • Generelle Probleme, Freude und Spaß im Alltag zu erleben

Und wenn diese Frühwarnzeichen erkannt werden, sollte also vorsichtig agiert werden?

Genau. Wenn diese Probleme auftreten, sollten Betroffene versuchen ihren Stresspegel zu senken und ihren Terminplan für die nächste Zeit entsprechend anpassen.

Je nachdem was bezüglich der individuellen Erkrankung abgesprochen war, kann es auch sinnvoll sein, den nächsten Arztbesuch vorzuziehen oder die Medikation anzupassen.

Kann im Vorfeld ein Krisenplan für diese Situation angelegt werden? Wenn ja, wie sollte dieser aussehen?

Ja, gerade bei Erkrankungen mit einem hohen Rückfallrisiko (z.B. Schizophrenie oder Suchterkrankungen) gehört das grundsätzlich zur Behandlung dazu. Entsprechend der individuellen Lebensumstände wird dabei mit den Patienten ein Krisenplan erarbeitet, mit dem sie dann von der stationären Behandlung nachhause gehen.

Diesen zu haben hilft im Ernstfall ungemein, denn ist der Rückfall ersteinmal geschehen, fallen Nachdenken und Lösungsfindung meist deutlich schwerer. Dabei kann man sich den Krisenplan vorstellen, wie einen Spickzettel in der Schule: Als betroffene Person in einer Krisensituation kann man ihm ganz einfach, Schritt für Schritt folgen.

mentalis: AOK unterstützt Patienten bei der Rückkehr in den Alltag

Nach einem Klinikaufenthalt wegen einer psychischen Erkrankung ist Nachsorge wichtig. Hier setzt die digitale Nachsorge von mentalis an: Patienten, die nach ihrem Klinikaufenthalt kein Nachsorgeangebot in Aussicht haben, profitieren von der Kombination aus Therapie-App und psychologischem (Online-)Coaching.

Sind Sie auf der Suche nach einem unkomplizierten Nachsorgeangebot? Melden Sie sich einfach auf der Website von mentalis an!

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