Stress

Graue Haare durch Stress – was ist dran am Mythos?

Veröffentlicht am:17.10.2025

4 Minuten Lesedauer

Mit dem Alter verändert sich die Haarfarbe: Die ersten grauen Haare zeigen sich oft zwischen dem 30 und 40. Lebensjahr. Welche Rolle die Gene, der Lebensstil und individuelle Stressfaktoren tatsächlich spielen.

Ein gestresst wirkender Mann sitzt vor einem Laptop, er hält in der einen Hand seine Brille und fasst sich mit der anderen Hand an das Nasenbein.

© iStock / Inside Creative House

Warum werden Haare grau?

Jeder Mensch besitzt eine einzigartige Mischung von Farbpigmenten, die eine Haarfarbe ergibt. Dafür zuständig ist das Farbpigment Melanin, mit seinen zwei Haupttypen: Eumelanin und Pheomelanin. Eumelanin ist das Pigment, das dunkle Haartöne hervorruft. Hohe Mengen führen zu schwarzem Haar und mittlere Mengen zu braunem Haar. Menschen mit blonden Haaren haben grundsätzlich wenig Eumelanin. Bei sehr niedrigem Eumelanin-Anteil dominiert Pheomelanin, wodurch rote oder rötlich-blonde Haarfarben entstehen. Beide Pigmente werden in den Haarfollikeln von Melanozyten produziert. Wenn Menschen altern, nimmt die Zahl der Melanozyten und damit die Menge an Melatonin im Körper ab. Doch der Schein trügt. Das Haar ist nicht weiß, der silbrige Eindruck entsteht durch die Lichtbrechung an den Haarfasern. Wie schnell sich graue Strähnen bemerkbar machen, ist sehr unterschiedlich. Untersuchungen zufolge nimmt die körpereigene Melaninproduktion nach dem 30. Lebensjahr stetig ab – bis zum 50. Lebensjahr ergrauen 50 Prozent der Menschen mindestens zur Hälfte mit ihrem Haar.

Graue Haare sind eine Frage der Gene und weiterer Faktoren

Silbrige Haare stehen fürs Altern. Doch das Lebensalter ist nicht das Einzige, was über die Anzahl der grauen Haare bestimmt. Entscheidend sind auch die Gene. Forschende fanden bereits vor vielen Jahren heraus, dass ein Gen mit der Bezeichnung „IRF4“ wesentlich am Ergrauen beteiligt ist. In einer Studie machten sie es für 30 Prozent des „Grauwerdens“ verantwortlich. Die restlichen 70 Prozent verteilten sich auf andere Faktoren wie das Alter, Stress und Umwelteinflüsse. Forschende gehen also davon aus, dass nicht ein einzelner Faktor wie Stress oder ein alleiniges Gen für das Ergrauen zuständig ist. Vielmehr spielen mehrere Ereignisse zusammen. Die eigentliche Ursache für graue Haare bleibt aber stets gleich: Die pigmentbildenden Melanozyten sind entweder in ihrer Funktion gestört oder abgestorben.

Passende Artikel zum Thema

Umwelteinflüsse als Beschleuniger für graue Haare

Äußere Faktoren können das Ergrauen fördern. Dazu zählen die UV-Strahlen, denen Menschen etwa beim Sonnenbaden ausgesetzt sind. Dabei entstehen freie Radikale, die Körperzellen schädigen können. Auch Rauchen begünstigt eine Veränderung der Haarfarbe. Vorzeitiges Ergrauen kommt bei Rauchenden öfter vor als bei Nichtrauchenden. Die Ernährung übt einen zusätzlichen Einfluss aus, allerdings nur, wenn wichtige Nährstoffe fehlen. Ein Mangel an Kupfer, Calcium oder Eisen kann zum „Grauwerden“ beitragen.

Wann liegt eine vorzeitige Ergrauung vor?

Von vorzeitigem Ergrauen, englisch „premature hair graying“ (PHG), spricht man, wenn Haare deutlich früher als üblich ihre Farbe verlieren. Studien definieren dies nach ethnischer Zugehörigkeit: Bei Kaukasiern und Kaukasierinnen gilt es als vorzeitig, wenn graue Haare vor dem 20. Lebensjahr auftreten, bei Menschen asiatischer Abstammung vor dem 25. Lebensjahr und bei Menschen mit afrikanischer Abstammung vor dem 30. Lebensjahr.

Können graue Haare durch Stress entstehen?

Vor lauter Stress wachsen mir graue Haare – an diesem meist scherzhaft gemeinten Ausspruch ist durchaus etwas Wahres dran. Forschende fanden heraus, dass akuter Stress über das sympathische Nervensystem direkt die pigmentbildenden Stammzellen in den Haarfollikeln beeinflussen kann. Zur Erklärung: Das sympathische Nervensystem ist mit der „Kampf-oder-Flucht-Reaktion“ des Körpers verknüpft und reagiert auf äußere Einflüsse, um uns auf die Flucht oder den Angriff vorzubereiten. Normalerweise dienen die pigmentbildenden Stammzellen als „Vorratskammer“, aus der neue pigmentproduzierende Zellen entstehen, wenn das Haar nachwächst. Durch das Stresshormon Noradrenalin werden diese Stammzellen aber plötzlich allesamt aktiviert und verwandeln sich in pigmentproduzierende Zellen – das Reservoir ist dadurch erschöpft. Das Ergebnis: Die Haare verlieren dauerhaft ihre Farbe, weil die Stammzellen nicht nachwachsen. Nicht über Wochen oder Monate, sondern schon nach wenigen Tagen können pigmentregenerierende Zellen unwiederbringlich verloren gehen. Dieser Vorgang wurde in der Studie an Mäusen beobachtet. Doch auch Untersuchungen an Menschen zeigen, dass die Färbung der Haare empfindlich auf Stressfaktoren reagieren kann. Stress beeinflusste dabei die Stoffwechselvorgänge im Haarfollikel.

Eine ältere Frau mit grauen Haaren lächelt in die Kamera.

© iStock / adamkaz

Zu etwa 30 Prozent entscheiden die Gene über die Anzahl der grauen Haare. Die restlichen 70 Prozent verteilten sich auf Faktoren wie Alter, Stress und Umwelteinflüsse.

Passende Angebote der AOK

Können graue Haare wieder dunkel werden?

Graue Haare entstehen, wenn die pigmentbildenden Zellen in den Haarfollikeln ihre Funktion verlieren oder absterben. Doch gilt „einmal grau, immer grau“? Unter bestimmten Umständen können die verbliebenen pigmentbildenden Zellen im Haarfollikel wieder aktiviert werden und damit teilweise Melanin produzieren. Das bedeutet: Haare, die bereits grau erscheinen, können wieder etwas dunkler werden. Eine Übersichtsarbeit fasst mehrere Faktoren zusammen, die mit einer Repigmentierung von grauem Haar in Verbindung stehen:

  • Medikamente: Bestimmte Medikamente wie monoklonale Antikörper, Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKIs), Immunmodulatoren und andere Arzneimittel wurden mit der Repigmentierung von grauem Haar in Zusammenhang gebracht – etwa während einer Krebstherapie. Dies ist aber ein sehr seltener Nebeneffekt.
  • Mikroverletzungen: In Einzelfällen konnten kleine Verletzungen der Haut eine Haarrepigmentierung auslösen.

Auch wenn die Studien mit sehr wenigen Fällen zeigen, dass Haare unter besonderen Bedingungen wieder nachdunkeln können, ergeben sich daraus keine Alltagstipps. Die meisten Menschen müssen also mit grauen Haaren leben. Wer sich damit nicht wohlfühlt, kann mit natürlicher Haarfarbe nachhelfen.

Fachlich geprüft
Fachlich geprüft

Die Inhalte unseres Magazins werden von Fachexpertinnen und Fachexperten überprüft und sind auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft.


Waren diese Informationen hilfreich für Sie?

Noch nicht das Richtige gefunden?