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Kinder

Haben Sandwichkinder es schwerer als ihre Geschwister?

Veröffentlicht am:11.07.2025

4 Minuten Lesedauer

Ob die Geschwisterfolge mit der Persönlichkeit zusammenhängt, ist umstritten. Sandwichkinder sollen zum Beispiel typische Persönlichkeitsmerkmale und häufiger Probleme haben. Was an dieser Theorie dran ist und wie Eltern ihre Kinder fördern können.

Drei Geschwister, zwei Jungen und ein Mädchen, halten sich in einem Park auf. Im Hintergrund befinden sich herbstlich gefärbte Laubbäume. Das Mädchen ist das jüngste der drei und umarmt den ältesten Bruder.

© iStock / romrodinka

Die Rolle der Geschwister für die Persönlichkeit

Was bestimmt die Persönlichkeit eines Menschen? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Forschung seit Menschengedenken. Philosophie, Psychologie, Soziologie oder Humangenetik: Unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen versuchen, diese Frage mit unterschiedlichen Ansätzen zu beantworten. Konsens besteht inzwischen darin, dass sowohl unser Erbgut als auch unsere Umwelt sowie unsere Erfahrungen an der Persönlichkeitsbildung beteiligt sind. In welchem Ausmaß dies jeweils der Fall ist, lässt sich jedoch nicht klären.

Auch Geschwister spielen eine bedeutende Rolle bei der individuellen Entwicklung. Damit setzt sich die Geschwisterforschung auseinander. Und auch in diesem Fall spielen angeborene und Umweltfaktoren eine Rolle. In Geschwisterbeziehungen werden wir hineingeboren. Geschwister begleiten uns von der frühesten Kindheit an. In der Beziehung zu unseren Geschwistern erproben wir zum ersten Mal den Umgang mit Konkurrenz und Solidarität: Geschwister buhlen um die Aufmerksamkeit der Eltern, können sich aber auch gegenseitig unterstützen. Die Art und Weise, wie Kinder ihre Stellung in der Familie herausbilden und behaupten, ist eine Vorbereitung auf das soziale Leben und prägt ihre Persönlichkeit.

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Erstgeborene, Sandwichkinder und Nesthäkchen: die Position innerhalb der Geschwisterfolge

Wenn es um die Geschwisterfolge und die jeweilige Position eines Kindes innerhalb dieser Reihenfolge geht, bestehen weit verbreitete Ansichten und Vorurteile. Beispielsweise sollen Erstgeborene vermeintlich vernünftig und verantwortungsbewusst sein, Nesthäkchen unselbstständig und Einzelkinder egoistisch.

Was sagt die moderne Geschwisterforschung dazu? Es gibt zahlreiche Untersuchungen zum Einfluss der Geburtsreihenfolge auf den Charakter, die Intelligenz oder die spätere Risikobereitschaft. Studien können jedoch nicht bestätigen, dass diese Reihenfolge starke und andauernde Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung hat. In der jüngeren Forschung herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass zwischen der Reihenfolge der Geburt und der Persönlichkeit höchstens ein geringer Zusammenhang besteht.

In der heutigen Geschwisterforschung wird die Geburtsreihenfolge daher nur als einer von mehreren möglichen Einflussfaktoren betrachtet. Viel wichtiger ist beispielsweise die elterliche Erziehung.

Die Forschung hält einen Einfluss der Geschwisterreihenfolge auf die Persönlichkeit andererseits auch nicht für völlig ausgeschlossen. Wie groß dieser ist, lässt sich jedoch nur schwer bestimmen und dürfte von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich ausfallen.

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Mittelkind-Syndrom oder besonders kooperativ? Was Sandwichkindern zugeschrieben wird

Sandwichkinder sind Kinder, die sowohl ältere als auch jüngere Geschwister haben, also mindestens zwei insgesamt. Bei einem Geschwisterpaar sind die Verhältnisse klar: Es gibt das Erstgeborene, das die Wege zuerst beschreitet, und das jüngere Kind, das auf die Erfahrungen des älteren Geschwisters zurückgreifen kann. Bei drei oder mehr Kindern ist das anders. Sandwichkinder nehmen gleichzeitig die Rolle eines älteren und eines jüngeren Kindes ein. Vor der Geburt des jüngsten Kindes war das Sandwichkind noch das Nesthäkchen. Danach nimmt es aber nicht die Position des Erstgeborenen ein (gewissermaßen die Position des Platzhirsches), denn das übernimmt bereits das große Geschwisterkind. Das Sandwichkind steht also mit ungeklärter Rolle zwischen seinen beiden Geschwistern.

Was ist das Mittelkind-Syndrom?

Sandwichkinder laufen durch ihre Rolle Gefahr, sich vernachlässigt zu fühlen. Manchmal erfahren sie tatsächlich die geringste Beachtung unter den Geschwistern (und manchmal empfinden sie es auch nur so). Wenn sie ihren eigenen Weg zwischen den anderen Geschwistern nicht finden, könnte dies ihre Entwicklung stören und Verhaltensauffälligkeiten begünstigen: etwa starke Schüchternheit oder das Gegenteil, ausgeprägte Aufmüpfigkeit. Das wird als Mittelkind-Syndrom bezeichnet.

Die moderne Forschung hält allerdings wenig von diesem Konzept. Sie geht nicht davon aus, dass Sandwichkinder typische Persönlichkeitsmerkmale entwickeln, die sich grundsätzlich von denen der zuerst und später geborenen Kinder unterscheiden. Die Reihenfolge der Geburt hat allenfalls kleine Auswirkungen auf die Persönlichkeit. Ein Mittelkind-Syndrom gibt es nicht.

Ein Vater und seine kleine Tochter werkeln im sommerlichen Garten mit Holz. Während der Vater einen Zollstock an das Holzstück anlegt, hält die Tochter einen Bleistift in der Hand.

© iStock / Halfpoint

Wenn Eltern exklusive Zeit mit jedem ihrer Kinder verbringen, fühlen sich alle Geschwister wertgeschätzt.

Haben Sandwichkinder eine stärkere soziale Kompetenz?

Auch bei positiven Eigenschaften sollte man sich von einem möglichen „Sandwich-Effekt“ nicht zu viel versprechen. Es gibt Hinweise darauf, dass Sandwichkinder grundsätzlich gute Voraussetzungen haben, um hohe soziale Kompetenzen zu entwickeln. In Befragungen im Rahmen einer Studie haben sie sehr gute Ergebnisse in puncto Kooperationsfähigkeit erzielt. Allerdings hat die Studie auch ergeben, dass die Gesamtzahl der Geschwister einen viel stärkeren Einfluss haben dürfte als die konkrete Position in der Geschwisterreihenfolge. Wer mit mehreren Geschwistern viel interagiert, lernt viel im sozialen Miteinander. Vor allem das ist ausschlaggebend.

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Tipps für Eltern, um jedes der Geschwister individuell zu fördern

Die Geburtenreihenfolge ist allenfalls ein kleiner Einflussfaktor für die Persönlichkeitsentwicklung. Forschende führen mögliche Persönlichkeitsunterschiede zwischen Erstgeborenen, Sandwichkindern und Nesthäkchen vor allem auf Einflüsse nach der Geburt zurück. Maßgeblich ist vor allem, wie Eltern mit ihren unterschiedlichen Kindern umgehen.

Für Eltern bedeutet das: Jedes Kind ist in seiner Persönlichkeit einzigartig und verdient eine dementsprechende Förderung.

  • Wenn Sie den Eindruck haben, dass sich Ihr mittleres Kind benachteiligt fühlt, sollten Sie besonders darauf achten, dass es dafür keinen Anlass gibt. Hinterfragen Sie sich, ob am Gefühl Ihres Kindes etwas dran sein könnte.
  • Verbringen Sie mit jedem Ihrer Kinder exklusive Zeit allein. So fühlt jedes Kind sich in seiner Persönlichkeit wertgeschätzt.
  • Vergleichen Sie Ihre Kinder nicht miteinander und spielen sie diese nicht gegeneinander aus. Dass beispielsweise Sophie viel zuverlässiger als Noah und Ben ist, mag zwar stimmen. Ob eine solche Bemerkung für Noah und Ben allerdings förderlich ist, darf bezweifelt werden. Vielmehr könnte sie die beiden eifersüchtig machen und mögliche Spannungen unter den Geschwistern verstärken.

Im Alltag ist es schwierig, allen Kindern immer die gleiche Aufmerksamkeit zu widmen. Die jüngeren benötigen oft mehr Hilfestellungen und die älteren Geschwister können altersbedingte Probleme haben, mit denen das Sandwichkind noch nicht konfrontiert ist. Wenn Eltern sich aber ernsthaft darum bemühen, werden die Kinder das auch in der Regel bemerken und anerkennen.

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