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Eltern

Was Kindern mit Migräne hilft

Veröffentlicht am:27.09.2021

4 Minuten Lesedauer

Kopfschmerzen treten häufig bereits in jungen Jahren auf. Kinder mit Migräne benötigen vor allem verständnisvolle Eltern und eine durchdachte Behandlung.

Eltern hören ihrem Kind zu, das von Kopfschmerzen und Migräne berichtet.

© iStock / Mindful Media

Wie fühlt sich Migräne an?

„Erst klopft, dröhnt und pocht es in meinem Kopf. Dann beginnt alles zu wackeln. Es fühlt sich an wie ein Erdbeben, das immer heftiger wird. Jedes Licht brennt in meinen Augen, mir wird schlecht. Ich will das nicht.“ So beschreibt der 14-jährige Julian seine Migräne-Attacken. Er gehört zu den etwa fünf bis zehn Prozent der Kinder zwischen sieben und 15 Jahren, die Migräne-Symptome haben. Selbst noch jüngere Kinder kann es treffen.

„Migräne ist eine angeborene Erkrankung des Gehirns, die durch einen regelmäßig, zum Beispiel zweimal im Monat, auftretenden, sehr starken Kopfschmerz charakterisiert ist“, sagt Professor Dr. Boris Zernikow, der das Deutsche Kinderschmerzzentrum in Datteln leitet. „Ein Schmerz, der bei Bewegung schlimmer wird und den meist Licht- und Geräuschempfindlichkeit begleiten. Manchmal kommen auch noch Übelkeit und Erbrechen dazu.“

Das tut gut: Ein ruhiger Raum als Rückzugsort

Migräne beeinflusst den Alltag der betroffenen Kinder stark. Dabei unterscheidet sich ihr Schmerzempfinden von dem erwachsener Migräne-Patienten. Während diese oft einen einseitigen Schmerz verspüren, der über Stunden und Tage anhalten kann, ist bei Kindern der Kopfschmerz vorwiegend beidseitig und klingt manchmal schon nach 30 Minuten wieder ab. In einigen Fällen kündigt sich bei ihnen die Migräne-Attacke schon einen Tag vorher an, etwa durch eine bedrückte Stimmung oder fehlenden Appetit. Die Kinder wirken dann müde und erschöpft.

„Während der akuten Schmerz-Phasen ist vor allem ein Rückzugsort wichtig. Denn Ruhe in einem abgedunkelten Raum ist oft schon das beste Hausmittel gegen Migräne bei Kindern“, sagt Boris Zernikow. Eine weitere Erkenntnis ist dem Professor besonders wichtig: „Migräne ist immer echt, und niemand hat Schuld daran, dass er oder sie Migräne hat.“

Drei Kinder laufen durch einen Herbstwald.

© iStock / Imgorthand

Bewegung kann kindlichen Stress reduzieren und hilft gegen Migräneanfälle.

Stress in der Schule oder mit Freunden, zu viele Termine oder zu hohe Ansprüche an sich selbst können dazu führen, dass Migräne-Anfälle auftreten. Bei manchen Mädchen hängt die Migräne auch stark von der Zyklusphase ab. Einen eindeutigen Auslöser haben die Kopfschmerz-Schübe jedoch selten. „Aber da wir Menschen immer nach Ursachen suchen, findet sich auch meist ein vermeintlich auslösendes Ereignis vor einer Migräne-Attacke, wie zum Beispiel das Essen von Schokolade am Vortag. Wissenschaftlich belegen lassen sich solche Zusammenhänge jedoch nicht“, sagt Boris Zernikow. „Bei der Behandlung von Migräne geht es auch weniger darum, mögliche Auslöser zu vermeiden. Es geht um ein kindgerechtes, gesundes, ausgewogenes, bewegungsreiches und glückliches Leben.

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Der Kinderarzt kann helfen

Idealerweise steuern die vertrauten Kinder- oder Jugendärzte die Behandlung. Sie kennen das betroffene Kind und seine Familie am besten. „Ein Kinderarztbesuch zu viel ist besser als einer zu wenig. Das gilt für eine gute Diagnostik wie auch für eine wirksame Behandlung“, sagt Professor Boris Zernikow.

Ein Kopfschmerz-Tagebuch, in dem das Kind jede Episode protokolliert, unterstützt den Arzt dabei, die individuellen Stressfaktoren zu erkennen. Das kann zum Beispiel eine Lese-Rechtschreib-Schwäche sein, ein ausufernder Medienkonsum oder eine Konfliktsituation in der Familie. Der Arzt bespricht dann mit dem Kind und seinen Eltern geeignete Maßnahmen, die den kindlichen Stress verringern und die seelische Widerstandskraft steigern können.

„Sport treiben, Lust auf tolles, gesundes Essen und Spaß haben, das ist kindgerecht, das ist heilsam.“

Prof. Boris Zernikow
Deutsche Kinderschmerzzentrum in Datteln

Bei Kindern mit leichter Migräne steht eine Behandlung mit Medikamenten nicht im Vordergrund. Neben Ruhe und Schlaf bringt vielen bereits regelmäßiger Sport Linderung. „Zudem helfen Entspannungsübungen wie die Muskelrelaxation nach Jacobson und Yoga, Kindern dabei, mit Migräne zu leben“, sagt der Mediziner. Hilft diese leichte Therapieform nicht oder sind die Beschwerden stärker, liegt es auch in der Hand der Kinder- und Jugendärzte, eine geeignete Migräne-Therapie mit Medikamenten zu verschreiben und zu begleiten.

Erst wenn trotz der sorgfältig verordneten Therapie die akuten Schmerzzustände nicht seltener oder die Kopfschmerzphasen nicht kürzer werden, kann eine Überweisung an einen Experten für Kinderkopfschmerzen sinnvoll sein.

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Auch Eltern sind gute Therapeuten bei Migräne

Die Eltern sind für eine erfolgreiche Behandlung jedoch genauso bedeutend. „Sie nehmen ihre Kinder oft sehr ernst, wenn diese über Kopfschmerzen klagen – und das ist richtig so“, sagt Professor Zernikow. Außerdem unterstützen sie beim Führen des Tagebuchs. Doch sie können noch mehr tun: Wenn sie ihre Kinder dazu anregen, sich um den eigenen Körper zu kümmern und häufiger Dinge zu unternehmen, die ihnen guttun, stärkt das nachhaltig deren Selbstheilungskräfte“, so der Mediziner: „Sport treiben, Lust auf tolles, gesundes Essen und Spaß haben, das ist kindgerecht, das ist heilsam.“

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