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Gesunde Ernährung

Ist Separatorenfleisch in der Wurst nur unappetitlich – oder sogar bedenklich?

Veröffentlicht am:09.06.2023

5 Minuten Lesedauer

Separatorenfleisch ist ein maschinell gewonnener Brei aus Fleischresten. Es kann in verschiedenen Fleischerzeugnissen enthalten sein. So erkennen Sie Produkte mit Separatorenfleisch, wenn Sie Fleisch und Wurst kaufen.

Frau im Supermarkt hält zwei unterschiedliche Sorten abgepackten Wurstaufschnitts.

© iStock / sergeyryzhov

Was ist Separatorenfleisch?

Etwa 88 Prozent des Separatorenfleisches stammen von Schweinen und zwölf Prozent von Geflügel. Es handelt sich dabei um Fleischreste, die maschinell von den Knochen der geschlachteten Tiere abgelöst werden. Dabei wird die Struktur der Muskelfasern verändert oder aufgelöst. Auch Teile der Knochen können beim Abschaben in die Masse gelangen. Daher gibt es zwei unterschiedliche Kategorien beziehungsweise Qualitäten von Separatorenfleisch:

  1. Die „bessere“ Qualität wird nach einem Verfahren hergestellt, durch das die Knochenstruktur kaum angegriffen wird. Dadurch ist die enthaltene Menge an Kalzium nicht höher als bei Hackfleisch (maximal 0,1 Prozent). Außerdem wird geprüft, was genau in dem Fleisch steckt, beispielsweise Bakterien und Pilzkulturen. Denn diese sogenannte Mikrobiologie muss den gleichen Anforderungen genügen, die an Hackfleisch gestellt werden. Dann kann die Fleischindustrie dieses Separatorenfleisch auch für Produkte verwenden, die vor dem Verkauf nicht erhitzt werden müssen, also zum Beispiel Rohwürste.
  2. Die „schlechtere“ Qualität von Separatorenfleisch erfüllt die genannten Anforderungen nicht und darf nur in zugelassenen Betrieben und nur zu Fleischprodukten verarbeitet werden, die hitzebehandelt werden müssen, wie beispielsweise Fleischwurst. Auch für den Calcium-Gehalt gibt es keine Vorgaben.

Wie wird Separatorenfleisch im Detail hergestellt?

Das Ausgangsmaterial zur Herstellung von Separatorenfleisch sind überwiegend gefrorene Stücke. In klassischen Schlacht- und Zerlegebetrieben werden die am Knochen haftenden Fleischreste mit einem speziellen Messer (Schiermesser) von Hand abgetrennt. Die dabei gewonnenen Reste heißen Knochenputz.

In der modernen Fleischproduktion kommen anstatt des Schiermessers elektrisch betriebene, rotierende Rundklingen (Whizzardgerät) – in größeren Betrieben sogenannte Separatoren zum Einsatz. Diese sind effektiver als die Arbeit mit dem Schiermesser. Das Separatorenfleisch kann dabei mit Hochdruck (über 100 bar) oder Niederdruck (unter 100 bar) gewonnen werden. Beim Hochdruckverfahren entsteht ein pastöser Brei, ähnlich der Konsistenz von Wurstbrät. Niederdruck zerstört die Muskelfasern dagegen weniger. Es werden technisch zwei Methoden unterschieden, mit denen das Separatorenfleisch hergestellt wird:

  • Abpressen

    Beim Abpressen wird das Fleisch zunächst in einem Behälter durch Scherkräfte und Reibung von den Knochen abgelöst. Dann wird es unter Hochdruck oder Niederdruck durch eine Lochscheibe gepresst. Darin bleiben größere und harte Strukturen wie Knochen und Knorpel hängen, während Muskelgewebe, Bindegewebe und Fett hindurchgedrückt werden. Abhängig von Druck, Art der Knochen sowie der Verwendung von warmem oder kaltem Fleisch variieren die Menge und die Qualität der erhaltenen Produkte. Die qualitativen Unterschiede liegen aber vor allem im Anteil kleinster Knochenpartikel, die ebenfalls durch die Lochscheibe passen und durch die Reibung vom Knochen abgelöst werden – deswegen ist das hochwertigere Separatorenfleisch am geringen Kalziumanteil zu erkennen. In einem weiteren Schritt kommt oft noch eine Art Trennwolf zum Einsatz („Baader“). Er trennt Bindegewebe, Knorpel und Sehnen ab. Das Endprodukt hat einen hohen Anteil an Fleischeiweiß. Dieses Verfahren wird überwiegend bei Geflügel eingesetzt.

  • Zentrifugation

    Bei der Zentrifugation werden die Fleischknochen mit Wasser oder Eis in einen Behälter gegeben, der sich sehr schnell dreht. Dabei werden die einzelnen Bestandteile durch die Drehbewegungen (Zentrifugalkraft) in einem unterschiedlichen Maß nach außen gedrückt, abgängig von ihrer Größe und ihrem Gewicht. So ist es möglich, Bindegewebe und Fett von den anderen Bestandteilen zu trennen. Es entsteht ein flüssiger homogenisierter Fleischbrei, der sich insbesondere zur Herstellung von Brühwurst eignet.

In einer Fleischfabrik schiebt ein Arbeiter rote Plastikkisten mit Fleischresten durch die Halle.

© iStock / Dragos Cojocari

Separatorenfleisch wird aus Fleischresten in klassischen Schlacht- und Zerlegebetrieben hergestellt.

Ist Separatorenfleisch gesundheitlich bedenklich?

Prinzipiell ist Separatorenfleisch nicht gesundheitsschädlich. Die Europäische Union hat dafür eine strenge Regel eingeführt: Die Betriebe dürfen keine Reste von Rindern, Schafen und Ziegen verwenden, um Separatorenfleisch herzustellen. Auch eingeführte Fleischerzeugnisse dürfen kein Separatorenfleisch von diesen Tieren enthalten. Der Grund: Gehirn und Rückenmark dieser Tiere können Krankheitserreger – sogenannte Prionen enthalten –, die beim Menschen Gehirnerkrankungen auslösen können, zum Beispiel die Bovine Spongiforme Enzepahalopathie (BSE). Da Separatorenfleisch so stark zerkleinert ist, steigt allerdings das Risiko für mikrobielle Verunreinigungen – vereinfacht gesagt, haben Erreger eine größere Angriffsfläche. Gesundheitliche Risiken bestehen aber nur dann, wenn die Betriebe die Hygiene- und Temperaturvorgaben für die weitere Verarbeitung der Fleischreste nicht korrekt einhalten. Unter anderem muss die Herstellung des Separatorenfleisches unmittelbar nach dem Entbeinen der Tiere stattfinden.

Die Nutzung von Separatorenfleisch hat aber auch einige Vorteile: Es müssen jährlich Millionen von Tieren weniger gehalten werden, weil größere Fleischmengen aus den einzelnen Tieren gewonnen werden. Dadurch fällt unter anderem weniger Gülle an, die in Regionen mit intensiver Tierhaltung bereits jetzt eine enorme Umweltbelastung darstellt. Auch der Bedarf an Tierfutter ist dadurch geringer.

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Wie erkennt man Separatorenfleisch in Produkten?

Auf Verpackungen ist häufig die Bezeichnung MDM für Separatorenfleisch zu finden. Die Abkürzung steht für mechanically deboned meat (mechanisch entbeintes Fleisch). Auch wenn Separatorenfleisch keine Gesundheitsgefahr darstellt, handelt es sich dabei um Fleischreste minderer Qualität, die sich in Geschmack und Konsistenz von anderen Fleischteilen unterscheiden. Separatorenfleisch darf daher nicht als Fleisch bezeichnet werden.

Grundsätzlich müssen Zusätze von Separatorenfleisch auf der Verpackung extra gekennzeichnet und der prozentuale Anteil am Produkt angegeben sein. Sie stehen also auf der Zutatenliste. Auch die Tierart, von der es stammt, muss erwähnt werden, zum Beispiel „Hähnchenseparatorenfleisch“. Diese Hinweise finden Verbraucher und Verbraucherinnen meist nur im Kleingedruckten auf der Verpackung. Viele Hersteller verzichten in ihren Produkten laut Selbstauskunft auf Separatorenfleisch.

Eine hundertprozentige Sicherheit, dass in einem Produkt tatsächlich kein Separatorenfleisch enthalten ist, kann es jedoch nicht geben. Der Nachweis solcher Zusätze in Produkten ist schwierig. Im Sommer 2022 hat ein Labor im Auftrag von Spiegel und ZDF mithilfe eines neuen Nachweisverfahrens Hinweise auf nicht gekennzeichnetes Separatorenfleisch in zwei von drei getesteten Produkten von Fleischproduzenten gefunden. Wird nicht gekennzeichnetes Separatorenfleisch in Produkten verwendet, handelt es sich um eine Verbrauchertäuschung: Anstelle von hochwertigem Fleisch wird billiges Separatorenfleisch zugesetzt.

Worauf kann man beim Fleisch- und Wurstkauf achten?

Die Deutschen verzehren nach wie vor zu viel Fleisch. „Weniger, dafür aber hochwertiger“ sollte daher – nicht nur für die eigene Gesundheit – das Motto sein. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Erwachsenen, maximal 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche zu verzehren. Wer hochwertige Fleischprodukte kaufen möchte, kann sich an der Fleischtheke nach den Inhaltsstoffen und Haltungsbedingungen der Tiere erkundigen. Vieles wird auch bereits auf verpackter Ware angegeben. Diese Kriterien sind sinnvoll:

  • Die Haltung ist tiergerecht – das heißt, ausreichend Bewegungsspielraum für die Tiere sowie ganzjähriger Auslauf oder Weidegang – möglichst von Bauern aus der Region.
  • Das Futter von Wiederkäuern wie Rindern besteht zum größten Teil aus Grünfutter.
  • Antibiotika werden weder vorbeugend noch als Masthilfe verabreicht. Medikamente werden nur in Ausnahmefällen und wachstumsfördernde oder produktionssteigernde synthetische Substanzen gar nicht eingesetzt.
  • Futtermittel werden ohne synthetischen Stickstoffdünger und synthetische Pflanzenschutzmittel produziert – möglichst in einem geschlossenen Stoff- und Energiekreislauf.

Eine gute Maßnahme ist es, Bio-Fleisch zu kaufen: Ein regionales und nachhaltiges Kaufverhalten ist für das Klima am besten, weil der Energieaufwand für lange Transportwege wegfällt.


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