AOK Hessen
Im Podcast der AOK Hessen: Wie gelingt Selbstfürsorge?
Veröffentlicht am:18.11.2025
5 Minuten Lesedauer
Zwischen Care-Arbeit, Beruf und Erwartungen von außen kommen die eigenen Bedürfnisse oft zu kurz. Im Gesundheits-Podcast der AOK Hessen „Leben ohne Packungsbeilage“ teilen zwei Frauen aus verschiedenen Generationen ihren Weg zu mehr innerer Balance.

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Selbstfürsorge: Was bedeutet das eigentlich?
Selbstfürsorge, Me-Time oder Achtsamkeit – diese Begriffe kannten unsere Großeltern noch gar nicht. Als sie jung waren, ging es darum, durchzuhalten, zuzupacken oder einfach zu funktionieren. Besonders Frauen wissen, was damit gemeint war: Zwischen Beruf, Familie, Fürsorge für andere und oft auch der Pflege der Eltern blieb wenig Raum für die eigene Erholung. Pausen erscheinen wie ein Luxus, den man sich erst verdient, wenn alles andere erledigt ist.
Doch das Bewusstsein hat sich in den letzten Jahren verändert. Immer mehr Frauen beginnen, über mentale Gesundheit, Grenzen und Selbstmitgefühl zu sprechen – und auch darüber, Care-Arbeit gerecht zu verteilen. Sie möchten nicht mehr anderen genügen, sondern sich selbst gerecht werden. Oft hinkt die Realität dem neuen Bewusstsein aber noch hinterher; weil es gar nicht so einfach ist, alte Muster hinter sich zu lassen und weil Strukturen, etwa in der Kinderbetreuung, fehlen. Hinzu kommt: Mit den sozialen Medien wächst für viele ein neuer Druck: das ständige Vergleichen, das subtile Gefühl, nie genug zu tun, nie entspannt oder „achtsam“ genug zu sein. Eine Umfrage der AOK Hessen ergab: Mehr als die Hälfte der jungen Frauen sagen, dass sie dringend eine Auszeit bräuchten. 48 Prozent wünschen sich mehr Zeit für ihre Gesundheit. Sind wir also noch gar nicht weiter als unsere Großmütter? Das wollte die AOK Hessen genauer wissen und hat zwei starke Frauen in ihren Gesundheits-Podcast „Leben ohne Packungsbeilage“ eingeladen: die 28-jährige Tami und Margit, 73.
Mental Load – aber wo bleibe ich?
Wenn Margit auf ihr Leben zurückblickt, stellt sie fest: „Meine Gesundheit stand in jungen Jahren an letzter Stelle. Ich hatte schlicht keine Zeit, an mich zu denken.“ Die heute 73-Jährige hat in ihren Zwanzigern zwei Kinder bekommen und ein Kosmetikgeschäft geführt, war Ehefrau und hat gerne Feste ausgerichtet. „Ich selbst kam dabei definitiv zu kurz. Richtig abschalten konnte ich nicht.“ Trotzdem denkt sie gerne an die Zeit zurück und hadert nicht: „Es war anstrengend, aber ich habe es gerne gemacht. Es war auch normal, weil es ja allen so ging.“ Erst im Nachhinein merkt sie, dass es manchmal viel war, und sie hofft, dass es junge Frauen heute einfacher haben, Netzwerke aufzubauen. An kleine „Ausbrüche“ aus ihrer Rolle erinnert sie sich aber doch: „Für mich war es richtig befreiend, mich mal nicht zu schminken. Das war, als ob eine Maske abfällt, ich konnte einfach loslassen. Das war wie eine kleine Heilung.“ Ein Umdenken kam, als vor einigen Jahren bei ihr Krebs diagnostiziert wurde: Margit verkauft ihr Geschäft und definiert Gesundheit für sich neu. Heute kann sie sich Zeit für sich nehmen, genießt kleine Momente. „Ich setze mich einfach in den Park zu den Magnolien und nehme den Moment bewusst wahr.“
Die 28-jährige Tami findet sich in den Erzählungen von Margit ein Stück weit wieder: „Die Zeit reicht nie, ich bin zu selten einfach nur bei mir.“ Als Mama, Influencerin und Freundin sind die Erwartungen, die sie selbst an sich hat, hoch. Seit sie ihren Sohn bekommen hat, erkennt sie aber eine Veränderung bei sich: „Er sieht alles zum ersten Mal, alles ist neu für ihn. Ich nehme immer öfter seine Perspektive ein und sehe die Dinge mit seinen Augen. Das hat einige Prozesse in Gang gesetzt bei mir.“
AOK Hessen – wir machen Gesundheit leichter
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Selfcare und Erwartungen: Vom Umgang mit Druck
Sich mit anderen zu vergleichen, das passiert Tami vor allem in den sozialen Medien. Als Influencerin zeigt sie viel von ihrem Alltag und ihren Sport-Routinen. „Da kommen dann Gedanken wie: Bei den anderen Influencern ist es ordentlicher. Oder: Ich bin nicht sportlich genug. – Dabei denken die vielleicht genau das Gleiche.“ Als sie die Pille absetzt, schwankt ihr Gewicht, es wird in Online-Foren schlecht über sie geredet. „Die ist doch viel zu dick für eine Fitness-Influencerin“, hieß es da beispielsweise. Und: „So sieht doch keine Fitness-Influencerin aus.“ Tami kann mit den Erwartungen nicht umgehen, bekommt Essanfälle. Erst als sie schwanger wird, fällt der Druck etwas von ihr ab: „Ich habe mich zum ersten Mal damit beschäftigt, dass das, was ich esse, mich und mein Kind nährt. Das hat mir geholfen, mehr bei mir zu bleiben. Heute hat sie ein gesundes Verhältnis zum Essen. Margit dagegen ist froh, dass die sozialen Medien in ihrem Leben keine Rolle spielen: „Dieses extreme Vergleichen mit anderen kenne ich zum Glück gar nicht“, sagt sie. Sie habe sich immer als etwas ganz Besonderes gesehen und glaubt: „Wir waren früher ohne die ganzen medialen Einflüsse viel individueller und haben uns weniger mit anderen gemessen.“
Dein Tempo finden: Selbstfürsorge lernen ist ein Prozess
Geht es um Selbstfürsorge, wird oft geraten, „Me-Time“ wie einen Termin zu behandeln. Auch Tami nimmt sich regelmäßig Zeit nur für sich. Waldspaziergänge, Meditieren, Sport und Zeit mit ihrem Sohn helfen ihr, im Alltag ausgeglichen zu sein. Routinen tun ihr gut, aber Tami hat gelernt, sich nicht auf sie zu versteifen: „Wenn man sich zu starr an Routinen festhält, kann das auch wieder Druck erzeugen.“ Deshalb hat sie ganz bewusst keine Morgenroutine, wie man sie so oft in den sozialen Medien sieht. „Ich muss nicht um fünf Uhr aufstehen und Sport machen, um achtsam zu leben.“ Trotzdem achtet sie darauf, wie sie in den Tag startet. „Ich nehme mir Zeit für ein Frühstück, anstatt nur schnell einen Kaffee zu trinken. Es gibt mir Kraft für den Tag, mich dabei ganz auf mich selbst auszurichten.“ Auch Margit hat für sich einen guten Weg gefunden, mit ihren Ressourcen zu haushalten: „Morgens, wenn du aufstehst, hast du deine ganz individuellen 100 Prozent Energie. Ich passe sehr auf, wie ich sie verbrauche. Und darauf, dass niemand diese Energie anzapft. Es ist MEINE Energie, das ist ein gesunder Egoismus, der aber sein darf. Dazu gehört auch, mal ganz bewusst Nein zu sagen.“ Beide sind sich einig: Es sei wichtig, nicht gleich aufzugeben, wenn es mit der Selbstfürsorge nicht auf Anhieb klappt. „Wir müssen sie ja erst lernen und das kann und darf auch ein schleichender Prozess sein“, sagt Margit.
Selbstmitgefühl: 5 Anregungen zum Nachmachen
Fünf Übungen, die dich aus dem Funktionsmodus holen und die du ganz leicht in deinen Alltag einbauen kannst:
- Nur für mich: Wenn du morgens merkst, dass du wieder gleichzeitig Frühstück, Brotdosen und Termine jonglierst: Bleib kurz stehen, atme durch, trink zuerst in Ruhe einen Schluck Kaffee oder Tee, bevor du jemand anderem hilfst. Das ist kein Egoismus, sondern Energie tanken, um sie weitergeben zu können. Schreib dir abends auf, wann du dir heute so einen Moment genommen hast.
- Mikro-Pause: Zwischen zwei Videocalls, beim Warten auf den Bus oder in der Schlange an der Supermarktkasse: Leg die Hand auf den Bauch, atme vier Sekunden ein, sechs Sekunden aus. Schau nicht aufs Handy. Nur auf deinen Atem, der dich gerade trägt.
- Gut genug: Erwischst du dich bei Gedanken wie: „Das war wieder nicht gut genug“? Stell dir vor, du würdest mit einer Freundin sprechen, die dasselbe über sich sagt. Was würdest du antworten? Schreib diesen Satz auf und sag ihn dir selbst.
- Handy weg: Lass dein Handy beim Abendessen im Flur liegen. Wenn der Impuls kommt, es zu holen, nimm stattdessen bewusst den Geruch des Essens wahr oder hör auf die Stimmen um dich. Kleine digitale Auszeiten helfen dabei, im Moment zu bleiben.
- Wie geht es dir? Such dir eine Freundin, Kollegin oder deinen Partner und verabrede dich einmal pro Woche für ein ehrliches Fünf-Minuten-Gespräch mit der Person: „Wie geht’s dir wirklich?“ Keine Ratschläge, nur zuhören. So entsteht Nähe und das Gefühl, nicht allein mit einer Situation zu sein.

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Selbstfürsorge im Alltag mit der AOK Hessen
Der Podcast „Leben ohne Packungsbeilage“ ist ein Angebot der AOK Hessen. Die Psychologin Pia Kabitzsch spricht mit wechselnden Gästen über mentale Gesundheit, große und kleine Herausforderungen – und das echte Leben. Hier findest du noch mehr spannende Folgen. So wie Tami in unserer Podcast-Folge fühlen sich viele Eltern beim Scrollen durch die sozialen Medien manchmal unter Druck gesetzt – vor allem, wenn es um das Familienleben geht. Denk bitte daran, dass du das beste Elternteil für dein Kind bist, und lass dich von vermeintlich perfekten Momfluencern nicht unter Druck setzen.
Wenn du das Gefühl hast, deine Bedürfnisse gehen manchmal unter: Mit den Gesundheitskursen der AOK Hessen kannst du dir wohltuende Auszeiten vom Alltag nehmen – zum Beispiel beim Yoga oder beim Programm „Lebe Balance“. Und auch wenn du oder deine Lieben krank werden, sind wir für dich da: Du kannst rund um die Uhr kostenlos unser medizinisches Info-Telefon Clarimedis anrufen und dir bei Fachärztinnen und Fachärzten Rat holen.
Deine AOK Hessen wünscht dir gute Gesundheit!
Autorin: Ineke Haug
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