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Geiz: Wie krankhaftes Sparen Mensch und Umwelt schaden kann

Veröffentlicht am:05.03.2021

5 Minuten Lesedauer

Immer das Billigste kaufen und sich selbst sowie anderen nichts gönnen: Geiz ist selten geil. Denn wer extrem sparsam lebt, schadet nicht nur sich selbst, sondern auch der Umwelt. Was hinter der Knausrigkeit steckt und wie man gegensteuern kann.

Mann ist geizig und berechnet akribisch seine Ausgaben mit dem Taschenrechner.

© iStock / skynesher

Woran man geiziges Verhalten im Alltag erkennt

Laut Duden handelt es sich bei „Geiz“ um übertriebene Sparsamkeit, die als negative Eigenschaft gilt. Geizige Menschen, auch Geizhals oder Geizkragen genannt, gönnen sich selbst und oft auch anderen nichts. Meist steht Geiz in Verbindung zu Geld: Restaurantbesuche sind tabu, geheizt wird nur im Notfall, und Freunde lädt man lieber nicht nach Hause ein – zu teuer. Aber das ist nicht alles. Auch mit Liebe oder Anerkennung kann man knauserig sein. Doch woher kommen diese Einstellungen?

Niemand wird als Geizhals geboren – woher kommt der Geiz?

Geiz wird häufig in der Kindheit erlernt. 

Es spielen die Erziehung, das familiäre Umfeld und überhaupt die Lebenssituation, in die der Einzelne hineingeboren wird, eine wesentliche Rolle. Wie leben zum Beispiel die Eltern den Umgang mit Geld vor? Gönnen sie sich etwas, haben sie die finanzielle Möglichkeit dazu? Und falls sie beim Geld knausern, obwohl sie mehr ausgeben könnten, belohnen sie sich trotzdem für ihre Leistung, zum Beispiel durch Berührungen, Zärtlichkeit, Harmonie? Geld ist nämlich nicht der einzige Faktor. 

Beim Geiz geht es vielmehr um die Frage, wie großzügig jemand mit sich und dem Leben umgeht. 

Denkt er nur an sich selbst oder beschenkt er auch einmal andere? Wie sehr achten die Eltern aufeinander und auf ihre Kinder? Gibt es jemanden, der sich in der Familie benachteiligt fühlt? Welchen Beitrag leisten die Eltern für das gesellschaftliche Leben? Engagieren sie sich sozial oder politisch? All das sind Komponenten, durch die, wenn sie nicht ausgewogen sind, ein Mensch zum Geizhals werden kann.

Obendrein geben die Gesellschaft und die Kultur, in der man lebt, einen gewissen Status vor.

Genießen zum Beispiel reichere Leute mehr Macht als ärmere? Wie sind die Machtverhältnisse aufgeteilt? In welchem politischen System leben die Menschen? Empfinden sie es als gerecht? Ein hoher gesellschaftlicher Druck, zum Beispiel durch politische Unterdrückung, kann eine Ursache dafür sein, geizig mit dem Leben zu sein – aus Angst und zum Schutz der eigenen Existenz. So sind Menschen, die fürchten, die Kontrolle zu verlieren, oder andere als Feind betrachten, eher geizig als in sich ruhende und tolerante Menschen. Geiz ist also keine Tugend und bereitet den betroffenen Menschen oft Probleme im Alltag und im Umgang mit anderen Menschen.

Ab wann ist Geiz krankhaft?

Geiziges Verhalten nimmt in der Regel dann krankhafte Züge an, wenn der Mensch sich selbst oder anderen dadurch schadet. Oft nehmen geizige Menschen einiges in Kauf, um ihrem zwanghaften Verhalten gerecht zu werden: Zum Beispiel kaufen sie sich keine neuen Schuhe, obwohl sie es könnten – stattdessen wandern sie in ihrem alten, kaputten Paar weiter, selbst wenn sie im Regen nasse Füße bekommen. Andere heizen die Wohnung nicht, obwohl ihnen kalt ist, einfach um Geld zu sparen. Dabei pokern sie mit ihrer Gesundheit. Langfristig betrachtet ist es viel lohnender, sich um sein eigenes Wohl zu kümmern, als dem Geiz gerecht zu bleiben. 

Nur auf den Preis zu achten, ständig auf Schnäppchenjagd zu sein, ist gefährlich. Krankhafter Geiz verbindet sich oft mit einer starken Einschränkung gegenüber dem Leben. Das kann sich äußern durch

  • Genussverzicht,
  • fanatisches Streben nach Besitz und Eigentum,
  • Vernachlässigung der Gesundheit,
  • Intoleranz gegenüber anderen Meinungen und
  • zwanghaftes Verfolgen von eigenen Plänen.

Schadet Geiz der Umwelt?

Geiz kann nicht nur der eigenen körperlichen und psychischen Gesundheit schaden, auch die Umwelt kann darunter leiden. Ein Beispiel ist das günstige Angebot an Fleischwaren in Deutschland: So verzehren die Deutschen beispielsweise große Mengen an Fleisch, zahlen im europäischen Vergleich jedoch nicht viel dafür. Solche Produkte können aber nur so günstig angeboten werden, wenn sie auch günstig produziert sind. Das bedeutet in der Fleischindustrie: miserable Stallhaltung, zu wenig Platz für zu viele Tiere, und oft auch qualvolles, würdeloses Tiersterben bei der Schlachtung. Dem Umweltbundesamt zufolge zahlt der Verbraucher letztlich drauf, so auch für die notwendige Reinigung des Bodens, um das entstandene Nitrat aus dem Grundwasser zu filtern.

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Geiz bei Lebensmitteln

Laut Foodwatch geben die Deutschen nur etwa zehn Prozent ihrer gesamten Konsumausgaben für Lebensmittel aus. In Frankreich liegt dieser Wert bei etwa 13, in Italien bei knapp 14 Prozent. Bei diesen Zahlen muss man aber beachten: Deutschland ist eines der wirtschaftlich stärksten Länder in Europa und hat trotzdem die niedrigsten Lebensmittelpreise. Deshalb ist es statistisch so, dass die Menschen hierzulande anteilig relativ wenig Geld für Lebensmittel ausgeben. Im Vergleich mit ähnlich situierten Ländern wie Frankreich oder Italien gibt es prozentual zwar kaum Unterschiede, dort sind die Preise für Lebensmittel aber wesentlich höher, was die Statistik verfälscht.

Gerade bei Lebensmitteln ist es zudem schwierig, anhand des Preises auf die Qualität zu schließen. Teure Markenprodukte sind nicht unbedingt besser, denn mitunter zahlt man nur für aufwendige Verpackungen und irreführende Werbebotschaften den höheren Preis – und nicht für bessere Qualität. Wer nachhaltig einkaufen möchte, sollte daher vor allem zu frischen und saisonalen Lebensmitteln greifen, die regional produziert wurden – unabhängig davon, ob diese Produkte teuer oder billig sind. 

Wie wird man großzügiger und legt den Geiz ab?

Wer immer wieder geradezu zwanghaft spart und Probleme damit hat, sich selbst oder anderen etwas zu gönnen, kann an seinem geizigen Verhalten arbeiten. Folgende Tipps können dabei helfen.

  • Hinterfragen Sie zunächst ehrlich, ob Sie übertrieben sparsam sind und entlarven Sie geiziges Verhalten. Fragen Sie sich zum Beispiel: Ist mein sparsames Verhalten langfristig gut für mich und andere? Wenn ich jetzt nicht auf den Preis achten würde, was würde ich mir stattdessen lieber wünschen? Kann ich für ein gutes, hochwertiges Produkt nicht auch ein bisschen mehr Geld ausgeben? Wenn ich langfristig sparen möchte, kann mir das auch mit hochwertigen, preisbewussten, dafür aber weniger Produkten gelingen?
  • Wenn Sie sich bereits dabei ertappen, geizig zu sein: Woran erinnert Sie dieses Verhalten? An wen denken Sie dabei, vielleicht jemanden aus Ihrer Familie? Lohnt es sich wirklich, jetzt zu verzichten? Was ist Ihre eigene Motivation, was möchten Sie?
  • Geiz ist im Grunde die Abwesenheit von Großzügigkeit. Fragen Sie sich: Was hält Sie davon ab, großzügig zu sein? Wovor haben oder hatten Sie Angst? Welche Ängste hatten vielleicht Ihre Familienmitglieder, Ihre Vorfahren? Wie würden Sie oder Ihre Familie heute leben, wenn alle ein bisschen großzügiger wären?
  • Denken Sie darüber nach, welche Nachteile und welches Leid Sie mit dem geizigen Verhalten bereits verursacht haben. Wie hat sich Ihr Geiz bereits auf Sie selbst, auf Ihre Partnerschaft, Ihre Familie, Ihre Freundschaften, Ihren Beruf ausgewirkt? Wie viel leichter und positiver wäre Ihr Leben wohl, wenn Sie nicht mehr geizig wären?
  • Kennen Sie jemanden, der nicht geizig ist und gesund lebt? Suchen Sie sich ein solches Vorbild und beobachten Sie, mit welchen Verhaltensweisen oder mit welcher Lebenseinstellung dieser Mensch durch den Tag geht. Fragen Sie ihn vielleicht danach, wenn Sie sich trauen. Überlegen Sie sich anschließend, mit welcher Lebenseinstellung, mit welchem Verhalten Sie den Geiz beenden könnten. Handeln Sie danach.
  • Holen Sie sich Unterstützung. Sprechen Sie mit einem vertrauten Menschen oder Ihrer Familie über Ihr Problem und bitten Sie um Hilfe, sofern Sie welche benötigen. In jedem Fall ist es eine gute Idee, einen psychologischen Berater, Psychologen oder Psychiater aufzusuchen, um mit ihm über Ihr geiziges Verhalten zu reden und gemeinsam Lösungen zu finden.

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