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Psychologie

Gar nicht langweilig: Alles über das Gähnen

Veröffentlicht am:24.04.2023

4 Minuten Lesedauer

Der Drang zu gähnen, erwischt uns etwa fünfmal am Tag und lässt sich nur schwer unterdrücken. Welche Ursache dieser Reflex hat, ist noch nicht wissenschaftlich geklärt. Was aber feststeht: Gähnen ist ansteckend – und das gilt sogar für Tiere.

Ein junger Mann gähnt am Schreibtisch mit Handy und Laptop vor sich.

© iStock / Eva-Katalin

Wir wissen, wann wir gähnen – aber nicht warum

Schon beim Aufstehen recken und strecken wir uns und gähnen ausgiebig. Viele Menschen bringen den Reflex deshalb mit Müdigkeit in Verbindung. Doch wir tun es auch, wenn wir gelangweilt, gestresst oder ängstlich sind. Aber wieso reagiert der Körper gerade mit diesem Reflex auf so unterschiedliche Stimmungslagen? Mit Fragen wie dieser beschäftigt sich die Chasmologie – die Wissenschaft vom Gähnen. Allerdings liefern die Forschungen bisher keine eindeutigen Antworten. Interessant ist aber: Auch Tiere gähnen – und je besser ihr Gehirn entwickelt ist, desto häufiger. Experten und Expertinnen vermuten deshalb, dass es womöglich ein Zeichen von Intelligenz ist.

Die gängigsten Erklärungsversuche zum Gähnen

Es soll das Gehirn mit Sauerstoff versorgen, die Temperatur regulieren oder Gruppen zusammenschweißen. Das sind die drei bekanntesten Thesen für die Ursachen von Gähnen:

1. Theorie: Gähnen reguliert die Temperatur

Dies ist zwar nicht belegt, gilt aber unter Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen als wahrscheinlich. Amerikanische Forschende entdeckten das Phänomen in einem Versuchsaufbau mit Ratten. Die Tiere gähnten dann, wenn die Temperatur in ihrem Gehirn stieg. Die Annahme: Wird der Kopf zu warm, möchte der Körper zur optimalen Temperatur zurückkehren. Die Forschenden nehmen an, dass das menschliche Gehirn ähnlich empfindlich ist. Durch den etwas kälteren Luftstrom beim Gähnen kühlt das Blut ab. Fließt dieses dann in den Kopf, sorgt es dafür, dass das Gehirn wohltemperiert besser arbeitet.

Auch bei Stress gähnen wir häufig. Erhöht der Körper dadurch etwa die Konzentrationsfähigkeit in einer kniffligen Situation? Das wäre eine Erklärung dafür, dass Läufer und Läuferinnen kurz vor dem Startschuss gähnen. Der Reflex erwischt viele Menschen zudem abends – zu dieser Tageszeit ist die Körpertemperatur am höchsten. Das bekräftigt diese These. Allerdings hat sie einen Schwachpunkt: Für den kühlenden Luftstrom genügt es, tief durch die Nase einzuatmen, ein herzhaftes Mundaufreißen ist gar nicht notwendig.

Eine Hauskatze liegt in der Sonne und gähnt.

© iStock / Veronika Toth

Gähnen ist auch unter Tieren verbreitet.

2. Theorie: Gähnen verhindert Sauerstoffmangel

Lange Zeit galt dies als plausible Erklärung: Ein ausgiebiger Gähner versorgt das Gehirn mit einer Extraportion Atemluft – und wir sind wieder leistungsfähig und konzentriert. Die Annahme hat der Neuropsychologe Robert Provine allerdings schon 1983 widerlegt. Bei einem Experiment atmeten die Probanden Luft mit unterschiedlichem Sauerstoffanteil ein. Das Ergebnis: Die niedrige Konzentration machte die Teilnehmenden zwar müde – sie gähnten aber nicht öfter als die besser versorgten. Es gibt noch einen Fakt, der gegen diese These spricht: Auch Fische oder Embryos im Fruchtwasser gähnen.

3. Theorie: Gähnen stärkt den sozialen Zusammenhalt

Diese Annahme stützt sich unter anderem auf Beobachtungen in der Tierwelt. Ein Löwenrudel reißt kollektiv sein Maul zum Gähnen auf, bevor es zur Jagd aufbricht. Die Vermutung: Die Löwen synchronisieren ihr Verhalten, um besser als Gruppe zu funktionieren. Auch für unsere Vorfahren könnte ein solcher Reflex sinnvoll gewesen sein: Wer gleichzeitig müde, hungrig oder aufgeregt ist, fühlt auch eine stärkere Verbundenheit. Und: Zu dieser Zeit konnten die Menschen noch nicht sprechen – das Gähnen war vielleicht ein Kommunikationssignal. Denkbar ist auch, dass der Grund fürs Gähnen eine Mischung aus dieser und der ersten Theorie ist.

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Warum ist Gähnen ansteckend?

Auch wenn wir noch nicht genau wissen, warum wir gähnen – feststeht: Der Reflex überträgt sich auf andere Menschen. Schon das Foto einer gähnenden Person lässt uns oft mitgähnen. Dafür sind Nervenzellen in unserem Gehirn verantwortlich, die Spiegelneuronen. Mit ihrer Hilfe verstehen wir das Verhalten anderer Menschen besser und imitieren es. Sie lassen uns mitfühlen, wenn es anderen schlecht geht – oder mitlachen, wenn sich jemand freut. Schon Babys machen die Mimik und Gestik ihrer Bezugsperson nach, wir kommen mit dieser Fähigkeit auf die Welt.

Unser Mitgefühl lässt uns besonders oft gähnen, denn eine Studie des Entwicklungspsychologen Steven Platek zeigte: Empathische Menschen lassen sich am stärksten vom Gähnen anstecken. Autistische Personen sind dagegen nicht so leicht von ihrem gähnenden Umfeld zu animieren. Sie tun sich nämlich schwer damit, Gefühle anderer einzuschätzen. Außerdem spielt es eine Rolle, wie gut wir das Gegenüber kennen: Je enger unsere Beziehung zueinander, desto ausgeprägter ist der Reflex. Wir gähnen zwar auch mit, wenn der Fremde in der Bahn vorlegt. Viel wahrscheinlicher ist es aber, dass Partner, Partnerinnen, Kinder oder Eltern uns anstecken.

Übrigens: Auch Vierbeiner haben einen Gähn-Reflex. Hunde imitieren ihre Besitzer und fangen ebenfalls damit an. Es scheint also, dass auch Dackel, Windhund und Co. Gefühle haben und empathisch sind.

Vermehrtes Gähnen in Stressphasen

Jetzt ist klar: Gähnen ist menschlich, tierisch – und drückt sogar Mitgefühl aus. Wer allerdings mehr gähnt als gewöhnlich, sollte nach möglichen Ursachen suchen. Vielleicht schlafen Sie  in letzter Zeit zu wenig? Oder Sie nehmen sich nicht genug Zeit, um zu entspannen?

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