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So können Sorgentelefone helfen

Veröffentlicht am:01.12.2021

5 Minuten Lesedauer

Nicht immer fällt es leicht, mit Personen aus dem näheren Umfeld zu sprechen. Insbesondere dann, wenn Sorgen oder Probleme die Lebensfreude trüben. Ein Sorgentelefon oder Seelsorgehotlines stehen Ihnen zur Seite, wenn Sie ein offenes Ohr benötigen.

Eine empathische Mitarbeiterin bei einem Sorgentelefon spricht mit einer Person über ein Headset.

© iStock / Ridofranz

Jugendliche erhalten beispielsweise bei der Nummer gegen Kummer Rat und Unterstützung, Personen ab 60 können Kontakt zu dem Silbernetz aufnehmen. Hier sind Sie völlig anonym und können den Mitarbeitern vertrauensvoll davon berichten, was Sie bewegt. Frau Amira Mahdi und Frau Elke Schilling vom Silbernetz e.V. verraten im Interview, wer beim Sorgentelefon anrufen kann und wie die Unterstützung aussieht.

Aus welchen Gründen rufen Personen bei einem Sorgentelefon an?

Bei einem Sorgentelefon können Menschen anrufen, wenn sie sich belastet fühlen, aber niemanden haben, mit dem sie darüber sprechen können. Das können ganz allgemeine Sorgen sein oder etwas ganz Spezielles. Was Menschen bewegt, ist schließlich ganz unterschiedlich. Wer bei einem Sorgentelefon anruft, das hängt mit Sicherheit auch vom jeweiligen Sorgentelefon ab. Anrufende suchen das Gespräch, wenn sie mit Lebenskrisen, akuten Problemen oder negativen Gedanken zu kämpfen haben. Bei uns, dem Silbernetz, melden sich vor allem ältere Menschen, die jemanden zum Reden brauchen, da sie niemanden haben, dem sie erzählen können, was sie beschäftigt. Einsamkeit, Krankheiten und Alltagssorgen sind die häufigsten Anliegen, die wir mit Anrufenden besprechen.

Porträt von Amira Mahdi, Silbernetz e.V.
Amira Mahdi

© privat

Unserer Erfahrung nach werden Probleme mit der kaputten Waschmaschine oder Streitigkeiten mit den Kindern oder den Nachbarn etwas leichter, wenn man darüber spricht.

Außerdem erzählen viele Menschen ab 60 Jahren noch von Liebeskummer

Allerdings haben nicht alle Anrufer ein konkretes Problem. Manche Menschen haben seit zwei Wochen mit niemandem gesprochen, wenn sie bei uns anrufen. Auch positive Rückmeldungen bekommen wir in den Gesprächen. Die älteren Menschen drücken ihre Dankbarkeit aus, weil jemand da ist, der zuhört und heiter gestimmt ist.

„Nicht alle Anrufer haben ein konkretes Problem. Manche Menschen haben einfach seit zwei Wochen mit niemandem gesprochen, wenn sie bei uns anrufen.“

Amira Mahdi
Silbernetz e.V.

Kann man sich auch mit der Sorge um andere an das Netzwerk wenden?

Im Prinzip ja, wenn es meine Sorgen sind, die ich mir über andere mache. Bemerke ich allerdings, dass es jemand anderem schlecht geht und er sich mit Sorgen herumschlägt, ist es am besten, wenn die betroffene Person selbst beim Sorgentelefon anruft, um über die Probleme zu sprechen. Wichtig ist nämlich, dass der Anrufende selbst das Bedürfnis hat, sich die Sorgen von der Seele zu reden. Stellvertretend über eine weitere Person ist das schwierig.

An welche Altersgruppen richten sich die Anbieter?

Es gibt Sorgentelefone für jede Altersgruppe:

  • Kinder, Jugendliche und Erwachsene können bei der Nummer gegen Kummer anrufen.
  • Auch die Telefonseelsorge kümmert sich um Personen jeden Alters.
  • Wir vom Silbernetz konzentrieren uns auf Menschen ab 60 Jahren, weil es für sie oft besonders schwer ist, in Kontakt zu kommen. Sie haben häufig einfach weniger Möglichkeiten, an Informationen zu gelangen, um wieder Kontakte nach draußen zu knüpfen. Schlechter Zugang zu digitalem Wissen, Mobilitätseinschränkungen und altersbedingte Kontaktverluste sind einfach große Hürden für ältere Menschen.
Seniorin ist einsam und findet Hilfe sowie ein offenes Ohr über ein Sorgentelefon.

© iStock / Dobrila Vignjevic

Ob einsam, traurig oder in Plauderlaune: Die Mitarbeiter eines Sorgentelefons haben immer ein offenes Ohr für Anrufer.

Mit wem spricht man beim Sorgentelefon?

Das ist ganz unterschiedlich. Viele Sorgentelefone sind ehrenamtlich besetzt. Hier sprechen besonders empathische Menschen mit den Anrufenden über die jeweiligen Sorgen.

Psychologen und Psychotherapeuten gibt es zum Beispiel bei dem Berliner Krisentelefon, weil es dabei um psychische und menschliche Krisensituationen geht.

Die Kollegen von der Telefonseelsorge sind sehr gut beim Thema Selbstreflexion geschult, um auch sensible Themen wie Suizidgedanken mit den Anrufern besprechen zu können.

Porträt von Elke Schilling, Silbernetz e.V.
Elke Schilling

© Gordon Welters

Beim Silbernetz haben wir uns für eine Mischung aus Hauptamt und Ehrenamt entschieden, da wir ein Inklusionsbetrieb sind. Wir beschäftigen Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt ansonsten keine Chance hätten. Natürlich achten wir darauf, dass unsere Mitarbeiter sehr empathisch und gut geschult sind.

Dafür haben wir ein eigenes Ausbildungsprogramm, bei dem sie gerade zu Anfang eng begleitet werden. Telefonate hören wir dabei aber natürlich nicht mit.

„Viele Sorgentelefon sind ehrenamtlich besetzt. Hier sprechen besonders empathische Menschen mit den Anrufenden über die jeweiligen Sorgen.“

Elke Schilling
Silbernetz e.V.

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Wie läuft so ein Gespräch ab?

Wenn jemand beim Sorgentelefon anruft, wird er entweder völlig anonym mit: „Hier ist die Telefonseelsorge“ oder mit einem Pseudonym begrüßt. Manche Anrufer fangen dann gleich an zu reden, andere brauchen erst einmal eine Aufwärmphase. Die Mitarbeitenden beim Sorgentelefon sind darauf eingestellt und können sowohl gut zuhören als auch ein Gespräch in Gang bringen. Klassische Eisbrecherthemen sind natürlich das Wetter und Speisen oder Getränke. Gar nicht wenige Menschen schweigen auch oder weinen, wenn sie das erste Mal anrufen. Auch damit können die Mitarbeiter gut umgehen.

Bleiben die Gespräche beim Sorgentelefon anonym?

Ein Sorgentelefon zeichnet sich dadurch aus, dass alles anonym ist. Das bedeutet, der Anrufende ist geschützt und kann frei sprechen, ohne befürchten zu müssen, dass sich daraus irgendwelche Konsequenzen ergeben – unabhängig davon, wie schwer oder problematisch die Sorgen sind. Damit können sich auch Menschen, die tiefe Schuld oder Reue empfinden, dem Mitarbeiter in einem geschützten Bereich anvertrauen.

Wie kann ein Sorgentelefon helfen?

Sorgentelefone bieten zunächst einen geschützten Raum, in dem man sich mit einer Person über seine Probleme unterhalten kann. Das Gespräch selbst bietet dann Entlastung. Einfach mal reden und das Gefühl, dass einem jemand positiv zugewandt ist und Mitgefühl, Interesse und Sympathie zeigt, hilft vielen Anrufern.

Sorgentelefone, die keine ausgebildeten Psychologen oder Sozialpädagogen beschäftigen, können im Laufe des Telefonats auch auf dafür ausgebildete und zuständige Experten oder Organisationen, zum Beispiel auf die Krisennotdienste, hinweisen. So erhalten auch Anrufer mit einem akuten Beratungs- und Hilfebedarf die Unterstützung, die sie benötigen.

Wir beim Silbernetz versuchen, in jedem Gespräch gemeinsam zu lachen. Die heilende Wirkung von Lachen ist ja sogar wissenschaftlich bewiesen. „Danke, dass Sie auf meiner Seite sind“, in diese Richtung äußern sich dann viele Anrufende.

Bei Bedarf weisen wir auf bestehende Hilfsangebote hin und ebnen so Wege aus der Isolation: Das kann eine Kontakttelefonnummer zum Pflegestützpunkt oder Mobilitätsdienst sein oder der Hinweis auf ein Seniorencafé oder einen Chortreff in der Nachbarschaft.

„Danke, dass Sie auf meiner Seite sind‘, in diese Richtung äußern sich viele Anrufende.“

Amira Mahdi
Silbernetz e.V.

Online-Coaches: Unterstützung in herausfordernden Zeiten

Sorgen haben ganz unterschiedliche Ursachen. Manche gehen vorüber, weil sich eine Situation entspannt oder eine gute Lösung gefunden wurde. Andere Sorgen bleiben länger. So können zum Beispiel Erkrankungen das Gemüt herausfordern. Die eigenen gesundheitlichen Probleme oder die der Familienangehörigen beziehungsweise Freunde können sehr belastend sein. Gespräche und Verständnis helfen dabei, Sorgen zu nehmen oder sie zumindest ein Stück weit zu lindern.

Die AOK geht einen Schritt weiter und widmet sich mit einem umfangreichen Online-Coach-Angebot wichtigen Themen wie Depressionen, Krebs oder Pflege. Hier erhalten Sie als Angehörige oder Betroffene Informationen in Form von Videos oder Text, damit Sie den Umgang mit entsprechenden Situationen besser meistern können.

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