Organe
Reinke-Ödem – wenn die Stimme tiefer und rauer wird
Veröffentlicht am:01.12.2025
10 Minuten Lesedauer
Bei einem Reinke-Ödem sind die Stimmlippen geschwollen, was das Sprechen und Singen erschwert. Die Krankheit ist zwar nicht gefährlich, kann aber belastend sein. Wie wird ein Reinke-Ödem behandelt und wie lässt es sich vermeiden?

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Was ist ein Reinke-Ödem?
Ein Ödem ist eine Ansammlung von Flüssigkeit zwischen Geweben oder Zellen, die zu Schwellungen führt. Im Fall des Reinke-Ödems (auch: Stimmlippenrandödem) lagert sich die Flüssigkeit im Kehlkopf (Larynx) in einem Hohlraum zwischen den Gewebefalten der Stimmlippen ein. Dieser Hohlraum ist nach dem Anatom Friedrich Reinke benannt, der ihn im Jahr 1895 erstmals beschrieb. Vom Reinke-Raum leitet sich namentlich wiederum das Reinke-Ödem ab.
Das Reinke-Ödem ist eine seltene Erkrankung: Weltweit sind weniger als ein Prozent der Allgemeinbevölkerung davon betroffen. Außerdem ist es nicht nur selten, sondern in der Regel auch ungefährlich. Eine Beeinträchtigung der Stimme kann jedoch den Alltag einschränken und die Lebensqualität mindern.
Von Stimmlippen und Stimmbändern
Die Stimmlippen sind zwei elastische Schleimhautfalten im Kehlkopf, die bei der Stimmbildung eine entscheidende Rolle spielen. Die Stimmbänder, von denen man in der Regel häufiger hört, sowie die Stimmbandmuskeln sind Teil der Stimmlippen. Wenn Luft aus dem Brustkorb ausströmt, versetzt dies die Stimmlippen in Schwingung. Dadurch entstehen Töne. Mithilfe der Bänder und Muskeln lassen sich die Stimmlippen bewegen, anspannen oder entspannen. Die jeweilige Stellung und Spannung der Stimmlippen beeinflusst die Tonhöhe. In Kombination mit den Bewegungen von Zunge und Mund können so eine Vielzahl unterschiedlicher Laute und Lautstärken erzeugt werden. Dadurch können wir sprechen oder auch singen.
Warum sind Frauen häufiger vom Reinke-Ödem betroffen?
Am häufigsten tritt ein Reinke-Ödem bei Frauen um das 50. Lebensjahr auf – bis zu 80 Prozent der Erkrankten sind weiblich und fast die Hälfte von ihnen ist zwischen 40 und 59 Jahre alt. Warum das Reinke-Ödem vorwiegend Frauen betrifft, ist nicht vollständig geklärt. Ein möglicher Grund ist die von Natur aus höhere Konzentration einer bestimmten Säure in den Stimmlippen von Frauen. Diese Konzentration ist auch bei einem Reinke-Ödem erhöht. Es ist aber auch möglich, dass Frauen gar nicht häufiger betroffen sind, sondern Veränderungen ihrer Stimme einfach stärker wahrnehmen als Männer und sich deshalb eher untersuchen lassen. Wenn sich beispielsweise durch das Reinke-Ödem die Stimme eines Mannes vertieft, wird er das vermutlich nicht als problematisch oder gar bedrohlich wahrnehmen.
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Wie ein Reinke-Ödem entsteht und woran man es erkennt
Das Reinke-Ödem kann verschiedene Ursachen haben, wobei ein einzelner Risikofaktor die dominierende Rolle spielt.
Mögliche Ursachen eines Reinke-Ödems
- Rauchen: In mehr als 90 Prozent der Fälle ist ein Reinke-Ödem eine Folge des Rauchens. Je mehr und je länger jemand raucht, desto größer ist das Risiko für ein Reinke-Ödem und desto schwerer kann es ausfallen.
- Überbeanspruchung der Stimme (Phonationstrauma): Sie betrifft vor allem Menschen, die ihre Stimme beruflich verstärkt einsetzen, beispielsweise Lehrkräfte oder Sänger und Sängerinnen. So berichtet etwa die US-amerikanische Sängerin Miley Cyrus, dass sie an einem Reinke-Ödem als Folge einer Überbelastung der Stimme leidet.
- Laryngopharyngealer Reflux (LPR), auch als stiller Reflux bezeichnet, ist eine Erkrankung, bei der Magensäure nicht nur in die Speiseröhre, sondern auch bis in den Rachen- und Kehlkopfbereich aufsteigt. LPR kann vermutlich ein Reinke-Ödem begünstigen.
Symptome und Diagnose eines Reinke-Ödems
Durch die eingelagerte Flüssigkeit haben die Stimmlippen eine größere Masse und schwingen anders bei der Stimmgebung. Die Folgen sind:
- Die Stimme klingt tiefer und rau.
- Hohe und laute Töne fallen schwer oder sind gar nicht mehr möglich.
- Die Stimme kann nicht mehr belastet werden.
Dies können allerdings auch Symptome eines Laryngopharyngealen Refluxes ohne Reinke-Ödem sein. Typisch für das Reinke-Ödem ist eine langsam fortschreitende Vertiefung der Stimme, die von Heiserkeit begleitet wird. Seltener klagen Betroffene über Atemnot. Dies hängt davon ab, wie stark die Schwellung ist und wie sehr sie den Atemfluss beeinträchtigt. Außerdem besteht bei Menschen mit einem Reinke-Ödem eine höhere Neigung zum Schnarchen und zur obstruktiven Schlafapnoe.
Wie Ärzte und Ärztinnen ein Reinke-Ödem diagnostizieren
Grundlage der Diagnostik bei Stimmstörungen stellt die gründliche Anamnese dar, also die Erhebung der Vorgeschichte des Patienten oder der Patientin. Dann schließt sich die klinische Untersuchung an. Die einzelnen Symptome des Reinke-Ödems sind unspezifisch – das heißt, sie können auf unterschiedliche Krankheiten hindeuten. Deshalb nehmen Ärzte und Ärztinnen in jedem Fall eine gründliche Untersuchung von Kopf und Hals vor. Die Schwellung im Kehlkopf ist allerdings ohne technische Hilfsmittel nicht sichtbar. Um ein Reinke-Ödem oder andere Ursachen für Stimmprobleme festzustellen, überweisen Hausärzte und Hausärztinnen die Betroffenen in der Regel an eine HNO-Praxis.
Dort ist eine Kehlkopfspiegelung (Laryngoskopie) möglich. Diese erlaubt die visuelle Darstellung der Stimmbänder und ermöglicht auch die Entnahme einer Gewebeprobe. Es gibt zwei verschiedene Spiegelungsmethoden: Entweder wird der Kehlkopf direkt über den Rachen betrachtet oder ein Endoskop über die Nase eingeführt. Bei Verdacht auf ein Reinke-Ödem kann es ergänzend sinnvoll sein, im Rahmen der Kehlkopfspiegelung auch eine Stroboskopie durchzuführen. Dabei handelt es sich um ein Verfahren zur Sichtbarmachung von Stimmlippenschwingungen.
Außerdem gibt es besondere Formen der Stimmanalyse, mit denen sich ebenfalls typische Veränderungen bei einem Reinke-Ödem erkennen lassen.
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Behandlung des Reinke-Ödems: Ist eine Heilung auch ohne OP möglich?
Um die Stimme in ihrer ursprünglichen Form wiederherzustellen, muss bei einem Reinke-Ödem meistens operiert werden. Manchmal kommt es vor, dass sich kleine Ödeme von allein zurückbilden, wenn Betroffene das Rauchen aufgeben. Auch eine Schonung der Stimme oder ein Stimmtraining können im Einzelfall zu einer Verbesserung führen. Sollten sich die normale Stimme und deren Belastbarkeit dadurch aber nicht wieder einstellen, sind weitere Maßnahmen erforderlich.
Da medikamentöse Verfahren, bei denen beispielsweise ein Medikament in das erkrankte Gewebe gespritzt wird, nicht ausreichend untersucht sind, ist beim Reinke-Ödem die OP der Goldstandard. In vielen Fällen lässt sich nur mit einer Operation die Stimmleistung wieder verbessern.

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So läuft die OP beim Reinke-Ödem ab
Es gibt verschiedene OP-Methoden, die sich alle minimalinvasiv durchführen lassen. In der Regel bedienen die Ärzte oder Ärztinnen die chirurgischen Instrumente dabei über ein Endoskop. Eine Operation bei einem Reinke-Ödem ist also gewissermaßen eine Kehlkopfspiegelung mit einem kleinen operativen Eingriff. Dieser kann je nach Verfahren mit kleinen Skalpellen oder mit Lasern erfolgen. Das Grundprinzip ist jedoch immer dasselbe: Die oberste Hautschicht der geschwollenen Stimmlippen wird eingeschnitten und das Ödem aus der Stimmlippe abgesaugt oder ausmassiert.
Was nach der Operation wichtig ist
Um die Stimme wiederherzustellen und ein erneutes Ödem zu vermeiden, ist nach der Operation ein konsequenter Rauchstopp erforderlich. Manchmal sind ergänzende Stimmbildungsübungen sinnvoll. In der Regel stellt sich die Stimme dadurch wieder her, so dass sich sagen lässt: Die Heilungschancen bei einem Reinke-Ödem sind gut. Wenn ein Refluxproblem oder eine starke stimmliche Belastung mit der Entstehung des Ödems zusammenhängt, ist es außerdem wichtig, den Reflux zu behandeln und eine Überbeanspruchung der Stimme in Zukunft zu vermeiden.
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