Krebs
Ist Asbest immer noch eine Gefahr für die Gesundheit?
Veröffentlicht am:14.07.2025
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Lange wurde Asbest auf dem Bau und in der Industrieproduktion verwendet. Seit 1993 ist die Verwendung in Deutschland verboten, weil die Fasern tödliche Krankheiten verursachen können. Doch nach wie vor steckt Asbest in vielen Häusern und Gegenständen.

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Asbest: ein fast idealer Stoff
Stellen Sie sich vor, es gäbe einen Werkstoff mit ziemlich idealen Eigenschaften: Er ist elastisch und zugfest, unempfindlich gegen Hitze oder chemische Einflüsse und kann gut mit anderen Materialien kombiniert werden. Wegen seiner guten Charakteristika wird der Tausendsassa fast überall verwendet: in Bodenbelägen und Dachplatten, Brems- und Kupplungsbelägen, Spachtelmasse und Fliesenkleber, Blumentöpfen, Schutzkleidung, Elektrogeräten oder Heizungen.
Erst Jahrzehnte später erkranken Menschen, die mit dem vermeintlich harmlosen Stoff in Kontakt gekommen sind. Bei einigen vernarbt die Lunge so sehr, dass ihnen das Atmen schwer fällt. Andere sterben an bösartigen Tumoren. Vor allem Personen, die beruflich eine hohe Exposition hatten, etwa auf dem Bau, erkranken.
Gerade die große Widerstandskraft von Asbest, so weiß man inzwischen, macht es zu einem gesundheitlichen Problem: Die ausgeprägte Beständigkeit der Asbestfasern führt dazu, dass sie sich auch im Körper nicht auflösen, nicht abgebaut und ausgeschieden werden können. Der Organismus reagiert mit chronischen Entzündungen auf die Asbestfasern.
Was genau im Körper passiert, weiß man bis heute nicht genau. Klar ist aber: Wer Asbeststaub eingeatmet hat, kann schwer krank werden. Meist erst sehr viel später – oft Jahrzehnte nach der Exposition.
Was ist eigentlich Asbest?
Asbest ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene Silikat-Minerale, die faserförmig kristallisiert sind. Der Name stammt vom altgriechischen Asbestos, was so viel wie „unvergänglich“ bedeutet.
Wie gefährlich ist Asbest?
Asbest wurde bereits im Altertum abgebaut. Die Menschen hatten schon damals erkannt, dass sich das widerstandsfähige, hitzeresistente Material gut fürs Bauen und für den Brandschutz eignet. Im 19. Jahrhundert machte das Mineral dann international Karriere. Ab 1930 wurde Asbest zu weit mehr als 3.000 Produkten verarbeitet, zwischen 1950 und 1985 wurden in Deutschland mehrere Millionen Tonnen verbraucht.
In der Hochzeit des Baustoffs wurden die Kehrseiten der Verwendung deutlich. 1936 wurde Asbestose (bindegewebiger Umbau des Lungengewebes), 1943 Lungenkrebs infolge von Asbestexposition unter bestimmten Bedingungen als Berufskrankheiten anerkannt. Später zeigten Studien, dass auch das Risiko für Pleuramesotheliome (Krebs des Brustfells), Larynxkarzinome (Kehlkopfkrebs) und Ovarialkarzinome (Eierstockkrebs) durch Asbest erhöht ist. Inzwischen gilt Asbest als eindeutig kreberregend.
Seit 1993 ist die Verwendung von Asbest in Deutschland verboten. Weil es vorher so viel verbaut wurde, ist Asbest aber noch überall um uns herum. In vielen Fällen ist das nicht schlimm, weil wir nicht Gefahr laufen, die verbauten Fasern einzuatmen. In bestimmten Situationen kann Asbest aber auch heute noch, mehr als 30 Jahre nach seinem Verbot, gefährlich sein.
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Welcher Asbest ist riskant?
Ob beim Arbeiten mit Asbest oder beim Verwenden von asbesthaltigen Produkten eine Gefahr besteht, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die wichtigste Frage: Handelt es sich um fest oder schwach gebundenen Asbest?
Fest gebunden ist der Werkstoff in Produkten wie Asbestzement, die zum Beispiel in Dächern, Fassadenverkleidungen und Bodenbelägen verbaut sind. Aus dem Zement lösen sich die Asbestfasern nur, wenn er bearbeitet wird oder sichtbar verwittert. Ansonsten ist fest gebundener Asbest relativ harmlos.
Schwach gebundener Asbest ist hingegen gefährlich, weil sich die Asbestfasern aus ihm leicht lösen und eingeatmet werden können. Entsprechende Produkte wie Spritzasbest und Asbestpappe kamen früher unter anderem in Materialien zur Isolation und zum Brandschutz zum Einsatz, in Schutzkleidung, Dichtungen, Elektrogeräten und Fußbodendämmungen.
Fest verbauter Asbest stellt also meistens kein Gesundheitsrisiko dar. Anders sieht es aus, wenn das Material bearbeitet wird, etwa geschliffen, gebohrt oder herausgebrochen wird. Dann können sich auch fest gebundene Asbestfasern lösen. Von Produkten mit schwach gebundenem Asbest geht konstant eine Gefahr aus.
Wie kann man Asbest erkennen?
Das Problem: Man kann Materialien nicht ansehen, ob sie Asbest enthalten. Einen Hinweis liefern lediglich Produktionsdatum und -ort: Was nach 1993 in Deutschland hergestellt wurde, ist sicher asbestfrei. In der EU darf Asbest seit 2005 nicht mehr verwendet werden. Bei älteren Geräten und Bauten sowie bei Produkten, die in anderen Ländern hergestellt wurden, kann hingegen nicht ausgeschlossen werden, dass Asbest enthalten ist. Typische asbesthaltige Materialien sind Asbestzement in Fensterbänken, Asbestplatten als Hitzeschutz hinter Öfen und Nachtspeicherheizungen.
Bei größeren Renovierungsarbeiten ist es deshalb möglich, Menschen und Räume mit Asbest zu kontaminieren. So können beispielsweise bei der Entfernung eines alten PVC-Bodens oder einer Nachtspeicherheizung Fasern freigesetzt werden. Deshalb sollten Sie n allen Zweifelsfällen Fachleute konsultieren, bevor die Arbeiten starten. Ausführlichere Informationen dazu gibt es bei der Verbraucherzentrale und beim Umweltbundesamt.

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Berufskrankheiten durch Asbest
Die höchsten Asbestexpositionen haben in der Regel Menschen, die beruflich viel mit dem Material zu tun hatten. Weil die Folgeerkrankungen sich oft erst nach Jahrzehnten manifestieren, ist es wichtig, bei entsprechenden Symptomen auch an frühere Tätigkeiten zu denken und diese den behandelnden Ärztinnen und Ärzten mitzuteilen.
Als Berufskrankheiten anerkannt sind:
- Asbeststauberkrankung (Asbestose) der Lunge oder des Rippenfells (Pleura)
- Lungenkrebs, Kehlkopfkrebs oder Eierstockkrebs, wenn nachweislich eine hohe Asbestexposition bestand
- bösartige Tumoren (Mesotheliom) des Rippenfells (Pleura), des Bauchfells (Peritoneum) oder des Herzbeutels (Perikard)
Die Pleura ist eine dünne Haut mit zwei Schichten: eine umschließt die Lunge, die andere kleidet die Brustwand von innen aus. Zwischen beiden Schichten ermöglicht Flüssigkeit, dass Lunge und Brustwand sich bei der Atmung gegeneinander verschieben können. Ganz ähnlich funktioniert das Peritoneum, das Darm und Bauchwand verkleidet und Bewegungen der Bauchorgane ermöglicht. Die deutsche Bezeichnung „Fell“ ist etwas irreführend; Haare hat keine dieser Membranen. Das Perikard (Herzbeutel), das das Herz umschließt, ist etwas dicker, hat aber dieselbe Funktion bei der Pumpbewegung des Herzens.
Pleura, Peritoneum und Perikard scheinen besonders empfindlich auf eine Asbestbelastung zu reagieren. Bilden sich hier bösartige Tumoren, sollte immer an eine mögliche (vielleicht schon lange zurückliegende) Asbestbelastung gedacht werden.
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