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Gesundheitsmagazin

Gehirn & Nerven

Die Blut-Hirn-Schranke als wichtige Barriere im Gehirn

Veröffentlicht am:12.05.2023

3 Minuten Lesedauer

Die empfindlichen Zellen des Gehirns müssen vor Giften und Stoffen aus dem Blut geschützt werden. Dafür gibt es die Blut-Hirn-Schranke. Verschiedene Zellen bilden diese Barriere und regulieren, was vom Blut ins Gehirn gelangen darf und was nicht.

Darstellung von Astrozyten und Blutgefäßen im Gehirn.

© iStock / Dr_Microbe

Schutz des Gehirns durch die Blut-Hirn-Schranke

Das Gehirn steuert Körperprozesse, Bewegungen und Sensibilität, verarbeitet Wahrnehmungen und speichert Informationen. Damit diese und viele weitere Prozesse reibungslos ablaufen können, benötigt das Gehirn etwa 20 Prozent des Sauerstoffs und der Energie, obwohl es nur etwa 2 Prozent der Körpermasse ausmacht. Die Versorgung erfolgt über den Blutkreislauf. Da die Nervenzellen des Gehirns sehr empfindlich sind, muss sichergestellt werden, dass Krankheitserreger, Zellen und Schadstoffe aus dem Blut nicht ins Gehirn gelangen und für die empfindlichen elektrochemischen und biochemischen Vorgänge der Nervenzellen ein gleichbleibendes inneres Milieu sichergestellt wird. Und genau dafür gibt es die Blut-Hirn-Schranke. Sie ermöglicht einen Balanceakt zwischen Versorgung und Abriegelung, indem sie bestimmte Stoffe durchlässt, andere aber am Durchtritt hindert (selektive Durchlässigkeit). Anders als an anderen Stellen im Körper sind die kleinsten Blutgefäße dicht. Diese abgedichteten Endothelzellen der Blutgefäße bilden gemeinsam mit Perizyten und Astrozyten die Blut-Hirnschranke. Es gibt im Körper noch weitere Blut-Gewebe-Schranken. Die Blut-Hirn-Schranke ist jedoch besonders „streng kontrolliert“.

Zu den Stoffen, die über verschiedene Mechanismen durch die Blut-Hirn-Schranke in das Gehirn gelangen können, gehören das Blutgas Sauerstoff, Nährstoffe wie Glukose und Aminosäuren, Ionen, kleinere lipophile (fettlösliche) Moleküle, Hormone, aber auch schädliche Stoffe wie Nikotin und Alkohol. Vor diesen kann die Barriere nicht schützen. Auf der anderen Seite verhindert die Blut-Hirn-Schranke auch, dass bestimmte Medikamente ins Gehirn gelangen.

Eine Frau mit Multipler Sklerose fährt in einem Rollstuhl eine Straße entlang.

© iStock / eyecrave productions

Mit der richtigen Behandlung kann die Lebensqualität von Patienten erhalten und verbessert werden. Bei einer medikamentösen Therapie von Erkrankungen, wie Multipler Sklerose, spielt die Blut-Hirn-Schranke eine wichtige Rolle.

So ist die Blut-Hirn-Schranke aufgebaut

Die Barrierefunktion der Blut-Hirn-Schranke wird durch verschiedene Zellarten und Schichten gewährleistet. Betrachtet man den Aufbau der Blut-Hirn-Schranke vom Inneren des Blutgefäßes aus, sind vier Komponenten der Barriere sichtbar:

  • Endothelzellen: Die innerste Zellschicht besteht aus Endothelzellen (Blutgefäßzellen). Sie kleiden die Blutgefäße aus und haben den größten Anteil an der Barrierefunktion der Blut-Hirn-Schranke. Anders als sonst im Körper haben die Endothelzellen dichte Verbindungen (sogenannte Tight Junctions) zwischen den einzelnen Zellen und bilden eine starke Barriere. Die Endothelzellen regulieren über verschiedene Transportproteine, welche Ionen, Moleküle und Zellen des Immunsystems in welcher Menge ins Gehirn eindringen dürfen und welche nicht.
  • Basalmembran: Die Basalmembran ist eine dünne Schicht aus Proteinen (unter anderem Kollagen). Sie umschließt die Endothelzellen und unterstützt sie in ihrer Funktion. Sie stellt außerdem eine zusätzliche Barriere für Moleküle und Zellen dar.
  • Perizyten: Die nächste Zellschicht bilden die Perizyten. Diese Zellen befinden sich vornehmlich an den Kontaktstellen der Endothelzellen, regulieren diese und können auch kontrahieren (sich zusammenziehen). Mit ihrer Makrophagenaktivität (der Fähigkeit, Fremdpartikel sowie Zellschrott aufzunehmen und abzubauen) sind sie Teil des Immunsystems im Gehirn.
  • Astrozyten (Gliazellen): Im Gehirn gibt es nicht nur Nervenzellen, sondern auch sogenannte Gliazellen. Dabei handelt sich um Stützzellen wie die Astrozyten. Astrozyten verbinden die Endothelzellen mit den Nervenzellen. Der Austausch von Molekülen, Gasen und Ionen wird durch sie kontrolliert. Über Signalmoleküle können sie außerdem den Blutfluss in den Blutgefäßen regulieren – benötigt das Gehirn zum Beispiel mehr Sauerstoff, werden die Blutgefäße geweitet, sodass mehr Blut durchfließen kann.

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Wenn die Blut-Hirn-Schranke gestört ist

Mit einer intakten Blut-Hirn-Schranke ist das Gehirn gut geschützt. Ist die Funktion der Schranke jedoch gestört, kann das die Durchlässigkeit erhöhen und die Gehirnfunktion beeinträchtigen. Giftstoffe, Krankheitserreger oder schädigende Zellen gelangen so ins Gehirn. Einige Erreger (darunter Viren und Bakterien) haben zum Beispiel die Fähigkeit, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden und zu zerstören. Die Folge sind Infektionen wie eine Meningitis (Hirnhautentzündung) oder Enzephalitis (Gehirnentzündung). Auch chronischer Alkoholkonsum kann die Barrierefunktion stören. Daneben gibt es verschiedene Krankheiten, die mit einer gestörten Blut-Hirn-Schranke einhergehen, zum Beispiel Schlaganfälle, Multiple Sklerose, Parkinson, Alzheimer, Epilepsie, Gehirntumore und Schädel-Hirn-Traumata.

Problematisch ist zudem, dass die Blut-Hirn-Schranke das Gehirn so gut abriegelt, dass nur wenige Medikamente das Gehirn erreichen. Bei Erkrankungen in anderen Körperbereichen ist das gut, denn so ist das Gehirn vor den Wirkstoffen geschützt – doch bei Erkrankungen des Gehirns stellt das Mediziner und Medizinerinnen oft vor große Hürden. Zu der Frage, wie Medikamente besser in das Gehirn gebracht werden können, wird viel geforscht und neue Ansätze bereits in klinischen Studien erprobt.


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