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Konsens in der Sexualität: Was bedeutet sexuelle Zustimmung?

Veröffentlicht am:19.08.2025

5 Minuten Lesedauer

Für eine selbstbestimmte Sexualität ist Konsens wichtig. Was sexuelle Zustimmung genau bedeutet, wie sie klar kommuniziert wird und warum das Thema bereits bei der Sexualerziehung von Kindern und Jugendlichen eine wichtige Rolle spielen sollte.

Ein Paar liegt glücklich lächelnd im Bett und teilt einen intimen Moment, bei dem der Mann die Frau auf die Wange küsst.

© iStock / Boris Jovanovic

Was ist sexueller Konsens?

Über den eigenen Körper bestimmen, die eigenen Grenzen kennen und kommunizieren, das kann man gar nicht früh genug lernen – am besten schon im Kindesalter. Diese Fähigkeiten schützen nicht nur vor sexuellen Übergriffen, die in jedem Alter vorfallen können, sondern sind auch eine wichtige Grundlage für eine Sexualität auf Augenhöhe. Der Begriff Konsens bedeutet Übereinstimmung oder Zustimmung. Sexueller Konsens meint also die Zustimmung zu sexuellen Handlungen, wie auch immer diese aussehen oder definiert werden – eine Zustimmung, die, wohlgemerkt, jederzeit widerrufen werden kann. Dieser Konsens fällt ganz unterschiedlich aus, mit Worten ausgedrückt oder durch entsprechendes Verhalten signalisiert.

Von sexuellem Konsens wurde zuerst in den 1970er Jahren gesprochen, im Zuge von feministischen Bewegungen. Geschlechterrollen wurden infrage gestellt. Über lange Zeit war Sexualität stark von patriarchalen Strukturen geprägt – und ist es zum Teil heute noch. Man denke an die Annahme, dass Frauen, wenn sie „Nein“ sagen, eigentlich „Ja“ meinen oder die Vorstellung von Sex als ehelicher Pflicht, bei der ein Konsens gar nicht zur Debatte stand.

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Konzepte zu einvernehmlichem Sex

Wie sexuelle Zustimmung geäußert oder abgelehnt wird, dazu gibt es verschiedene Konzepte:

  • „Nein heißt Nein“: Dieser Grundsatz ist sogar gesetzlich verankert und spielt auf die Vorstellung an, dass insbesondere Frauen eigentlich „Ja“ meinen, auch wenn sie „Nein“ sagen. Das änderte sich in den 1990er-Jahren. „Nein heißt Nein“ wurde zum zentralen Grundsatz im Verständnis von sexuellem Konsens. Das „Nein“ muss dabei nicht ausgesprochen werden, sondern kann auch nonverbal geäußert werden. Und ganz wichtig: kein „Nein“ heißt nicht automatisch „Ja“. Die Kritik, die zu diesem Konzept geäußert wird, zielt in erster Linie darauf ab, dass die Verantwortung, ob eine Grenzüberschreitung stattfindet oder nicht, allein bei den Betroffenen liegt.
  • „Ja heißt Ja“: Über den Grundsatz „Nein heißt Nein“ hinaus geht die Idee der aktiven Zustimmung, sprich „Ja heißt Ja“. Es muss also eine aktive Zustimmung zu einer sexuellen Handlung geben. Im Vordergrund steht hier eine positive Konsenskultur, die auf dem aktiven Einverständnis aller Beteiligten basiert.
  • Enthusiastischer Konsens: Die Art des „Jas“ steht hier im Mittelpunkt. Erwartet wird kein einfaches „Ja“, sondern ein mit Begeisterung ausgedrücktes „Ja“. Außer Acht wird gelassen, dass auch ein nicht ganz so enthusiastisches „Ja“ durchaus ein „Ja“ meint.

Ungeachtet dieser verschiedenen Konzepte zum Thema sexueller Konsens wird eines deutlich: Sie alle unterstreichen die zentrale Rolle der Kommunikation für Menschen. Ob verbal oder nonverbal – das klare Äußern und das aufmerksame Wahrnehmen von Zustimmung oder Ablehnung ist der Schlüssel zu respektvollen sexuellen Interaktionen.

„Nein heißt Nein“

Um die sexuelle Selbstbestimmung besser zu schützen, wurde das Sexualstrafrecht in Deutschland 2016 verschärft. Seit dem 7. Juli 2016 ist gesetzlich klar verankert: Jede sexuelle Handlung, die gegen den erkennbaren Willen einer Person vorgenommen wird, ist strafbar. Damit gilt der Grundsatz „Nein heißt Nein“ auch rechtlich.

Tipps für die Umsetzung: So kann sexueller Konsens kommuniziert werden

Kommunikation hört sich einfach an – ist es für viele aber nicht, ganz besonders nicht im Kontext von Sexualität. Um Missverständnissen vorzubeugen und sicher zu gehen, dass man die Grenzen seines Gegenübers nicht überschreitet, sollte man einfach fragen – und davon ausgehen, dass der Partner oder die Partnerin auch ehrlich sagt, wenn sie oder er etwas nicht möchte. Diese Fragen können Sie stellen , um Konsens einzuholen und sich zu versichern, ob alles in Ordnung ist – auch wenn man schon mittendrin ist:

  • Darf ich dich küssen?
  • Darf ich dich (hier) berühren?
  • Ist es okay, wenn ich … mache?
  • Ich habe Lust auf… Du auch?
  • Du wirkst unsicher. Ist alles in Ordnung?
  • Möchtest du eine Pause machen?
  • Bist du dir sicher?

Diese Fragen mögen anfangs ungewohnt wirken, doch sie können Klarheit und Vertrauen schaffen. Es geht auch nicht darum, ein starres Frage-Antwort-Schema zu etablieren, sondern um eine Kultur des ständigen 'Check-ins' und des gegenseitigen Respekts. Konsens ist ein fortlaufender Prozess, der Übung erfordert.

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Eine braunhaarige Frau läuft fröhlich mit schwingenden Armen unter einer Brücke entlang.

© iStock / ljubaphoto

Selbstbewusstsein und sexuelle Selbstbestimmung gehen Hand in Hand: Wer die eigenen Wünsche und Grenzen kennt und klar kommuniziert, schafft die Basis für eine vertrauensvolle, einvernehmliche Intimität.

Sexuelle Aufklärung von Kindern und Jugendlichen: Konsens lernen

Bei der Aufklärung von Kindern und Jugendlichen ist es wichtig, dass auch das Wissen über sexuellen Konsens einen zentralen Stellenwert einnimmt. Dieses Wissen ist der wichtigste Schutz vor sexualisierter Gewalt. Das Präventionsprogramm «Mein Körper gehört mir!» von der Stiftung Kinderschutz Schweiz, einer unabhängigen privatrechtlichen Stiftung, vermittelt Kindern und Jugendlichen folgende sieben Präventions-Botschaften:

  • Mein Körper gehört mir!
  • Ich vertraue meinem Gefühl.
  • Ich kenne gute, schlechte und komische Berührungen.
  • Ich darf Nein sagen! / Ich habe das Recht, Nein zu sagen!
  • Ich unterscheide zwischen guten und schlechten Geheimnissen.
  • Ich bin mutig, ich hole mir Hilfe. / Ich weiss, wo ich Hilfe holen kann.
  • Ich bin nicht schuld.

Wenn Kinder diese Grundsätze schon früh lernen, sind sie nicht nur besser vor sexualisierter Gewalt geschützt. Sie entwickeln auch ein starkes Gefühl für ihre eigene Autonomie und Selbstbestimmung, das ihnen später hilft, gesunde und respektvolle Beziehungen zu führen und ihre eigene Sexualität selbstbewusst und sicher zu entdecken.

Rechtliche Implikationen: Wann ist Sex einvernehmlich?

Für Teenager und ihre Eltern ist es wichtig, sich auch über die rechtlichen Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit Sexualität zu informieren, um sich selbst und andere zu schützen. Die Altersgrenzen für sexuelle Handlungen sind nämlich klar geregelt. Ab einem Alter von 14 Jahren wird die sexuelle Selbstbestimmung von Jugendlichen grundsätzlich anerkannt, sexuelle Handlungen mit Geschlechtsverkehr sind erlaubt, wenn alle Beteiligten zustimmen. Ab 13 Jahren ist es erlaubt, wenn der Partner oder die Partnerin weniger als drei Jahre älter ist. Eine Ausnahme ist es, wenn die Unerfahrenheit von Jugendlichen von einer älteren Person ausgenutzt wird, in dem Fall kann der Geschlechtsverkehr auch mit über 14-Jährigen strafbar sein. Sexuelle Handlungen ohne Geschlechtsverkehr sind gesetzlich erlaubt, wenn die jüngere Person mindestens 12 Jahre alt und die andere nicht mehr als vier Jahre älter ist. Die Kenntnis dieser Altersgrenzen und Ausnahmen ist entscheidend, um sich rechtlich abzusichern und die sexuelle Selbstbestimmung aller Beteiligten zu gewährleisten. Sie bilden den rechtlichen Rahmen für eine einvernehmliche Sexualität.

Fachlich geprüft
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