Zum Hauptinhalt springen
AOK WortmarkeAOK Lebensbaum
Gesundheitsmagazin

Eltern

Notruf-App: Was steckt dahinter?

Veröffentlicht am:05.11.2020

5 Minuten Lesedauer

Ob als Anwendung für Android-Telefone oder iPhones: Diverse Anbieter versprechen mit ihren Notruf-Apps mehr Sicherheit und Hilfe im Ernstfall – manche von ihnen sind kostenfrei, bei anderen fallen Gebühren an. Doch wie funktionieren diese Anwendungen eigentlich und sind sie tatsächlich von Nutzen? Alles Wichtige zusammengefasst, lesen Sie hier.

Notruf-Apps können im Notfall eine Hilfe sein: Ein Griff zum Smartphone genügt.

© iStock / YakobchukOlena

Notruf-App: Ein echter Lebensretter?

Notsituationen kann es viele geben. Notruf-Apps versprechen da ein Gefühl von Sicherheit: einen Notruf per Knopfdruck absenden, bei Diebstahl schnell alle Kreditkarten sperren, die Möglichkeit per GPS-Übertragung auf dem nächtlichen Nachhauseweg überwacht zu werden oder eine schnelle Erste-Hilfe-Auffrischung sind nur einige Beispiele.

Das Angebot ist groß und die Apps versprechen Hilfestellung in verschiedenen Notlagen. Selbst die Bundesregierung plant noch in diesem Jahr die Einführung einer bundesweiten kostenlosen Notruf-App.

  • Im Ernstfall zum Telefon greifen und den Notruf wählen

    Das ist nicht immer möglich. Zum Beispiel in einer Schocksituation oder wenn es einen Notruf zu melden gibt, die eigene Sicherheit aber nicht gefährdet werden soll, wie bei einem Verbrechen. Notruf-Apps machen Ihr Smartphone in dem Fall zur persönlichen Notrufzentrale: Über eine Notruf-Funktion können so beispielsweise Unfälle und Standort per Knopfdruck an eine Kontaktperson oder sogar einen Notrufdienst übermittelt werden.

    Viele Betroffene sind oft unsicher, ob der eigene Unfall wirklich einen Rettungsdienst oder Polizeieinsatz erfordert und suchen zunächst nach einer schnellen Orientierung oder Hilfe durch einen Angehörigen.

Ein Notruf ist unbedingt nötig, bei

Mann nutzt nach einem Fahrradunfall eine Notruf-App.
Notruf-Apps können im Notfall eine Hilfe sein: Ein Griff zum Smartphone genügt.

© iStock / humonia

  • lebensbedrohlichen Umständen (u. a. Atemstillstand, Herz-Kreislauf-Stillstand, Schock, starke Blutungen und starke Verbrennungen),
  • schweren Unfallverletzungen,
  • lebensbedrohlichen akuten Erkrankungen,
  • Vergiftungen, bei denen die Anwendung lebensrettender Maßnahmen im Vordergrund stehen.

Notruf-Apps können in einer Notsituation eine Hilfestellung sein. Sie bieten beispielsweise detaillierte Anleitungen für Ersthelfer oder sensibilisieren für die W-Fragen, die es bei einem Notruf zu beantworten gilt: 

  • Wo befinden Sie sich?
  • Was ist genau geschehen?
  • Wie viele Personen sind betroffenen?
  • Welche Verletzungen/Symptome liegen vor? Ist die betroffene Person ansprechbar? Besteht Lebensgefahr?

Was können kostenfreie Notruf-Apps?

Die meisten Notruf-Apps fürs Smartphone sind kostenlos. Oft sind die Umsonst-Apps aber nicht direkt mit einem Notfalldienst oder einem privaten Rettungsdienst verbunden, sondern eher als Hilfestellung in Notfallsituationen gedacht.

Sie bieten unter anderem folgende Services an:

  • Ortungsfunktion
  • Suchfunktionen für Krankenhäuser, Ärzte und Apotheken
  • Sammlung wichtiger Telefonnummern (Rettungsdienst, Pannendienst, etc.)
  • Erste-Hilfe-Ratgeber als Leitfaden für Ersthelfer
  • Übermittlung des Notrufs an eine hinterlegte Nummer oder Kontaktperson
  • Hinterlegen von persönlichen Daten wie Blutgruppe, Vorerkrankungen, notwendige Medikamenteneinnahme, Allergien (im Notfall erscheinen die Informationen auf dem Startbildschirm und sind für Dritte sichtbar. Achtung: Datenschutz nicht gewährt!)
  • Wie funktioniert die Notruf-Funktion bei kostenlosen Apps?

    Wird ein Notruf vom Smartphone-Nutzer über die App abgesetzt, versucht die App zunächst Kontakt zum Absender aufzunehmen, meist per SMS. Erreicht die App den Absender nicht, wird der Notruf an die hinterlegte Kontaktperson weitergeleitet. 

Spezielle Notruf-Apps mit Verbindung zum Notrufdienst

Andere Notruf-Apps sind direkt mit einem privaten 24-Stunden-Notrufdienst verbunden. Als Nutzer dieser Apps senden Sie den Notruf direkt an den Notrufdienst. Dort sind die Daten des App-Benutzers bereits hinterlegt, wie zum Beispiel Informationen zu Vorerkrankungen, Anschrift des Hausarztes oder angegebene Notfallkontakte. 

Soll ein Angehöriger informiert werden oder der Rettungsdienst? Reagiert der Notfall-Absender nicht, leitet der Notrufdienst den Hilferuf samt Standort automatisch an die nächstgelegene Leitstelle weiter. Einige Apps bieten diesen Service auch im Ausland an. Hier gilt es, sich vorher eingehend über Anforderungen und Schwerpunkte zu informieren. 

Polizei mahnt zur Vorsicht

Wir haben mit der Polizei Hamburg gesprochen: Florian Abbenseth, Mitarbeiter der Pressestelle signalisiert Vorsicht und Bedacht beim Umgang mit den Anwendungen:

Läuft der Notruf über einen Drittanbieter wie eine App, können wertvolle Zeit und wichtige Informationen verloren gehen. Wenn es zu einer Notsituation kommt, muss es aber schnell gehen. Zudem ist der Notruf unter 110 oder 112 aus unserer Sicht der zuverlässigste, schnellste und von uns empfohlene Weg, um unmittelbar Hilfe zu erhalten. 

Unsere Einsatzkräfte am Notruftelefon sind nicht nur geschult, sondern sie können dem oder der Betroffenen auch selbst gezielte Nachfragen stellen. Die im Einzelfall erforderlichen polizeilichen Maßnahmen können unmittelbar veranlasst und Verhaltenstipps gegeben werden. Bei der Verwendung von Apps ist im Übrigen auch immer Folgendes zu bedenken: Wie schnell bzw. wie einfach ist eine App zu bedienen bzw. aufzurufen? Wie viele Tasten am Smartphone muss man drücken, um einen Notruf auszulösen?

„Wenn es zu einer Notsituation kommt, muss es schnell gehen. Der Notruf unter 110 oder 112 ist aus polizeilicher Sicht der zuverlässigste, schnellste und von uns empfohlene Weg, um unmittelbar Hilfe zu erhalten.“

Florian Abbenseth
Pressestelle Polizei Hamburg

Apps ersetzen sicherheitsbewusstes Verhalten nicht. Sie vermitteln ein sicheres Gefühl, mit der App ist niemand "allein" unterwegs. Diese Sicherheit kann trügerisch sein. Denn in einem wirklichen Ernstfall oder in einer realen bedrohlichen Situation ist nur der direkte Notruf bei der Polizei entscheidend.

Generell gilt: Ist eine Situation nicht einzuschätzen, bestehen Zweifel am Gesundheitszustand des Betroffenen oder besteht gar Lebensgefahr, ist eine frühzeitige Alarmierung des Notrufs über die Notrufnummer 112 oder 110 von entscheidender Bedeutung.

Was Sie zum Datenschutz wissen sollten

Kostenfreie Apps, wie auch einige Notfall-Apps, finanzieren sich dadurch, dass der Anbieter persönliche Daten des Users verwendet und auswertet. Das können Fotos sein oder die persönliche Kontaktliste.

Bei einigen Notruf-Apps werden zudem im Falle eines Notrufs die hinterlegten persönlichen Daten, wie beispielsweise Name, Anschrift und Blutgruppe, auf dem Startdisplay angezeigt und so leicht für Dritte sichtbar. Außerdem fungieren sie meist über einen Drittanbieter. Wer eine Notruf-App nutzt, aktiviert damit den GPS-Modus seines Handys. Jede Bewegung wird dokumentiert, sodass Anbieter detaillierte Bewegungsprofile erstellen können.

Im Allgemeinen sollten Sie beim Download von Apps auf Folgendes achten:

  • Apps nur in offiziellen Stores, wie dem App Store (Apple) und dem Google Play Store (Android) downloaden.
  • Neuere Smartphone-Modelle erlauben, sofern möglich, unter „Einstellungen/Datenschutz“ die Zugriffsberechtigung von Apps zu beschränken.
  • Welche Zugriffsberechtigung fordert die App? Sind diese überhaupt relevant?
  • Erlauben Sie nur den Zugriff auf Informationen, die für den Dienst der App erforderlich sind.
  • Lesen Sie sich die Bewertungen anderer Nutzer gut durch, sie verraten viel über Qualität und Funktion der App.

Informieren Sie sich bei Interesse zuvor eingehend über die Funktionen der App und lesen Sie die Datenschutzbestimmungen und AGBs sowie vorhandene Nutzer-Bewertungen sorgfältig durch.

Vor- und Nachteile von Notruf-Apps

Vorteile:Nachteile:
Absenden eines Notrufs an Angehörige oder an eine Notrufzentrale möglichEventuelles Abstumpfen im Einschätzen von Gefahrensituationen
Sensibilisierung für den ErnstfallSmartphone muss immer dabei sein (GPS eingeschaltet)
Kann für ein höheres Sicherheitsgefühl sorgenLaufen oft über Drittanbieter (wertvolle Minuten können verloren gehen)
Ortungsfunktion ermittelt den Standort automatisch und kann diesen übermittelnDaten können missbraucht werden

Schon gewusst: Integrierte Notruffunktion bei Handys

Neuere Smartphones verfügen bereits über eine integrierte Notruf-Funktion. Per Tastenkombination, wie beispielweise fünf Mal schnell auf die An-/Austaste zu drücken, wird automatisch die 112 gewählt. Es erscheint ein kurzer Countdown, der nach Ablauf den Anruf startet.

Zusätzlich kann eine SOS-Nachricht an hinterlegte Notfallkontakte verschickt werden. In vielen Smartphones können darüber hinaus persönliche Notfallinformationen hinterlegt werden, die im Ernstfall von jedem abgerufen werden können, ohne das Telefon entsperren zu müssen.

Dazu gehören die Blutgruppe, lebenserhaltene Medikamente oder Vorerkrankungen. Schauen Sie einfach in die Einstellungen Ihres Smartphones oder in das dazugehörige Handbuch.


Waren diese Informationen hilfreich für Sie?

Noch nicht das Richtige gefunden?