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Gesundheitsmagazin

AOK Hessen

Podcast der AOK Hessen: ADHS bei Erwachsenen

Veröffentlicht am:21.07.2023

4 Minuten Lesedauer

Im Gesundheits-Podcast der AOK Hessen „Leben ohne Packungsbeilage“ dreht sich eine ganze Folge um die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS): Bis vor wenigen Jahrzenten galt sie als Kinderkrankheit – inzwischen ist klar, dass auch Erwachsene betroffen sind.

Frau steht vor einer Wand und schaut zuversichtlich nach links oben.

© Annika Fußwinkel

Viel mehr als nicht stillsitzen können

Unruhig, impulsiv, schnell abgelenkt – die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) galt lange Zeit als Erkrankung, die vor allem Kinder betrifft. Die Annahme: Mit der Pubertät verwächst sie sich schon. Richtig ist, dass die ADHS in der Kindheit beginnt. Nur wer vor dem 12. Lebensjahr Symptome hatte, gilt als erkrankt. Jedoch bleibt sie bei 50 bis 80 Prozent der Betroffenen bis ins Erwachsenenalter bestehen, in Deutschland leben etwa 1,5 Millionen Menschen mit ADHS. Vor allem bei Frauen wird die ADHS im Kindesalter seltener festgestellt, da sie nicht die typischen „Zappelphilipp-Symptome“ haben. Sie können zwar stillsitzen, sind aber verträumt und schnell abgelenkt.

ADHS bei Erwachsenen: Zur Diagnose ist es oft ein langer Weg

Häufig ist die Hyperaktivität bei Erwachsenen schwächer ausgeprägt, typisch sind aber Symptome wie impulsives Verhalten und Konzentrationsschwäche. Spielt hyperaktives Verhalten keine Rolle mehr, spricht man statt von ADHS auch von ADS. Gerade dann ist es bis zur Diagnose oft ein langer Weg: Viele Hilfsangebote richten sich nur an Kinder – manchmal halten selbst Ärztinnen und Ärzte die ADHS nicht für eine Erkrankung, die Erwachsene betrifft. Viele Eltern erfahren deshalb erst von der Störung, wenn sie bei ihren Kindern diagnostiziert wird. Das passiert häufig, weil es für ADHS eine starke erbliche Komponente gibt. Fachleute schätzen, dass diese etwa 70 Prozent ausmacht. Dazu kommen verschiedene Risiko- und Umweltfaktoren, die medizinisch noch nicht vollständig geklärt sind.

Angelina Boerger sitzt auf einem Hocker und lächelt in die Kamera.

© Annika Fußwinkel

Erst mit Ende 20 erhielt Angelina Boerger die Diagnose ADHS – jetzt will sie auch anderen Betroffenen Mut machen.

ADHS – das sind die häufigsten Symptome

Die ADHS bei Erwachsenen kann den Alltag stark einschränken: Betroffene haben Schwierigkeiten, Termine einzuhalten, den Alltag zu organisieren oder stabile Beziehungen zu führen. Diese Symptome sind typisch:

  • Impulsives Verhalten
  • Emotionale Aufgewühltheit
  • Aufgaben nicht priorisieren können
  • Stimmungsschwankungen
  • Andere oft unterbrechen
  • Schwierigkeiten sich zu konzentrieren, Unaufmerksamkeit
  • Niedrige Frustrationstoleranz
  • Hinausschieben von Aufgaben
  • Hyperaktivität, ständig in Bewegung sein
  • Riskantes Verhalten (etwa im Straßenverkehr)
  • Innere Unruhe
  • Häufig sind auch Begleiterkrankungen wie Lese-Rechtschreibschwäche, Sucht, Angststörung oder Depression

Warum bleibt ADHS bei Erwachsenen oft unerkannt?

Vielen Menschen ist gar nicht klar, dass ADHS nicht nur Heranwachsende betrifft – deshalb ordnen sie die Auffälligkeiten nicht richtig ein. Auch in der Medizin findet gerade erst ein Umdenken statt. Hinzu kommt, dass „typische“ Symptome sich mit zunehmendem Alter abschwächen. Betroffene sind dann nicht zappelig, sondern verspüren eine starke innere Unruhe und Getriebenheit. Nach außen hin wirken sie jedoch ruhig. Besonders oft bleibt ADHS bei Frauen unerkannt. Sie haben oft gelernt, ihre Probleme zu verstecken – zudem sind sie häufig vom nicht-hyperaktiven Typ betroffen.

Das kommt mir bekannt vor – und jetzt?

Generell gilt: Beeinträchtigen die Symptome den Alltag oder Beziehungen, sollte ADHS behandelt werden. Anlaufstelle sind Fachärztinnen und Fachärzte für Psychiatrie oder Psychotherapie, Neurologinnen und Neurologen oder Universitätskliniken. Sie schließen im ersten Schritt andere psychische Störungen mit ähnlichen Symptomen aus – wie etwa das Borderline-Syndrom oder eine bipolare Störung. Bei der Anamnese sind Bewertungen in alten Grundschulzeugnissen hilfreich – sie enthalten oft erste Hinweise. Außerdem nutzen die Fachleute standardisierte Fragebögen und ein weltweit anerkanntes Klassifikationssystem. Fest steht: Die Erkrankung muss seit der Kindheit durchgehend auftreten und alle Lebensbereiche betreffen. Auch frei zugängliche Tests und Selbstbeurteilungen können bei der Diagnose unterstützen, es ist aber immer auch eine klinische Bewertung nötig.

Leben ohne Packungsbeilage – ein Podcast der AOK Hessen mit Pia Kabitzsch.

© AOK

Leben ohne Packungsbeilage – der AOK Hessen Podcast mit Pia Kabitzsch

„Leben ohne Packungsbeilage“: Angelina erzählt von ihrem Leben mit ADHS

Mit der Diagnose ADHS geht für viele Betroffene eine lange Leidenszeit zu Ende. Endlich wissen sie, warum vieles nicht so läuft wie erhofft und dass sie sich die Störung nicht einbilden. Nicht einfach faul zu sein oder ständig zu versagen, ist eine große Entlastung. So hat es auch die 31-jährige Angelina erlebt. Im AOK Hessen Podcast „Leben ohne Packungsbeilage“ berichtet sie darüber. Ihr geht es heute wunderbar, denn: ADHS lässt sich gut behandeln. Die Therapie ist immer individuell, viele Betroffene kommen mit einer Mischung aus Verhaltens- oder Gesprächstherapie und medikamentöser Behandlung gut zurecht. Und auch Sport kann eine sinnvolle Ergänzung sein. Für Angelina war vor allem die Erkenntnis wichtig, dass es völlig in Ordnung ist, an Grenzen zu stoßen: „Ich bewerte es nicht mehr nur negativ, wenn mir etwas nicht gelingt. Ich schaue stattdessen auf das, was gut ist.“ In der Podcastfolge erfährst du, wie ihre Eltern sie dabei unterstützen und was Angelina sich für alle Betroffenen wünscht. 

Immer für dich da – deine AOK Hessen

Der Podcast „Leben ohne Packungsbeilage“ ist ein Angebot deiner AOK Hessen. Die Psychologin Pia Kabitzsch trifft Gäste, deren Leben sich verändert hat – etwa durch einen Schicksalsschlag oder eine ungute Diagnose. Sie erzählen, wie sie auch in schwierigen Zeiten Glück empfinden und über sich hinauswachsen. Ein Podcast, der Mut macht und mit Vorurteilen aufräumt.

Du brauchst gerade auch Unterstützung? Wir haben bestimmt ein passendes Angebot für dich: zum Beispiel unser Info-Telefon Clarimedis, wo dir Fachärztinnen und Fachärzte alle medizinischen Fragen beantworten. Jemandem in deiner Familie geht es gerade nicht gut? Unser Familiencoach Depression bietet Onlinehilfe für Angehörige.

Eine gute Gesundheit wünscht dir deine AOK Hessen.


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