Zum Hauptinhalt springen
AOK WortmarkeAOK Lebensbaum
Gesundheitsmagazin

Kleidung

Von reizend bis giftig: Wie Schadstoffe in der Kleidung der Gesundheit schaden können

Veröffentlicht am:03.05.2021

6 Minuten Lesedauer

Ein leuchtend roter Pulli, das kleine Schwarze, ein knitterfreies Oberhemd, die gebleichte Jeans mit Löchern – in den meisten Kleiderschränken findet sich modische, bunte Kleidung aus angenehmen Materialien. Doch bei der Herstellung kommen häufig Substanzen zum Einsatz, die dem Träger oder der Trägerin schaden können. Mit ein bisschen Aufmerksamkeit beim Einkaufen lässt sich das Risiko deutlich verringern.

Eine Frau betrachtet ein Etikett.

© iStock / yacobchuk

Kleidung hat in der Regel einen weiten Weg hinter sich, ehe sie auf der Haut landet. Das heißt auch: Es gibt viele Stationen, an denen Schadstoffe in die Kleidung gelangen können. Das ist einerseits ungesund für die, die sie tragen, und andererseits schlecht für die Umwelt. Für einen nachhaltigen Lebensstil ist es daher sinnvoll, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

Wie kommen Schadstoffe in die Kleidung?

Schon beim Anbau von Naturfasern kommen Pflanzenschutzmittel zum Einsatz. Knitter- oder bügelfreie Textilien benötigen Formaldehyd während des Herstellungsprozesses. Für die Veredelung von Oberflächen setzt die Industrie anschließend zum Beispiel Fluor, Chlor, Brom oder Jod ein. Etwa zwei Drittel aller Farbstoffe, die in der Textilindustrie verwendet werden, sind sogenannte Azofarben. Dabei handelt es sich um synthetische Farbstoffe, die auf der Grundlage von Erdöl hergestellt werden. Weitere Chemikalien, etwa Insektizide, schützen die Kleidung während des Transports.

All diese Inhaltsstoffe belasten die Umwelt und können zugleich Menschen und Tiere gefährden. Beim Träger der Kleidung können die Stoffe etwa Allergien auslösen. Außerdem können sie Reizungen der Haut, Augen und Atemwege verursachen und so den Schlaf und die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigen. Manche von ihnen stehen sogar im Verdacht, krebserregend zu sein.

In Deutschland und Europa herrschen strenge Schadstoffgrenzen, deren Einhaltung überprüft wird. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung spielt hierbei eine große Rolle. Im Jahr 2014 wurde ein Textilbündnis gegründet, in dem Unternehmen, Verbände, Nichtregierungsorganisationen und die Bundesregierung sitzen. Ziel ist es, Mensch und Natur keinen Schaden zuzufügen. Doch vollständig vermeiden lassen sich Schadstoffe in der Kleidung dadurch nicht.

Warum verhindern Grenzwerte die Schadstoffbelastung nicht?

Anders als in vielen anderen Ländern gibt es in Deutschland Gesetze, die eine zu große Belastung der Kleidung mit Schadstoffen verhindern sollen. Dazu gehören das Produktionssicherheitsgesetz, die Gefahrstoffverordnung und die REACH-Verordnung (Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien). Zudem überprüfen die Verbraucherschutzbehörden in Deutschland regelmäßig, ob die festgelegten Grenzen für Schadstoffe in der Kleidung auch eingehalten werden.

Dennoch ist die Kleidung in Deutschland nicht frei von Schadstoffen. Das liegt vor allem daran, dass nicht alle potenziellen Schadstoffe gesetzlich verboten sind. Denn die Zahl der Farb- und Hilfsstoffe, die in der Textilindustrie verwendet werden und potenziell schädlich sind, geht in die Tausende.

Das Risiko für belastete Kleidung ist besonders hoch bei Ware, die aus außereuropäischen Ländern importiert wurde. Denn häufig sind die Produktionsbedingungen dort nicht bekannt. Die Umwelt in den Ursprungsländern ist meist besonders stark gefährdet, weil es dort oftmals keine strengen Richtlinien gibt, um zum Beispiel zu verhindern, dass Schadstoffe ins Abwasser gelangen. Außerdem leidet womöglich die Gesundheit der Mitarbeitenden in den Fabriken.

Eine Frau kratzt sich am Arm.

© iStock / RealPeopleGroup

In jeder Kleidung können sich Schadstoffe verstecken.

Beim Einkauf auf Prüfsiegel achten

Nachhaltig handeln – das Bewusstsein dafür hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Wer sich also Gedanken über die Produktion seiner Kleidung macht und auf gewisse Standards Wert legt, sollte sich an Textilsiegeln orientieren. Sie bewerten zwar nicht alle Schadstoffe und diese auch nicht einheitlich, dennoch bieten sie Orientierung beim Einkauf.

  • Blauer Engel – Textilien

    Träger des Siegels ist das Bundesumweltministerium, die Kriterien erarbeitet das Bundesumweltamt. Der Blaue Engel wird nur vergeben, wenn hohe ökologische Anforderungen erfüllt sind, und zwar von der Rohstofffertigung bis hin zum Endprodukt. Gesundheitsschädliche Substanzen kommen nicht zum Einsatz, außerdem müssen Abwasseremissionen und Emissionen in die Luft vermindert sein. Das Siegel gibt es für Kleidung aus Natur- und Kunstfasertextilien. Entweder wird zu 100 Prozent ökologische Baumwolle verwendet oder die chemischen Fasern werden geprüft.

  • Der grüne Knopf

    Das staatliche Siegel stellt soziale und ökologische Anforderungen an die Textilien. Vorausgesetzt wird etwa die Zahlung von Mindestlöhnen an die Arbeiter, außerdem dürfen keine gefährlichen Chemikalien und Weichmacher zum Einsatz kommen. In Unternehmen werden bisher allerdings nur die zwei Produktionsschritte des Nähens und Zuschneidens sowie des Färbens und Bleichens überprüft. Die Verbraucherzentrale resümiert: Ob die Kontrollen ausreichen, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern und die Belastung der Umwelt zu reduzieren, wird sich erst herausstellen. Das Siegel wurde erst Ende 2019 eingeführt.

  • Fairtrade Cotton

    Das Siegel kennzeichnet Rohbaumwolle, die sowohl unter fairen Bedingungen angebaut als auch gehandelt wurde. Vorgegebene Kriterien gelten für die gesamte Wertschöpfungskette. Ein garantierter Mindestpreis sorgt dafür, dass die Baumwollbauern ihre Kosten decken können – trotz nachhaltiger Produktion und auch bei sinkenden Baumwollpreisen auf dem Weltmarkt. Pestizide und Dünger dürfen nur eingeschränkt zum Einsatz kommen. Die Bauern erhalten außerdem Zuschläge für den Bioanbau und werden bei der Umstellung darauf unterstützt.

  • GOTS

    Das „Global Organic Textile Standard”-Siegel deckt die Weiterverarbeitung der Baumwolle ab. Es wird nur dann vergeben, wenn die Textilien zu mindestens 70 Prozent aus biologisch erzeugten Naturfasern bestehen. Ist das Label mit „bio“ oder „organic“ ergänzt, muss der Anteil bei 95 Prozent liegen. Für chemische Stoffe, die zum Einsatz kommen, gelten Kriterien zur Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit.

  • IVN Best

    Das Siegel „IVN Best“ des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft gilt als strengstes Öko-Label. Bei der Weiterverarbeitung der Baumwolle müssen die Produzierenden hohe Umwelt- und Sozialstandards einhalten. Um das Siegel zu erhalten, dürfen sie nur Naturfasern aus biologischer Produktion verwenden. Substanzen, die nicht abbaubar sind oder die Umwelt oder Gesundheit bedrohen, sind prinzipiell verboten. Das „IVN Best“-Siegel hat strengere soziale und ökologische Kriterien als das „GOTS“-Siegel.

  • Made in Green by OEKO-TEX

    Die internationale Oeko-Tex-Gemeinschaft, für die sich Textilforschungs- und Prüfinstitute zusammengeschlossen haben, vergibt das Siegel. Es deckt die Herstellungs- und Nutzungsphase ab. Dabei gelten Anforderungen an die Umwelt- und Sozialverträglichkeit, die eingehalten werden müssen. Zwischen- und Endprodukte werden auf ihre Umweltfreundlichkeit geprüft. Soziale Arbeitsbedingungen und die Transparenz der Lieferkette sind Voraussetzungen für den Erhalt des Siegels. Das Siegel wird letztendlich auf den Zwischen- oder Endprodukten angebracht und bietet so den Käufern die Sicherheit, ein nachhaltig produziertes Produkt in der Hand zu halten.

    Jedes Siegel ist mit einer einmalig vergebenen Produkt-ID oder einem QR-Code versehen. So kann der Herstellungsweg des Produktes eindeutig zurückverfolgt werden.

Gut zu wissen

Für alle angeführten Siegel müssen die Kriterien der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eingehalten werden. Das bedeutet:

  • Kinder- und Zwangsarbeit sind verboten.
  • Es gilt die Versammlungsfreiheit sowie das Recht auf Kollektivvertragsverhandlungen.
  • Die bezahlten Löhne müssen existenzsichernd sein.
  • Diskriminierung muss ausgeschlossen sein.
  • Die Arbeitszeiten dürfen nicht zu lang sein.
  • Arbeitsschutz und sichere Arbeitsplätze müssen garantiert sein.

Mehr zum Thema

Was können Sie noch tun, um belastende Schadstoffe in der Kleidung zu vermeiden?

  • Kaufen Sie grundsätzlich keine Kleidung, die unangenehm riecht.
  • Produkte, die mit Hinweisen wie „geruchsarm“, „geruchsfrei“ oder „antibakteriell“ versehen sind, wurden in der Regel zusätzlich behandelt, um diesen Effekt zu erreichen. Sie können Schadstoffe enthalten.
  • Neue Kleidung sollten Sie vor dem ersten Tragen grundsätzlich waschen. Das Risiko für belastende Rückstände im Material lässt sich so zumindest verkleinern.
  • Second-Hand-Ware ist meist weniger mit Schadstoffen belastet, da sie schon öfter gewaschen wurde.
  • Auch beim Bügeln werden Schadstoffe möglicherweise durch die Hitze freigesetzt. Hier hilft vorsichtshalber: Gut lüften, bevor die Kleidungsstücke in den Schrank wandern.
  • Sie oder Ihre Kinder sind Allergiker? Verzichten Sie besser auf Kleidung, die mit den Hinweisen „separat waschen“ oder „Kleidung blutet aus“ versehen sind. Stark eingefärbte Kleidung ist oftmals mit Schadstoffen versehen. "Blutet die Kleidung aus", bedeutet das, dass sich die Farbe durch den Kontakt mit menschlichem Schweiß löst und somit auf die Haut und in den Körper gelangen kann. Eine allergische Reaktion kann schneller ausgelöst werden.
  • Wenn Sie sich umfassend vor Schadstoffen schützen wollen, ist ungefärbte Kleidung die beste Wahl.

Waren diese Informationen hilfreich für Sie?

Noch nicht das Richtige gefunden?