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E-Learning mit Videos: Wie sinnvoll ist Online-Lernen auf YouTube?
Veröffentlicht am:11.11.2025
8 Minuten Lesedauer
Ob Mathe oder Bio: Für fast jedes Schulfach gibt es unterhaltsame YouTube-Videos, die Wissen anschaulich vermitteln sollen. Doch helfen sie wirklich, Kenntnisse zu vertiefen, sich auf Prüfungen vorzubereiten oder die Medienkompetenz zu stärken?

© iStock / SrdjanPav
Inhalte im Überblick
- Online-Lernen entspricht dem Lebensalltag der Kinder und Jugendlichen
- YouTube ist meist die Quelle der Wahl für Erklärvideos
- Wie erfolgversprechend ist E-Learning mit Videos?
- Online-Lernerfolg setzt Medienkompetenz voraus
- Was ein gutes Erklär- oder Lernvideo ausmacht
- Typische Lehrinhalte von Erklärvideos und die angestrebten Lernziele
Online-Lernen entspricht dem Lebensalltag der Kinder und Jugendlichen
Internet, Apps und Games sind fester Bestandteil unseres multimedialen Alltags – auch und gerade bei Kindern und Jugendlichen. Beim Thema „Kinder oder Jugendliche und digitale Medien” rücken meist die negativen Aspekte in den Vordergrund: etwa die vielen Stunden, die täglich in den passiven Konsum von Online-Angeboten fließen, zu viel Gaming und zu wenig Bewegung, Cybermobbing oder die Gefahren beim Umgang mit den sozialen Medien.
Wie bei so vielem im Leben haben auch die digitalen Medien ihre Licht- und Schattenseiten. Zunächst ist wertfrei festzuhalten: Kinder und Jugendliche verbringen immer mehr Zeit online. Das wirkt sich auch auf ihre Art zu lernen aus. Viele von ihnen nutzen das Internet, um Hausaufgaben zu erledigen, Referate zu schreiben oder um Unterrichtsinhalte zu verstehen beziehungsweise zu vertiefen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Online-Medien können beim Lernen und Verstehen von Schulinhalten helfen, sofern Kinder und Jugendliche die richtigen Medien angemessen nutzen.
YouTube ist meist die Quelle der Wahl für Erklärvideos
Die einzelnen Bundesländer haben eigene Bildungsportale für Schüler und Schülerinnen entwickelt. Diese ergänzen den schulischen Unterricht mit digitalen Inhalten wie Podcasts oder Lern- und Erklärvideos. Die Lehrkräfte erstellen oder wählen die Angebote selbst aus, laden sie auf den Portalen selbst hoch und begleiten ihre Schüler und Schülerinnen professionell durch das Material. Auch private Nachhilfeanbieter haben ihr Angebot um Online-Nachhilfe mit unterschiedlichen digitalen Medien erweitert.
Auf die Auswahl dieser professionellen Angebote haben Kinder und Jugendliche sowie ihre Eltern keinen direkten Einfluss. Anders sieht es bei solchen Online-Nachhilfe- und Vertiefungsmaßnahmen aus, für die sich die Kinder und Jugendlichen selbstständig oder gemeinsam mit ihren Eltern entscheiden. Häufig handelt es sich dabei um Videos. Diese suchen sie meist nicht auf inhaltlich geprüften Plattformen wie den offiziellen Bildungsportalen der Bundesländer, sondern auf YouTube.
Stetig wachsende Video-Enzyklopädie
Dass sich viele Schülerinnen und Schüler für YouTube entscheiden, ist nachvollziehbar: Jeder und jede kann heutzutage mit entsprechenden Videobearbeitungstools relativ einfach professionell anmutende Videos erstellen. Die Palette der auf YouTube vertretenen Themen ist mittlerweile so groß, dass sich zu nahezu jeder Fragestellung und selbst zu Nischenthemen ein entsprechendes Erklärvideo auf der Plattform finden lässt. Das dadurch entstandene und stetig wachsende Videoangebot kann wie eine Art Video-Enzyklopädie genutzt werden – und genau das machen Schülerinnen und Schüler auch.
Vielfalt an Videos ist auch eine Herausforderung
Einfacher Zugang, jederzeit verfügbar und kostenlos: Deshalb sind Erklärvideos auf YouTube ein fester Bestandteil der Unterrichtsvorbereitung vieler Kinder und Jugendlicher. Allein die Fülle des verfügbaren Videomaterials stellt Lernende und ihre Eltern jedoch vor eine echte Herausforderung. Hinzu kommt die sehr unterschiedliche Qualität der Videos sowie die gestalterische Vielfalt bei der Art der Wissenspräsentation. Jeder und jede muss erst im persönlichen Trial-and-Error-Verfahren herausfinden, welche Art von Videos am besten hilft: zum Beispiel solche mit vielen grafischen Elementen oder solche, in denen eine zentrale Person Zusammenhänge erklärt.
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Wie erfolgversprechend ist E-Learning mit Videos?
Vor der Frage, was ein gutes Lernvideo auszeichnet, steht zunächst die grundlegende Überlegung, ob (gut gemachte) Erklärvideos überhaupt eine sinnvolle Ergänzung des persönlichen Lernens darstellen.
Videos zeichnen sich insbesondere durch ihre Multimedialität aus. Lernvideos kombinieren geschriebenen und gesprochenen Text mit bewegten Bildern. Im Gegensatz zum „klassischen“, papierbasierten Lernen kann dies bei manchen Lernenden die Aufmerksamkeit sowie das Engagement beim Lernen, Wiederholen oder Vertiefen fördern. Prinzipiell sind Erklärvideos also gut geeignet, um Lernerfolge zu unterstützen. Ob und wie gut das im Einzelfall funktioniert, ist eine andere Frage. Jedes Kind, jeder Jugendliche ist individuell. Dem einen sagt diese Lernform zu, der anderen hilft sie überhaupt nicht. Hier heißt es: Probieren hilft beim Studieren.
Vorteile von Erklär- und Lernvideos im Überblick
- Videos bieten einen besonders niederschwelligen Zugang zu Wissen und Bildungsinhalten.
- Sie sind jederzeit abrufbar, können angehalten und wiederholt werden, wenn etwas noch nicht verstanden wurde.
- Komplexe Inhalte lassen sich oft in Bild und Ton verständlicher aufbereiten und vermitteln als in Textform.
- Auf YouTube gibt es ein umfangreiches Themenangebot.
- Wenn etwas nicht sofort verstanden wird, lassen sich leicht alternative Erklärvideos finden.
- Wer mehr über ein Thema erfahren möchte, findet schnell weiterführende Videos.
Nachteile von Erklär- und Lernvideos, insbesondere auf YouTube
- Es gibt keine unabhängige Bewertung der Inhalte und Quellen. Dadurch sind Fehler und veraltetes Wissen nicht ausgeschlossen.
- Kinder und Jugendliche können keine Fragen stellen.
- Die Lernvideos sind nicht an den individuellen Leistungsstand oder die Lerngeschwindigkeit der Schüler und Schülerinnen angepasst.
- Videoplattformen schlagen oft zahlreiche weitere Videos vor, die nichts mit dem Lernstoff zu tun haben. Das lenkt vom eigentlichen Thema ab und verleitet dazu, lange auf der Plattform zu bleiben.
- Werbefinanzierte Videoplattformen erfüllen keinen Bildungsauftrag. Hinter ihnen verbirgt sich ein Geschäftsmodell, das auf möglichst viele Aufrufe und eine hohe Verweildauer setzt.
- Kinder und Jugendliche können auf Videos geleitet werden, die nicht für ihre Altersgruppe konzipiert sind. Viele dieser Angebote sind überfordernd, verwirrend oder unverständlich.

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Online-Lernerfolg setzt Medienkompetenz voraus
Wer jenseits offizieller Bildungsportale unterwegs ist, sollte sich immer bewusst sein: Man kann nicht jeder Information blind vertrauen. Das gilt für das Internet im Allgemeinen – und entsprechend auch für Erklärvideos. Ob sie faktenbasiert und ausgewogen oder interessengesteuert und verfälscht sind, muss jeder Nutzer und jede Nutzerin selbst herausfinden.
Kinder und Jugendliche brauchen Unterstützung bei der Videoauswahl
Bei den unterschiedlichen Videoangeboten die Spreu vom Weizen zu trennen, kann Kindern und Jugendlichen schwerer fallen als Erwachsenen. Das setzt neben Erfahrung und persönlichem Wissen vor allem Medienkompetenz voraus. Diese Kompetenz muss Kindern und Jugendlichen in der Schule und von den Eltern erst vermittelt werden. Je jünger ein Kind ist, desto weniger sollten Eltern es mit Lerninhalten (und überhaupt) im Netz allein lassen. Die Initiative „SCHAU HIN! Was dein Kind mit den Medien macht“ ist eine wertvolle Hilfe bei der Mediennutzung und Medienerziehung.
Worauf Eltern bei Erklär- und Lernvideos zuerst achten können
Die erste Frage, die sich Eltern stellen sollten, ist: Wer hat das Video erstellt? Ist dies beispielsweise im Auftrag eines Unternehmens erfolgt? Dann könnten die Fakten nach dessen Interessen gewichtet sein. Oder die Darstellung geschichtlicher Inhalte: Sie kann durch politische Motive eines YouTubers oder einer YouTuberin verzerrt sein. Andere wollen über Werbepartner Geld verdienen. Das ist per se nichts Schlechtes, das Wissen darüber kann aber helfen, die Inhalte einzuordnen. Und natürlich gibt es auch YouTuber und YouTuberinnen, die aus purem Idealismus Schulkindern helfen möchten. Die Kommentare anderer Lernender und die Aufrufzahlen geben oft guten Aufschluss über die Qualität der Videos, und die spricht sich schnell herum. Und wer erst einmal seinen eigenen YouTube-Kanal entdeckt hat, weiß, wem er vertrauen kann.
Was ein gutes Erklär- oder Lernvideo ausmacht
Ob Zahlen in einem Mathevideo herumhüpfen oder ob Spielzeugfiguren klassische Dramen nachspielen: Auf YouTube gibt es nichts, was es nicht gibt. Für all diese Arten von Videos gibt es jedoch eine so banale wie unverzichtbare Voraussetzung: Die Fakten müssen stimmen. Wenn dieses erste Kriterium nicht erfüllt ist, sind alle anderen Merkmale irrelevant.
Weitere Qualitätsmerkmale sind:
- klare, verständliche und altersgerechte Sprache
- Das Ausschöpfen des audiovisuellen Potenzials: Verbessern filmische oder grafische Elemente die Aufbereitung komplexer Inhalte?
- Manchmal ist weniger mehr. Eine klare Struktur mit Einleitung und Zusammenfassung rückt die wichtigsten Fakten in den Mittelpunkt. Die Lernenden müssen erkennen: Was ist entscheidendes und was ist ergänzendes Wissen?
- Interaktive Elemente wie (Quiz-)Fragen mit späteren Auflösungen runden gute Erklärvideos ab. Komplexe Sachverhalte lassen sich durch das Abfragen von Zwischenschritten besser vermitteln. Die aktive Einbindung der Lernenden fördert zudem Motivation und Konzentration.
Typische Lehrinhalte von Erklärvideos und die angestrebten Lernziele
Gibt es Fächer, die sich besonders gut für die audiovisuelle Aufbereitung eignen? – Zumindest sind einige besonders stark nachgefragt, allen voran Mathematik. Erklärvideos zu Physik, Biologie und Geschichte sind ebenfalls recht häufig. Videos zu den Fächern Deutsch und Englisch werden hingegen seltener geschaut.
Die meisten Videos gibt es in Mathematik
Es ist wohl kein Zufall, dass mit Mathe ein Fach an der Spitze steht, das besonders nachhilfeintensiv ist. Ob bei „klassischer“ Nachhilfe oder beim E-Learning mit Videos: Mathe liegt vorn. Auch in Fremdsprachen wird viel Nachhilfe erteilt, doch es gibt vergleichsweise wenige Erklärvideos. Eignen sich Videos also weniger für die Unterstützung in Sprachen und werden deshalb seltener angesehen als Erklärvideos für Mathematik? Das ist nicht geklärt. Möglicherweise ist der sachliche Erklärungsbedarf der Lernenden in Sprachfächern geringer als in Mathematik. In Sprachen kommt es zudem stark auf Wiederholen und Üben an. Entsprechend gibt es YouTube-Kanäle, die vollständig auf Erklärvideos für Sprachen verzichten.
Bessere Noten zu erzielen, ist die Hauptmotivation der Lernenden
Welche Art von Schülern und Schülerinnen profitiert am meisten von Erklärvideos? Auch dieser Thematik nähert man sich am besten über das Verhalten der Userinnen und User. So nutzen Schülerinnen und Schüler vorwiegend Erklärvideos, um Lerninhalte aufzuholen und ihre Noten zu verbessern. Andererseits gibt es auch Lernende, die zu einem bestimmten Thema mehr erfahren und ihr Wissen vertiefen möchten. Weitere mögliche Anwendungsbereiche sind Referate, Hausarbeiten oder die Vorbereitung auf eine konkrete Prüfung. Erklärvideos können also zahlreiche Aufgaben erfüllen und, wenn sie gut gemacht sind, eine echte Hilfe für Schüler und Schülerinnen sein.
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