AOK Hessen
Im Podcast der AOK Hessen: So gelingt Inklusion
Veröffentlicht am:15.07.2025
5 Minuten Lesedauer
Im Gesundheits-Podcast „Leben ohne Packungsbeilage“ der AOK Hessen sprechen wir mit Fabiana: Aktivistin, blind und Mama. Sie berichtet, auf welche Barrieren sie im Alltag stößt und was sie sich von Menschen ohne Behinderung wünscht.

© gettyimages / Szepy
Inhalte im Überblick
- Inklusion: Was ist das eigentlich
- Inkluencer: Soziale Medien werden barrierefrei
- Integration und Inklusion: Was ist der Unterschied?
- Warum ist die Perspektive von Inkluencern wichtig?
- Inklusive Gesellschaft: ein wertschätzendes Miteinander
- So gelingt ein Miteinander
- „Leben ohne Packungsbeilage“: Was Fabiana motiviert
- Kurse und Angebote der AOK Hessen
Inklusion: Was ist das eigentlich
Etwa zehn Prozent der Menschen in Deutschland leben mit einer Behinderung. Diese Zahl spiegelt sich meist aber nicht in Freundeskreisen oder am Arbeitsplatz wider. Das liegt daran, dass viele unserer Lebensbereiche Menschen mit Behinderung ausschließen. Sie bleiben deshalb im Alltag oft unsichtbar. Und genau da setzt Inklusion an: Strukturen sollen so verändert werden, dass alle gleichberechtigt am Leben teilhaben können – und zwar von Anfang an, in Kitas, Kindergärten und Schulen. Das Ziel ist, dass jeder so akzeptiert wird, wie er ist, und ein Leben ohne Barrieren führen kann.
Inkluencer: Soziale Medien werden barrierefrei
Inklusion ist ein Prozess. Obwohl das Bewusstsein für sie gewachsen ist, haben längst noch nicht alle die gleichen Möglichkeiten und Chancen. Aber Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen kämpfen selbstbewusst für mehr Sichtbarkeit – auch auf Online-Plattformen wie Instagram. Sie zeigen mit ihren Fotos, Videos und Storys, dass ihr Leben meist genauso ist wie das von Nichtbehinderten: Mal sind sie genervt von Kleinigkeiten, mal wird alles zu viel, mal sind sie albern und überschwänglich. Ganz normaler Alltag eben. Gleichzeitig machen sie darauf aufmerksam, dass sie immer noch täglich Hürden überwinden müssen – im Straßenverkehr, als Elternteil eines behinderten Kindes oder in Ausbildung und Beruf. Weil sie sich für Inklusion starkmachen, hat sich die Bezeichnung Inkluencer (eine Wortkombination aus Influencer und Inklusion) etabliert. Die war ursprünglich ein Hashtag, mit dem die „Aktion Mensch“ für mehr Teilhabe warb. Im Podcast „Leben ohne Packungsbeilage“ der AOK Hessen erzählt Fabiana, wie sie zur Inkluencerin wurde. Bei der 30-Jährigen wurde schon im Babyalter die Netzhauterkrankung Retinitis pigmentosa festgestellt, inzwischen besitzt sie nur noch zwei Prozent ihrer Sehkraft. „Mir wurden damals jeden Tag die gleichen Fragen gestellt: Wie schminkst du dich, kannst du allein wohnen, wer zieht dich an? Da dachte ich mir, jetzt mache ich einfach mal ein Video über meine Behinderung.“
Integration und Inklusion: Was ist der Unterschied?
Früher wurde oft davon gesprochen, Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft zu integrieren. Damit ist gemeint, dass sie am Leben teilnehmen können – dieses aber nicht auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Stattdessen sollen sich Menschen mit Behinderung den vorhandenen Gegebenheiten anpassen. Inklusion dagegen bedeutet, dass Menschen mit Behinderung von Anfang an am Leben mit all seinen Facetten teilhaben. Und zwar selbstbestimmt und gleichberechtigt. Sie dürfen selbst entscheiden, in welche Schule sie gehen, wo sie arbeiten und wohnen möchten. Und: Inklusion ist nichts, wofür behinderte Menschen dankbar sein müssen. Sie ist in Deutschland seit 2009 ein Menschenrecht.
Warum ist die Perspektive von Inkluencern wichtig?
Als Betroffene wissen Inkluencer am besten, wie Inklusion gelingen kann – und was sich noch ändern muss. Sie machen deutlich, dass oft nicht die Behinderung oder Einschränkung das Problem ist, sondern äußere Umstände wie eine schlechte Infrastruktur oder fehlende Inklusionsangebote. „Ich bin nicht behindert – ich werde behindert“, sagen viele Menschen, die mit einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung leben. Damit kann ein kaputter Aufzug in der U-Bahn gemeint sein oder ein Veranstaltungsort, der nicht für Rollstühle zugänglich ist. Auch Fabiana aus unserem Podcast zeigt auf ihrem Instagram-Profil, auf welche Barrieren sie im Alltag stößt. Sie nimmt ihre Follower mit, wenn sie ihre kleine Tochter aus der Kita abholt. Eine kurze Strecke, über die Sehende gar nicht groß nachdenken müssen. „Ich muss dabei über zwei Kreuzungen ohne Blindenampel gehen, das ist für mich eine richtige Tortur. Schon einfache Hilfsmittel, wie ein akustisches Signal oder eine Leitlinie auf dem Boden, wären eine Riesenerleichterung für mich.“
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Inklusive Gesellschaft: ein wertschätzendes Miteinander
Als Jugendliche setzt Fabiana alles daran, dass man ihr die Behinderung nicht anmerkt. So war sie am liebsten ohne Blindenstock unterwegs. „Ich war einfach noch nicht bereit dafür, in eine Schublade gesteckt und angestarrt zu werden. Denn wenn ich ohne Stock unterwegs war, hat niemand groß geschaut.“ Deshalb wünscht sie sich auch heute noch von sehenden Menschen, dass sie nicht zuerst ihre Behinderung wahrnehmen, sondern sie als Person. Und plädiert im Podcast „Leben ohne Packungsbeilage“ für Begegnungen auf Augenhöhe: „Blinde und sehbehinderte Personen sind nicht immer auf Hilfe angewiesen. Ist jemand ganz offensichtlich desorientiert, dann kannst du natürlich ganz höflich deine Hilfe anbieten.“

© gettyimages / SolStock
So gelingt ein Miteinander
Das solltest du als Mensch ohne Behinderung wissen:
- An einer Behinderung „leidet“ niemand. Vielmehr leidet die Person sehr wahrscheinlich an Barrieren im Alltag oder Diskriminierung.
- Ein Mensch ist nicht „an den Rollstuhl gefesselt“ – im Gegenteil: Der Rollstuhl ermöglicht mehr Selbstständigkeit.
- Es ist nicht die Aufgabe von Menschen mit Behinderung, Aufklärungsarbeit über ihre Einschränkung zu leisten. Du kannst dich online ganz einfach informieren.
- Das Gegenteil von „behindert“ ist nicht „gesund“ – sondern „nicht behindert“.
- Es gibt viele Gesprächsthemen, die nichts mit der Behinderung einer Person zu tun haben: Welche Musik hört sie? Was sind ihre Leidenschaften?
- Menschen mit Behinderung möchten kein Mitleid für ihre Behinderung, sondern ehrliches Interesse.
- Darf ich jemanden „behindert“ nennen? Frag am besten die Person, mit welchen Begriffen sie sich am wohlsten fühlt.
„Leben ohne Packungsbeilage“: Was Fabiana motiviert
Heute ist Fabiana nicht nur Inkluencerin: Sie berät den WDR-Rundfunkrat zum Thema Inklusion und arbeitet als systemischer Coach. Trotzdem teilt sie weiterhin ihren Alltag auf den sozialen Medien. „Ich freue mich einfach, wenn meine Aufklärungsarbeit etwas bewirkt und ich Vorbehalte über Menschen mit Behinderung ausräumen kann. Denn die Barrieren in den Köpfen sind oft schwerer zu überwinden als Treppenstufen oder unübersichtliche Kreuzungen.“ Im Podcast „Leben ohne Packungsbeilage“ erzählt sie von ihrer schwierigen Schulzeit und verrät, was Ibuprofen mit Blindenschrift zu tun hat.
Viele Content-Creator klären – wie Fabiana – über wichtige Themen auf und zeigen ihren Followern einen neuen Blickwinkel. In den sozialen Medien findest du aber auch Profile, die dich unter Druck setzen können. Zum Beispiel Momfluencer, die ihren vermeintlich perfekten Alltag inszenieren. Deshalb: Wenn dir ein bestimmtes Profil nicht guttut, solltest du der Person am besten entfolgen.
Kurse und Angebote der AOK Hessen
Der Podcast „Leben ohne Packungsbeilage“ ist ein Angebot der AOK Hessen. Die Psychologin Pia Kabitzsch spricht mit Gästen, die über sich hinausgewachsen sind – so wie Fabiana. Hör dir gerne weitere Folgen an – viel Spaß beim Hören!
Pflegende Angehörige wachsen jeden Tag über sich hinaus. Wir unterstützen sie im Alltag mit dem Familiencoach Pflege. Das kostenlose Online-Selbsthilfe-Programm hilft mit interaktiven Übungen, Videos und Audios, die Psyche zu stärken und vor Überlastung zu schützen. Du hast Fragen zur Pflege eines Angehörigen? Wende dich gerne an die Pflegeberatung der AOK Hessen.
Deine AOK Hessen wünscht dir gute Gesundheit!