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Vergesslichkeit: Wann sind Gedächtnislücken nicht mehr normal?

Veröffentlicht am:18.03.2024

5 Minuten Lesedauer

Vergesslichkeit ist nichts Ungewöhnliches und einzelne Erinnerungslücken sind noch kein Krankheitszeichen. Auch im Alter muss Vergesslichkeit nicht zwangsläufig auf Demenz hindeuten. Unser Experten-Interview klärt darüber auf, wie viel Vergesslichkeit noch normal ist und wie man sein Gehirn auf Trab bringt.

Eine Frau steht in der Küche vor ihrem Einkauf und fasst sich an den Kopf, weil sie einige Zutaten vergessen hat.

© iStock / SolStock

Vielleicht kennen Sie das: Namen und Orte wollen einfach nicht im Kopf bleiben und immer öfter ist man auf der Suche nach Gegenständen. Doch sind solche Gedächtnislücken bereits auffällig?

Im Interview mit Prof. Dr. Gerhard Eschweiler, Oberarzt der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Tübingen, gehen wir dieser Frage nach und erfahren, was es mit dem Vergessen auf sich hat, welche Faktoren unsere Gehirnleistung beeinflussen, welche frühen Warnzeichen Sie kennen sollten und was Sie selbst für Ihr Gedächtnis tun können.

Herr Prof. Dr. Eschweiler, warum vergessen wir überhaupt?

Im Lauf unseres Lebens empfängt und verarbeitet unser Gehirn unzählige Sinneseindrücke und Informationen. Nur ein Bruchteil davon ist jedoch relevant. Deshalb gibt es verschiedene Gedächtnisspeicher. 

Nur die Informationen, die wichtig oder besonders emotional geladen sind, nehmen wir in unser Langzeitgedächtnis auf. Der große Rest verblasst schnell und wird vergessen.

Welche Funktion hat das Vergessen?

Durch das Vergessen gehen nicht relevant bewertete oder nicht häufig wiederholte Gedächtnisinhalte wieder verloren. Dies geschieht, indem diese entweder nur kurz für Minuten zwischengespeichert werden oder im Laufe von Monaten und Jahren ihr Speicherort verloren geht. Dadurch häuft sich nicht soviel „unnützes“ Wissen an und verschwendet Platz für relevante Erinnerungen.

Es ist zum Beispiel nur wichtig, wo Sie heute Ihr Auto im Parkhaus geparkt haben, aber nicht wo es vor einem Monat stand. Daher wäre es nur verwirrend, wenn diese Informationen auf Dauer erhalten blieben.

Sudoku ist einer der Klassiker beim Gehirntraining gegen das Vergessen.

© iStock / urbazon

Gehirntraining – eine junge Frau sitzt auf einem Sofa und löst ein Sodoku-Rätsel.

Warum entstehen Gedächtnislücken?

Häufig entstehen Gedächtnislücken dadurch, dass man nicht aufmerksam ist und die Information nicht korrekt aufnimmt – oder ihr keine Bedeutung beimisst. Eine dritte Möglichkeit besteht durch lange Zeiträume, in denen die Information nicht erinnert und somit aufgefrischt wird.

Welche generellen Ursachen für Vergesslichkeit gibt es?

Ein wichtiger Grund ist, wie vorab erwähnt, die Unaufmerksamkeit. Es kann aber auch an einer Schwerhörigkeit liegen, sodass akustische Informationen nur unvollständig oder unverständig ankommen. Weitere Gründe können zu viel Alkohol oder andere Substanzen sein, die die Gedächtnisleistung reduzieren.

Im Alter sind kleine Durchblutungsstörungen häufig, sodass dadurch die Informationsaufnahme verlängert und in ihrer Komplexität begrenzt ist. Auch Menschen mit Depressionen sind weniger aufmerksam oder nehmen überwiegend Negatives wahr. Letzteres wird länger gespeichert, da Betroffene immer wieder darüber grübeln.

Welche frühen Anzeichen deuten auf ein abnehmendes Gedächtnis hin?

Jeder vergisst einmal etwas und erinnert sich jedoch meist wieder bei Hinweisreizen durch andere. Indem man beispielsweise eine Komponente (Spätzle?) der letzten Mahlzeit genannt bekommt. Dann erinnert man auch den Rest der Mahlzeit (Linsen?).

Ein abnehmendes Gedächtnis weist deutlichere Lücken und weniger Details auf, die sich durch Hinweisreize nicht mehr ganz ausgleichen lassen. Wenn jemand seinen Schlüssel verlegt, ist ein Gesunder in der Lage ihn zu finden, indem er Schritt für Schritt zurückdenkt.

Kritisch wird es, wenn man nicht mehr weiß, wann man ihn zuletzt in der Hand hatte oder an ungeeignete Plätze legt – zum Beispiel den Schlüssel in den Kühlschrank legt.

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Ab welchem Alter lässt das Gedächtnis beziehungsweise die Hirnleistung nach?

Dies geschieht bereits im jungen Erwachsenenalter ab 20 Jahren. Ein Mensch ist dann zum Beispiel nicht mehr in der Lage, so schnell Vokabeln zu lernen, wie mit zwölf oder 14 Jahren.

Deutlich lässt die Verarbeitungsmenge und -geschwindigkeit meist ab 60 Jahren nach, insbesondere wenn man Erkrankungen des Stoffwechsels oder der Gefäße entwickelt. Dafür nimmt unser Erfahrungswissen und Allgemeinwissen bis ins Alter zu.

Wie unterscheidet sich Vergesslichkeit im Alter im Gegensatz zu jüngeren Menschen?

Es gibt keine prinzipiellen Unterschiede. Im Alter können aber aufgrund geringerer Speicher und langsamerer Verarbeitung nicht so viele Informationen aufgenommen werden.

Dafür können ältere Menschen in der Regel besser wichtige Infos selektieren. Oder sie fragen nach, wenn es zu schnell oder zu viel auf einmal ist.

Wie lässt sich Vergesslichkeit vorbeugen?

Neugierig bleiben, Wichtiges und Bedeutsames aktiv erinnern – gerne in Gemeinschaft und wiederholen. Auf Multitasking (also mehrere Dinge gleichzeitig machen) verzichten und stattdessen alles nacheinander mit Aufmerksamkeit erledigen.

Darüber hinaus sollte man langen passiven Fernsehkonsum vermeiden. Wenn man gerne fernsieht, empfiehlt es sich, anschließend Diskussionen über die Inhalte mit anderen zu führen.

Auch überhöhter Alkoholkonsum ist keine gute Idee, da Alkohol letztlich ein Zellgift ist und die Gedächtnisleistung einschränkt. Das dürften einige Menschen nach einigen Gläsern Bier oder Wein bereits vorübergehend selbst erlebt haben.

Wann sollte man ärztlichen Rat in Anspruch nehmen

Menschen mit einer leichten kognitiven Störung oder beginnenden Demenz vergessen häufig, erinnern sich nicht mehr und stellen immer wieder die gleichen Fragen, obwohl sie die Antwort schon mehrfach erhalten haben.

Hierüber kann man mit Familie oder dem Arzt oder der Ärztin sprechen. Gegebenenfalls ist anschließend ein Gedächtnistest zu empfehlen.

Lassen sich Gedächtnisprobleme wieder beheben?

Gedächtnisprobleme bei Depressionen oder aufgrund von Beruhigungsmitteln werden weniger, wenn die Ursache wegfällt. Nur teilweise lassen sich diese Gedächtnisprobleme dagegen beheben, wenn sie hirnorganisch bedingt sind – zum Beispiel durch Absterben von Synapsen wie bei der Alzheimer-Krankheit oder bei Durchblutungsstörungen mit Absterben von Hirngewebe wie beim Schlaganfall.

Um weiteren Abbau zu kompensieren, können kognitives Training oder Gedächtnisstützen wie Notizbücher oder Memo-Apps hilfreich sein.

Wie sinnvoll ist Gehirntraining und welche Arten davon gibt es?

Die Klassiker beim Gehirntraining sind Kreuzworträtsel oder Sodoku. Das erste erhält und trainiert den Wortschatz des Übenden, das zweite trainiert die Rechenfähigkeit. Beides ist wichtig, aber es generalisiert nicht auf andere komplexe oder wichtige autobiografische Ereignisse aus dem Leben. Dazu müssen spezifische wichtige Inhalte wie Fotos von Personen oder gemeinsame Erlebnisse samt Namen und Zeitpunkten aktiv erinnert werden. Wichtig zu erwähnen ist, dass das Training Spaß machen sollte – sonst wird es schnell langweilig.

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