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Was ist Homophobie und was kann man dagegen tun?
Veröffentlicht am:19.12.2025
6 Minuten Lesedauer
Homosexuelle Menschen erfahren immer noch offene oder subtile Ablehnung und erleben sogar Gewalt. Diese Feindlichkeit wird auch als Homophobie bezeichnet. Was die Ursachen sind und wie wir homophoben Menschen begegnen können.

© iStock / Egoitz Bengoetxea Iguaran
Gegen Homophobie: gleiches Recht für jede Liebe
Jeder Mensch ist anders – isst anders, lebt anders und liebt anders. Sollte das ein Problem sein? Für manche Menschen ist es das leider. Sie stört das Anderssein anderer Menschen – oft und besonders dann, wenn es sich um eine Minderheit handelt, die sich durch ihre Lebensweise von der Mehrheitsgesellschaft unterscheidet. Das gibt es auch im Bereich der Liebe und Sexualität. Die meisten Menschen auf der Welt sind heterosexuell: Frauen lieben Männer und Männer lieben Frauen. Das wird als Norm angesehen. Eine Minderheit tut das nicht und weicht von der wahrgenommenen Norm ab.
Dabei ist es doch so: Wenn schwule Männer andere Männer lieben und lesbische Frauen andere Frauen (und wenn für bisexuelle Menschen das Geschlecht des Partners oder der Partnerin nicht entscheidend ist), schränken deren sexuelle Neigungen weder das Leben noch die Rechte der heterosexuellen Menschen ein. Wie Homosexuelle leben, hat keine direkten Auswirkungen auf Heterosexuelle. Dennoch haben einige heterosexuelle Menschen eine Abneigung gegenüber Menschen, die sich zu gleichgeschlechtlichen Partnern oder Partnerinnen hingezogen fühlen.
Was bedeutet Homophobie und wie äußert sie sich?
Die Abneigung gegenüber Homosexuellen nennt man Homophobie. „Phobie“ kommt vom altgriechischen phobos, was „Furcht“ bedeutet und ist eine Angststörung. Einige Fachleute halten den Begriff „homophob als Bezeichnung für eine soziale Ablehnung. Nach diesem Verständnis ist Homophobie eine abwertende, feindliche Einstellung gegenüber Homosexualität. Wer homophob ist, lehnt Homosexualität und Bisexualität als gleichberechtigte Liebesform ab. Oft schließt diese Ablehnung weitere Menschen ein, die unter den englischen Begriff „queer“ fallen. „Queer“ ist die Sammelbezeichnung für schwule, lesbische, bisexuelle, trans- und intersexuelle Menschen. Dann spricht man zusätzlich auch von Transphobie. Weil es für diese Ablehnung keinen sachlich fundierten Grund gibt und sie ausschließlich auf Vorurteilen beruht, sind Homophobie und Transphobie irrational.
Es gibt Abstufungen von Homophobie: vom diffusen Unbehagen angesichts von Homosexualität über die Diskriminierung von homosexuellen oder bisexuellen Menschen bis hin zu offener Hetze, Hate Speech oder gar körperlicher Gewalt. Wenn ein homosexueller Mensch am Arbeitsplatz geschnitten wird, ist das soziale Ausgrenzung. Wird er im Arbeitsalltag wegen seiner sexuellen Orientierung benachteiligt, ist das Diskriminierung. Auch Institutionen wie Religionsgemeinschaften oder Staaten können homophob sein. Für viele streng gläubige Menschen gilt Homosexualität als unmoralisch und in manchen Ländern haben Homosexuelle nicht nur weniger Rechte, sondern werden verfolgt und im schlimmsten Fall hingerichtet.
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Was sind die Ursachen von Homophobie?
Eine Quelle von Homophobie wurde schon genannt: die Einschätzung von Homosexualität als unmoralisch aufgrund religiöser Strenggläubigkeit. Dabei lassen sich moralische Kriterien hier gar nicht anwenden. Moralisch oder unmoralisch kann nur ein Verhalten oder eine Einstellung sein, die man frei gewählt hat. Die sexuelle Orientierung sucht man sich aber nicht aus.
Anti-homosexuelle Tendenzen gibt es in allen Weltreligionen. Unabhängig davon existieren in vielen Gesellschaften immer noch klare Geschlechterrollen oder zumindest Überbleibsel davon. In gleichgeschlechtlichen Partnerschaften werden solche Rollen nicht gelebt, etwa der Mann als „Ernährer“ oder die Frau, die sich um Kinder und Haushalt kümmert. Homosexuelle Menschen in Beziehungen brechen nicht nur die traditionelle Verteilung der Geschlechterrollen auf, sondern erweitern auch das herkömmliche Bild von Frauen und Männern um weitere Facetten. Dies kann bei heterosexuellen Menschen, die sich selbst als traditionell verstehen, zu Verunsicherungen in ihrem Selbstverständnis führen. Aus Verunsicherung kann Ablehnung entstehen. Je patriarchaler eine Gesellschaft ist, desto größer können die homophoben Vorbehalte gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften sein.

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Wie geläufig ist Homophobie?
Ein schwuler Bundesminister oder eine lesbische Fernsehmoderatorin – im Gegensatz zu vielen Ländern im arabischen Raum, Afrika oder Asien haben Homosexuelle in Deutschland von Seiten der Gesetzgebung weder Verbote zu befürchten noch unterliegen sie offiziellen Einschränkungen, was den Zugang zu Berufen oder Ämtern betrifft. Das deutsche Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Homophobie ist in Deutschland eher ein Alltags- als ein institutionelles Problem.
Verbreiteter als offene Feindschaft gegenüber Homosexuellen sind subtilere Formen der Homophobie. Im Vielfaltsbarometer, eine repräsentativen Befragung der Robert Bosch Stiftung aus dem Jahr 2025 stimmten 22 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass es ekelhaft sei, wenn sich Homosexuelle in der Öffentlichkeit küssen. 25 Prozent waren der Meinung, dass Homosexuelle und eigene Kinder nicht zusammenpassen. Und knapp 40 Prozent fänden es unangenehm, wenn das eigene Kind schwul oder lesbisch wäre. Oder Homosexuelle stoßen auf Unverständnis, wenn sie so leben wollen wie die Mehrheit: „Muss das in der Öffentlichkeit sein?“ „Zwei Mütter und ein Kind – das ist doch keine Familie!“ Auch sexistische Vorurteile gegenüber Lesben wie: „Die hat nur noch nicht den ‚richtigen‘ Mann kennengelernt“ sind in unserer Gesellschaft genauso alltäglich wie abwertende Begriffe wie „Schwuchtel“ oder „Kampflesbe“ oder die Verwendung von „schwul“ als negatives Attribut: „Das ist doch voll schwul.“ Besonders abwertend ist die Assoziation von männlicher Homosexualität mit Krankheiten wie AIDS oder mit Pädophilie.
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Wie kann ich auf Homophobie in meinem Umfeld reagieren?
Eigene Vorurteile gegenüber Homosexualität nehmen oft ab, wenn man sich gründlich mit dem Thema auseinandersetzt und die eigene Haltung hinterfragt. Vorurteile verschwinden aber vor allem dann, wenn die Mehrheit und die Minderheit miteinander Kontakt haben und man persönliche Kenntnisse über eine andere Lebens- und Liebensweise gewinnt. Dann stellt man fest, dass die lesbische Kollegin sich nicht von anderen Frauen unterscheidet. Wie sie denkt und was sie fühlt, beruht auf ihrer Persönlichkeit und nicht auf der Tatsache, dass sie lesbisch ist. Menschen, die homo- und bisexuelle Menschen persönlich kennen, haben meist positivere Einstellungen gegenüber gleichgeschlechtlicher Liebe als Menschen, die auschließlich heterosexuelle Bekannte haben.
Wenn Sie einem Menschen begegnen, der homophobe Vorurteile oder Witze verbreitet, sollten Sie sich zunächst vergewissern, ob diese Person überhaupt offen für Argumente ist. Wer nur auf Provokation aus ist, mit dem ist nicht zu diskutieren und Sie sollten sich nicht auf einen sinnlosen Streit einlassen. Ein beherztes „Stopp“ kann aber zu verstehen geben, dass Sie die Ansichten weder teilen noch weiter hören möchten. Wollen Sie jemandem aus Ihrem Bekanntenkreis davon überzeugen, dass weder Heterosexualität „normal“ noch Homosexualität „unnormal“ ist, wird Ihnen das umso besser gelingen, je besser Sie selbst informiert sind. Wenn man sein Gegenüber mit klugen Fragen konfrontiert, die es zum Nachdenken bringen, lässt sich manchmal ein Gebäude von Vorurteilen zum Einsturz bringen, zum Beispiel:
- „Was meinst Du mit nicht normal? Was ist normal?“
- „Was ist für Dich ein ‚richtiger Mann‘?“
- „Fragst Du Dich auch bei heterosexuellen Paaren, wer ‚die Hosen anhat‘?“
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