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Psychologie

Was bedeutet Mansplaining – und wie lässt es sich vermeiden?

Veröffentlicht am:11.09.2023

4 Minuten Lesedauer

Mansplaining ist eine Form von Sexismus, mit der viele Frauen in alltäglichen Situationen konfrontiert werden. Das kann nicht nur verunsichernd, sondern auch frustrierend sein. Welche Möglichkeiten gibt es, sich gegen dieses Fehlverhalten zu wehren?

Ein Mann erklärt mit erhobenem Zeigefinger zwei Frauen am Tisch etwas und zeigt dabei als Beweis sein Smartphone herum.

© iStock / zoranm

Definition: Was ist Mansplaining?

Der Begriff „Mansplaining“ hat sich in den letzten Jahren rasant verbreitet. In unterschiedlichen Medien wird debattiert, ob bestimmte Handlungen nun als Mansplaining zu werten sind oder nicht. Eine genaue Definition oder wissenschaftliche Darstellung dessen, was genau Mansplaining ausmacht, gibt es bis heute nicht. Trotzdem lässt sich der Begriff anhand seiner Geschichte gut erklären.

Der Ausdruck „Mansplaining“ ging vor über zehn Jahren in den englischen Wortschatz ein, nachdem die feministische Schriftstellerin Rebecca Solnit das autobiografische Essay „Men explain things to me“ (deutscher Titel „Wenn Männer mir die Welt erklären“) veröffentlicht hatte. In dem Aufsatz beschrieb die US-Amerikanerin ein Gespräch, das sie und eine Freundin mit einem Mann auf dessen Party führten. Dieser versuchte, den Inhalt eines wichtigen Buches zu erklären, von dem er gehört, das er aber nicht gelesen hatte. Die Freundin der Autorin versuchte, dem Gastgeber klarzumachen, dass Solnit die Autorin eben jenes Buches ist, was der Mann jedoch ignorierte. Die Schilderung dieses Szenarios, in dem ein Mann selbstverständlich davon ausgeht, mehr über ein Thema zu wissen als die Frau, mit der er sich unterhält, fand bei vielen Frauen Resonanz, die ähnliche Erfahrungen gemacht hatten.

Allgemein wird Mansplaining als herablassende, bevormundende Äußerung eines Mannes verstanden, der die Erfahrungen und das Wissen von Frauen ignoriert.

Was heißt „Mansplaining“ auf Deutsch?

„Mansplaining“ ist ein Kofferwort aus englisch man (deutsch: Mann) und explain (deutsch: erklären). Übersetzen könnte man den Begriff mit „Herrklärung“.

Beispiele von Mansplaining aus dem Alltag

Sexistisches Verhalten kann sich auf verschiedene Weise äußern. In Form von offenen, eindeutigen Handlungen oder Äußerungen ist es leicht erkennbar. Manchmal verbirgt es sich jedoch in alltäglichen Situationen und wird als natürliches Verhalten wahrgenommen, weil es durch Gewohnheit verankert und verinnerlicht ist.

Natürlich betreibt nicht jeder Mann, der einer Frau einen Sachverhalt erklärt, direkt Mansplaining – und die Grenzen zwischen willkommener Erklärung und besserwisserischer Belehrung sind oft fließend. Geht ein Mann jedoch automatisch davon aus, dass sein weibliches Gegenüber aufgrund ihres Geschlechts weniger über einen bestimmten Sachverhalt weiß, handelt es sich um Sexismus.

Mansplaining zeigt sich in allen Gesprächssituationen des Alltags, in denen „frau“ eigentlich keine Belehrung benötigt, sie von Männern jedoch trotzdem bekommt, obwohl diese nicht besser Bescheid wissen – oder gar nicht betroffen sind. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Mann einer Frau sexuelle Belästigung oder den Menstruationszyklus erklärt.

So können Sie Mansplaining erkennen:

  • Der Erklärende versucht, Autorität auszustrahlen.
  • Er spricht seinem Gesprächspartner Kenntnisse und Wissen ab.
  • Er macht die Gültigkeit seiner Aussagen am eigenen Geschlecht fest.
  • Er spricht in langen Monologen oder schweift in seinen Erklärungen aus.
  • Er akzeptiert weder Widerspruch noch Einwände.

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Mansplaining kontern: So funktioniert’s

Mansplaining gekonnt zu begegnen, ist nicht immer einfach. Oft ist die Art, mit der Erklärende auftreten, einschüchternd – oder „frau“ kommt gar nicht zu Wort.

Mit folgenden Tipps können Frauen versuchen, Mansplaining zu kontern:

  • Weisen Sie Ihren Gesprächspartner auf die Problematik hin, indem Sie ihn direkt mit seinem Fehlverhalten konfrontieren. Sie können ihn beispielsweise fragen, warum er Ihnen Sachverhalte erklärt, über die Sie bestens Bescheid wissen, oder weshalb er Ihnen unaufgefordert einen Vortrag hält.
  • Fordern Sie aktiv Redezeit ein. Sagen Sie beispielsweise „Lassen Sie mich bitte ausreden“ oder „Jetzt habe ich etwas zu sagen“. Anschließend können Sie Ihr Fachwissen darbieten und Ihrem Gegenüber so zeigen, dass Sie keine Erklärungen benötigen.
  • Stellen Sie Ihrem Gegenüber konkrete Nachfragen. Das deckt meistens auf, dass dem Erklärer tiefergehendes Wissen fehlt.
  • Wenn die oben genannten Tipps nicht fruchten oder Sie sich nicht mit dem Mansplaining auseinandersetzen möchten, beenden Sie das Gespräch. Sie müssen sich dafür nicht rechtfertigen; ein einfaches „Dafür habe ich jetzt keine Zeit“ reicht.

Sein Gegenüber zu konfrontieren, bedeutet häufig auch, die Angst überwinden zu müssen, weiter entwertet zu werden oder negative Stereotypen über Frauen zu verstärken – etwa, dass sie besonders emotional oder überempfindlich seien. Das können Gründe für Zurückhaltung sein. Eine Konfrontation zu vermeiden, kann jedoch ebenfalls negative Folgen haben. So zeigte eine Studie zum Thema Mikroaggressivität, dass Frauen, die ihrem Gesprächspartner nicht entgegentraten, im Nachhinein oft Schuldgefühle, Verlegenheit, Scham, Bedauern und Reue empfanden. Das Verinnerlichen dieser Gefühle kann langfristig Auswirkungen auf das Selbstvertrauen, die Arbeit, die Leistungsfähigkeit sowie die Gesundheit haben. Zurückhaltung bei Mansplaining-Verhalten könnte sich ähnlich auswirken.

An einem Konferenztisch sitzend wehrt sich eine Frau verbal gegen einen überheblichen Kollegen.

© iStock / SolStock

Nicht allen Männern ist ihr Fehlverhalten bewusst: Bestehen Sie darauf, zu Wort zu kommen und sprechen Sie Mansplaining an.

Wie kann ich als Mann Mansplaining vermeiden?

Um als Mann Mansplaining zu vermeiden, ist es in erster Linie wichtig, das eigene Verhalten zu hinterfragen und bereit zu sein, Fehler einzugestehen. Im Laufe der Sozialisation entstehen bei allen Menschen bestimmte Verhaltensmuster, von denen viele zur unbewussten Gewohnheit werden. Dazu kann auch Mansplaining gehören. Aus diesem Grund ist es ratsam, sich für die Thematik zu sensibilisieren und Gespräche bewusst zu führen. Wenn Sie versucht sind, Ihre Gesprächspartnerin zu belehren oder ihr etwas zu erklären, stellen Sie sich zunächst folgende Fragen:

  • Hat Ihre Gesprächspartnerin Sie aktiv um Rat gefragt?
  • Verfügen Sie wirklich über mehr Wissen oder Erfahrung auf dem betreffenden Themengebiet?
  • Stellen Sie die Fähigkeiten oder Kenntnisse Ihrer Gesprächspartnerin instinktiv in Frage oder setzen Sie automatisch Unwissenheit voraus?
  • Haben Sie Ihre Gesprächspartnerin unnötigerweise unterbrochen?

Auf Nummer sicher gehen

Wenn Sie in Gesprächen unsicher sind, nennen Sie das Kind beim Namen.

Fragen Sie Ihre Gesprächspartnerin, ob Sie einen Ratschlag oder eine Erklärung möchte. Außerdem können Sie ihre Mimik und Gestik achten. Den meisten Menschen sieht man an, wenn sie sich in einer Situation unwohl oder übergangen fühlen.


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