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Liebe & Sexualität

Asexualität: die Abwesenheit von Lust

Veröffentlicht am:15.06.2022

5 Minuten Lesedauer

Asexuelle interessieren sich nicht oder nur wenig für Sex – sie erleben das aber nicht als Mangel. Woran Sie erkennen, ob Sie asexuell sind, ob es Ursachen für die sexuelle Unlust gibt und wie Asexuelle eine glückliche Beziehung führen können.

Asexuelle Flagge, die im Wind weht mit Himmel im Hintergrund.

© iStock / Дмитрий Ларичев

Was ist Asexualität?

Asexualität ist eine der sexuellen Identitäten, mit denen Menschen sich selbst beschreiben können. Der Sozialpsychologe Anthony Bogaert hat folgende Definition eingeführt: Eine asexuelle Person erlebt keine sexuelle Anziehung, zu keinem Geschlecht. Das ist laut Schätzungen bei etwa einem Prozent der Weltbevölkerung der Fall. Mehr Frauen als Männer sind asexuell.

Es gibt wie bei Hetero-, Homo- und Bisexuellen sowie anderen sexuellen Ausrichtungen auch bei der Asexualität verschiedene Formen. Jeder Mensch erlebt seine Sexualität oder Asexualität anders.

So gibt es etwa Asexuelle, die gar keinen Sex haben, weil sie die Vorstellung von Sex abstoßend oder schlichtweg neutral finden. Asexuell zu sein, kann aber auch bedeuten, dass jemand Sex hat und ihn genießt, dies aber nur unter bestimmten Bedingungen der Fall ist. Oder, dass er gelegentlich Sex hat, weil er nur manchmal eine sexuelle Anziehung empfindet. Andere Asexuelle masturbieren, verspüren aber kein Interesse an Sex mit anderen Menschen. Wieder andere wollen das Gefühl der romantischen Verbundenheit in ihrer Beziehung erleben und haben deswegen Sex mit dem Partner oder der Partnerin.

Die vielen verschiedenen Gesichter von Asexualität

Es gibt verschiedene Unterkategorien, zu denen sich Asexuelle zählen können. Solche Beschreibungen sind zwar nicht notwendig, sie können aber helfen, sich anderen gegenüber zu erklären und Gleichgesinnte kennenzulernen. Hier einige Beispiele.

  • „aromantic“: Eine aromantische, asexuelle Person fühlt sich zu niemandem romantisch und sexuell hingezogen. Aromantische Personen können dennoch mit jemandem zusammenleben, heiraten und Kinder großziehen. Ihre Partner oder Partnerinnen sind für sie also mehr als nur beste Freunde, die Beziehung aber platonischer Natur.
  • „grey-asexual“/„grey-romantic“: Die Bezeichnungen beschreiben Personen, die in eine Grauzone zwischen asexuell und sexuell oder aromantisch und romantisch fallen. Das sind zum Beispiel Personen, die gewöhnlich keine sexuelle Anziehung erfahren, sie aber manchmal erleben. Oder Personen, die sexuelle Anziehung kennen, aber nur einen geringen Sexualtrieb haben. Auch Asexuelle, die Sex haben oder romantische Beziehungen führen, dies aber nur unter ganz speziellen Bedingungen tun, fallen in diese Kategorie.
  • „demi-sexual“/„demi-romantic“: Eine demi-sexuelle Person fühlt sich erst dann sexuell zu jemandem hingezogen, wenn sie eine emotionale Bindung zu ihm aufgebaut hat. Eine demi-romantische Person fühlt sich ebenso erst nach dem Entstehen einer emotionalen Bindung romantisch zu jemandem hingezogen.
  • „reciprosexual“/„recipromantic“: Gemeint sind Personen, die keine sexuelle beziehungsweise romantische Anziehung erfahren, bis sie wissen, dass die andere Person sich zu ihnen hingezogen fühlt.
  • „akoisexual“/„akoiromantic“: Die Begriffe beschreiben Personen, die sexuelle beziehungsweise romantische Anziehung erleben, diese aber nachlässt, wenn sie erwidert wird.
  • „aceflux“/„aroflux“: „Aceflux“ meint ein Schwanken zwischen asexuell und sexuell, „aroflux“ zwischen aromantisch und romantisch. Eine Person kann sich zum Beispiel an einem Tag stark asexuell oder aromantisch fühlen und an einem anderen weniger asexuell oder aromantisch.

LGBTQIA* - Was heißt das eigentlich?

Die Abkürzung wird inzwischen häufig genutzt. Dafür steht sie:

  • Lesbian
  • Gay
  • Bisexual
  • Transgender
  • Queer
  • Intersex
  • Asexual

Das Sternchen am Ende der Abkürzung ist Platzhalter für weitere Geschlechtsidentitäten und sexuelle Identitäten.

Bin ich asexuell?

Wer nicht weiß, ob er sich selbst als asexuell definiert, kann sich einige Fragen stellen, um sich mehr Klarheit zu verschaffen:

  • Haben Sie sich jemals durch die körperliche Erscheinung eines Menschen oder die Vorstellung von sexueller Berührung sexuell oder körperlich erregt gefühlt?
  • Haben Sie sich jemals unter Druck gesetzt gefühlt, anderen gegenüber sexuelles Verlangen auszudrücken, nur um dazuzugehören?
  • Wenn Sie sich um Sex bemühen oder ihn haben – fühlt sich das so an, als würden Sie das aus sich heraus, aus dem Vergnügen an der Sache wollen? Oder erscheint Ihnen Sex als uninteressant, unwichtig, unangenehm oder allgemein als nicht erstrebenswert?
  • Wäre sexuelle Abstinenz schwierig für Sie? Hatten Sie jemals monate- oder jahrelang keinen Sex?
  • Entwickeln Sie manchmal erst dann sexuelle Gefühle für jemanden, nachdem Sie eine emotionale oder intellektuelle Bindung zu ihm aufgebaut haben?

Jeder Mensch geht anders mit emotionalen und sexuellen Beziehungen um. Ob Sie sich als asexuell einordnen oder nicht, können nur Sie selbst entscheiden. Es handelt sich um eine Selbstbezeichnung, die nicht von speziellen äußeren Faktoren abhängig ist. Wenn Sie sich mit dem Label „asexuell“ nicht wohlfühlen, ist eine solche Etikettierung Ihrer Sexualität nicht notwendig.

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Gibt es Ursachen für Asexualität?

Es gibt keine bekannten Ursachen für Asexualität. Sie lässt sich also beispielsweise nicht durch Missbrauchserfahrungen oder durch körperliche oder psychische Störungen erklären. Vielmehr sind die meisten Asexuellen ihr ganzes Leben lang asexuell und es nicht plötzlich geworden. Forscher und Forscherinnen gehen deswegen davon aus, dass die sexuelle Identität angeboren ist.

Asexualität ist also keine Störung, sondern eine ganz normale Erscheinung, die niemandem Sorgen bereiten muss. Asexuelle Personen erleben ihr Desinteresse an sexuellen Erfahrungen auch nicht als Mangel, unter dem sie leiden oder den sie beheben wollen. Sie berichten aber davon, dass sie immer wieder Bedenken haben, im Vergleich zu anderen Menschen nicht „normal“ zu sein oder dass sie sich Sorgen machen, was andere von ihnen denken.

Zwei asexuelle Personen stehen kuschelnd zusammen vor einem Fenster.

© iStock / jacoblund

Eine glückliche und erfüllende Beziehung ist auch für asexuelle Personen möglich. Für sie stehen jedoch andere Dinge im Vordergrund, wie etwa Kuscheln oder Nähe statt Sexualität.

Können Asexuelle eine glückliche Beziehung führen?

Die vielen möglichen Ausrichtungen, die Asexualität haben kann, zeigen, dass asexuelle Menschen oft eine gewisse Form von Anziehung zu anderen Menschen erleben. Sie können zum Beispiel den Wunsch haben, romantisch mit einem Partner verbunden zu sein oder mit einer Person sinnliche Aktivitäten wie Kuscheln, Umarmen und Küssen auszuleben. Nur an sexuellen Aktivitäten haben sie oft kein oder wenig Interesse. Auch asexuelle Menschen fühlen sich meist von einem bestimmen Geschlecht angezogen und können sich deswegen als lesbisch, schwul, bi- oder heterosexuell identifizieren.

Weil Menschen, die nicht asexuell sind, meist Liebe und Sex verknüpfen, kann eine glückliche, erfüllende Beziehung allerdings nur dann funktionieren, wenn akzeptiert wird, dass Sex für einen asexuellen Partner keine oder nur eine geringe Bedeutung hat. Wer damit einverstanden ist, dass die Beziehung auf anderen Grundsäulen wie etwa Vertrauen, guten Gesprächen, Nähe, Spaß, Humor oder Kuscheln beruht, kann eine glückliche Partnerschaft mit einer asexuellen Person führen.

Es gibt aber auch asexuelle Menschen, die sich keine Partnerschaft wünschen. Sie sind am zufriedensten mit engen Freundschaften oder fühlen sich alleine glücklicher.

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