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Lotsen im digitalen Fahrwasser
Veröffentlicht am:01.10.2025
4 Minuten Lesedauer
Insbesondere älteren Menschen fällt der Umgang mit Tablet, Smartphone und Co zum Teil schwer. Ehrenamtliche „Digitallotsen“ wie Hans-Dieter Oehlke vermitteln das nötige Wissen.

© Jens Lehmkühler
Offenes und kostenloses Angebot
Peter Apel möchte auf dem Laufenden sein – auch technisch. „Man kommt heute nicht ums Digitale herum. Es ist kein schönes Gefühl, da nicht mehr mitzukommen“, sagt der 86-Jährige Bremer. Seit drei Jahren trifft er sich regelmäßig mit Hans-Dieter Oehlke. Von ihm hat er zum Beispiel erfahren, wie er sich über sein Smartphone per Videoanruf mit seiner Schwester in Regensburg unterhalten kann.
Immer mittwochnachmittags leitet Hans-Dieter Oehlke im Bürgerhaus Gemeinschaftszentrum Obervieland Menschen im Umgang mit internetfähigen Anwendungen und Geräten an. Der Digitaltreff in der Alfred-Faust-Straße 4 ist ein offenes und kostenloses Angebot. Manche Teilnehmende kommen nur drei oder vier Mal, um ihre Fragen loszuwerden. Andere wie Peter Apel sind regelmäßig dabei. „Ich fühle mich hier willkommen. Ich könnte auch zum zehnten Mal dieselbe Frage stellen“, sagt er.
Die Welt wird schnell immer digitaler. Steuererklärung, E-Patientenakte oder Bezahlen übers Handy: Oehlke nimmt Seniorinnen und Senioren die Angst, im Internet Fehler zu machen. Er erklärt nicht nur Technik und Funktionen der Geräte und Apps, sondern hilft manchmal auch beim Einrichten von WLAN-Netzen und beantwortet Fragen zum Datenschutz.
Das Angebot in Obervieland ist Teil des von der Bremer Sozialbehörde finanzierten Netzwerks „Digital-Fit-60+“. Darin haben sich fast 40 Kooperationspartner der Stadt Bremen zusammengeschlossen.
Digitallotsen schulen und unterstützen
„Um die 100 Digitallotsinnen und -lotsen leiten hier ältere Menschen an“, schätzt Stefan Markus. Darunter seien nicht nur Rentner wie Hans-Dieter Oehlke, sondern auch viele Studierende.
Stefan Markus ist Vorsitzender des Verbands sozial-kultureller Arbeit, kurz VskA. Die Mitgliedsorganisationen des VskA bringen Menschen aus der Nachbarschaft zusammen und nehmen ihre Anliegen auf. Der Landesverband Bremen setzt das Projekt im Auftrag der Sozialbehörde um. Wer sich ehrenamtlich als Digitallotse engagieren möchte, kann sich in einem Wochenendkurs an der Bremer Volkshochschule auf diese Aufgabe vorbereiten. Die Kosten dafür übernimmt der Verband.
Zum Einsatz kommen die Digitallotsen in den kooperierenden Einrichtungen des Netzwerks „Digital-Fit-60+“. Sie geben Kurse, bieten Sprechstunden, Treffs oder aufsuchende Hilfen an. Je nachdem, was im Quartier gebraucht wird.
Der Bedarf sei groß, sagt Stefan Markus. Oftmals erhielten ältere Menschen die abgelegten Smartphones oder Tablets ihrer Kinder oder Enkel. „Mit der Nutzung sind sie dann überfordert“, so Markus’ Erfahrung. Außenstehende seien beim Erklären der Funktionen häufig geduldiger. Manchmal reiche bereits eine kleine Schulung zur Einführung, um anzufangen.
Soziales Engagement als Ausgleich
Hans-Dieter Oehlke hatte bereits beruflich mit Computern zu tun. Früher war der 76-Jährige für einen Autohersteller als Trainer für Service- und Marketingpersonal tätig. Wissen zu vermitteln, liegt ihm. „Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig digitale Kommunikation ist“, findet er. Seit der Eröffnung des Obervielander Bürgerhauses 1977 sind er und seine Ehefrau Renate Oehlke ehrenamtlich dabei. „Mein soziales Engagement war immer ein Ausgleich zum Job. Es hilft gegen Stress, aber kam mir auch im Beruf zugute.“ Dass auch Studierende Digitallotsen sind, begrüßt Oehlke. „Der Umgang mit verschiedenen Menschen ist ein gutes Training“, sagt er. „Man lernt dabei etwas, das man in Schule oder Beruf nicht lernt.“
Autorin: Catrin Frerichs
Wer Digitallotse oder -lotsin werden oder Hilfe von Digitallotsen in Anspruch nehmen möchte, kann sich wenden an:
Digital-Fit60+ (Netzwerk Bremen Stadt) und Netzwerk Digitalambulanzen (Bremerhaven)
Das Netzwerk „Digital-Fit-60+“ in Bremen ist erreichbar über den Verband sozial-kulturelle Arbeit e.V., Telefon 0152 01 05 65 47, vska.de/bremen.
Das Projekt „Netzwerk Digitalambulanzen“ in Bremerhaven ist unter der Telefonnummer 0471 590 36 13 zu erreichen, bremerhaven.de.
Flyer mit allen digitalen Lernangeboten im Bundesland Bremen gibt es hier.