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AOK Bremen/Bremerhaven

Hilfe aus der Nachbarschaft

Veröffentlicht am:13.02.2024

5 Minuten Lesedauer

Eine naheliegende Möglichkeit, sich in Bremen sozial zu engagieren, ist die Nachbarschaftshilfe. Ältere Menschen werden in ihrem Alltag unterstützt, sei es beim Wäschewaschen oder Einkaufen. Aber auch Gespräche kommen dabei nicht zu kurz.

© Jens Lehmkühler

Anna Maruschewski (21) und Brigitte Wilkens (85) haben es sich auf dem Sofa im Wohnzimmer der Seniorin gemütlich gemacht. Vor ihnen stehen eine Tasse mit Tee und eine mit Kaffee. „Was wollen wir heute machen?“, fragt die Jüngere. „Kannst du mir zeigen, wo man die ARD-Mediathek kriegt?“, fragt Wilkens. „Wenn ich höre, das können Sie in der Mediathek finden, dann stehe ich hilflos davor.“ Anna Maruschewski schnappt sich das Tablet von Brigitte Wilkens und lädt die entsprechende App herunter. 

Es ist nicht das erste Mal, dass die junge Frau der Älteren in technischen Fragen hilft. Alle zwei, drei Wochen kommt sie für zwei Stunden zu Brigitte Wilkens, um mit ihr E-Mails zu schreiben oder ihr Funktionen auf dem Handy zu erklären. Anna Maruschewski ist ehren- amtliche Nachbarschaftshelferin. Sie fing in der Coronazeit neben der Schule damit an und ist dabei geblieben.

Mehr als 3000 Freiwillige im Einsatz

„Viele ältere Menschen sind im Alltag auf Hilfe angewiesen, sei es beim Putzen, Einkau- fen oder Wäschewaschen“, sagt Detlef Luthe. Neben seiner Funktion als Geschäftsführer der Paritätischen Gesellschaft für soziale Dienste Bremen ist er der zentrale Ansprechpartner für die 17 Dienstleistungszentren (DLZ) in der Hansestadt, die Ehrenamtliche wie Anna Maruschewski an ältere Menschen vermitteln. Mehr als 3000 Freiwillige sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt in der organisierten Nachbarschaftshilfe tätig. „Die Nachfrage ist meist größer als wir Ehrenamtliche im Einsatz haben“, sagt Luthe. Es werden daher permanent neue Kräfte gesucht. 

„Das Geld ist für viele durchaus eine Motivation.“

Wer Interesse hat und sich bei einem der DLZ meldet, wird erst einmal zu einem Kennenlerngespräch eingeladen. „Dabei klären wir, für welche Tätigkeiten der oder die Ehrenamtliche zur Verfügung steht“, sagt Detlef Luthe. „Wir finden aber immer ein passendes Tandem.“ Die Nachbarschaftshilfe wird ehrenamtlich geleistet, gezahlt wird aber eine Aufwandsentschädigung von 9,50 Euro pro Stunde. „Steuerfrei ist ein Zuverdienst von bis zu 3000 Euro im Jahr“, erläutert Detlef Luthe. Das gelte auch für Leistungsbezieher. „Das Geld ist für viele durchaus eine Motivation.“ Manche besserten damit ihre Rente oder ihr Bürgergeld auf. 

Auch für Anna Maruschewski ist die Aufwandsentschädigung ein willkommenes Zubrot zu ihrem Taschengeld, das sie als Bundesfreiwillige bei einem sozialen Träger erhält. Aber: „Wenn es unseren Ehrenamtlichen nur ums Geld ginge, dann könnten sie sich auch ein An-gestelltenverhältnis suchen“, hebt Detlef Luthe hervor. Allen Beteiligten sei vor allem die soziale Komponente wichtig. „Ich nenne das soziales Putzen“, sagt Luthe.

„Man bekommt viel wieder zurück“

Wie so etwas aussieht, davon kann Lydia Müller erzählen. Die 63-Jährige leistet seit sechs Jahren „Hilfe im Haushalt“, wie sie sagt: „Ich kaufe ein, koche Essen, putze.“ Sie habe als Frührentnerin Zeit gehabt und habe mit der Nachbarschaftshilfe die ideale Beschäftigung gefunden. Ihre Kundinnen und Kunden hat sie ins Herz geschlossen. „Man bekommt viel wieder zurück“, sagt sie und lächelt. Ihre ehrenamtliche Tätigkeit mag sie, „weil sie sinnvoll ist“. Neben drei älteren Damen und Herren, die sie regelmäßig betreut, ist sie auch einmal pro Woche bei Brigitte Wilkens im Einsatz, zu der auch Anna Maruschewski kommt. „Wenn ich da bin, trinken wir erst einmal ein Glas Buttermilch. Wir unterhalten uns, das finde ich wichtig“, sagt die 63-Jährige. Dann erst werde geklärt, was zu tun sei. 

Bei manchen Kundinnen und Kunden ist die ehrenamtliche Kraft einer der wenigen sozialen Kontakte im Leben. „Einsamkeit ist oft ein Thema“, berichtet Detlef Luthe. Die persönliche Ansprache sei daher wichtig. Manchmal blieben Reibereien oder Unstimmigkeiten zwischen den Tandems trotzdem nicht aus. Dann seien die DLZ da, um zu schlichten und zu vermitteln. Im besten Falle aber fänden sich Wahlverwandtschaften, sagt Luthe.

Lebhafte Gespräche zwischen den Generationen

Annette Pappert hat eine solche Wahlverwandtschaft gefunden. Sie unterstützt eine hochbetagte Seniorin in Gröpelingen. Angefangen hat sie bei ihr zunächst als sogenannte Organisationsassistentin. Da die 100-Jährige eine starke Sehbeeinträchtigung hat, erledigt Annette Pappert den anfallenden Schriftverkehr für sie und führt auch Telefonate in ihrem Auftrag. Als die ehrenamtliche Alltagsassistentin der Seniorin in ein anderes Stadtgebiet zog und nicht mehr zu ihr kommen konnte, übernahm Annette Pappert auch diesen Teil der Betreuung. Sie begleitet die Seniorin seither zum Optiker, zum Arzt oder zum Einkaufen in die Innenstadt. Die 63-Jährige mag die lebhaften Gespräche mit der alten Dame. „Die zwei Stunden in der Woche sind für mich eine sinnstiftende Bereicherung“, betont sie. 

Auch Anna Maruschewski mag die Gespräche mit ihrem Tandem Brigitte Wilkens. „Zwei Stunden gehen schneller vorbei, als man denkt“, sagt die 21-Jährige. Gerade hat sie im Wohnzimmer von Brigitte Wilkens ein Buch von Virginia Woolf entdeckt, das sie in der gleichen gebundenen Ausgabe besitzt. Trotz des großen Altersunterschieds finden die beiden immer wieder gemeinsame Themen. Im Sommer hilft sie der 85-Jährigen bei der Gartenarbeit. Dann mähen sie den Rasen, jäten Unkraut und ernten Kirschen. Anschließend trinken sie Tee und Kaffee. „Meistens bleibe ich noch eine halbe Stunde länger, weil wir uns verquatschen“, erzählt die junge Frau. 

Ehrenamt in der Nachbarschaftshilfe

  • In ganz Bremen gibt es 17 Dienstleistungszentren (DLZ), die Ehrenamtliche vermitteln.
  • Gesucht werden Menschen ab 18 Jahren, die anderen gerne helfen.
  • Benötigt wird ein Führungszeugnis.
  • Wünsche zur Tätigkeit und zur Einsatzzeit werden berücksichtigt.
  • Die DLZ sind Ansprechpartner für die Ehrenamtlichen.
  • Gezahlt wird eine Aufwandsentschädigung von 9,50 Euro.
  • Es besteht Versicherungsschutz.
  • Es werden regelmäßig Schulungen und andere Treffen angeboten. Mehr Informationen: www.dlz-bremen.de

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