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Gesundheitsmagazin

Herz & Kreislauf

Herzangst – unbegründete Angst vor Herzerkrankungen

Veröffentlicht am:15.12.2023

6 Minuten Lesedauer

Manche Menschen fürchten sich ohne einen konkreten Anlass vor Herzerkrankungen. Manchmal beeinträchtigt eine solche Angst dauerhaft den Alltag. In solchen Fällen kann eine Psychotherapie helfen.

Ein alter Mann sitzt nachdenklich und besorgt im Wohnzimmer seiner Wohnung.

© iStock / Dean Mitchell

Was versteht man unter Herzangst?

Herzangst – manchmal wird umgangssprachlich auch von Herzphobie oder Kardiophobie gesprochen – bezeichnet die Angst vor Herzerkrankungen. Nicht jede Herzangst ist eine psychische Störung, die behandelt werden muss.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland. Insofern ist es verständlich, dass Menschen besorgt sind, am Herzen erkrankt zu sein. Und es gibt selbstverständlich auch eine rational begründete Herzangst: Menschen, die bereits herzkrank sind oder ein ärztlich bestätigtes hohes Risiko für Herzerkrankungen haben, haben Grund, sich um ihre Herzgesundheit zu sorgen. Sie müssen trotz allem einen Weg finden, mit ihren erhöhten Risiken seelisch umzugehen – eine schwere Aufgabe. Bei ihnen können sich Herz und Psyche außerdem gegenseitig so belasten, dass eine Wechselwirkung entsteht: Führt eine Erkrankung des Herzens zu Angst, kann diese Angst eine weitere Zunahme von Herzsymptomen zur Folge haben. Manche Betroffene benötigen dann zusätzlich zur körperlich-medizinischen auch psychisch-medizinische Hilfe.

Das ist aber nicht gemeint, wenn man von Herzangst spricht. Hier geht es um Menschen, die auch ohne einen entsprechenden Befund Angst vor Herzkrankheiten haben, etwa die Angst vor einem Herzinfarkt. Diese Sorge hört auch dann nicht auf, wenn eine ärztliche Untersuchung ergibt, dass keine Herzerkrankung besteht oder zu befürchten ist. Wenn diese Ängste nur gelegentlich auftreten und nicht so schwerwiegend sind, dass sie ein normales Leben für die Betroffenen erschweren, stellen sie keine Krankheit im eigentlichen Sinne dar.

Anders verhält es sich, wenn Menschen durch die Herzangst in ihrem persönlichen, sozialen oder beruflichen Leben stark eingeschränkt sind – zum Beispiel weil sie normale Tätigkeiten oder Aktivitäten vermeiden, da sie diese als Gefahr für ihr Herz einschätzen.

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Wie äußert sich Herzangst?

Menschen mit Herzangst sind davon überzeugt, eine schwerwiegende Herzkrankheit zu haben oder bald einen Herztod zu erleiden. Ihre Aufmerksamkeit richtet sich ständig auf das Herz – sie sind in ständiger Alarmbereitschaft. Bemerken sie etwas Auffälliges, zum Beispiel Druck auf der Brust oder Unregelmäßigkeiten beim Herzschlag, kommt es zu Stress, Erregung, oder sogar zu Panikattacken. Nicht immer lässt sich eindeutig sagen, was zuerst da war: die Angst oder die Herzbeschwerden. Auch gibt es bei der Herzangst keine klaren Symptome. Vielmehr handelt es sich um eine Wechselwirkung von Angstzuständen und herzbezogenen Beschwerden wie Herzstolpern oder Herzrasen. Das heißt, Angst und herzbezogene Symptome können sich gegenseitig befeuern.

Die Betroffenen fühlen sich oft machtlos. Weder finden medizinische Fachleute einen körperlichen Befund (von dem Personen mit Herzangst überzeugt sind, dass es ihn geben muss), noch bringen die Menschen im direkten persönlichen Umfeld das nötige Verständnis auf. Die Aussage „Da ist nichts“ fällt leider zu oft. Er stimmt zum einen nicht – denn Symptome und Leiden sind ja vorhanden und bei weitem nicht „nichts“. Zum anderen folgt oft ein „Ärztehopping“ und das häufige Googeln nach möglichen Krankheiten. Das trägt zusätzlich dazu bei, dass Betroffene aus dieser Situation der permanenten Anspannung nicht herauskommen.

Wenn Herzangst das Leben einschränkt

Problematisch wird es, wenn ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten den Alltag beeinträchtigt. Manchmal grenzen Menschen mit Herzangst ihren persönlichen Aktionsradius auf Orte ein, an denen eine schnelle ärztliche Versorgung gewährleistet ist. Bestimmte Ausflüge, Urlaube und Ähnliches werden unmöglich. Oder Anstrengungen wie Treppensteigen werden vermieden, so dass manche Besuche ausgeschlossen sind. Bei schwerer Herzangst kommt es manchmal zu massiven Einschränkungen, die auch die Familie und den Freundeskreis betreffen. Dadurch besteht die Gefahr sozialer Isolation und weiterer psychischer Erkrankungen wie Sucht oder Depression.

Wie wird eine Herzangst festgestellt?

Wichtig ist, dass organische Ursachen sicher ausgeschlossen werden können. Dazu wird in einer kardiologischen oder internistischen Praxis zum Beispiel ein Ruhe- und Belastungs-EKG oder eine Ultraschalluntersuchung des Herzens (Echokardiografie) durchgeführt.

Herzangst kann diagnostiziert werden, wenn sich für die herzbezogenen Symptome keine körperliche Ursache feststellen lässt und eine typische Dynamik vorliegt. Der Kardiologe oder die Kardiologin stellt damit eine Ausschlussdiagnose: Eine organische Herzerkrankung besteht nicht – aber es besteht eine sogenannte somatoforme Erkrankung. Um Betroffenen zu helfen, sind dann keine Herzspezialisten und -spezialistinnen zuständig, sondern auf somatoforme Störungen spezialisierte Ärzte und Ärztinnen oder Psychotherapeuten und -therapeutinnen.

Können Herzbeschwerden psychisch bedingt sein?

Menschen mit starker Herzangst spüren oft deutliche herzbezogene Symptome. Sie kommen zum Beispiel mit Brustschmerzen in eine Notaufnahme oder eine andere medizinische Einrichtung, wo dann keine organische Erklärung gefunden wird.

Sind diese Beschwerden also rein psychisch bedingt? Körper und Psyche können bei der Schmerz- und Symptomwahrnehmung nicht klar voneinander getrennt werden – und das Zusammenspiel von Körper und Psyche ist sehr komplex. Dabei spielt das unwillkürliche (vegetative) Nervensystem eine wesentliche Rolle, das zum Beispiel die Herzfunktion steuert.

Als gesichert gilt, dass psychische oder soziale Belastungen an der Entstehung von Herzbeschwerden mitwirken – das gilt für organisch erklärbare Symptome ebenso wie für die somatoformen Beschwerden bei Herzangst.

Mediziner und Medizinerinnen beschreiben psychische Probleme wie Herzangst auch als hypochondrische Störung. Das bedeutet, dass anhaltende starke Krankheitsängste und Krankheitsüberzeugungen sowie fehlgeleitete oder übertriebene Deutungen körperlicher Symptome den Alltag belasten. Wenn herzbezogene Symptome nicht Auslöser, sondern Folge der Angst sind, wird dies auch als somatoforme Störung bezeichnet, zu denen die hypochondrische Störung gehört. Betroffene haben körperliche Symptome, die eine organische Erkrankung nahelegen, ohne dass eine organische Ursache besteht. Die akute Angst vor einer Herzerkrankung setzt den Körper in Alarmbereitschaft. Es kommt möglicherweise zu Atemnot, Schwindel, Zittern oder Schwitzen – und auch zu Beschwerden, die für eine Krankheit des Herzens typisch sind.

Wie lässt sich Herzangst überwinden?

Welche Strategie zur Bewältigung von Herzangst geeignet ist, hängt davon ab, ob es sich um Herzangst bei gesundem Herzen ohne jeglichen organischen Befund oder um Herzangst bei vorerkranktem Herzen handelt. Bei nicht lebensbedrohlichen Herzerkrankungen hilft es Betroffenen zunächst, wenn durch gute Behandlung ihre Symptome minimiert werden. Außerdem können Informationen darüber, was im Körper geschieht, wenn Symptome auftreten, bei ihnen Ängste abbauen.

  • Mehr Wissen über das Herz

    So wie es bei Flugangst helfen kann, sich über Unfallstatistiken und Sicherheitstechnik zu informieren, kann es bei Herzangst sinnvoll sein, sich Wissen anzueignen. Menschen mit Herzproblemen wie Vorhofflimmern können lernen, was im Herzen passiert, wenn es flimmert. Und andere Betroffene ohne Herzerkrankung können sich zum Beispiel darüber informieren, dass es normal ist, dass die Herzfrequenz beim Treppensteigen zunimmt und dass an solchen normalen körperlichen Reaktionen niemand stirbt.

  • Mehr Bewegung und Sport

    Vermeidungsverhalten mit wenig Bewegung schwächt Herz und Kreislauf. Sport und Bewegung dagegen stärken nicht nur das Herz, sondern auch das Vertrauen in den eigenen Körper.

  • Entspannungstechniken

    Atemübungen, progressive Muskelentspannung oder autogenes Training senken den allgemeinen Stresspegel und die Anfälligkeit für Angststörungen.

Ein älters Paar wandert mit Nordic-Walking-Stöcken durch eine herbstliche Landschaft.

© iStock / hobo_018

Sport und Bewegung stärken das Herz und das Vertrauen in den eigenen Körper.

Eine schwere Herzangst lässt sich mit solchen Tipps wahrscheinlich nicht lindern. Wenn sich der Teufelskreis aus Angst und Herzsymptomen so verfestigt hat, dass ein normaler Alltag unmöglich ist, kommt eine Psychotherapie in Betracht. Diese ist vor allem dann hilfreich, wenn schlimme Erlebnisse oder Erfahrungen im Zusammenhang mit Herzerkrankungen vermutet werden: zum Beispiel als Kind Zeuge eines Herzinfarkts gewesen zu sein oder einen geliebten Menschen durch eine Herzerkrankung verloren zu haben. Eine Verhaltenstherapie mit Elementen der Bewegungstherapie unterstützt Betroffene darin, auftretende Symptome einzuschätzen und zu lernen, dass ein gesundes Herz körperliche Anstrengung gut verkraftet.

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