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Psychologie

Körperdysmorphe Störung – das steckt dahinter

Veröffentlicht am:18.04.2024

5 Minuten Lesedauer

Menschen mit Dysmorphophobie beschäftigen sich übermäßig mit ihrem Aussehen und nehmen vermeintliche Mängel oder „Schönheitsfehler“ wahr, die anderen nicht auffallen. So erkennen Sie die Symptome und finden Hilfe.

Eine junge Frau betrachtet sich selbst im Spiegel und fasst sich dabei mit den Händen ins Gesicht.

© iStock / brizmaker

Was ist eine körperdysmorphe Störung?

Eine körperdysmorphe Störung (KDS), auch Dysmorphophobie genannt, ist eine psychische Erkrankung, bei der Betroffene nicht aufhören können, über einen oder mehrere vermeintliche Schönheitsfehler in ihrem Aussehen nachzudenken. Anderen Menschen fallen diese „Makel“ nicht auf. Die körperdysmorphe Störung hat nichts mit Eitelkeit oder Selbstverliebtheit zu tun. Betroffene nehmen ihr eigenes körperliches Erscheinungsbild verzerrt wahr: Sie sind davon überzeugt, dass bestimmte Eigenschaften ihres Körpers fehlerhaft oder sie selbst entstellt sind oder etwas an ihrem Aussehen nicht stimmt. Die Selbsteinschätzung weicht dabei stark vom tatsächlichen Aussehen ab.

Menschen mit Dysmorphophobie setzen sich übermäßig viel mit den vermeintlichen Makeln auseinander und grübeln oft darüber, wie diese beseitigt werden könnten. Die Krankheit kann so weit gehen, dass Betroffene sich sozial isolieren, depressiv werden und Suizidgedanken oder Suizidversuche die Folge sind.

Wer ist von Dysmorphophobie betroffen?

Bei Männern und Frauen kommt Körperdysmorphophobie ungefähr gleich häufig vor.

Die Erkrankung kann Menschen jeden Alters treffen, am weitesten verbreitet ist sie jedoch unter Teenagern und jungen Erwachsenen.

Die körperdysmorphe Störung kommt in 80 Prozent der Fälle in der Pubertät erstmals vor. Typischerweise verläuft die Krankheit chronisch. 40 Prozent der Betroffenen nehmen zu Beginn der Erkrankung eine Körperregion als fehlerhaft wahr. Im weiteren Verlauf kommen oft andere Körperregionen hinzu, wobei Betroffene sich auch weiterhin mit dem ursprünglichen „Makel“ beschäftigen.

Dysmorphophobie: Welche Ursachen hat die Körperwahrnehmungsstörung?

Ihre Ursprünge hat die körperdysmorphe Störung wahrscheinlich in der Kindheit: Menschen mit einer Vorgeschichte von Missbrauch, Vernachlässigung oder Mobbing haben ein größeres Risiko, die Störung zu entwickeln, genauso wie Personen, die häufig zurückgewiesen oder kritisiert wurden. Eine besonders behütete Kindheit kann ebenso das Auftreten einer KDS begünstigen, wenn Betroffene nie gelernt haben, Konflikte auszutragen oder zu lösen.

Diese weiteren Ursachen kann eine Dysmorphophobie haben:

  • Genetische Veranlagung: Personen, bei denen eine Verwandte oder ein Verwandter ersten Grades von KDS betroffen ist, haben eine drei- bis achtmal höhere Wahrscheinlichkeit, ebenfalls zu erkranken.
  • Unterschiede in Struktur, Chemie und Aktivität des Gehirns: Bei Menschen mit KDS sind bestimmte Gehirnareale häufig anders aktiv oder funktionierend, wodurch es ihnen schwerfällt, Gedanken und Handlungen über ihr Aussehen zu kontrollieren.
  • große Unterschiede zwischen dem idealen und realen Körperbild

Fachleute gehen davon aus, dass die sozialen Medien zur Entwicklung einer körperdysmorphen Störung beitragen. Tatsächlich ist die Erkrankung bereits seit etwa 100 Jahren bekannt – damals noch unter dem Begriff „Entstellungsangst“. Trotzdem können die in den Medien vermittelten Schönheitsideale und ein mit ihnen einhergehender Vergleich die Erkrankung begünstigen oder verstärken. Das in den sozialen Medien gezeigte Ideal macht vor allem Frauen anfällig für Körperbildprobleme, zu denen auch die körperdysmorphe Störung gehört. Studien ergaben, dass sich bereits bei Facebook ein Zusammenhang zwischen dem Anschauen von Fotos schlanker Frauen und einer erhöhten Unzufriedenheit mit dem eigenen Körperbild zeigte. Inzwischen sind vor allem junge Menschen weitaus häufiger mit vermeintlichen Idealen konfrontiert, als dies vor dem medialen Zeitalter der Fall war. Immer mehr Menschen nutzen Plattformen wie Instagram, deren Fokus bildorientiert ist. Diese Plattformen üben dadurch auch vermehrt Einfluss aus.

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Die Symptome einer körperdysmorphen Störung

Die vermeintlichen Makel, die Erkrankte an sich bemerken, sind objektiv von außen nicht erkennbar oder weichen nur leicht von der Norm ab. Bei den Erkrankten führen sie jedoch zu einem erheblichen Leidensdruck. Diese Verhaltensweisen und Anzeichen können darauf hindeuten, dass Sie von einer körperdysmorphen Störung betroffen sind:

  • Sie verbringen mehrere Stunden am Tag damit, über mindestens eines Ihrer Körperteile nachzudenken. Sie sind davon überzeugt, dass dieses Körperteil fehlerhaft ist – unabhängig davon, wie oft Ihnen andere Menschen das Gegenteil versichern.
  • Sie fühlen sich gezwungen, Ihr Aussehen ständig zu überprüfen – mithilfe eines Spiegels, im Schaufenster oder durch die Bestätigung von Mitmenschen. Oder aber das Gegenteil: Sie vermeiden es aktiv, Ihr Spiegelbild zu betrachten oder fotografiert zu werden, da Sie Ihren eigenen Anblick vermeiden möchten.
  • Sie verändern häufig Ihr Aussehen, etwa durch wechselnde Frisuren oder Kleidungsstile.
  • Sie machen oft Selfies, um Ihr Aussehen zu überprüfen, oder nutzen Apps und Filter, um vermeintliche Schönheitsfehler abzuschwächen.
  • Sie fühlen sich unwohl oder ängstlich, wenn Sie glauben, dass andere Menschen Sie anstarren, Sie beurteilen oder sich über Sie lustig machen. Das kann bis hin zu Panikattacken führen, wenn Sie bestimmte Körperstellen an sich selbst betrachten.
  • Sie fühlen Scham oder Ekel gegenüber Ihrem Körper, vor allem gegenüber den Körperteilen, die Sie als nicht schön empfinden.
  • Wenn Sie sich selbst oder Teile Ihres Körpers beschreiben, nutzen Sie Wörter wie „hässlich“, „verformt“, „abnormal“, „defekt“ oder „unattraktiv“.
  • Sie vermeiden Situationen, in denen anderen Menschen Ihre „Makel“ auffallen könnten. Das kann Auswirkungen auf Arbeits- oder Schulalltag haben oder Sie von sozialen Veranstaltungen abhalten.
  • Sie versuchen immer wieder, die Fehler an Ihrem Körper zu verstecken oder zu beseitigen.

Komorbiditäten und mögliche Folgen bei KDS

Eine Körperwahrnehmungsstörung bringt in der Regel starke Schamgefühle mit sich, weshalb Betroffene Symptome oft verschweigen. Außenstehende unterschätzen häufig, wie schwerwiegend die Belastungen sind. Hinzu kommen ein niedriges Selbstwertgefühl sowie depressive Verstimmungen und Störungen. Diese weiteren Störungen und Beeinträchtigungen treten vermehrt in Zusammenhang mit KDS auf:

Bei Dysmorphophobie führen die Obsession mit dem eigenen Aussehen sowie der Unterschied zwischen eigener Wahrnehmung und tatsächlicher Erscheinung zu einem hohen Leidensdruck bei den Betroffenen. Viele von ihnen sind der Meinung, dass kosmetische Eingriffe und Schönheitsoperationen notwendig sind, um mit dem eigenen Aussehen glücklicher zu werden – allerdings ist dies in der Regel nicht der Fall. Im Gegenteil: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass operative Veränderungen weitere Symptome hervorrufen oder bestehende verstärken.

Eine Gruppe junger Menschen sitzt in einem Stuhlkreis bei einer Gruppentherapie.

© iStock / Paperkites

Die Gespräche in einer Selbsthilfegruppe helfen vielen Betroffenen, ein gesundes Selbstbild zu entwickeln.

Körperdysmorphe Störung – was tun?

Dysmorphophobie ist behandelbar. Suchen Sie ärztlichen Rat, wenn Sie befürchten, dass Sie selbst oder Ihnen nahestehende Personen betroffen sind. Abhängig von der Ausprägung der Erkrankungen können unterschiedliche Therapien helfen. Vor allem die kognitive Verhaltenstherapie hat sich bisher nach einer Diagnose als besonders wirksam erwiesen. Für manche Menschen ist es auch förderlich, sich an eine Selbsthilfegruppe zu wenden oder ihr beizutreten. Dort gibt es Informationen, Ratschläge und praktische Tipps zur Bewältigung der Körperdysmorphen Störung. Außerdem können Sie durch den Austausch mit anderen ein Gefühl dafür bekommen, wie Sie wahrgenommen werden, und lernen, sich selbst zu akzeptieren. In schweren Fällen kann eine medikamentöse Behandlung oder eine Kombination aus mehreren Ansätzen zum Einsatz kommen.

Wichtig ist, einen individuellen Weg für sich zu finden, den eigenen Körper zu akzeptieren und sich wohl zu fühlen.

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