Reform

Hospiz- und Palliativgesetz (HPG)

In Kraft getreten: 08.12.2015 5 Min. Lesedauer

Das Hospiz- und Palliativgesetz (HPG) sieht vor, dass schwer kranke Menschen in Deutschland künftig intensiver versorgt und in der letzten Lebensphase individueller betreut werden. Die Neuregelungen in der Kranken- und Pflegeversicherung zielen insbesondere darauf ab, Medizin, Pflege und Hospizarbeit stärker als bisher miteinander zu vernetzen und die Finanzierung stationärer Hospize zu verbessern.

Auswirkungen auf Versicherte

  • Alle gesetzlich Versicherten erhalten das Recht auf eine palliative Versorgung am Lebensende. Die Leistung wird erstmals als fester Bestandteil der Krankenversorgung ins SGB V aufgenommen.
  • Künftig umfasst häusliche Krankenpflege auch eine palliative Versorgung (bislang bestand nur Anspruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung). Bei dieser Leistung gibt es keine Beschränkung der Verordnungsfähigkeit auf vier Wochen (wie bei der häuslichen Krankenpflege).
  • Kassen werden verpflichtet, ihren Versicherten allgemeines Informationsmaterial zur persönlichen Vorsorge für die letzte Lebensphase zur Verfügung zu stellen ? insbesondere zu Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung. Versicherte haben zusätzlich Anspruch auf eine individuelle Beratung ihrer Krankenkasse zur Hospiz- und Palliativversorgung. Sie bekommen von ihrer Kasse eine Übersicht der jeweiligen regionalen Palliativanbieter mit den entsprechenden Ansprechpartnern und auf Wunsch auch Hilfe bei Kontaktaufnahme und Leistungsinanspruchnahme.

Auswirkungen auf Ärzte/ambulante Pflege

  • Palliative Versorgung am Lebensende wird erstmals als fester Bestandteil der Krankenversorgung ins SGB V aufgenommen.
  • Ambulante palliative Versorgung kann nun auch im Rahmen der häuslichen Krankenpflege stattfinden (bislang bestand nur Anspruch auf eine Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung). Ärzte müssen sich bei der Verordnung dieser Leistung nicht auf vier Wochen beschränken (wie bei der häuslichen Krankenpflege).
  • Die Ausgaben der Kassen zur Förderung ambulanter Hospizdienste werden von elf auf 13 Prozent der monatlichen Bezugsgröße (Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung) angehoben. Künftig berücksichtigen die Krankenkassen neben den Personalkosten auch die Sachkosten (etwa die Fahrtkosten der Ehrenamtlichen) sowie den besonderen Aufwand für das hospizliche Erstgespräch.
  • In den Rahmenvereinbarungen zur ambulanten Palliativversorgung werden bundesweit geltende Standards zu Qualität und Umfang der zuschussfähigen Leistungen konkretisiert. Zudem wird hier festgelegt, dass ein bedarfsgerechtes Verhältnis von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern sichergestellt werden muss.
  • Stationäre Pflegeeinrichtungen werden verpflichtet, Kooperationsverträge mit niedergelassenen Haus- und Fachärzten abzuschließen (bisher: Kann-Regelung), um die medizinische Versorgung der Bewohner zu verbessern. Zudem müssen die Pflegeeinrichtungen künftig auch mit ambulanten Hospizdiensten kooperieren.
  • Für vertragsärztliche Kooperations- und Koordinationsleistungen bei der hospizlichen Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen (die vor allem von Praxisnetzwerken erbracht werden) soll die Selbstverwaltung bis zum 1. April 2016 Regelungen für entsprechende Vergütungspositionen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) treffen. Im Bundesmantelvertrag werden Ziele und Inhalte, Anforderungen an die Qualifikation der Ärzte sowie an Koordinations- und Kooperationsleistungen festgelegt. Der Bewertungsausschuss wird verpflichtet, bis Ende 2017 die Auswirkungen dieser Leistungen auf das vertragsärztliche Versorgungsgeschehen und die zusätzlichen Kosten für die Krankenkassen zu evaluieren.
  • Möchte eine vollstationäre Pflegeeinrichtung ihren Bewohnern eine Versorgungsplanung anbieten, muss der behandelnde Vertragsarzt am Beratungsprozess beteiligt werden. Bei dieser neuen Leistung erhalten Pflegeheimbewohner eine Beratung über die medizinisch-pflegerische Versorgung und Betreuung in der letzten Lebensphase. Ihnen sollen dabei geeignete Maßnahmen der palliativmedizinischen, palliativ-pflegerischen und psychosozialen Sterbebegleitung aufgezeigt werden. Die Kosten für das Beratungsangebot tragen die Krankenkassen.
  • Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) wird neu in die vertragsärztliche Versorgung mit aufgenommen.
  • SAPV kann künftig auch gemeinsam mit der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung in Selektivverträgen geregelt werden. In diesen Verträgen gelten dann die Qualitätsanforderungen der SAPV.
  • Können sich ein Leistungserbringer der SAPV und eine Krankenkasse bei Vertragsverhandlungen nicht auf eine gemeinsame Rahmenvereinbarung einigen, legt eine unabhängige Schiedsperson die Inhalte des Vertrages fest. Können sich die Vertragspartner nicht auf eine gemeinsame Schiedsperson einigen, ist es Aufgabe der für die vertragsschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde, die Schiedsperson zu bestimmen.

Auswirkungen auf Krankenhäuser/stationäre Pflege

  • Krankenkassen tragen künftig bei stationären Kinder- und Erwachsenen-Hospizen 95 Prozent der zuschussfähigen Kosten (bisher: Erwachsene 90 Prozent, Kinderhospize 95 Prozent). Der kalendertägliche Mindestzuschuss der Krankenkassen für Hospize erhöht sich von sieben auf neun Prozent der monatlichen Bezugsgröße (Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung).
  • Kinder- und Erwachsenenhospize erhalten künftig jeweils eigene Rahmenvereinbarungen mit dem GKV-Spitzenverband (bisher war dies eine Kann-Regelung).
  • In den Rahmenverträgen wird künftig der besondere Verwaltungsaufwand in stationären Hospizen besser berücksichtigt. Zudem soll hier konkreter als bisher geregelt werden, in welchen Fällen Bewohner einer stationären Pflegeeinrichtung in ein stationäres Hospiz wechseln können (bisher: Einzelfallprüfung in Ausnahmefällen).
  • Stationäre Pflegeeinrichtungen werden verpflichtet, mit ambulanten Hospizdiensten zusammenzuarbeiten und Kooperationsverträge mit niedergelassenen Haus- und Fachärzten abzuschließen (bisher: Kann-Regelung), um die medizinische Versorgung der Bewohner zu verbessern.
  • Vollstationäre Pflegeeinrichtungen können ihren Bewohnern eine Versorgungsplanung anbieten, bei der sie diese über die medizinisch-pflegerische Versorgung und Betreuung in der letzten Lebensphase beraten. Ihnen sollen dabei geeignete Maßnahmen der palliativmedizinischen, palliativ-pflegerischen und psychosozialen Sterbebegleitung aufgezeigt werden. Der behandelnde Vertragsarzt muss am Beratungsprozess beteiligt werden. Die Kosten für das Beratungsangebot tragen die Krankenkassen.
  • Auch Krankenhäuser können jetzt einen kassengeförderten ambulante Hospizdienst mit der Sterbebegleitung von Klinikpatienten beauftragen (bisher: Förderung der ambulanten Dienste nur für Sterbebegleitung im häuslichen Umfeld oder in Pflegeeinrichtungen).
  • Krankenhäuser können für hauseigene Palliativstationen krankenhausindividuelle Entgelte mit den Kostenträgern vereinbaren. Kliniken, in denen keine Palliativstationen zur Verfügung stehen, können ab 2017 zunächst krankenhausindividuelle Zusatzentgelte für multiprofessionelle Palliativdienste vereinbaren. Ab 2019 sollen dann bundesweit einheitliche Zusatzentgelte hierfür gelten.

Auswirkungen auf Krankenkassen

  • Krankenkassen tragen künftig bei stationären Kinder- und Erwachsenen-Hospizen 95 Prozent der zuschussfähigen Kosten (bisher: Erwachsene 90 Prozent, Kinderhospize 95 Prozent). Der kalendertägliche Mindestzuschuss der Krankenkassen für Hospize erhöht sich von sieben auf neun Prozent der monatlichen Bezugsgröße (Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung).
  • Die Ausgaben der Kassen zur Förderung ambulanter Hospizdienste werden von elf auf 13 Prozent der monatlichen Bezugsgröße (Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung) angehoben. Künftig berücksichtigen die Krankenkassen neben den Personalkosten auch die Sachkosten (etwa die Fahrtkosten der Ehrenamtlichen) sowie den besonderen Aufwand für das hospizliche Erstgespräch.
  • Krankenkassen müssen in den Rahmenverträgen mit stationären Hospizen künftig deren besonderen Verwaltungsaufwand besser berücksichtigen. Zudem soll hier konkreter als bisher geregelt werden, in welchen Fällen Bewohner einer stationären Pflegeeinrichtung in ein stationäres Hospiz wechseln können (bisher. Einzelfallprüfung in Ausnahmefällen).
  • Der GKV-Spitzenverband muss für Kinder- und Erwachsenenhospize jeweils eigene Rahmenvereinbarungen abschließen (bisher: Kann-Regelung).
  • Zukünftig übernehmen die Kassen die Förderung eines ambulanten Hospizdienstes auch dann, wenn dieser von einem Krankenhaus mit der Sterbebegleitung von Patienten beauftragt wurde (bisher: Förderung der ambulanten Dienste war nur für Sterbebegleitung im häuslichen Umfeld oder in Pflegeeinrichtungen möglich).
  • Krankenkassen müssen ihre Versicherten zu den Leistungen der Hospiz- und Palliativversorgung individuell beraten. Sie müssen dazu eine Übersicht der regionalen palliativen Versorgungsstrukturen mit jeweiligen Ansprechpartnern anbieten und den Versicherten bei Kontaktaufnahme und Leistungsinanspruchnahme behilflich sein. Zusätzlich müssen sie ihnen allgemeine Infomaterialien für die letzte Lebensphase, insbesondere zu Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung anbieten.
  • Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) wird neu in die vertragsärztliche Versorgung mit aufgenommen. Der GKV-Spitzenverband wird verpflichtet, dem Gesundheitsministerium erstmals bis zum 31. Dezember 2017 und danach alle drei Jahre über die Entwicklung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung zu berichten.
  • Können sich eine Krankenkasse und ein Leistungserbringer der SAPV bei Vertragsverhandlungen nicht auf eine gemeinsame Rahmenvereinbarung einigen, legt eine unabhängige Schiedsperson die Vertragsinhalte fest. Bei fehlender Einigung auf eine gemeinsame Schiedsperson ist es Aufgabe der für die vertragsschließende Krankenkasse zuständigen Aufsichtsbehörde, die Schiedsperson zu bestimmen.
  • Der GKV-Spitzenverband berichtet dem Bundesministerium für Gesundheit erstmals bis zum 31. Dezember 2017 und danach alle drei Jahre über die Entwicklung der in stationären Pflegeeinrichtungen neu eingeführten Leistung einer gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase.

Beitragssatz

14,6 % (+ evtl. Zusatzbeitrag Seit 2009 erhalten die gesetzlichen Krankenkassen zur Deckung ihrer Ausgaben Zuweisungen aus dem… )