Erdnussallergie bei Kindern: Schon kleinste Mengen können Schock auslösen

Nicht für jeden Menschen ist der Verzehr von Erdnussbutter oder -flips ein Genuss. „Erdnüsse zählen zu den häufigsten Auslösern einer Lebensmittelallergie, die schon im Kleinkindalter auftreten kann“, sagt Dr. Eike Eymers, Ärztin im AOK-Bundesverband. „Wer auf Erdnüsse allergisch reagiert, spürt meist innerhalb kurzer Zeit ein Jucken oder Brennen im Mundbereich.“

Foto: Ein Kind öffnet einige Erdnussschalen.

Häufigkeit

Erdnüsse gehören zur Familie der Hülsenfrüchte und stammen ursprünglich aus Südamerika. Allergien gegen die Frucht des Arachis-hypogaea-Strauches haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Nach Angaben der Europäischen Stiftung für Allergieforschung (ECARF) leiden in industrialisierten Ländern etwa ein bis zwei Prozent der Kinder an einer Erdnussallergie.

Symptome einer Lebensmittelallergie

Bei einer Lebensmittelallergie reagiert der Körper auf normalerweise ungefährliche Stoffe mit einer überschießenden Abwehrreaktion. Auslöser ist nicht das komplette Nahrungsmittel, sondern nur ein kleiner Teil, meist ein Eiweißbestandteil. Während Allergien gegen andere Nahrungsmittel häufig mit der Zeit abnehmen, bleibt eine Erdnussallergie oft lebenslang bestehen.

Die Symptome sind sehr unterschiedlich. Manche Kinder vertragen Erdnüsse trotz eines positiven Allergietests problemlos. Andere reagieren auf den Verzehr mit einem Jucken und Brennen an Lippe, Zunge und Mundschleimhaut. Anzeichen können auch Hautreizungen wie Nesselausschlag oder ein Neurodermitis-Schub sein. Seltener sind Durchfall, Übelkeit und Erbrechen. Bei einer kleinen Gruppe der Kinder mit Erdnussallergie treten schwere Symptome auf wie Atemnot, Blutdruckabfall bis hin zum Kreislaufschock (anaphylaktischer Schock). Schon kleinste Mengen einer Erdnuss können ausreichen, um lebensbedrohliche Symptome hervorzurufen. Etwa die Hälfte der Kinder, die an einer Lebensmittelallergie leiden, entwickelt im Laufe des Lebens ein allergisches Asthma oder einen allergischen Schnupfen.

Allergieverdacht ärztlich abklären lassen

„Beim Verdacht auf eine Lebensmittelallergie sollten Eltern mit ihrem Kind eine Kinderärztin oder einen Kinderarzt aufsuchen – möglichst eine Praxis, die auf Allergien spezialisiert ist. Diese kann eine Erdnussallergie mithilfe verschiedener Haut- und Blutuntersuchungen sowie diätischer Verfahren feststellen“, rät Medizinerin Eymers. So verzichten Betroffene während einer sogenannten Eliminationsdiät für einen bestimmten Zeitraum auf den Verzehr von Erdnussprodukten. Verbessern sich dadurch die Symptome, entscheidet der Arzt oder die Ärztin, ob noch ein Provokationstest notwendig ist, bei dem Patientinnen und Patienten erneut eine geringe Menge an erdnusshaltigen Lebensmitteln essen. Verschlechtern sich daraufhin die Symptome, deutet das auf eine Erdnussallergie hin. Ein Provokationstest wird ärztlich überwacht, um bei starken Sofortreaktionen eingreifen zu können.

O-Töne von Dr. Eike Eymers, Ärztin im AOK-Bundesverband

Zutatenlisten lesen und erdnusshaltige Nahrung meiden

Steht die Diagnose Erdnussallergie fest, sollten Betroffene erdnusshaltige Nahrungsmittel konsequent meiden. Hasel- und Walnüsse sowie andere Nusssorten können sie jedoch weiterhin essen. Beim Einkauf ist es daher wichtig, immer die Zutatenlisten zu lesen. Der EU-Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) zufolge müssen nämlich die 14 häufigsten Auslöser von Allergien und Unverträglichkeiten stets angegeben sein. Es sind die 14 Lebensmittel, die in Europa etwa 90 Prozent aller Lebensmittelallergien und -unverträglichkeiten auslösen. Erdnusshaltige Lebensmittel gehören dazu. Diese Pflicht zur Allergenkennzeichnung gilt für verpackte Lebensmittel ebenso wie für lose Ware, etwa an der Bedienungstheke oder im Restaurant. Dort müssen dann die Allergeninformationen leicht zugänglich sein, etwa durch Aushang im Laden, als Hinweis auf einer Speisekarte oder auf Nachfrage.

Meiden sollten Betroffene auch Produkte mit dem freiwilligen Hinweis „Kann Spuren von Erdnuss enthalten“. So können geringe Mengen von Erdnüsse durch gemeinsam genutzte Produktionsanlagen in Lebensmittel gelangen, die eigentlich erdnussfrei hergestellt sind. Dieses Risiko besteht beispielsweise bei Schokolade, Gebäck, Müsli, Müsliriegeln sowie Trockenfrüchten.

Bei Schockreaktion Notruf wählen

Trotz aller Vorsicht kann es passieren, dass Kinder und Jugendliche versehentlich Erdnussbestandteile zu sich nehmen. Kommt es dadurch zu einer Schockreaktion, muss sofort die Notrufnummer 112 gewählt werden. Sinnvoll ist es, dass Kinder und Jugendliche, die bereits einen allergischen Schock hatten, eine Notfall-Apotheke mit einem Adrenalin-Notfallpen sowie einen Notfallausweis bei sich tragen. Eltern sollten Erzieherinnen, Erzieher sowie Lehrkräfte darüber informieren.

Allergie vorbeugen

Um einer Lebensmittelallergie vorzubeugen, empfiehlt sich, dass Mütter ihre Kinder möglichst vier bis sechs Monate stillen. Eine spezielle Diät in der Schwangerschaft und Stillzeit ist meist nicht sinnvoll. Ab Beginn des fünften Lebensmonats können Eltern mit der Beikost beginnen. Potenzielle Allergieauslöser wie Hühnerei, Fisch oder glutenhaltige Getreide (zum Beispiel Weizen, Roggen und Dinkel) können sie schrittweise einführen – Ei beispielsweise gekocht oder gebacken und nicht als Rührei. Bei kleineren Kindern ist wiederholter Durchfall oder Erbrechen ein Zeichen für eine mögliche Allergie. Da hilft ein Auslassversuch, um der Sache auf den Grund zu gehen. Ganze Nüsse sollten Eltern ihren Kindern nicht geben, da das Risiko besteht, dass sie diese verschlucken.

Eine spezifische Immuntherapie (Hypersensibilisierung) gibt es für zahlreiche Allergien, zum Beispiel für Menschen mit Heuschnupfen, Hausstaub-, Insektengift- oder Tierallergie. Für Betroffene mit einer Nahrungsmittelallergie wird sie bisher nicht angeboten. Die dazu nötigen Wirkstoffe sind in Deutschland derzeit nicht zugelassen.

Frühzeitig mit Allergieauslösern konfrontieren

In Studien wird der Frage nachgegangen, ob man allergiegefährdete Kleinkinder mit potenziellen Allergieauslösern konfrontieren sollte. So zeigte beispielsweise die britische LEAP-Studie (LEAP: „Learning early about Peanut Allergie“), dass allergiegefährdete Kinder, die regelmäßig Erdnussprodukte zu sich nehmen, deutlich seltener eine Erdnussallergie entwickeln als Kinder, die solche Produkte nicht essen.