Pressemitteilung

Lieferengpässe bei Arzneimitteln

23.03.2023 AOK PLUS

Bundesweite Kontrollinstanz

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist eine selbständige… (BfArM) bietet eine Übersicht zu aktuellen Lieferengpässen für Humanarzneimittel (ohne Impfstoffe) in Deutschland an. Die dort aufgeführten versorgungsrelevanten Arzneimittel Nach der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Arzneimittel insbesondere Stoffe und… werden durch die Pharmazeutischen Unternehmer gemeldet. Das Bundesinstitut prüft anschließend und bewertet, ob Alternativpräparate für die Therapie zur Verfügung stehen und sich diese Arzneimittel zurzeit auf dem Markt befinden. Ein Lieferengpass muss nicht zwingend ein Versorgungsengpass sein, wenn alternative Arzneimittel für die Versorgung der Patientinnen und Patienten vorrätig sind.

Ursachen für Lieferengpässe

Von insgesamt knapp 50.000 verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die auf dem deutschen Markt angeboten und verordnet werden, waren zum 1. Dezember 2022 289 Arzneimittel von einem Lieferengpass betroffen. Das entspricht 0,6 Prozent dieser Arzneien. Die Ursachen dafür sind global und vielschichtig. Sie reichen von produktions- bzw. qualitätsbedingten Ursachen wie dem Ausfall von Maschinen oder ganzer Fabriken oder auch, dass Rohstoffe knapp sind oder nicht den Qualitätsanforderungen entsprechen.

Es gibt Firmen, die sich auf die Herstellung der Wirkstoffe konzentrieren. Andere Firmen konzentrieren sich auf die Herstellung und Vermarktung des fertigen Arzneimittels. Das führt zu Abhängigkeiten und birgt eine hohe Gefahr von Störungen. Die Just-in-time-Logistik ist zudem billiger als Lagerhaltung, aber auch diese Strategie ist besonders störanfällig. Pharmazeutische Unternehmen sind global agierende Firmen und beliefern bevorzugt lukrative Märkte. Auch Zwischenhändler und Großhändler spielen eine Rolle. Diese kaufen Arzneimittel in günstigen Märkten auf und verkaufen diese in Länder, in denen ein höherer Arzneimittelpreis gilt.

Eine weitere Ursache für Lieferengpässe kann ein gestiegener Bedarf sein. Dazu kommt es beispielsweise bei Grippewellen oder durch Ereignisse wie die Corona-Pandemie oder die Erkältungswelle in diesem Winter.

Lieferengpass am Beispiel Fiebersaft

Bei der Problematik der Fiebersäfte hat sich deutlich gezeigt, welche Auswirkungen durch saisonale Mehrbedarfe entstehen. Gab es während der Corona-Pandemie einen Rückgang an Atemwegs- und Erkältungskrankheiten, so zog die Zahl der Infekte im Winter 2022/2023 deutlich an. Dies zeigt sich sehr genau in der Abgabemenge der Packungen von Kinderfiebersäften auf Rezept in der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… PLUS. Dabei verdoppelte sich zwischen Dezember 2019 und Dezember 2022 die Anzahl der abgegebenen Packungen, der Preis pro Packung stieg von 3,44 Euro auf 4,25 Euro.

Die Bedeutung der Rabattverträge

Vor dem Hintergrund einer schwierigen Finanzlage wurde vor fast 20 Jahren durch das Beitragssatzsicherungsgesetz die Möglichkeit für Arzneimittelrabattverträge zwischen Krankenkassen Die 97 Krankenkassen (Stand: 26.01.22) in der gesetzlichen Krankenversicherung verteilen sich auf… und Arzneimittelherstellern geschaffen. Nach der Anpassung der rechtlichen Vorgaben durch das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz und das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz 2007 sind sie ein wichtiger Bestandteil der Arzneimittelversorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Ebenso lange werden insbesondere von Seiten der Hersteller immer wieder Vorwürfe erhoben, dass die deutschen Rabattverträge Seit Inkrafttreten des Beitragssatzsicherungsgesetzes 2003 und erweitert durch das… die Arzneimittelversorgung in Deutschland gefährden würden.

Insbesondere die Pharmaindustrie versucht die Rabattverträge zu diskreditieren. Fakt ist jedoch, dass Rabattverträge nichts mit der Höhe der Lieferausfälle zu tun haben. Die meisten der aufgetretenen Lieferausfälle betreffen viele Staaten weltweit und insbesondere die Bereiche ohne Rabattverträge, beispielsweise Fiebersäfte oder bestimmte Antibiotika.

Rabattverträge bieten Vorteile:

  • sie sichern durch Lieferverpflichtungen und mögliche Vertragsstrafen die Lieferfähigkeit
  • sie öffnen kleinen Unternehmen den Marktzugang
  • sie führen zu einer Diversifizierung, also einer Ausweitung der Hersteller
  • 2021 hat die gesamte GKV dadurch insgesamt 5,1 Milliarden Euro eingespart – Beitragsgelder, die für andere Versorgungsleistungen eingesetzt werden konnten

Situation Arzneimittelproduktion in Europa / Deutschland

Die Rabattverträge der gesetzlichen Krankenkassen stärken die Arzneimittelliefersicherheit, indem sie für Planungssicherheit bei den Herstellern sorgen und die Bevorratung mit Arzneimitteln als Voraussetzung für den Abschluss eines Vertrages machen. Dass Rabattverträge zu einer Produktionsverlagerung außerhalb Europas führen, trifft nicht zu. In einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der Fraktion DIE LINKE vom 19.10.20221 wird deutlich, dass sich die Anzahl der hergestellten Arzneimittel und deren Hersteller in der EU und Deutschland im Zeitraum 2019 – 2022 deutlich erhöht hat.

  • 2019: EU Arzneimittel 36.735 – Hersteller 49.979 / Deutschland 23.635
  • 2021: EU Arzneimittel 40.153 – Hersteller 55.303 / Deutschland 24.917
  • 2022: EU Arzneimittel 41.329 – Hersteller 56.995 / Deutschland 25.313

Da für die Produktion von einem Arzneimittel mehrere Hersteller erfasst sind, übersteigt die Anzahl der Hersteller die der Arzneimittel.

1 https://dserver.bundestag.de/btd/20/041/2004141.pdf

Positionspapier der AOK-Gemeinschaft

Die AOK-Gemeinschaft setzt sich seit langem für eine größtmögliche Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln ein und wird diese im Interesse ihrer Versicherten auch mit Blick auf die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie weiter stärken. Deshalb hat die AOK-Gemeinschaft im Rahmen der Vertragsgestaltung bei Rabattverträgen Anpassungen vorgenommen und fordert weitere gesetzliche Maßnahmen:

  1. Frühwarnsystem mit verpflichtenden Meldungen über die gesamte Lieferkette
  2. Ausbau der Lagerhaltung bei Großhandel und pharmazeutischen Unternehmen
  3. Stärkung der Qualitätskontrollen und Produktionstransparenz
  4. Faire und nachhaltige Produktionsbedingungen für mehr Versorgungssicherheit
  5. Überprüfung der Export- und Importregelungen
  6. Mehr europäische Kooperation und Koordination

Positionspapier des AOK Bundesverbandes