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Gesundheitsmagazin

Gesund im Job

Alltag einer Hausärztin: Lücken in der ländlichen Gesundheitsversorgung

Veröffentlicht am:25.03.2022

4 Minuten Lesedauer

Lange Wartezeiten, weite Wege: Bei der medizinischen Versorgung auf dem Land gibt es vielerorts Probleme. Die AOK steuert mit der Initiative „Stadt.Land.Gesund.“ dagegen an. Wie konkret, zeigt ein Besuch bei Hausärztin Dr. Susanne Bublitz.

Gesundheitsversorgung auf dem Land

© iStock / AJ_Watt

Innovationsbedarf: Bis zu 300 Patienten am Tag bei einem Hausarzt

Es ist 7.30 Uhr. Dr. Susanne Bublitz sitzt in ihrer Gemeinschaftspraxis im beschaulichen Örtchen Pfedelbach und bereitet sich auf einen langen Tag vor. Obwohl die Sprechstunde erst um 9 Uhr beginnt, ist Dr. Bublitz meistens schon früher in der Praxis.

Heute rechnet die Hausärztin mit 50 bis 60 Patienten. Allerdings hängt der Andrang immer von Jahreszeit und Wochentag ab. „Im Januar, bei Grippewellen, kann es schon mal sein, dass an die 300 Patienten am Tag in die Praxis kommen“, verrät die 43 Jahre alte Mutter von drei Kindern.

Seit 2010 leitet sie die Arztpraxis in der Gemeinde Pfedelbach, ein Jahr später folgte die Umwandlung in eine Gemeinschaftspraxis mit Kollegin Dr. Petra Sandig. Ein wichtiger Schritt, denn auch Susanne Bublitz hat gemerkt, dass die Gesundheitsversorgung auf dem Land immer mehr zu einer Herausforderung wird.

Junge Menschen ziehen in die Städte, ältere pflegebedürftige Menschen bleiben zurück. Vor allem aber ist der Mangel an jungen Ärzten auf dem Land zu einem Problem geworden. Genau hier setzt die Initiative „Stadt.Land.Gesund.“ der AOK an. Innovative Angebote in ganz Deutschland tragen dazu bei, dass notwendige medizinische Angebote vor Ort erhalten bleiben.

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Unterstützung durch Versorgungsassistenten „VERAH“

Landärztin Bublitz profitiert von Versorgungsassistenten in der Hausarztpraxis, kurz VERAH genannt. Diese VERAHs sind erfahrene Medizinische Fachangestellte mit entsprechender Weiterbildung. Ihre Mitarbeit ermöglicht die Optimierung des Organisations- und Qualitätsmanagements in der Praxis sowie eine Entlastung der Ärzte.

Drei VERAHs sind in der Praxis von Dr. Bublitz angestellt. Sie übernehmen verschiedene Aufgaben:

  • Praxismanagement und Wundmanagement (mit eigener Sprechstunde)
  • Hausbesuche und Betreuung per Telefon
  • Verwaltung, Abrechnungen, Wartung der medizinischen Geräte

Alle „VERAHs“ sind medizinische Fachangestellte. Sie haben sich in speziellen Maßnahmen weitergebildet und das erforderliche Wissen angeeignet. Am Ende bleibt es aber dem Hausarzt überlassen, welche Aufgaben wie verteilt werden. Dr. Susanne Bublitz ist jedenfalls glücklich über die Unterstützung: „Ich bin ein großer Fan von diesem ‚VERAH’-Konzept. Ich glaube, dass das die Qualität der Versorgung erheblich verbessern wird.“

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Videosprechstunde ist für Dr. Bublitz keine Lösung

Schon kurz nach der Übernahme der Praxis im Jahr 2010 entschied sich die Landärztin, ihre Arbeitsweise zu ändern. Auch weniger Hausbesuche sollte es geben. „Früher haben wir viele Patienten gehabt, die wir besucht haben“, erzählt Bublitz. „Das geht heute einfach nicht mehr.“ Sie bittet die Patienten, in die Praxis zu kommen, sofern sie dazu in der Lage sind. „Wenn wir eine Patientin haben, die regelmäßig an der Praxis vorbeiläuft, zum Bäcker, Friseur oder Metzger, dann kann sie auch einfach zu uns reinkommen“, erklärt sie.

Gesundheitsversorgung durch Arztbesuche

© iStock / Dimensions

Videosprechstunden sind für Dr. Bublitz keine idealen Lösungen, für Hausbesuche fehlt oft die Zeit. Aus diesen Gründen und wegen des Mangels an Arztpraxen in der Umgebung herrscht oft großer Andrang.

Je nach Patientenaufkommen muss trotzdem noch der ein oder andere Haubesuch abgesagt werden. Die viel diskutierte Videosprechstunde als Ersatz kann sich Dr. Bublitz aber nicht vorstellen: „Dauerhaft ist das für mich keine Lösung. Das aktiviert keine Ressourcen, sondern wird uns nur noch mehr beanspruchen.“

Stattdessen wünscht sich die Hausärztin „praktikable Lösungen“. Dazu gehört unter anderem eine bessere Kommunikation mit den jeweiligen Pflegediensten. Eine elektronische Versorgungsakte hält die Ärztin ebenfalls für sinnvoll. „Wenn einer zentral verwaltet, dann würde das die Versorgungsqualität verbessern“, betont Bublitz. „Sie sollte aber in Ärztehand sein, der Patient muss sie nicht lesen können.“

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Mangel an jungen Ärzten auf dem Land

Besonders problematisch ist für die Ärztin der Mangel an Nachfolgern auf dem Land. Viele junge Mediziner seien abgeschreckt von der Vorstellung, eine eigene Praxis in einem kleinen Ort zu übernehmen und somit ein finanzielles Risiko zu tragen. Nachvollziehen kann Susanne Bublitz das nicht, schließlich gebe es auf dem Land so gut wie keine Konkurrenz.

„Ich kann zu meinen Patienten blöd sein und trotzdem kommen sie wieder“, verrät sie mit einem Schmunzeln, das sich kurz darauf wieder in Ernsthaftigkeit verwandelt. Für sie ist es nämlich wichtig, den Medizinstudenten und jungen Ärzten das Leben auf dem Land näher zu bringen. „Bei uns ist die Lebensqualität viel höher“, sagt Bublitz, die sich wünscht, jungen Kollegen einen Einblick in ihren Alltag geben zu können.

Insbesondere der Erfolgsdruck bei Nachwuchsärzten stelle ein Problem dar. „Ich habe das Gefühl, bei den jungen Menschen tritt sehr viel Frust auf.“, seufzt Bublitz. „Das größte Problem ist aber, wie komme ich an die jungen Menschen ran, um ihnen das Leben auf dem Land schmackhaft zu machen?“ Eine Lösung sieht die 43-Jährige in der Vernetzung untereinander. Dies gelte nicht nur für den ländlichen Bereich, sondern bundesweit.


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