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Gehirn & Nerven

Multitasking: Ist das effektiv oder nur ein Mythos?

Veröffentlicht am:03.12.2021

5 Minuten Lesedauer

Multitasking klingt praktisch: Mit einem Kollegen telefonieren und nebenbei die E-Mails checken. Jeder versucht wohl ab und zu, mehrere Dinge auf einmal zu tun – in der Hoffnung, Zeit zu sparen. Wie gut funktioniert das wirklich?

Eine junge Frau sitzt am Schreibtisch im Homeoffice und bearbeitet mehrere Aufgaben gleichzeitig bei der Arbeit.

© iStock / mapodile

Was heißt Multitasking?

Der Begriff Multitasking stammt ursprünglich aus der Computerwelt. Er beschreibt die Fähigkeit eines Betriebssystems, mehrere Aufgaben, sogenannte Tasks, parallel auszuführen. Doch eigentlich tut auch das Betriebssystem nichts anderes, als permanent zwischen den einzelnen Tasks hin und her zu wechseln – allerdings so schnell, dass der Eindruck entsteht, der Computer erledige alle anfallenden Aufgaben gleichzeitig.

Immer öfter wird der Begriff auch auf den Menschen angewandt. Man unterscheidet zwischen guten und schlechten Multitaskern und die Fähigkeit zum Multitasking gilt, gerade in der Arbeitswelt, zuweilen als fast unentbehrlich. Wer in der Lage ist, eine Vielzahl von Aufgaben gleichzeitig zu erledigen, gilt in einer schnelllebigen Zeit meist als besonders effektiv und leistungsstark. Wer hingegen lieber eine Sache konzentriert nach der anderen abarbeitet, wird oft als ein bisschen gemächlich und langsam im Denken abgetan. Aber stimmt das tatsächlich?

Sind Menschen multitaskingfähig?

Grundsätzlich ist jeder Mensch in gewissem Maße fähig, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Das betrifft besonders Prozesse, die am Rande stattfinden und die wir über verschiedene Sinne wahrnehmen. Menschen können duschen und dabei laut singen oder eine Hose bügeln und gleichzeitig den Nachrichten lauschen. Auch ein rascher Blick nach draußen, um das Wetter zu checken, ist in der Regel noch parallel dazu möglich.

Auch wenn die Dinge, die jemand tut, alle das gleiche Ziel verfolgen, fällt es mit etwas Übung meist nicht schwer, sie mehr oder weniger gleichzeitig zu erledigen. Ein Beispiel: Sie sitzen im Auto am Steuer und sehen, wie die Ampel an der Kreuzung vor Ihnen auf Rot umspringt. Ziel ist es somit, das Auto zum Stehen zu bringen. Also bremsen Sie und schalten gleichzeitig einen Gang hinunter oder kuppeln aus – dazu müssen sogar der linke Fuß und die rechte Hand zeitgleich mit Informationen aus dem Gehirn versorgt werden. Als problematisch empfinden sie das in aller Regel trotzdem nicht.

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Wie viele Aufgaben kann das Gehirn gleichzeitig verrichten?

Schwierig wird es allerdings immer dann, wenn das Gehirn komplexe Aufgaben zu erledigen hat, bei denen womöglich sogar Entscheidungen gefragt sind. Wer zum Beispiel gerade am Telefon sagen soll, welcher der drei vorgeschlagenen Termine besser passt, während gleichzeitig der Partner fragt, ob und, wenn ja, was man heute Abend zusammen kochen wolle, können die beiden Entscheidungsprozesse nur nacheinander ablaufen. Sich der einen Sache zuzuwenden bedeutet, die andere kurz zu unterbrechen.

Ein schwedisches Experiment hat gezeigt, dass das menschliche Gehirn nicht zu viele Aufgaben gleichzeitig bewältigen kann. In der Studie, die im Fachmagazin „Frontiers in Human Neuroscience“ erschien, mussten die 32 Teilnehmer visuelle Aufgaben wie eine schriftliche Prüfung in ruhiger und in unruhiger Umgebung bearbeiten. In dieser Zeit machten die Wissenschaftler Aufnahmen der Gehirne.

So konnten sie unter anderem feststellen: Je komplexer die visuelle Aufgabe, desto schwächer ist die Reaktion des Gehirns auf den Schall der Umgebungsgeräusche. Es kann also nur ein Sinn zur gleichen Zeit seine volle Leistung erbringen. Darum ist es zum Beispiel keine gute Idee, beim Autofahren zu telefonieren.

Eine Frau fährt Auto und trägt ein Headset.

© iStock / Anetlanda

Ein Headset verleitet schnell zum Multitasking und kann so zum Beispiel beim Autofahren die Konzentration beeinträchtigen.

Ist Multitasking effektiv oder ist das ein Mythos?

Effektiv ist es ohnehin nicht, zwei oder gar drei Aufgaben gleichzeitig nachzugehen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass das Gehirn insgesamt mehr Zeit benötigt, wenn es zwischen mehreren Tasks hin und her wechseln muss.

Wer eine zu erledigende Arbeit immer wieder wegen einer anderen Sache unterbricht, ist somit weniger produktiv als derjenige, der sich nicht so leicht ablenken lässt. Die These, dass Multitasking wirkungsvoll, weil zeitsparend ist, kann somit ein für alle Mal ins Reich der Mythen verbannt werden.

Mythos Multitasking

Das Gerücht, mit Multitasking produktiver zu sein, stimmt nicht.

Das gilt übrigens auch für ein anderes, sich noch immer hartnäckig haltendes Vorurteil: Frauen sind im Multitasking keinesfalls besser als Männer. Zwar gibt es bei dieser Fähigkeit durchaus individuelle Unterschiede – aber eben nur zwischen einzelnen Menschen, nicht jedoch zwischen den Geschlechtern.

Ist Multitasking gesund?

Bei den meisten Menschen senken Multitasking und ständige Unterbrechungen nicht nur die Produktivität und die Kreativität, sondern führen darüber hinaus auch zu Erschöpfung und Stress.

Ebenfalls als wissenschaftlich erwiesen gilt die Tatsache, dass Multitasking das Gedächtnis schwächt. Das zeigt etwa eine erst kürzlich in der renommierten Wissenschaftszeitschrift „Nature“ veröffentlichte Studie. So haben Jugendliche, die oft gleichzeitig am Tablet, Smartphone und vor dem Fernseher zugange sind, größere Schwierigkeiten, sich auf eine bestimmte Aufgabe zu konzentrieren und sich Dinge zu merken, als Gleichaltrige, die nur selten Medien-Multitasking betreiben. Bei Erwachsenen dürfte das vermutlich nicht viel anders sein.

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Was verhilft zu mehr Konzentration?

Um sich auf die wesentlichen Aufgaben des Tages zu fokussieren, ist es seit jeher ein probates Mittel, To-do-Listen zu führen. Schreiben Sie auf, was an dem jeweiligen Tag wirklich wichtig ist, und notieren Sie die Reihenfolge, in der die anstehenden Arbeiten erledigt werden sollten. Natürlich wird es manchmal erforderlich sein, diese Abfolge zu ändern, aber im Wesentlichen sollten Sie Ihrem einmal aufgestellten Plan treu bleiben.

Manchen Menschen kann es auch helfen, Not-to-do-Listen zu erstellen: Überlegen Sie sich, welche Dinge heute besser unterbleiben und an einem anderen Tag – oder vielleicht auch gar nicht – erledigt werden sollen. Auch das kann die Konzentration steigern.

Um wirklich aufmerksam an einer Sache arbeiten zu können, hilft es, mögliche Störfaktoren auszuschalten. Hier gilt es, kreativ zu werden, bewährt haben sich beispielsweise die folgenden Tipps:

  • Machen Sie, wenn möglich, die Tür hinter sich zu. Ein Schild mit der Aufschrift „Bitte nicht stören!“ oder „Bitte nur in wirklich dringenden Fällen stören!“ ist kein Zeichen von Unfreundlichkeit.
  • Stellen Sie Ihre Telefone so ein, dass eingehende Anrufe stumm geschaltet sind und auf die Mailbox umgeleitet werden.
  • Um Störungen durch E-Mails zu vermeiden, können Sie, falls Ihre Aufgabe das erlaubt, im Offlinemodus arbeiten. Wenn nicht, sollten Sie wenigstens akustische oder optische Signale beim Eingang einer E-Mail abschalten.
  • Schalten Sie außerdem das Radio, den Fernseher oder vergleichbare Unterhaltungsgeräte aus.
  • Bleiben Sie selbstkritisch: Versuchen Sie, sich selbst dabei zu ertappen, wenn Sie mal wieder versuchen, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun – egal ob im Job oder in Ihrer Freizeit. Und machen Sie sich bewusst, dass Multitasking sich wirklich nur in den allerseltensten Fällen auszahlt.

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