Kein Zucker, kein Meckern, kein Alkohol – es lebe die Fastenzeit!

Buße tun, Verzicht demonstrieren, Stress reduzieren, gesünder ernähren oder nichts von alledem. Es gibt verschiedenste Anlässe, der bevorstehenden Fastenzeit zu begegnen. Im Laufe der Jahrhunderte änderte sich einiges und aktuell scheint Fasten ein anhaltender Trend, weil das Fasten – auch losgelöst vom Glauben – neue Anhänger gefunden hat.
Fasten, um Gewohnheiten zu ändern
Meine Freunde und Kollegen bieten einen bunten Blumenstrauß des Fastens: Dieser enthält vom Verzicht auf Genussmittel wie Schokolade oder Alkohol über das Fasten von „Social Media“ bis hin zum Mecker-Fasten verschiedene, individuelle Möglichkeiten. Hinter allen steht der Wunsch – mindestens für 40 Tage – eine bewusste Verhaltensänderung umzusetzen. Diese Gewohnheiten zu ändern, kostet uns viel Kraft und Leistung. Denn eigentlich helfen sie unser Gehirn zu entlasten und lotsen uns durch den Tag. Die Morgenroutine, die Handgriffe beim Kochen – alles Abläufe, die wir bewältigen, ohne groß darüber nachzudenken. Jedoch haben wir auch „schlechte“ Gewohnheiten, die nach dem gleichen Prinzip des automatisierten Handelns erfolgen wie die guten. Das Glas Wein in geselliger Runde, das Zücken des Handys und Scrollen durch die Social-Media-Welt, negative Denkmuster wie „Ich schaffe das nicht“ oder dem inneren Augenrollen, wenn man von Jemandem genervt ist.
Erfahrungsberichte des Fastens
Wollen wir an jenen schlechten Gewohnheiten etwas ändern, müssen wir uns diesen zunächst bewusstwerden und neue Wege finden, sie anzugehen. Die Fastenzeit gilt als Zeit der inneren Umkehr und bietet einen guten Anlass, neben traditionellem Verzicht auch der ein oder anderen Gewohnheit die Stirn zu bieten. Meine Kolleginnen und mein Kollege berichten, was sie sich für die Fastenzeit vorgenommen haben oder welche Empfehlung sie geben können.
Katja Zeidler: Weniger meckern

Die erste Reaktion anderer auf meine Fasten-Aktion war häufig Verblüffung. Anders als Zucker- oder Konsumfasten ist der Verzicht auf Meckern wohl nicht selbsterklärend. Kurz gesagt: Nein, ich kann nicht plötzlich negative Gedanken abstellen und ich bin nicht immer fröhlich. Aber ich wollte lernen, achtsamer zu sein und aus negativen Gedankenspiralen auszusteigen. Ich hatte mich so oft beim inneren Augenrollen und bei wenig wertschätzender Kommunikation ertappt, dass ich mir mit meiner Art selbst auf die Nerven ging. Deshalb begann ich, mich mit meinen Denkmustern zu beschäftigen, mit gewaltfreier Kommunikation, mit Meditation und regelmäßigen Dankbarkeitsübungen. Was sich dadurch verändert hat: Wenn ich – in Gedanken oder im Gespräch – anfange zu meckern, kann ich anhalten und besser erkennen, was die eigentlichen Gefühle und Bedürfnisse hinter meinem Ausbruch sind. Ich kann Gespräche, in denen ich mich mit anderen Personen in negativen Gedanken bestätige und verstärke, in einen vorwärts gerichteten Austausch umlenken: Okay, wir haben Dampf abgelassen, was tun wir nun, um die Situation zu ändern? Besonders positiv reagieren Menschen übrigens auf kleine Impulse, in denen ich einfach bitte: Nennt mir eine Sache, für die ihr gerade dankbar seid.
Franziska Märtig: Alkoholfasten

Ich verzichte seit Januar auf Alkohol. Auslöser war Silvester: Trotz Bier und Sekt stellte sich keine Partylaune ein. An Neujahr dachte ich: Wenn ich auch mit Alkohol nicht in Feierlaune komme, kann ich ihn auch weglassen. Mal sehen, wie lange ich es schaffe! Die erste Feuerprobe kam wenige Tage später bei einer Geburtstagsrunde. Es fiel mir schwer, zum Prosecco nein zu sagen und mit Wasser anzustoßen. Einmal entschieden fühlte es sich aber richtig gut an und niemand reagierte komisch. Lustig war, die Wirkung des Alkohols bei den anderen zu beobachten. Wie schwer es ist, Gewohnheiten zu ändern, merkte ich zwei Wochen später beim Italiener. Ein Glas Rotwein zur Pizza – das fühlt sich fast an wie Urlaub. Mein innerer Schweinehund rebellierte, wurde aber beim Genuss eines alkoholfreien italienischen Aperitifs zufrieden gestellt. Geht doch! Die nächsten Wochen fielen schon viel leichter und so fastete ich weiter, nun aber mit Ziel: Bis zum Urlaub bleibe ich dran! Und danach? Teste ich mal eine Party ohne Alkohol!
Alexander Fugmann: Wider dem Askeseexzess!

Wer fastet, ist so trendy. Diese Lust auf Verzicht erleichtert die Seele. Die Süßigkeiten bleiben im Schrank, der Alkohol in der Flasche und das Handy in der Tasche. Endlich ist der Moment gekommen, wo wir all diesen Verlockungen des Konsumalltags ein Schnippchen schlagen können. Und das Beste daran: Alles ist mit einem Ablaufdatum versehen – 40 Tage reichen aber auch. Danach ist wieder gut. Mein schlechtes Gewissen entschlackt. Zunehmend hat sich Fasten zu einer eigenen Sportart entwickelt. Jeder fastet immer irgendwas. Diese Enthaltsamkeit am Anfang des Jahres wird zum wahrhaftigen gesellschaftlichen Askeseexzess. Doch warum verzichten wir freiwillig auf Dinge? Irgendwann haben wir es wohl übertrieben mit den schönen Dingen. Ich plädiere daher für eine Lebensführung mit Maß und Mitte. Um eine langfristige Zufriedenheit zu erreichen, muss ich eben jeden Tag an mir arbeiten und nicht nur 40 Tage im Jahr.
Sylvia Witkowski: Auf Zucker-Entzug

Wie gern würde ich von mir sagen: Zuckerfrei leben – klar, ist gar keine Herausforderung! Erst recht, seit ich weiß, wie gut und klar ich mich so ohne zugesetztem Zucker fühle. Vor ein paar Jahren musste ich einige Wochen zahlreiche Lebensmittel weglassen, um mögliche Unverträglichkeiten festzustellen. Und ganz ehrlich: So ohne Zucker, ohne diesen Jieper auf was Süßes habe ich mich sehr viel besser als sonst gefühlt. Limo, Cola, Zucker im Tee, Fertiggerichte – mag ich eh nicht, kein Problem. Das Dilemma ist nur: ein gutes Stück Zartbitterschokolade mag ich durchaus. Und auch das Stück Sonntagskuchen mit einer Tasse dampfendheißer Schokolade dazu. Aber immer zur Fastenzeit will ich es mir selbst beweisen, dass ich zumindest die berühmten 40 Tage zuckerfrei klarkomme. Und auch danach noch eine möglichst lange Zeit mit möglichst wenig Zucker durchhalte. Nun ist es bald wieder soweit. Die letzte Weihnachtsschokolade ist vernascht. Und ich spüre die schon vertraute Mischung aus vorfreudigem Kribbeln und banger Sorge, wie sich der „Entzug“ an den ersten Tagen wohl diesmal anfühlen wird. Etwas weiß ich aber jetzt schon: es wird mir guttun und ich werde wieder sehr stolz auf mich sein!
Lust bekommen, auch zu fasten?
Was genau Gewohnheiten sind und weshalb es so schwer ist, Gewohntes anzupassen, erfahren Sie auf aok.de. Hier gibt´s vorab Tipps, wie das Verändern von Gewohnheiten gut gelingen kann:
- Wählen Sie eine konkrete Gewohnheit aus, die sie ändern möchten. Achten Sie bei der Wahl darauf, das gewählte Verhalten auch wirklich von sich aus ändern zu wollen. Versuchen Sie nicht, mehrere Angewohnheiten auf einmal zu ändern.
- Machen Sie sich Ihr Ziel und Ihre Motivation bewusst, warum Sie Ihr Verhalten ändern möchten (zum Beispiel weniger Meckern, um eine positivere Einstellung zu erlangen).
- Überlegen Sie sich, mit welchem neuen Verhalten Sie die Gewohnheit ersetzen möchten. Seien Sie dabei so konkret wie möglich. Wie zum Beispiel bei Katja Zeidler: Was tun wir, um die Situation zu verändern und in die richtige Richtung zu gehen, statt nur festzustellen, dass es so ziemlich doof ist.
- Starten Sie mit einfachen Verhaltensänderungen im Alltag. Wiederholen Sie das neue Verhalten regelmäßig, damit es zur Gewohnheit werden kann. Machen Sie es wie Franziska Märtig – meiden Sie nicht die Situationen, sondern stellen Sie sich Ihnen – in der Pizzeria oder bei einer Party.
- Rufen Sie sich immer wieder in Erinnerung, warum Sie Ihre Gewohnheit ändern wollen und erfreuen Sie sich an den positiven Erlebnissen.
Viel Erfolg und teilen Sie gern Ihre Erfahrungen und Tipps in den Kommentaren!
Kommentare (5)
Jenny Füsting
am 13.03.2023 um 13.07 Uhr
Hallo Marienkäfer, das ist toll, dass Sie seit Jahren die Fastenzeit für sich und Ihre Gesundheit nutzen! Weiterhin alles Gute für Sie.
Marienkäfer
am 24.02.2023 um 19.06 Uhr
Ich faste schön Jahrelang vom Fasching bis Ostern , kein Fleisch , kein Alkohol , keine Schokolade , das lästern der Bekannten stört mich nicht .
Ich fühle mich danach bestärkt , dass ich durchgehalten habe !
Jenny Füsting
am 20.02.2023 um 10.17 Uhr
Wir freuen uns hier, wenn Sie mal berichten, ob es Ihnen gelungen ist, sich nicht anstecken zu lassen und gelassen zu bleiben. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!
Herbstblond
am 17.02.2023 um 13.24 Uhr
Danke für die Inspiration. Ich bin viel bei Facebook, Insta und Co. unterwegs und nehme da eine starke Unmultskultur wahr. Zu oft lasse ich mich aber selbst zu drastischen Äußerungen hinreißen, was mich im Nachgang nicht selten ärgert. Das versuche ich in den nächsten Wochen abzustellen. Mal schauen, ob es klappt.
schon etwas älter
am 16.02.2023 um 14.45 Uhr
Das ist ein echt schönes Meinungsspektrum. Ich persönlich bin auf der Seite von Alex Fugmann 😉