Bremen droht ein Millionenverlust
Die AOK Bremen/Bremerhaven weist in ihrem Geschäftsbericht 2019 zwar einen Bilanzverlust von knapp 9,9 Millionen Euro aus, sieht sich aber durch eine solide finanzielle Rücklage gut vorbereitet auf künftige Herausforderungen.

Gute Versorgung wird erschwert
Gute Grundlage in schwierigen Zeiten: Die AOK Bremen/Bremerhaven weist in ihrem Geschäftsbericht 2019 zwar einen Bilanzverlust von knapp 9,9 Millionen Euro aus; dieser ist aber vor allem das Resultat des günstigen Zusatzbeitrages von 0,7 Prozent in 2019, der 0,2 Prozent unter dem bundesweiten Zusatzbeitrag lag. Die AOK sieht sich durch eine solide finanzielle Rücklage gut vorbereitet auf künftige Herausforderungen. „Unser finanzielles Polster werden wir in den kommenden Jahren aber weiter abschmelzen müssen“, sagte der AOK-Vorstandsvorsitzende Olaf Woggan heute bei der Präsentation des Geschäftsberichtes 2019. „Nicht nur die Corona-Krise, auch bundesweit geltende Leistungsgesetze werden ab 2021 unsere Aufgabe erheblich erschweren, eine gute, verlässliche Versorgung unserer Versicherten im Land Bremen zu organisieren.“
Verluste drohen auch Bremen
Vor allem eine bereits als Gesetz verabschiedete, aber im Detail noch auszuführende Reform des Risikostrukturausgleiches könnte ab dem kommenden Jahr zu millionenschweren Verlusten für die AOK und das Land Bremen führen, warnte er. Unklar sind daneben auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie – und in welcher Höhe die Bundesregierung etwa die angefallenen Kosten für Coronatests durch Steuermittel ausgleicht. „Wir können nicht ausschließen, dass wir den Zusatzbeitrag erhöhen müssen“, stellte der Vorstandschef fest.
Der Haken beim Faire-Kassenwahl-Gesetz
Künftig könnten die AOK Bremen/Bremerhaven, aber auch andere Bremer Kassen deutlich weniger Geld aus dem Gesundheitsfonds der Krankenkassen bekommen. Denn mit dem „Faire-Kassenwahl-Gesetz“ (FKG) wurde ein neuer bundesweiter Ausgleich installiert, der Finanzmittel nach sogenannten Regionalfaktoren umverteilt. Davon profitieren nach ersten Berechnungen vor allem bayrische Städte und Landkreise, aber auch andere Wohlstandsregionen und hochpreisige Ballungszentren, die sich eine überteuerte medizinische Versorgung leisten. Verlierer dieser Reform sind neben Bremen zum Beispiel ländliche Regionen wie Ostfriesland und vor allem ostdeutsche Landkreise. „Konkret heißt das: Kassen, die in unserer Region viele Menschen versichern, steht künftig weniger Geld zur Verfügung. Dagegen profitieren zum Beispiel Kassen wie die Techniker-Krankenkasse, die viele Menschen in städtischen Regionen in Süddeutschland oder in Hamburg versichern. Sie können damit überteuerte medizinische Strukturen aufrechterhalten, statt nach effizienteren und wirtschaftlicheren Alternativen zu suchen. Denn sie bekommen mehr Geld aus dem Solidartopf aller gesetzlich Versicherten“, kritisierte Woggan. „Das geht aber zu Lasten vieler kranker Menschen und der Kassen, die diese versichern und deshalb natürlich einen höheren Finanzbedarf haben. Das halten wir für falsch und unsolidarisch.“
Die AOK Bremen/Bremerhaven ist im Einklang mit weiteren Fachleuten im Übrigen der Überzeugung, dass diese Regelung der Umverteilung durch das Bundesamt für Soziale Sicherung einer rechtlichen Überprüfung letztlich auch nicht standhalten kann. Das Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) in Bonn legt diese Regionalfaktoren im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums endgültig bis Ende September 2020 fest.
Belastung durch Corona-Pandemie
In welcher Höhe die Corona-Pandemie den AOK-Haushalt 2020 belasten wird, sei noch nicht abschließend klar, betonte Woggan weiter. So seien auf der einen Seite die Ausgaben für Klinikbehandlungen und ambulante Behandlungen zurückgegangen, auf der anderen Seite aber Ausgaben wie Krankengeld deutlich gestiegen. Zugleich gingen die Einnahmen der gesetzlichen Kassen durch mehr Kurzarbeit und höhere Arbeitslosigkeit zurück. Hinzu kämen die immer noch ungeklärten Kosten für asymptomatische Corona-Tests, die Ausgleichzahlungen für niedergelassene Ärzte oder die Einrichtung von Intensivbetten. „Wir werden aller Voraussicht nach erst sehr spät im Jahr in der Lage sein, einen Haushalt für 2021 aufzustellen.“
Mehr Versicherte
Die AOK Bremen/Bremerhaven hat ihre Versichertenzahl in 2019 weiter gesteigert: im Jahresdurchschnitt um 2,0 Prozent auf 260.730 Menschen. Das Durchschnittsalter der neuen Versicherten lag bei 25 Jahren. Die Leistungsaufwendungen der Gesundheitskasse stiegen 2019 auf 815,5 Millionen Euro. Zusammen mit der Pflegeversicherung (181,9 Millionen Euro) hat die AOK nahezu eine Milliarde Euro in der Region ausgegeben. Größte Ausgabenposten in der Krankenversicherung waren mit 291 Millionen Euro die Krankenhausbehandlungen, gefolgt von der ambulanten ärztlichen Behandlung (149 Millionen Euro) und den Ausgaben für Arzneimittel (121,3 Millionen Euro). Diese und weitere Daten wurden in dem AOK-Geschäftsbericht 2019 zusammengefasst.
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