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Volle Fahrt Gesundheit

Das Zukunftsinstitut schaut auf die Megatrends der kommenden Dekaden. Dazu zählt der Fundamentalwert Gesundheit, der in seinen verschiedenen Facetten weltweit an Bedeutung gewinnt.

Gastbeitrag

Corinna Mühlhausen

Expertin für Gesundheit, Pharma und
Medizin der Zukunft, Zukunftsinstitut

Gesundheit ist im Trend. Von jeher, denn jeder Mensch will gesund sein. In den letzten Jahren ist Gesundheit jedoch zum Megatrend geworden. Darunter versteht das Zukunftsinstitut Entwicklungen, die Gesellschaften weltweit betreffen und verändern. Gesundheit hat sich als Fundamentalwert tief im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert und ist zum Synonym für hohe Lebensqualität geworden. Als zentrales Lebensziel prägt der Megatrend sämtliche Lebensbereiche. Immer mehr und immer besser informierte Menschen wollen sich beruflich wie privat in gesundheitsfördernden Lebenswelten bewegen und fordern dies als neuen Normalzustand ein. Auf unserer Megatrend-Map ist Gesundheit deshalb als eine von zwölf Linien verzeichnet, die für Trends stehen, die den weltweiten Wandel vorantreiben.

Der erste Stopp auf dieser Linie heißt Holistic Health, denn zunehmend geht es beim Thema Gesundheit nicht nur um die Verantwortung der oder des Einzelnen, sondern um ein komplexes Wirkungsgefüge. Viele Einflüsse liegen außerhalb der Kontrolle des einzelnen Individuums. Das ganzheitliche Konzept Holistic Health bezieht nicht nur Körper und Geist, sondern auch die menschliche Umwelt mit ein– bis hin zur globalen Ebene. Schlussendlich hängt die Gesundheit jeder und jedes Einzelnen auch von der Gesundheit des Planeten ab.

Nächster Halt: Digital Health. Der Umsatz mit Digital-Health-Angeboten steigt weiter an. Weltweit wurden 2020 mit digitalen Gesundheitsprodukten und -services 979 Milliarden Euro Umsatz generiert (Roland Berger 2020). Vor allem Digital-Health-Apps werden mittlerweile von vielen Konsumenten und Konsumentinnen als große Chance wahrgenommen. Jeder fünfte Deutsche hat mittlerweile eine Gesundheits-App auf dem Handy. So kann der Schrittzähler ermahnen, sich heute noch zu bewegen, die Ernährungs-App helfen, weniger Zucker zu essen, und die Menstruations-App an die dem Zyklus angepassten Nahrungsergänzungsmittel erinnern. Doch mit der vermehrten Nachfrage nach digitalen Gesundheitsanwendungen wächst auch das Risiko des Datenmissbrauchs. Gerade für sensible Gesundheitsdaten werden in der Gesellschaft transparente Standards für den Schutz des Endverbrauchers erwartet und gefordert.

Im Feld Preventive Health – einem weiteren Halt auf der Linie Gesundheit – ist ein Ziel, die Verbreitung von Krankheitserregern (Pathogenen) zu vermeiden, durch eine vorausschauende und zukunftsgerichtete Verhaltensweise. Die präventive Gesundheitsvorsorge fokussiert darauf, den aktuellen Gesundheitszustand zu erhalten und die Risiken zu vermindern, bestimmte Krankheiten zu bekommen. Denn die meisten Krankheiten, die im Laufe des Lebens auftreten, sind nicht genetisch bedingt und lassen sich durch entsprechendes Handeln vermeiden oder in ihrem Verlauf mindern. Dies geschieht beispielsweise durch proaktive Gesundheits-Screenings, einen gesunden Lebensstil sowie frühzeitige Maßnahmen zum Erlernen von Stressbewältigungsstrategien. Preventive Health ist künftig ein umfassender Mix aus Maßnahmen und neu eingeübten Gewohnheiten, wobei Präventionsangebote von Krankenkassen, Lebensstil-Entscheidungen und auch Betriebliches Gesundheitsmanagement (Corporate Health) nahtlos ineinandergreifen müssen. Bei Corporate Health geht es um mehr als gesundes Essen in der Kantine und einen ergonomisch eingerichteten Arbeitsplatz. Auch die Arbeitsatmosphäre sowie der Umgang mit Stress, Konflikten und Krisen sind zentrale Bestandteile. Der Anspruch von Corporate Health ist künftig nicht mehr nur, für weniger Krankenstandstage zu sorgen, sondern vor allem für gesunde Arbeitskräfte, die sich wohlfühlen.

Die aufstrebende Sehnsucht nach mehr Achtsamkeit und Resonanz geht häufig einher mit einer grundsätzlichen Systemkritik, die Massenkonsum, Wegwerfgesellschaft und den Wachstumskapitalismus an den Pranger stellt. Konkret bedeutet Achtsamkeit, eine Beziehung zur unmittelbaren Umwelt herzustellen, indem man sich präsent für den aktuellen Moment und seine Gegebenheiten öffnet.

Am meisten unterschätzt wird bisher wohl die Dimension des Sozialen, wenn es um Gesundheit geht. Gobal-Health-Expertin Ilona Kickbusch hält fest, dass es die Umgestaltungen in sozialen Faktoren – wie beispielsweise die Einführung und Weiterentwicklung von Arbeitnehmerrechten – waren, die den Ausschlag für die verbesserte Gesundheit im 20. Jahrhundert gegeben haben. Auch heute gilt: 60 bis 80 Prozent der Faktoren, die zu einer guten Gesundheit führen, sind nicht medizinischer Natur (Kickbusch 2014). Mit diesem ganzheitlichen Verständnis ist es naheliegend, dass Gesundheit auch in Zukunft ein Megatrend bleiben wird.