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Mit Würde und Selbstbestimmung

Was geschieht, wenn Menschen positiv aufs Alter blicken? Die AOK Baden-Württemberg skizziert in einem Positionspapier, wie sich der Perspektivwechsel in die Versorgung integrieren lässt, um neue Möglichkeiten für eine starke Gesellschaft des Alterns zu schaffen.

Mit dem demografischen Wandel rückt die sichere Gesundheitsversorgung im Alter als drängendes gesellschaftliche Thema in den Mittelpunkt. Dass dafür Prävention, Rehabilitation und Pflege Hand in Hand gehen müssen, machte die AOK Baden-Württemberg 2016 auf ihrem ersten Kongress „Alter plus Drei“ deutlich. Nicht erst seitdem engagieren sich die Gesundheitskasse und ihre Partner für ein gesundes Altern. Sie leisten Pionierarbeit – auch was eine neue Sichtweise angeht, denn sie verstehen das Alter nicht allein als eine Zeit der Defizite, sondern als eine Lebensphase mit Chancen. Vor diesem Hintergrund ist ein Positionspapier entstanden, auf dessen Basis neue Versorgungsstrukturen entwickelt und Modellprojekte und Studien auf den Weg gebracht werden.

„Wunsch war, bereits bestehende Best-Practice-Beispiele aufzuzeigen, weitere sektorenübergreifende Vernetzungspotenziale innerhalb der AOK Baden-Württemberg zu eruieren sowie intern und mit Strahlkraft in die Gesellschaft hinein das Verständnis für lebenslauforientierte Präventionsansätze zu fördern“, fasst Britta Wendelstein, Projektleiterin „Alter– ganz anders“, zusammen.

Für die wissenschaftliche Begleitung und Dokumentation des auf zwei Jahre angelegten Projekts gewann die AOK Professor Andreas Kruse und seine Mitarbeiterinnen vom Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg. Um tatsächlich alle relevanten Themenbereiche und Vernetzungsmöglichkeiten zusammenzuführen, wurden qualitative Interviews mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller Hierarchieebenen und internen Fokusgruppen sowie eine qualitative und quantitative Versichertenbefragung durchgeführt.

Die Ergebnisse wurden auf dem zweiten Alterskongress der AOK Baden-Württemberg 2019 vorgestellt. Um die Forschungsarbeit auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, wurden die Inhalte in der allgemein verständlichen Broschüre „Alter – ganz anders: Neues Miteinander in einer sich wandelnden Gesellschaft“ zusammengefasst. Projektleiterin Britta Wendelstein: „Wir informieren darin über die Verantwortung der Kranken- und Pflegeversicherung, die Möglichkeiten einer sorgenden Gemeinschaft und die Auswirkungen sozioökonomischer Rahmenbedingungen. Dargestellt werden auch neue Sichtweisen und Handlungsbereiche, um faire Veränderungen auf den Weg zu bringen, Eigenverantwortung zu stärken sowie das Alter und damit verbundene positive Gestaltungsmöglichkeiten generell ganz neu in den Blick zu nehmen.“

„Wir verstehen das Alter nicht allein als eine Zeit der Defizite, sondern als eine Lebensphase mit Chancen.“

Dr. Britta Wendelstein, Projektleiterin „Alter – ganz anders“ bei der AOK Baden-Württemberg

Ein Grundgedanke ist: Alter(n) ist anders denk- und damit auch gestaltbar – individuell, gesellschaftlich und in Würde, von Kindheit an und quer durch alle Sektoren. Wie einzelne Menschen und die Gesellschaft auf das Alter schauen, beeinflusst das Älterwerden in allen Facetten – und dieser Einfluss ist positiv veränderbar. Das illustriert auch die neue „Silver Society“ mit vielen, fitten älteren Menschen, die eine dritte oder sogar vierte Lebensphase anstreben und erreichen. Doch die Coronapandemie sorgte gerade in dieser Altersgruppe für heftige Erschütterungen. „Die Risiko-Einschätzungen zu Sars-CoV-2 zeigen, wie weit verbreitet das defizitäre Altersbild in der Gesellschaft ist“, gibt Alterns- Expertin Wendelstein zu bedenken. „Zugleich scheint die Gesellschaft über die Zeit der Pandemie hinweg offener für die Erkenntnis geworden zu sein, dass sich negative Altersbilder negativ auf die Gesundheit auswirken – und dass man hier etwas tun kann.“

Auch intern sensibilisiert die AOK Baden-Württemberg ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im Jahr 2022 startete ein Kommunikationsprojekt zu positiv selbstbestimmten Altersbildern für die Belegschaft. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen die würdezentrierte Haltung der AOK Baden-Württemberg verinnerlichen und die Lebensphase Alter mitdenken. Das Altern zu gestalten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. „Gleichzeitig muss die AOK als Kranken- und Pflegekasse die Zusammenarbeit mit allen Playern in den regionalen Sorgesystemen im Blick haben, um die gewonnenen Sichtweisen in die Gestaltung der Gesundheits- und Pflegeversorgung integrieren zu können“, sagt Karin Gaiser, Expertin im Team Ganzheitliche Gesundheitsberatung der AOK Baden-Württemberg.

Die Kommunen spielen dabei eine wichtige Rolle: Kommunal Verantwortliche werden sich beispielsweise überlegen, wie es um Angebote für Wohnen im Alter steht, ob es genügend Pflegekräfte für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger gibt oder ob die öffentliche Infrastruktur zu den Bedarfen einer alternden Gesellschaft in der Region passt.

Mit Abschluss des Rahmenvertrages zur Arbeit und Finanzierung der Pflegestützpunkte zwischen den Kranken- und Pflegekassen sowie der kommunalen Familie wurde 2018 bundesweit erstmals eine konkrete Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Sorgesystemen beschlossen. Dadurch hat sich ein neues Miteinander zwischen den Akteuren entwickelt. „Mit unserem Positionspapier ‚Alter– ganz anders‘ arbeiten wir in Zukunft weiter an einer innovativen, generationsgerechten Gestaltung des Gesundheitswesens“, ergänzt Gaiser.

Weiterführende Informationen:

PERSPEKTIVWECHSEL

Regionale Sorgestrukturen gestalten

Das Positionspapier „Alter - ganz anders“ beleuchet ein Thema, das für unsere Solidargemeinschaft nicht relevanter sein könnte. Bundesweit treten mit den Erkenntnissen zur demografischen Entwicklung und zum Pflegekräftemangel bei gleichzeitig knappen finanziellen Mitteln in den Sozialversicherungssystemen die Defizite des derzeitigen Versorgungssystems zutage.

Die AOK ist bereits einen Schritt weiter und hat dadurch die besten Voraussetzungen, die Gestaltung der regionalen Sorgestrukturen bei den Kommunen zu initiieren und sich damit für die Übernahme der gesellschaftlichen Verantwortung zu engagieren. Der viel zitierte Perspektivwechsel findet statt.

In der Pflegeversicherung haben wir mit unserem Rahmenvertrag zu den Pflegestützpunkten eine Vorreiterrolle eingenommen. Im Bereich der Krankenversicherung fehlen noch die klaren gesetzlichen Reglungen, die es ermöglichen, mit Kommunen zusammenzuarbeiten und die Vernetzung der einzelnen Akteure in den Gesundheits- und Lebenswelten, Beratungs- und Sorgestrukturen im regionalen Kontext herbeizuführen und zu organisieren.

Andreas Schmöller, Unternehmensbereichsleiter Kunde & Gesundheit bei der AOK Baden-Württemberg

Anders altern – zehn Kernbotschaften

Eine alternde Gesellschaft bedeutet Chance und Aufgabe zugleich.

Der Alternsprozess ist in vielerlei Hinsicht gestaltbar.

Die seelisch-geistige Entwicklung ist ein lebenslanger Prozess.

Entwicklungsprozesse wie auch Gesundheit und Kompetenz sind in allen Lebensphasen stark von den Lebensverhältnissen des Individuums beeinflusst.

Der Mensch ist in allen Lebensphasen auf Beziehungen angewiesen.

Jede und jeder muss sich auf das eigene Älterwerden und das Alter vorbereiten.

Gesundheitsförderung, Prävention, Therapie und Rehabilitation sind auch im Alter ganz auf das Individuum zuzuschneiden.

Verletzlichkeit und Begrenztheit unserer Kräfte und unserer Lebenszeit müssen angenommen werden.

Auch das Sterben ist Teil des Lebens.

Im Umgang mit Fragen des Alters und der Gesundheit und Selbstständigkeit ist das Individuum auf einen zuverlässigen und kompetenten Partner angewiesen, der berät, Angebote und Hilfen vermittelt und diese selbst vorhält.