Regionale Versorgung statt zentralistischer Gleichmacherei

18 Gesetzesentwürfe in 18 Monaten – die Amtszeit von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist geprägt von einer regelrechten Gesetzesflut. Ob Wartezeiten, Heilmittel, Digitalisierung oder Apotheken – ein Thema jagt das nächste, und man könnte meinen, da sitze nun jemand im Ministerium, der fachkundig das Gesundheits- und Pflegesystem reformiert. Doch die Gesetzgebungen lassen vor allem eins erkennen: eine Tendenz zur Zentralisierung, Gleichmacherei und zum Eingriff in die Selbstverwaltung und die Finanzautonomie der Krankenkassen. Die regionale Versorgung ist in Gefahr – nicht anders sind die Folgen der Zentralisierung zu deuten.
Regionale Versorgung in Gefahr
Im Südwesten der Bundesrepublik übernimmt die AOK Baden-Württemberg gemeinsam mit ihren Partnern Verantwortung für die Region und die Gestaltung der Versorgung. Mit diesem Auftrag hat die AOK Baden-Württemberg stets das Wohl ihrer Versicherten im Blick. Dies wird durch die aktuelle Kaskade an Gesetzesentwürfen allerdings langfristig gefährdet.
Mit jedem neuen Gesetzentwurf wird deutlich, wie sehr Spahn den Kranken- und Pflegekassen misstraut. Der Verwaltungsrat bzw. die Selbstverwaltung wird in ihren Kompetenzen immer weiter eingeschränkt und zunehmend entmachtet. Kassen werden auf Zahlmeister reduziert und das Gesundheitswesen weiter verstaatlicht. Statt aber an den Grundfesten der Selbstverwaltung der Krankenkassen zu rütteln, sollte Berlin Spielräume für regionale Versorgungskonzepte schaffen. Die AOK Baden-Württemberg kennt die Bedürfnisse der Versicherten vor Ort und beweist erfolgreich, wie zukunftweisende Lösungsansätze aussehen können: Dies zeigt beispielhaft die Alternative Regelversorgung. Mehr als 1,6 Millionen Versicherte werden im Hausarztvertrag und den Facharztverträgen nachweislich besser versorgt und die Ärzte durch Delegation von Aufgaben entlastet. Auf diese Weise lässt sich – gemeinsam mit den regionalen Partnern – die Versorgung in der Fläche sicherstellen. Der eArztbrief als wichtige digitale Lösung sorgt zudem für eine sinnvolle Vernetzung der Ärzteschaft und einen schnellen Zugang zur Versorgung.
»Nur wer vor Ort ist, kann auch die Bedürfnisse der Menschen erkennen.«
Monika Lersmacher
Maßgeschneiderte persönliche Unterstützung und Koordination vor Ort für Patientinnen und Patienten mit besonderen Bedarfen durch ein Fall- und Entlassmanagement, sektorenübergreifende Versorgungsprogramme und die Vernetzung von Prävention, Rehabilitation und Pflege runden die innovativen regionalen Lösungsansätze ab.
Mehr Versorgungswettbewerb
Nur wer vor Ort ist, kann auch die Bedürfnisse der Menschen erkennen und auf dieser Grundlage mit Partnern zielgenaue Lösungen entwerfen. Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Versorgungswettbewerb und regionale Spielräume.
Schon jetzt ist der Rückzug vieler bundesweiter Krankenkasse aus ländlichen Regionen spürbar. Seit 2013 haben Mitbewerber knapp die Hälfte ihrer Geschäftsstellen aufgegeben.
»Schon jetzt ist der Rückzug vieler Krankenkassen aus ländlichen Regionen spürbar.«
Peer-Michael Dick
Die AOK Baden-Württemberg dagegen setzt auf Regionalität als Erfolgskonzept für bessere gesundheitliche Versorgung. Das funktioniert allerdings nur durch einen Schulterschluss mit den gesetzgebenden und regionalen Akteuren im Gesundheitswesen. Gesundheitspolitik funktioniert eben nicht im Alleingang und lässt sich auch nicht zentral von oben verordnen, sondern lebt von innovativen Lösungsansätzen von unten und vom Ausgleich der Interessen und dem Miteinander.
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Monika Lersmacher ist alternierende Vorsitzende des Verwaltungsrats der AOK Baden-Württemberg als Vertreterin der Versicherten.
Peer-Michael Dick ist alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrats der AOK Baden-Württemberg als Arbeitgebervertreter.