Freie Fahrt für Diabetiker – Gut vorbereitet hinters Steuer

Kann sich ein Mensch mit Diabetes einfach hinter das Lenkrad eines Fahrzeugs setzen? Experten der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) haben zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen ausgewertet und kommen zu dem Schluss: Diabetiker sind nur unwesentlich häufiger in Unfälle verwickelt. Die DDG rät jedoch dazu, Fahrten gut vorzubereiten – und in bestimmten Fällen das eigene Auto stehen zu lassen.
Vorsicht Unterzucker – Vorsicht Überzuckerung!
Hätten Sie es gedacht? Fast jeder zehnte Führerscheininhaber ist an Diabetes erkrankt. Autofahren ist den Betroffenen erlaubt. Doch jeder sollte sich bewusst machen: Wenn der Blutzucker bei der Fahrt auf kritische Werte abfällt oder extrem ansteigt, erhöht sich die Unfallgefahr. Auf zu wenig Zucker im Blut reagieren die grauen Zellen sehr empfindlich:
- Die Konzentrationsfähigkeit nimmt ab.
- Das Reaktionsvermögen verschlechtert sich.
- Im schlimmsten Fall drohen Bewusstseinsstörungen und Krampfanfälle.
Bei zu hohen Blutzuckerwerten können folgende Symptome auftreten:
- Müdigkeit und Sehstörungen
- Übelkeit und Erbrechen
- Verwirrtheit und Bewusstseinstrübung
- Im schlimmsten Fall Bewusstlosigkeit
Wer darf fahren – wer nicht?
Manchmal geht es schneller, als man denkt, und der Blutzucker ist im Keller. Ist die Unterzuckerung schwer, sind Betroffene verwirrt oder sogar bewusstlos und benötigen Hilfe. Schon bei zwei dieser Notfälle pro Jahr kann ein Arzt ein Fahrverbot aussprechen. Wer dies missachtet und einen Unfall baut, kann drastisch bestraft werden. Doch was führt zu schweren Unterzuckerungen? Sie treten häufiger auf, wenn Diabetiker auf eine neue Therapie eingestellt werden. Das betrifft speziell mit Insulin oder Sulfonylharnstoffen behandelte Patienten. Blutzuckerschwankungen lassen sich meist gut in den Griff bekommen, wenn der Arzt die Behandlung anpasst oder umstellt. Wer dann durch Schulungen und Trainings nachweist, dass er Unterzuckerungen frühzeitig erkennen kann, darf für eine Tour mit dem Auto wieder auf dem Fahrersitz Platz nehmen.
Nicht selbst fahren dürfen Menschen mit Diabetes, die von einer Schlafapnoe betroffen sind. Bei dieser Atemstörung, die im Schlaf auftritt, kommt es immer wieder zu längeren Atemstillständen. Wegen der nächtlichen Atemaussetzer schlafen die Betroffenen schlecht, sind daher meist müde und weniger leistungsfähig. Bei einer diabetischen Retinopathie leidet die Fahrtüchtigkeit ebenso: Sehstörungen schränken den klaren Blick ein.
Für den Notfall stets gerüstet
Auch wenn Ihr Blutzuckerspiegel stabil angepasst ist: Sie sollten beim Autofahren immer für den Fall gerüstet sein, dass es doch einmal zum kritischen Blutzuckerabfall kommt. Ganz wichtig ist, dass Sie die ersten Anzeichen eines zu niedrigen, aber auch eines zu hohen Blutzuckers erkennen und schnell reagieren. Mit diesen Regeln beugen Sie gefährlichen Situationen vor:
- Prüfen Sie vor der Fahrt, ob Traubenzucker und ein Snack leicht greifbar sind.
- Stellen Sie sicher, dass Sie blutzuckersenkende Medikamente dabei haben.
- Bestimmen Sie Ihren Blutzucker bevor Sie starten – bei längeren Fahrten auch zwischendurch. Liegt der Wert im unteren Bereich, sollten Sie ein bis zwei Broteinheiten zu sich nehmen und warten, bis der Blutzucker angestiegen ist.
- Kündigt sich eine Unterzuckerung an, etwa durch Schwitzen, Herzrasen oder Zittern, essen Sie umgehend Traubenzucker. Er lässt den Blutzucker wieder rasch ansteigen. Anschließend helfen ein Müsliriegel oder eine Schnitte Brot. Deren Kohlenhydrate sorgen dafür, dass der Blutzucker weiter oben bleibt.
Entwarnung – mit Ausnahmen
Experten der Deutschen Diabetes Gesellschaft weisen darauf hin: In aller Regel sind Menschen mit Diabetes in der Lage ein Fahrzeug zu führen. Ausgenommen sind, wie oben beschrieben, Diabetiker mit schweren Unterzuckerungen, Schlafapnoe oder Retinopathien. Dies dient der eigenen Sicherheit, aber auch dem Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer.
Beruflich auf den Straßen unterwegs
Ein Traumjob für Diabetiker sieht anders aus – wer aber als Trucker oder Busfahrer sein Geld verdient, sollte wissen: Der Diabetes hindert ihn in der Regel nicht daran. Keine Behörde sieht die Erkrankung als generelles Ausschlusskriterium für einen Arbeitsplatz hinterm Steuer. Zwar wird von Führerscheinbewerbern, die Fahrgäste befördern wollen, ein gesundheitlicher Eignungstest verlangt – doch diesen Check müssen auch Menschen ohne Diabetes durchlaufen, um ihre Konzentrationsfähigkeit und Belastbarkeit zu beweisen. In einer Leitlinie „Diabetes und Straßenverkehr“ haben Experten der DDG klare Positionen zur Fahrtauglichkeit von Diabetikern bezogen. Leitlinien werden von Experten in Fachgesellschaften erarbeitet, um Ärzten, Medizin-Personal und Patienten eine Orientierung rund um Erkrankungen und deren Behandlungen zu geben.