Nach einem Klinikaufenthalt

Das Wort Entlassmanagement klingt etwas nüchtern. Dahinter verbergen sich aber viele Vorteile: Wer stationär in einem Krankenhaus untergebracht war und die Station verlassen kann und soll, hat seit Oktober 2017 verbesserte Bedingungen. Was viele nicht wissen: Kliniken sind dazu verpflichtet, den Übergang von der stationären in die ambulante Behandlung zu regeln und zu sichern. Dies nimmt Ihnen und Ihren Angehörigen viel Zeit und Nerven raubende Aufgaben ab. Wir beantworten die acht wichtigsten Fragen zu diesem Thema.
1. Worauf habe ich Anspruch?
- Lückenlose Versorgung
Nach einer stationären Behandlung steht Patienten ein Entlassmanagement zu, das sich an ihrem individuellen Bedarf orientiert. Meist informieren Kliniken schon bei der Aufnahme darüber. Zuständig sind in der Regel der Sozialdienst oder Pflegekräfte.
Das Krankenhaus muss dabei genau klären, wie es nach der Behandlung weitergeht. Dazu gehört die häusliche Situation des Patienten genauso wie die Frage, ob und welche Unterstützung er braucht. „Die lückenlose Versorgung in der Zeit zwischen der Entlassung und dem nächsten Arztbesuch muss schon während der Behandlung in der Klinik organisiert und eingeleitet werden“, sagt Julia Wagner vom Referat Entlassmanagement der AOK Baden-Württemberg. „So wird keine wertvolle Zeit vertan, falls Anträge oder Genehmigungen nötig sind.“ Weiterbehandelnde Ärzte, Therapeuten, Reha-Einrichtungen oder Pflegeheime und -dienste bekommen vom Krankenhaus bis zum Zeitpunkt der Entlassung alle wichtigen Informationen.
Insbesondere für chronisch Kranke können im Krankenhaus auch schon konkrete Anschlusstermine bei Fach- und Hausärzten vereinbart werden.
Im Rahmen des Entlassmanagements können die Klinikärzte bei Bedarf Arznei-, Verbands-, Heil- und Hilfsmittel sowie häusliche Krankenpflege und Soziotherapie für eine Übergangszeit von bis zu sieben Tagen verordnen. Außerdem können sie für eine Woche nach der Entlassung die Arbeitsunfähigkeit bescheinigen. Was genau sie verschreiben oder bescheinigen, liegt immer im Ermessen der Ärzte.
Zum Entlassmanagement gehören auch klare Informationen und Instruktionen, welche Medikamente und welche Nachbehandlungen nötig sind, wenn Sie aus dem Krankenhaus entlassen werden. Bei der Entlassung erhält jeder Patient einen persönlichen Entlassbrief und seinen Medikationsplan.
Grundsätzlich gilt das Entlassmanagement für einmalige, größere stationäre Behandlungen. Dauerbehandlungen wie zum Beispiel eine wöchentliche Chemotherapie zählen nicht dazu.
2. Was sind die Vorteile für die Patienten?
- Zeitlicher Puffer
Der Übergang nach einer stationären Krankenhausversorgung ist eine besonders kritische Phase. Durch das Entlassmanagement können Patienten und ihre Angehörigen die Zeit nach einem Klinikaufenthalt besser und in Ruhe organisieren. Das betrifft sowohl den Gang zur Apotheke als auch den nächsten Arztbesuch. „Jetzt gibt es dafür einen zeitlichen Puffer von bis zu sieben Tagen“, erklärt Julia Wagner. Arzneimittelrezepte der Klinikärzte müssen innerhalb von drei Werktagen eingelöst werden.
Früher mussten Patienten spätestens am Tag nach der Entlassung bei ihrem Arzt sein, was nicht nur an Wochenenden, sondern auch an Brückentagen oder wenn unter der Woche Feiertage anstanden problematisch war. Auch immobile Patienten standen deshalb vor einer besonders schwierigen Aufgabe.
Seit dem 1. Februar 2019 gibt es übrigens auch für die stationäre medizinische Rehabilitation ein Entlassmanagement. Um alle Regelungen umzusetzen, haben die Reha-Einrichtungen bis zum 1. August 2019 Zeit.
3. Warum muss ich dem Entlassmanagement schriftlich zustimmen?
- Datenschutz
Das ist aus Gründen des Datenschutzes notwendig. „Ohne eine vorherige schriftliche Einwilligung des Patienten oder eines betreuenden Angehörigen darf das Krankenhaus und auch die Kranken- und Pflegekasse beim Entlassmanagement nicht tätig werden“, erläutert Julia Wagner. Die Unterschrift ist nötig, damit die Klinik – unter Einhaltung des Datenschutzes – Informationen herausgeben darf. Sinnvoll ist dies zum Beispiel, um Pflegeheime anzurufen oder auch um Fragen mit der AOK Baden-Württemberg zu klären.
Außerdem kann so sichergestellt werden, dass alle wichtigen Informationen bei den weiterbehandelnden Ärzten, Therapeuten, Reha-Einrichtungen und Pflegediensten schon zum Zeitpunkt der Entlassung vorliegen. „Patienten haben durch diese Unterschrift nichts zu befürchten“, betont Julia Wagner, „sie kann ihnen nicht schaden, sondern nur nützen.“ Zudem lässt sich die Einwilligung jederzeit widerrufen.
4. Man hört immer wieder, dass es bei der Umsetzung des Entlassmanagements noch Schwierigkeiten gibt. Was ist da dran?
- Langwieriger Prozess
Die gesetzliche Regelung gilt seit Oktober 2017, und mittlerweile hat sich das Verfahren in den meisten Kliniken eingespielt. „Eine solche Umstellung ist allerdings ein langwieriger Prozess, und deshalb kann es an manchen Stellen auch immer mal wieder haken“, sagt Julia Wagner, „das ist ganz normal.“ In diesen Fällen wissen Spezialisten der AOK Rat (siehe nächste Frage „Wer hilft mir, wenn es nach der Entlassung doch irgendwo hakt?“).
5. Wer hilft mir, wenn es nach der Entlassung irgendwo hakt?
- Ihre AOK-Ansprechpartner
In seinem Entlassbrief muss das Krankenhaus eine Kontaktperson nennen, die bei Problemen ansprechbar ist. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn eine Gehhilfe nicht wie angekündigt bereitsteht oder wenn es Fragen zur Medikation gibt.
Außerdem hat die AOK Baden-Württemberg 19 regional tätige Ansprechpartner für das Thema Entlassmanagement. „Sie helfen weiter, wenn etwas nicht stimmt“, erklärt Julia Wagner. Sie koordinieren alle Leistungen innerhalb der AOK und nehmen bei Bedarf zu anderen Leistungserbringern Kontakt auf. Dazu zählen etwa Vertragsärzte, Reha-Einrichtungen und ambulante Pflegedienste. Die AOK-Experten wissen ebenfalls Rat, wenn es Fragen zu den Rezepten der Klinikärzte gibt. „Manchmal wird eine Packungsgröße verordnet, welche die Apotheke nicht ausgeben darf“, sagt Julia Wagner. „Das lässt sich meist schnell und kulant klären.“ Dafür kann die Apotheke direkt Kontakt zu den AOK-Experten aufnehmen.
Patienten und Angehörige können sich auch schon während des Klinikaufenthalts an die Spezialisten wenden – zum Beispiel wenn das Krankenhaus in Sachen Entlassmanagement nicht aktiv wird und deshalb eine Versorgungslücke droht.
Alle Ansprechpartner der AOK finden Sie online unter www.aok-gesundheitspartner.de oder über Ihr AOK-KundenCenter.
6. Wie unterstützt mich die AOK Baden-Württemberg sonst noch?
- Bedarfsgerechte Informationen
Einige Leistungen im Rahmen des Entlassmanagements müssen bei der AOK oder der Pflegekasse beantragt und von ihr genehmigt werden. Damit das möglichst reibungslos läuft und der organisatorische Aufwand überschaubar bleibt, stellt die AOK individuell auf die Kundenbedürfnisse abgestimmte Informationen bereit. Außerdem finden Sie im Internet zum Beispiel Antragsformulare und weitere Informationen.
Die persönlichen Ansprechpartner der AOK stellen darüber hinaus bei Bedarf zum Beispiel Listen mit Pflegeheimen oder Reha-Einrichtungen zur Verfügung, die für entlassene Patienten infrage kommen.
Informationen zum Entlassmanagement für VersicherteInformationen zu AOK-Leistungen
7. Worauf muss ich am Tag der Entlassung achten?
- Entlassbrief und Medikationsplan
Sie sollten das Krankenhaus auf keinen Fall ohne Entlassbrief und Medikationsplan verlassen. Beides ist für die nahtlose Versorgung wichtig. Im Medikationsplan sind alle Arzneimittel dokumentiert, die ein Patient anwendet – mit Hinweisen zur Dosierung und zur Einnahme. Darüber hinaus muss Sie das Krankenhaus genau darüber aufklären, was Sie bei der Einnahme Ihrer Medikamente beachten müssen.
Der Entlassbrief enthält unter anderem alle Infos zur Weiterbehandlung und nennt auch einen Ansprechpartner in der Klinik, den Sie bei Problemen kontaktieren können. Manchmal ist der behandelnde Arzt, der für den Entlassbrief verantwortlich zeichnet, am Tag Ihrer Entlassung nicht im Haus – zum Beispiel am Wochenende. In diesem Fall sollten Sie zumindest auf einen vorläufigen Entlassbrief bestehen. Die vollständige Version sendet Ihnen das Krankenhaus dann später zu.
8. Kann ich im Vorfeld eines stationären Klinikaufenthalts schon etwas tun?
- Informieren und Hilfe organisieren
Ja, das sollten Sie sogar. Jede Klinik muss auf ihrer Internetseite beschreiben, wie sie das Entlassmanagement hausintern geregelt hat. Das heißt, Sie können sich darüber schon vor Ihrem Aufenthalt informieren und sich vorbereiten.
Gerade chronisch kranke Menschen kennen sich mit ihrer Krankheit in der Regel sehr gut aus. Sie wissen genau über ihre Medikamente Bescheid und können meist recht gut einschätzen, wie es nach ihrem Krankenhausaufenthalt weitergehen wird. Deshalb können sie auch schon vorab einiges organisieren – etwa zur Unterstützung eine Haushaltshilfe beantragen oder sich um häusliche Krankenpflege kümmern, welche später die Wundversorgung übernimmt.
Bei dieser Planung sind Ihr Hausarzt und die Spezialisten der AOK Baden-Württemberg wichtige Partner.