Expertenforum - Werkstudent: Überschreitung der 20 Std. Grenze durch selbständige Tätigkeit

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  • 01
    Werkstudent: Überschreitung der 20 Std. Grenze durch selbständige Tätigkeit

    Hallo,


    einer unserer Werkstudenten plant, sich zusätzlich selbständig zu machen.

    Habe ich es richtig verstanden, dass,


    - wenn durch beide Beschäftigungen die 20 Std. Grenze (während der Vorlesungszeit) nicht überschritten wird, er weiterhin als Werkstudent gilt /beschäftigt werden kann

    - wenn aber die 20 Std. Grenze überschritten wird, ihn auf keinen Fall mehr als Werkstudenten beschäftigen / abrechnen dürfen und beurteilen müssen, ob er als Arbeitnehmer oder Selbständiger (je nach Zeitaufwand + wirtschaftl. Bedeutung) gilt /abgerechnet werden muss?

    Und wie ist die korrekte Beurteilung, wenn Einkommen + Zeitaufwand der selbständigen Beschäftigung schwanken und der Student in einem Monat die 20 Std. Grenze überschreitet und in dem anderen nicht?


    Vielen Dank im Voraus für die Beantwortung meiner Fragen!


    Micha014

  • 02
    RE: Werkstudent: Überschreitung der 20 Std. Grenze durch selbständige Tätigkeit

    Guten Tag,
     
    in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung ist für die versicherungsrechtliche Beurteilung von Werkstudenten entscheidend, ob Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werden. Dies ist der Fall, wenn Studenten Beschäftigungen mit bis zu 20 Stunden in der Woche ausüben. Bei Studenten, die mehrere Beschäftigungen nebeneinander oder eine Beschäftigung neben einer „selbstständigen Tätigkeit“ ausüben, sind zur Prüfung der Frage, ob die 20-Wochenstunden-Grenze erreicht oder überschritten wird, die wöchentlichen Arbeitszeiten der nebeneinander ausgeübten Beschäftigungen oder der Beschäftigung und der daneben ausgeübten „selbstständigen Tätigkeit“ zusammenzurechnen.

    Ergibt die Zusammenrechnung, dass die wöchentliche Arbeitszeit insgesamt mehr als 20 Stunden beträgt, ist nicht mehr vom Erscheinungsbild eines ordentlichen Studenten auszugehen.
     
    In Ihrem Sachverhalt ist darüber hinaus zu prüfen, inwiefern die selbstständige Erwerbstätigkeit „haupt-“ oder „nebenberuflich“ ausgeübt wird und damit eine eventuelle Krankenversicherungspflicht entfällt.
     
    § 5 Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) V schließt Personen, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, von der Krankenversicherungspflicht als Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V aus. Dadurch wird vermieden, dass ein hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätiger in einer sozialversicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung grundsätzlich krankenversicherungspflichtig wird.
     
    Hauptberuflichkeit ist allerdings ohne nähere Prüfung der wirtschaftlichen Bedeutung und des zeitlichen Aufwands der selbstständigen Tätigkeit im ersten Schritt immer dann anzunehmen, wenn der Selbstständige Arbeitgeberstellung hat, das heißt, wenn er im Zusammenhang mit seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigt. Liegt keine Arbeitgebereigenschaft vor, ist das Merkmal der Hauptberuflichkeit anhand der Kriterien: wirtschaftliche Bedeutung und zeitlicher Aufwand der selbstständigen Tätigkeit, zu beurteilen und abzugrenzen.
     
    Entscheidend für die Hauptberuflichkeit ist, ob die selbstständige Erwerbstätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung und vom zeitlichen Umfang her die übrige Erwerbstätigkeit deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt.
     
    Dabei stellt die Beschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer ein Indiz für den Umfang einer selbstständigen Tätigkeit dar. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der mit der Leitungsfunktion verbundene Zeitaufwand dem Selbstständigen als Arbeitgeber genauso zuzurechnen ist wie das wirtschaftliche Ergebnis der von ihm evtl. beschäftigten Arbeitnehmer.

    Nach wie vor gelten die vom GKV-Spitzenverband (GKV-SV) in seinen „Grundsätzlichen Hinweisen“ zur Abgrenzung einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit getroffenen Aussagen, nach denen eine mehr als halbtags ausgeübte selbstständige Tätigkeit anzunehmen ist, wenn der Zeitaufwand mehr als 20 Stunden wöchentlich beträgt. Bei einem Zeitaufwand von nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich ist die Annahme einer hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit dann nicht ausgeschlossen, wenn die daraus erzielten Einnahmen die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts bilden.

    Hinsichtlich der Frage, wie eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit einzuordnen ist, wenn sie neben einer anderen Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, hat der GKV-SV in seinen Grundsätzlichen Hinweisen ebenfalls Ausführungen getroffen, nach denen die Prüfung, ob die selbstständige Erwerbstätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Umfang her die übrigen Erwerbstätigkeiten deutlich übersteigt, nicht schematisch, sondern im Rahmen einer Gesamtschau vorzunehmen ist.

    Eine abschließende und verbindliche Beurteilung der Frage der hauptberuflichen Selbstständigkeit ist von zu zuständigen Einzugsstelle vorzunehmen. Dafür benötigt die Krankenkasse eine schriftliche Anfrage mit Anlagen. Als Anlagen sollten alle relevanten Dokumente, die das Beschäftigungsverhältnis betreffen (Arbeitsvertrag, eventuelle Zusatzvereinbarungen) und die Nachweise, die im Zusammenhang mit der Selbstständigkeit stehen (Gewerbeanmeldung, Einkommensnachweise aus der selbstständigen Tätigkeit etc.) beigefügt werden.
     
    Mit freundlichen Grüßen
     
    Ihr Expertenteam

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