Expertenforum - Anwendung § 28g SGB IV

Liebes Experten-Team,

ich bitte um Unterstützung bei folgender Fallkonstellation:

Bei unserem Beschäftigten wurde in der PV versehentlich die falsche Beitragsverteilung verschlüsselt. Es handelt sich um einen Beschäftigten im Freistaat Sachsen mit der besonderen Beitragsverteilung nach § 58 Abs. 3 SGB XI. Bisher wurden die Beiträge nach der allgemeinen Regel je zur Hälfte durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen (§ 58 Abs. 1 SGB XI).

Können wir bei der Korrektur den höheren AN-Beitrag auch rückwirkend über die drei Monate hinaus dem AN belasten? Gilt dieser Anteil als vom AN allein zu tragen nach § 28g Satz 4 SGV IV?

Vielen Dank für Ihre Hilfe.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine H.

Hallo Sabine H.,
 
der Arbeitgeber ist grundsätzlich Schuldner der Beiträge zur Sozialversicherung gegenüber der einzugsberechtigten Krankenkasse. Der Beitragsanteil des Arbeitnehmers in der Sozialversicherung kann nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden.
 
Ein unterbliebener Beitragsabzug darf nur bei den nächsten drei Lohn- bzw. Gehaltszahlungen (gerechnet vom dem Zeitpunkt an, ab dem der Entgeltanspruch entstanden ist) nachgeholt werden.
Der Arbeitnehmer „muss“ nicht damit rechnen, dass nach Ablauf der 3-Monatsfrist noch selbst aufzubringende Anteile der Gesamtsozialversicherungsbeiträge von seinem Lohn oder Gehalt gekürzt werden, es sei denn, der Abzug ist ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben.
 
Sofern kein Verschulden des Arbeitgebers vorliegt, kann der Abzug auch für einen längeren Zeitraum nachgeholt werden, z. B., wenn der Arbeitnehmer seine Auskunfts- und Vorlagepflichten gegenüber dem Arbeitgeber grob fahrlässig oder vorsätzlich nicht erfüllt hat.
 
Da in Ihrem Sachverhalt ein „Verschulden“ des Arbeitgebers vorliegt, kann der Mitarbeiter nur bei den nächsten drei Lohn- bzw. Gehaltszahlungen im Rahmen der oben beschriebenen Verfahrensweise an den Beiträgen beteiligt werden.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Ihr Expertenteam
 

Liebes Experten-Team,

vielen Dank für Ihre Antwort.

Meines Erachtens ist ein Beitragseinbehalt beim AN nach Ablauf der 3-Monats-Frist nur zulässig, wenn

1. der Abzug ohne Verschulden des AG unterblieben ist (z.B. bei mangelnder Mitwirkung oder wegen falscher Angaben des AN) oder

2. der AN den Beitrag alleine zu tragen hat (unabhängig vom Verschulden des AG) oder

3. der AN nur Sachbezüge erhält (unabhängig vom Verschulden des AG).

Es ist richtig, dass hier ein Verschulden des AG für den unterbliebenen Abzug vorliegt. Allerdings handelt es sich bei dem Beitragsanteil in Höhe von 1 % für AN in Sachsen um einen vom AN alleine zu tragenden Anteil (siehe Variante 2). Wäre damit grundsätzlich ein Einbehalt trotz Verschulden des AG möglich? Eine Regelung konnte ich nur bezüglich des Einbehalts des Kinderlosenzuschlags finden, welcher ebenfalls vom AN alleine zu tragen ist. Oder ist die Vorschrift so zu verstehen, dass ein Einbehalt immer ausgeschlossen ist, sobald ein Verschulden des AG vorliegt, egal ob es sich um Beiträge handelt, die vom AN alleine zu tragen sind oder um paritätische Beiträge?

Mit freundlichen Grüßen

Sabine H.

Hallo Sabine H.,
 
in § 28g SGB IV sind die Regelungen zum „Beitragsabzug“ wie folgt geregelt:
 
„1Der Arbeitgeber und in den Fällen der nach § SGB_IV § 7f Absatz SGB_IV § 7F Absatz 1 Satz 1 Nummer SGB_IV § 7F Absatz 1 1 Nummer 2 auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben die Deutsche Rentenversicherung Bund hat gegen den Beschäftigten einen Anspruch auf den vom Beschäftigten zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. 2Dieser Anspruch kann nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden. 3Ein unterbliebener Abzug darf nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. 4Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Beschäftigte seinen Pflichten nach § SGB_IV § 28o Absatz SGB_IV § 28O Absatz 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachkommt oder er den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein trägt oder solange der Beschäftigte nur Sachbezüge erhält.“
 
Die Regelungen des § 28g Satz 4 SGB IV finden nach unserem Verständnis auf Ihren Fall keine Anwendung. Ein Einbehalt der Arbeitnehmeranteile über 3 Monate hinaus ist für uns immer dann ausgeschlossen, sobald ein Verschulden des Arbeitgebers vorliegt, unabhängig davon, ob es sich um Beiträge handelt, die vom Arbeitnehmer alleine zu tragen sind oder um „paritätisch“ zu entrichtende Beiträge handelt.
 
Da es nach unserm Kenntnisstand keine weitergehenden Ausführungen gibt, wie in Fällen der von Ihnen beschriebenen Art zu verfahren ist, empfehlen wir Ihnen, die zuständige Krankenkasse zu kontaktieren und die weitere Vorgehensweise mit dieser abzustimmen.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Ihr Expertenteam