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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Urlaub - Ende des Arbeitsverhältnisses
Urlaub - Ende des Arbeitsverhältnisses
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Urlaub ist zur Erholung da (§ 1 BUrlG)! Daher ist eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs in Geld grundsätzlich ausgeschlossen. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheidet. Lediglich wenn wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaub ganz oder teilweise nicht genommen werden kann, ist er abzugelten (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Eine Abgeltung ist während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses für den gesetzlichen Mindesturlaub unwirksam. Dies gilt grundsätzlich auch für einen tariflichen Mehrurlaub (LAG Rheinland-Pfalz, 28.10.2019 – 3 Sa 241/19). Wird dagegen bei bestehendem Arbeitsverhältnis ein beantragter Urlaub vom Arbeitgeber abgelehnt und geht wegen Ende des Übertragungszeitraums der Anspruch auf Urlaub unter, schuldet der Arbeitgeber Schadenersatz (§§ 275, 280, 281 BGB, 249 BGB).
Der EuGH geht in seiner Rechtsprechung mit Blick auf Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG noch weiter: Der Urlaubsanspruch geht danach nicht unter, wenn der Mitarbeiter keinen Urlaubsantrag gestellt hat, der Arbeitgeber seinerseits es aber unterlassen hat, ausdrücklich auf den drohenden Verfall hinzuweisen und es so dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, seinen Urlaub doch noch rechtzeitig zu nehmen (EuGH, 06.11.2018 – C – 619/16 u. C – 684/16. Dem hat sich das BAG angeschlossen – hinzuweisen ist förmlich auf den konkreten Resturlaubsanspruch und den Zeitpunkt des Verfalls; offen bliebt bis wann der Arbeitnehmer darauf hinzuweisen ist (BAG, 19.02.2019 – 9 AZR 541/15 ; 9 AZR 423/16 u. BAG, 26.05.2020 - 9 AZR 259/19). Der konkrete Hinweis des Arbeitgebers muss neben der taggenauen Angabe des Resturlaubs die Aufforderung enthalten, den Urlaub zu nehmen. Außerdem muss über das Erlöschen des Anspruchs mit Ablauf des Kalenderjahres aufgeklärt werden (BAG, 21.05.2019 – 9 AZR 259/18). Für die praktische Ausübung der Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers gibt es keine festen Vorgaben. Der Arbeitgeber ist frei in der Wahl der Mittel, muss sie aber so einsetzen, dass sie zweckentsprechend und geeignet sind, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, in Kenntnis aller Umstände darüber frei zu entscheiden, ob er seinen Urlaub in Anspruch nimmt oder nicht (BAG, 21.05.2019 - 9 AZR 579/16). Die Information, der zustehende Resturlaub könne einer Tabelle auf dem Firmenserver entnommen werden, genügt der Hinweispflicht des Arbeitgebers nicht (BAG, 25.06.2019 - 9 AZR 546/17). Ebenso ist es nicht ausreichend, auf einen allgemein zugänglichen Aushang der Urlaubsliste hinzuweisen. Andererseits ist bei einer fehlerhaften Angabe der noch zustehenden Urlaubstage in Formularen oder Tabellen lediglich eine Hinweis- und Dokumentationsfunktion, die einen Anspruch des Arbeitnehmers auf falsch ausgewiesene Urlaubstage nicht begründet (BAG, 21.05.2019 – a.a.O.).
Der Arbeitgeber muss auf den drohenden Verfall auch hinweisen, wenn es sich um Urlaub aus den vergangenen Jahren handelt (LAG Köln, 09.04.2019 – 4 Sa 242/18).
Die Initiativlast bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs liegt auch dann beim Arbeitgeber, wenn der Mitarbeiter keinen Urlaubsantrag stellen muss und berechtigt ist, den Urlaub ohne vorherige Genehmigung zu nehmen. Auch dann obliegt es dem Arbeitgeber, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, ihn - erforderlichenfalls förmlich - aufzufordern, den Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfällt, wenn er ihn nicht in Anspruch nehmen würde (BAG, 22.10.2019 – 9 AZR 98/19).
Die Rechtslage ist in Bezug auf vertraglichen Mehrurlaub nur dann anders, wenn die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers abweichend von den Vorgaben des BUrlG ausgestaltet wurden. Für einen solchen Regelungswillen müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Fehlen diese, ist von einem Gleichlauf des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf den arbeitsvertraglichen Mehrurlaub auszugehen (BAG, 25.06.2019 a.a.O.; BAG, 26.05.2020 – 9 AZR 129/19 und 9 AZR 259/19).
Die Entscheidung des EuGH zur Auslegung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 06.11.2018 C -619/16 und C 684/16 enthält keine zeitliche Geltungsbeschränkung. Daher kann bei Sachverhalten vor diesen Urteilen kein Vertrauensschutz gewährt werden (BAG, 26.05.2020 – 9 AZR 259/19).
Kann der Urlaub unter Berücksichtigung der genannten Rechtsprechung nicht genommen werden, besteht ein Anspruch auf "Ersatzurlaub", der grundsätzlich durch bezahlte Freistellung zu gewähren ist. Eine Urlaubsabgeltung ist daher auch in diesem Falle nicht möglich, solange das Arbeitsverhältnis besteht; sie kommt erst in Betracht, wenn es endet.
Weist der Arbeitgeber jedoch nach, dass sein Mitarbeiter aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet hat, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, steht das Unionsrecht dem Verlust dieses Anspruchs und – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – dem entsprechenden Wegfall einer Urlaubsabgeltung nicht entgegen (EuGH, 06.11.2018 – C – 619/16 u. C – 684/16). Dem hat sich das BAG für das nationale Recht angeschlossen (BAG, 19.02.2019 – 9 AZR 321/16 und 9 AZR 423/16).
Mit der Gewährung des Urlaubs erkennt der Arbeitgeber zugleich seine Verpflichtung an, dass er dem Grunde nach zur Zahlung von Urlaubsentgelt im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und evtl. arbeitsvertraglichen Vereinbarungen verpflichtet ist (BAG, 30.01.2019 – 5 AZR 43/18). Eine Auszahlung der Urlaubsvergütung vor Urlaubsantritt oder ein ausdrückliches Zahlungsversprechen ist daher nicht erforderlich. Entsprechend dem Grundsatz von Treu und Glauben ist die Urlaubserteilung jedenfalls im bestehenden Arbeitsverhältnis so auszulegen, dass damit die Vergütung beansprucht werden kann (BAG, 20.08.2019 – 9 AZR 468/18). Gleichzeitig ist es dadurch nicht mehr notwendig, den Anspruch innerhalb von vertraglich vereinbarten Ausschlussfristen geltend zu machen.
Auch nach Ausspruch einer arbeitgeberseitigen Kündigung bestehen die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs fort (BAG, 19.02.2019 – 9 AZR 321/16). Dagegen besteht die Pflicht des Arbeitgebers, den Mitarbeiter rechtzeitig auf einen drohenden Verfall des Urlaubsanspruchs hinzuweisen nicht bei langfristig erkrankten Arbeitnehmern. Diese Pflicht besteht erst wieder nach Genesung in Bezug auf die konkreten Ansprüche des Arbeitnehmers (LAG Hamm, 24.07.2019 – 5 Sa 676/19 – Revision anhängig beim BAG unter dem Az.: 9 AZR 401/19). Eine Belehrung als Obliegenheit des Arbeitgebers ergibt nach der Entscheidung nur dann Sinn, wenn die Arbeitnehmerin in der Lage ist, auf diese zu reagieren und den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Dies ist im Falle einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit nicht der Fall (a.M. ArbG Berlin, 13.06.2019 – 42 Ca 3229/19).
Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub und damit auch die Regelungen zu seinem Verfall können nicht durch Vertrag oder Betriebsvereinbarung abbedungen werden (§ 13 BUrlG). Hinsichtlich des evtl. tarif- oder arbeitsvertraglich zustehenden Mehrurlaubs sind abweichende vertragliche Regelungen möglich (ggf. Tarifvertrag oder einzelvertragliche Regelungen prüfen!). Soweit keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden, gilt für den Mehrurlaub das Gleiche wie für den gesetzlichen Mindesturlaub (vgl. BAG, 19.02.2019 – 9 AZR 321/16; BAG, 26.05.2020 – 9 AZR 129/19 u. BAG, 26.05.2020 - 9 AZR 259/19).
Praxistipp:
Dem Entstehen von Ansprüchen auf den Ersatzurlaub können Sie entgehen, indem sie den Mitarbeiter rechtzeitig (d. h. bereits in den Sommermonaten) darauf hinweisen, dass er seine Resturlaubstage bis zum Jahresende nehmen muss, da diese andernfalls verfallen. Es sollten dabei individuell die noch offenen Urlaubstage genannt werden. Aus Nachweisgründen ist es sinnvoll diesen Hinweis schriftlich – ggf. mit Empfangsbestätigung - zu verfassen; denn der Arbeitgeber ist beweispflichtig dafür, dass er den Mitarbeiter angemessen informiert und in die Lage versetzt hat, den Urlaub zu nehmen (EuGH, 06.11.2018 – C 619/16 und C – 684/16). Nach der Rechtsprechung des BAG ist ein allgemein gehaltenes Rundschreiben an alle Mitarbeiter nicht ausreichend (BAG, 25.06.2019 - 9 AZR 546/17). Dies gilt in der Regel sowohl für den gesetzlichen Urlaub wie auch für vertraglichen Mehrurlaub (siehe oben).
Prüfen Sie, ob hinsichtlich des Mehrurlaubs eine besondere Verfallregelung getroffen ist bzw. vereinbart werden kann. Genommener Urlaub wird gleichmäßig auf den Mindest- und den vertraglichen Mehrurlaub angerechnet, wenn eine Regelung in einem Arbeits- oder Tarifvertrag hinsichtlich des Umfangs des Urlaubsanspruchs nicht zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und einem übergesetzlichen Mehrurlaub differenziert, Dann liegt in Höhe des gesetzlichen Urlaubs eine Anspruchskonkurrenz mit der Folge vor, dass ein Arbeitgeber mit der Freistellung des Arbeitnehmers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung auch ohne ausdrückliche oder konkludente Tilgungsbestimmung beide Ansprüche ganz oder teilweise erfüllt. § 366 Abs. 2 BGB ist nicht anzuwenden (BAG, 07.08.2012 – 9 AZR 760/10). Teilweise wird auch die Auffassung vertreten, genommener Urlaub werde zunächst auf den gesetzlichen Mindesturlaub angerechnet. Schließt man sich dem an, hat der Mehrurlaub in Bezug auf den Verfall eine größere Bedeutung.
Der folgende Beitrag gibt Ihnen alle wichtigen Informationen zum Urlaubsanspruch im Zusammenhang mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses.
2. Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Wird das Arbeitsverhältnis beendet, kann noch ein Resturlaub verbleiben. Dabei spielt der Grund der Beendigung für den evtl. Anspruch auf Urlaubsabgeltung keine Rolle (EuGH, 20.07.2016 – C-341/15). Zu berücksichtigen ist, dass beim Ausscheiden des Arbeitnehmers im zweiten Halbjahr Anspruch auf den vollen Jahresurlaub besteht (§ 5 Abs. 1 BUrlG). Dies gilt jedenfalls für den gesetzlichen Mindesturlaub. Für darüber hinausgehende vertragliche Urlaubsansprüche können abweichende Regelungen getroffen werden (BAG, 21.05.2019 – 9 AZR 579/16).
Im Urlaubsrecht sind grundsätzlich individuelle oder kollektive Vereinbarungen zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages möglich. Allerdings dürfen diese sich nicht zuungunsten des Arbeitnehmers auswirken (§ 13 Abs. 1 BUrlG). Den Parteien des Arbeitsvertrags steht es z.B. frei, eine Vereinbarung zu treffen, die den Arbeitgeber verpflichtet, Urlaub, der bereits verfallen ist, dennoch zu gewähren. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die nicht die (Nach-)Gewährung verfallenen Urlaubs, sondern dessen Abgeltung vorsieht (BAG, 18.10.2011 – 9 AZR 303/10). Ist der Urlaub verfallen, besteht aber kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Auch ein Schadenersatzanspruch besteht selbst dann nicht, wenn der Arbeitgeber entgegen § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 NachwG auf die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs hingewiesen hatte (BAG, 24.05.2017 – 5 AZR 251/16).
2.1 Kündigung des Arbeitgebers
Kündigt der Arbeitgeber ordentlich, kann er den Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist durch Gewährung von Urlaub freistellen. Der Urlaubsanspruch erlischt durch die Freistellung nur, wenn die Urlaubsgewährung unwiderruflich erfolgt (BAG, 20.08.2019, 9 AZR 468/18). Denn der Erholungszweck des Urlaubs gebietet es, dass seine vorzeitige Beendigung ausgeschlossen ist (BAG, 14.03.2006 – 9 AZR 11/05). Wichtig ist es auch, dass der Arbeitgeber darauf hinweist, dass die Freistellung zum Zweck der Urlaubsgewährung erfolgt (LAG Rheinland-Pfalz, 27.02.2019 – 2 Sa 56/18). Eine Freistellung während der Kündigungsfrist ist erlaubt, wenn das Freistellungsinteresse des Arbeitgebers gegenüber dem Beschäftigungsinteresse des Mitarbeiters überwiegt (BAG, 27.02.1985 – GS 1/84).
Stellt der Arbeitnehmer im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses einen Auflösungsantrag, steht dies weder einem Urlaubsverlangen des Arbeitnehmers noch einer Urlaubsgewährung durch den Arbeitgeber entgegen. Der Arbeitgeber ist daher rechtlich nicht gehindert, dem Arbeitnehmer im nicht wirksam gekündigten und deshalb fortbestehenden Arbeitsverhältnis durch eine entsprechende, vorbehaltlose Freistellungserklärung und Zahlung von Urlaubsvergütung bezahlten Urlaub zu gewähren (BAG, 19.06.2018 – 9 AZR 615/17).
Praxistipp:
Sinnvoll kann es sein, im Rahmen des Kündigungsschreibens o.ä. anzugeben, für welche Zeit der Freistellung Urlaub gewährt wird. Denn erkrankt der Mitarbeiter während des Urlaubs, werden die durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Urlaub angerechnet (§ 9 BUrlG). Insoweit kann ein Anspruch auf Abgeltung eintreten. Fällt die Arbeitsunfähigkeit in die übrige Zeit der Freistellung, steht dies der Erfüllung des Urlaubsanspruchs nicht entgegen.
Wurde der Arbeitgeber rechtskräftig zur Zahlung von Vergütung wegen Annahmeverzugs (§ 615 Satz 1 BGB) für einen bestimmten Zeitraum verurteilt, ist er aufgrund der Wirkung der rechtskräftigen Entscheidung (§ 322 Abs. 1 ZPO) im Rechtsstreit über die Erfüllung der Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers mit dem Einwand ausgeschlossen, er habe im selben Zeitraum den Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers erfüllt (BAG, 21.05.2019 - 9 AZR 579/16). Daher muss der Urlaubsanspruch ggf. abgegolten werden.
Bei einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung besteht keine Chance, den Resturlaub noch zu gewähren. Dann entsteht regelmäßig ein Anspruch auf Abgeltung des noch bestehenden Urlaubsanspruchs. Dies gilt auch, wenn ein erhebliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers zur Kündigung geführt hat; denn die außerordentliche Kündigung ist keine Strafe. Selbst wenn der Arbeitgeber die fristlose Kündigung mit einer vorsorglichen Urlaubsgewährung (für den Fall, dass die außerordentliche Kündigung sich als rechtswidrig herausstellt und in eine gleichzeitig hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung umgewandelt wird) verbindet, gilt der Urlaub grundsätzlich als nicht gewährt (BAG, 10.02.2015 – 9 AZR 455/13). Zur rechtswirksamen Urlaubsgewährung ist die Zahlung der Vergütung vor Beginn der Freistellung oder zumindest eine vorbehaltslose Zusage der Bezahlung erforderlich (§ 11 Abs. 2 BUrlG). Unter dieser Voraussetzung ist die vorsorgliche Gewährung von Urlaub aber zulässig. Maßgeblich ist nicht, ob der Arbeitnehmer das Bestehen seiner Arbeitspflicht kennt, sondern dass er die Gewissheit hat, während eines bestimmten Zeitraums nicht zur Arbeit herangezogen zu werden, und sich deshalb nicht zur Erbringung einer Arbeitsleistung bereithalten muss (BAG, 25.08.2020 – 9 AZR 612/19). Dem Erholungszweck des Urlaubs steht in solchen Fällen nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer in dieser Zeit für Vermittlungsbemühungen zur Verfügung stehen bzw. gegenüber der Bundesagentur Meldepflichten erfüllen muss (siehe auch Entscheidung der Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg, 04.09.2017 – 4 Sa 15/19).
Wird ein Arbeitsverhältnis gekündigt und erweist sich diese Kündigung im Rahmen eines Arbeitsgerichtsverfahrens als unwirksam, hat der Arbeitnehmer für die Zeit der kündigungsbedingten Freistellung von der Arbeitsleistung Anspruch auf bezahlten Urlaub – bzw. bei zwischenzeitlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Ist der Arbeitnehmer in diesem Zeitraum einer anderen Beschäftigung nachgegangen, richten sich die Ansprüche gegen den neuen Arbeitgeber (EuGH, 25.06.2020 – C-762/18 u. C-37/19).
Wird ein Arbeitsverhältnis aus Anlass der Insolvenz des Arbeitgebers gekündigt, ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden kann. Die Urlaubsabgeltung eine Masseforderung, da der Anspruch erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Eine Masseforderung ist vorweg aus der Insolvenzmasse zu erfüllen.
2.2 Kündigung des Arbeitnehmers
Auch bei Kündigung des Arbeitnehmers kann Anspruch auf eine Abgeltung bestehen, wenn der Urlaub nicht bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses gewährt werden kann. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der Arbeitgeber auf die Arbeitsleistung bis zum Ende der Kündigungsfrist aus betrieblichen Gründen nicht verzichten kann.
2.3 Aufhebungsvertrag
Beim Aufhebungsvertrag wird das Arbeitsverhältnis durch Vertrag in gegenseitigem Einvernehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet. Dabei ist eine Reihe von Punkten zu regeln. U.a. ist auch die Gewährung des Resturlaubs bzw. dessen Abgeltung festzulegen. Dabei muss aber der Grundsatz beachtet werden, dass Urlaub vorrangig in Natur, d.h. durch Freistellung zu gewähren ist.
Gegenseitiges Einvernehmen beim Abschluss des Aufhebungsvertrages setzt voraus, dass das Gebot fairen Verhandelns beachtet wurde. Schafft der Arbeitgeber eine psychische Drucksituation, die dem Arbeitnehmer eine freie und überlegte Entscheidung erschwert, führt dies dazu, dass der Arbeitnehmer so zu stellen ist, als habe er den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen. Das Arbeitsverhältnis besteht dann weiter (BAG, 07.02.2019 – 6 AZR 75/18).
Liegt bei den im Aufhebungsvertrag festgelegten Bedingungen eine versehentlich falsche Bezeichnung (Tage statt Stunden) vor, gilt der von den Vertragsparteien gewollte (richtige) Vertragsinhalt (LAG Rheinland-Pfalz, 22.11.2018 – 5 Sa 173/18).
2.4 Ruhendes Arbeitsverhältnis
In diesem Zusammenhang stellt sich zunächst die Frage, wie sich das Ruhen des Arbeitsverhältnisses auf den Urlaubsanspruch auswirkt.
Bei Vereinbarung von Sonderurlaub (oder Sabbatical) entstehen nach der neuen Rechtsprechung des BAG zusätzlich keine Ansprüche auf den gesetzlichen Erholungsurlaub (BAG, 19.03.2019 – 9 AZR 315/17). Der Zeitraum des unbezahlten Sonderurlaubs ist bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs regelmäßig mit "null" Arbeitstagen in Ansatz zu bringen (BAG, 19.03.2019 – 9 AZR 406/17). Seine früher abweichende Rechtsauffassung (BAG, 06.05.2014 – 9 AZR 678/12) hat das BAG aufgegeben. Wird zum Ende der Freistellungsphase das Arbeitsverhältnis gekündigt, ist der Urlaub abzugelten. Ein Arbeitgeber, der im Rahmen eines Verfahrens zur Urlaubserteilung unzutreffende Angaben zu (während des Sonderurlaubs) bestehenden Urlaubsansprüchen macht und so eine mögliche rechtzeitige Beantragung zustehenden Urlaubs zumindest erschwert, kann sich nicht auf einen Verfall der Urlaubsansprüche berufen. Er muss den Urlaub zuweisen oder ggf. auch abgelten (LAG Berlin-Brandenburg, 16.03.2018 – 9 Sa 1504/17).
Kann infolge von Arbeitsunfähigkeit der Urlaub nicht bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses genommen werden, ist der Anspruch ebenfalls abzugelten (EuGH, 20.01.2009 – C 350-06; BAG, 24.03.2009 – 9 AZR 983/07). Für die Urlaubsansprüche, die bei Langzeiterkrankungen bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis entstehen, gilt ein verlängerter Übertragungszeitraum von 15 Monaten (BAG, 16.10.2012 – 9 AZR 63/11, Einzelheiten siehe auch Urlaub - Anspruch bei Arbeitsunfähigkeit).
Kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung besteht dagegen, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer befristeten Erwerbsunfähigkeitsrente ruht (LAG Berlin-Brandenburg, 16.05.2019 – 5 Sa 1709/18 – siehe aber BAG, 18.09.2012 – 9 AZR 623/10). Nach Meinung des Gerichts ist die Rechtslage zu den Urlaubsansprüchen bei länger andauernder Arbeitsunfähigkeit nicht auf das Ruhen des Arbeitsverhältnisses wegen befristeter Erwerbsunfähigkeitsrente übertragbar.
Im Rahmen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses steht dem Arbeitnehmer beim Blockmodell bei Übergang in die Freistellungsphase kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung zu. Denn mit Beginn der Freistellungsphase endet nicht das Arbeitsverhältnis, was gem. § 7 Abs. 4 BUrlG Voraussetzung für den Anspruch auf Abgeltung ist (BAG, 16.05.2017 – 9 AZR 572/16). Darüber hinaus entstehen während der Freistellungsphase keine neuen Urlaubsansprüche, die am Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten wären (BAG, 24.09.2019 – 9 AZR 481/18; BAG, 03.12.2019 - 9 AZR 33/19). Denn der gesetzliche Urlaubsanspruch für den Zeitraum der Altersteilzeit ist nach § 3 Abs. 1 BUrlG jahresbezogen nach der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht zu berechnen. Vertraglicher Mehrurlaub kann von den Arbeitsvertragsparteien abweichend geregelt werden (BAG, 03.12.2019 a.a.O.).
Bei Beginn der Elternzeit noch bestehende Urlaubsansprüche können auf die Zeit nach Beendigung der Freistellung übertragen werden (§ 17 Abs. 2 BEEG). Für die Elternzeit selbst kann der Arbeitgeber den Erholungsurlaub anteilig kürzen (§ 17 Abs. 1 BEEG). Dies ist mit dem Europarecht vereinbar. Die Kürzungserklärung des Arbeitgebers muss aber eindeutig sein und dem Arbeitnehmer zugehen (BAG, 19.03.2019 – 9 AZR 495/17). Liegt aber eine Erklärung des Arbeitgebers nach diesen Grundsätzen nicht vor, ist der Urlaub ungekürzt zu gewähren (LAG Rheinland-Pfalz, 12.05.2020 – 6 Sa 361/19).
Praxistipp:
Die Kürzungserklärung muss der Arbeitgeber während des Arbeitsverhältnisses abgeben. Ist es bereits beendet, kann der Urlaub nicht mehr gekürzt werden (BAG, 19.05.2015 – 9 AZR 725/13). Der so erworbene Urlaubsanspruch ist dann in vollem Umfang abzugelten.
Eine Urlaubsgewährung während der Elternzeit selbst ist nicht möglich, da keine Arbeitspflicht besteht. Der Arbeitnehmer kann sein Arbeitsverhältnis mit einer besonderen Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende der Elternzeit kündigen (§ 19 BEEG). Macht der Mitarbeiter davon Gebrauch, ist der evtl. übertragene Resturlaub abzugelten. Zu beachten ist dann, dass bei Abgeltung von Urlaub, der aus mehreren Kalenderjahren stammt, das Abgeltungsverlangen hinsichtlich jedes einzelnen Urlaubsjahres vor Gericht einen eigenen Streitgegenstand bildet (BAG, 23.01.2018 – 9 AZR 200/17).
Hat eine Frau wegen Beschäftigungsverboten nach dem MuSchG ihren Urlaub ganz oder teilweise noch nicht erhalten, kann dieser ebenfalls auf die Zeit nach deren Ablauf übertragen werden (§ 24 S. 2 MuSchG). Der Urlaubsanspruch bleibt während eines Beschäftigungsverbotes auch dann erhalten, wenn der Arbeitgeber den Urlaub bereits zuvor festgelegt hat (BAG, 09.08.2016 – 9 AZR 575/15). Die frühere Regelung, wonach das Arbeitsverhältnis von der Arbeitnehmerin während der Schwangerschaft und während der Schutzfrist nach der Entbindung ohne Einhaltung einer Frist zum Ende der genannten Schutzfrist gekündigt werden konnte, ist im Rahmen des Gesetzes zur Neuregelung des Mutterschutzrechts vom 23.05.2017 (BGBl I Nr. 30 S. 1228) im Hinblick auf die Regelungen zur Elternzeit ersatzlos entfallen (BT-Drs. 18/8963 S. 40). Damit besteht auch kein Rechtsgrund mehr für eine Urlaubsabgeltung.
Leistet ein Arbeitnehmer freiwilligen Wehrdienst, bleibt das Arbeitsverhältnis ebenfalls erhalten. Der Arbeitgeber kann den Urlaub für die Zeit des Wehrdienstes anteilig kürzen. Auch hier gilt, dass Urlaub, der bei Beginn des Wehrdienstes noch nicht genommen wurde, nach dessen Ende im nächsten oder übernächsten Urlaubsjahr genommen werden kann. Soweit das Arbeitsverhältnis während des Wehrdienstes endet oder es nach dessen Ende nicht fortgesetzt wird, ist eine Abgeltung des Resturlaubs ausdrücklich gesetzlich vorgesehen (§ 58f SG i.V.m. § 4 Abs. 3 ArbPlSchG).
Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wird in vielen Betrieben Kurzarbeit gemacht. Dann stellt sich die Frage, ob sich dies auf den Urlaubsanspruch auswirkt. Zunächst kommt es darauf an, ob eine Regelung dazu in einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder in dem jeweiligen Arbeitsvertrag enthalten ist (vgl. LAG Hamm, 30.08.2017 – 5 Sa 626/17). Wenn es keine entsprechende Klausel gibt, kommt es für den Anspruch darauf an, wie sich die Kurzarbeit auf die Arbeitspflicht auswirkt.
Arbeitet der Mitarbeiter an jedem Tag, aber verkürzt (z.B. sechs statt acht Stunden) behält er den Urlaubsanspruch unvermindert.
Macht der Betrieb Kurzarbeit "Null", entstehen nach der Rechtsprechung des EuGH für diese Zeit keine Urlaubsansprüche (EuGH, 08.11.2012 – C-229/11 – siehe auch Schinz in Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 9. Aufl. 2020 § 3 BUrlG, Rn. 41a). Der Mitarbeiter kann über die freie Zeit uneingeschränkt verfügen und sie ähnlich wie bei Urlaub nutzen. Dauert die Kurzarbeit "Null" z.B. drei Monate, verliert der Arbeitnehmer B< seines Jahresurlaubs.
Fallen einzelne Tage aus (z.B. Arbeit von Montag – Mittwoch), ist der anteilige Urlaub für die Zeit der Kurzarbeit wie bei Teilzeitkräften zu berechnen (vgl. hierzu BAG, 19.03.2019 – 9 AZR 406/17).
Diese Grundsätze wirken sich entsprechend auch bei einer Urlaubsabgeltung aus.
2.5 Tod des Arbeitnehmers
Der Anspruch auf Urlaub geht mit dem Tod des Arbeitnehmers nicht unter (EuGH, 12.06.2014 – C 118/13). Offen geblieben ist bei der Entscheidung, ob in diesem Fall die Erben einen Anspruch auf Abgeltung des bis zum Tod zustehenden gesetzlichen Mindesturlaubs haben. Denn das nationale Recht der Bundesrepublik Deutschland sieht eine Abgeltung nur vor, wenn der Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann. Stirbt der Arbeitnehmer während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses, hatte er jedoch keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung, die nach § 1922 Abs. 1 BGB Teil der Erbmasse werden könnte. Ist der Abgeltungsanspruch jedoch schon vor dem Tod entstanden, kann er als reiner Zahlungsanspruch auch vererbt werden (BAG, 20.09.2011 – 9 AZR 416/10). Die mit der Entscheidung des EuGH vom 12.06.2014 entstandenen europarechtlichen Fragen hat das BAG erneut dem EuGH vorgelegt (BAG, 18.10.2016 – 9 AZR 196/16 [A]). Nach der Entscheidung des EuGH können sich Erben sowohl gegenüber einem öffentlichen wie auch einem privaten Arbeitgeber auf das Unionsrecht berufen und eine finanzielle Vergütung für nicht genommenen Urlaub verlangen. Denn der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub geht nach Unionsrecht nicht mit seinem Tod unter. Sofern das nationale Recht eine solche Möglichkeit ausschließt und sich daher als mit dem Unionsrecht unvereinbar erweist, können sich die Erben unmittelbar auf das Unionsrecht berufen (EuGH, 06.11.2018 – C 569/16 u. C 570/16). Daraufhin hat das BAG entschieden, dass der Anspruch auf Freistellung zwar mit dem Tod untergeht, aber als Abgeltungsanspruch erhalten bleibt und dieser auf die Erben übergeht. Dies gilt sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub als auch für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Arbeitnehmer nach § 208 SGB IX. Ebenso einschlossen kann der tarifliche bzw. vertragliche Zusatzurlaub sein, wenn der Tarif- oder Arbeitsvertrag die Frage der Vererbung der Ansprüche nicht ausdrücklich abweichend regelt. Dies folge aus der richtlinienkonforme Auslegung von §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG (BAG, 22.01.2019 – 9 AZR 45/16 und 9 AZR 328/16).
Die durch die Rechtsprechung entstandene neue Rechtslage wirkt sich in diesen Fällen auch auf die Beitragspflicht der Urlaubsabgeltung aus: Urlaubsabgeltungen nach Beendigung der Beschäftigung durch Tod des Arbeitnehmers erfüllen einen während der Beschäftigung erworbenen Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers und sind somit als Arbeitsentgelt nach § 14 Abs. 1 S. 1 SGB IV zu werten. Diese Urlaubsabgeltungen stellen einmalig gezahltes Arbeitsentgelt dar, das nach den dafür in § 23a SGB IV vorgesehenen Regelungen der Beitragspflicht unterliegt, sofern die Abgeltung im Einzelfall tatsächlich gezahlt wird (§ 22 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Die geänderte Rechtsauffassung ist für Urlaubsabgeltungen, die nach dem 22.01.2019 (Datum des o.g. BAG-Urteils) gezahlt werden, anzuwenden (TOP 1 der Niederschrift über die Besprechung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 20.11.2019).
2.6 Scheinselbstständigkeit
Wird im Nachhinein festgestellt, dass das Vertragsverhältnis eines Mitarbeiters nicht als selbstständige Tätigkeit, sondern als abhängige Beschäftigung einzuordnen war und ist der Arbeitnehmer inzwischen ausgeschieden, stellt sich die Frage, ob er rückwirkend Urlaub beanspruchen kann. Nach dem (vor dem Hintergrund des britischen Rechts) ergangenen Urteil des EuGH vom 29.11.2017 – C-214/16) muss der (nicht genommene) Urlaub in solchen Fällen übertragen werden, bis der Arbeitnehmer Gelegenheit hat, diesen zu nehmen. Bei zwischenzeitlicher Beendigung des Vertragsverhältnisses habe der Mitarbeiter einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
Es sei mit dem Unionsrecht nicht vereinbar, wenn der Arbeitnehmer zunächst Urlaub nehmen muss, ehe er feststellen kann, ob er Anspruch auf Bezahlung hat. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, eine Möglichkeit zu schaffen, dass Arbeitnehmer ihren Anspruch auf bezahlten Urlaub ausüben können. Wurde dies unterlassen, stehe dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine finanzielle Abgeltung bis zu dem Zeitpunkt zu, zu dem die Inanspruchnahme ermöglicht wurde. Wurde eine solche Möglichkeit nie geschaffen, ist der Urlaub für die gesamte Dauer des Vertragsverhältnisses abzugelten. Das Unionsrecht steht jedoch nach dem Urteil nicht einzelstaatlichen Vorschriften oder Gepflogenheiten entgegen, die die Ansammlung von Ansprüchen auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten begrenzen (siehe hierzu BAG, 07.08.2012 – 9 AZR 353/10). Indes sieht der EuGH in Fällen wie dem entschiedenen keine besondere Schutzbedürftigkeit des Arbeitgebers und lässt die unbegrenzte Übertragung des Urlaubs zu.
2.7 Verfall des Urlaubs
Eine Urlaubsabgeltung kommt nur in Betracht, wenn der Urlaub infolge besonderer Umstände nicht genommen werden kann. Ansonsten ist der Urlaub zu gewähren; nimmt der Arbeitnehmer ihn nicht rechtzeitig in Anspruch, verfällt er (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Dies gilt grundsätzlich auch, wenn ein befristetes Arbeitsverhältnis endet. Allerdings hat der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass der betreffende Mitarbeiter seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub während des Arbeitsverhältnisses tatsächlich ausüben konnte. Dazu gehört insbesondere der rechtzeitige und deutliche Hinweis, dass der Urlaub entschädigungslos verfällt, wenn er nicht rechtzeitig vor Ablauf des Arbeitsvertrages genommen wird (EuGH, 06.11.2018 - C-684/16 und C-619/16 – Einzelheiten siehe auch unter 1). Dem hat sich das BAG angeschlossen – hinzuweisen ist auf den konkreten Resturlaubsanspruch und den Zeitpunkt des Verfalls; offen bliebt bis wann der Arbeitnehmer darauf hinzuweisen ist (BAG, 19.02.2019 – 9 AZR 541/15). Hervorgehoben hat das Gericht, dass nach wie vor der Arbeitgeber das Recht hat, die zeitliche Lage des Urlaubs unter Berücksichtigung der Wünsche des Arbeitnehmers festzulegen. Akzeptiert der Arbeitnehmer die Urlaubsgewährung, ist der Anspruch damit erfüllt; somit kann keine Abgeltung in Geld mehr verlangt werden (LAG Rheinland-Pfalz, 16.10.2018 – 8 Sa 43/18). Das Verfallen ist auch für Resturlaubsansprüche für frühere Jahres ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nicht nachkommt, den Mitarbeiter nicht konkret auf den Resturlaub hinweist und ihn auffordert, diesen zu nehmen. Dies gilt selbst dann, wenn die Vertragsparteien sich früher auf einen (rechtlich unzulässigen) Verzicht auf den Urlaub geeinigt hatten und der Arbeitgeber daher der Meinung war, der Urlaubsanspruch bestehe nicht mehr (LAG Köln, 09.04.2019 – 4 Sa 242/18). Die bei Arbeitsunfähigkeit eingezogene Begrenzung auf 15 Monate (BAG, 18.09.2012 – 9 AZR 623/10 und 07.08.2012 – 9 AZR 353/10) greift nach dem Urteil nicht in den Fällen, in denen der Arbeitgeber - anders als in Krankheitsfällen - von der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers profitiert hat. Die Pflicht des Arbeitgebers, den Mitarbeiter rechtzeitig auf einen drohenden Verfall des Urlaubsanspruchs hinzuweisen besteht nicht bei langfristig erkrankten Arbeitnehmern (LAG Hamm, 24.07.2019 – 5 Sa 676/19 – Revision anhängig beim BAG unter dem Az.: 9 AZR 401/19). Im gleichen Sinn hat das LAG Rheinland-Pfalz entschieden (LAG Rheinland-Pfalz, 15.01.2020 – 7 Sa 284/19 – Revision beim BAG anhängig unter dem Az. 9 AZR 107/20). Eine Belehrung als Obliegenheit des Arbeitgebers ergibt nach der Entscheidung nur dann Sinn, wenn die Arbeitnehmerin in der Lage ist, auf diese zu reagieren und den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Dies ist im Falle einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit nicht der Fall (a.M. ArbG Berlin, 13.06.2019 – 42 Ca 3229/19).
Soweit der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch nicht im Kalenderjahr "ausüben" konnte, insbesondere wenn er arbeitsunfähig erkrankt war, verfällt dieser nicht zum Ende des Urlaubsjahres bzw. zum Übertragungszeitpunkt des nächsten Jahres, sondern erst nach Ablauf von 15 Monaten nach Ablauf des Urlaubsjahres. Eine darüber hinausgehende Übertragungsmöglichkeit besteht jedoch nicht (EuGH, 22.11.2011 - C-214/10-KHS; BAG, 07.08.2012 – 9 AZR 353/10; LAG Sachsen-Anhalt, 19.10.2018 – 5 Sa 77/16). Das BAG hat den EuGH hinsichtlich der Frage um Vorabentscheidung gebeten, ob das Unionsrecht den Verfall des Urlaubsanspruchs auch dann gestattet, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub bis zum Zeitpunkt des Eintritts der vollen Erwerbsminderung zumindest teilweise hätte nehmen können (BAG, 07.07.2020 – 9 AZR 245/19 [A]). In einem weiteren Gesuch auf Vorabentscheidung geht es um die Frage des Verfalls des Urlaubsanspruchs, wenn ein Arbeitnehmer seinen Jahresurlaub bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit hätte nehmen können (BAG, 07.07.2020 – 9 AZR 401/19). Der Arbeitgeber hatte nach beiden Sachverhalten seine Mitwirkungspflichten nicht erfüllt.
Die Rechtslage ist in Bezug auf vertraglichen Mehrurlaub nur dann anders, wenn die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers abweichend von den Vorgaben des BUrlG ausgestaltet wurden. Für einen solchen Regelungswillen müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Fehlen diese, ist von einem Gleichlauf des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf den arbeitsvertraglichen Mehrurlaub auszugehen (BAG, 25.06.2019 - 9 AZR 546/17; 26.05.2020 – 9 AZR 129/19 u. 9 AZR 259/19). Verfällt der tarifliche Mehrurlaub aufgrund einer tarifvertraglichen Bestimmung am Ende eines Referenzzeitraumes auch dann, wenn der Arbeitgeber mit der Gewährung des Urlaubs in Verzug geraten ist, tritt an die Stelle des Urlaubsanspruchs ein auf bezahlte Freistellung gerichteter Ersatzurlaubsanspruch. Nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB tritt der Verzug ein, ohne dass es einer Mahnung bedarf, wenn der Arbeitgeber die Gewährung des Urlaubs ernsthaft und endgültig verweigert (BAG, 11.12.2018 – 9 AZR 161/18).
Die Hinweisplicht des Arbeitgebers gilt auch in Bezug auf den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Arbeitnehmer (§ 208 SGB IX). Kommt der Arbeitgeber dieser Hinweisplicht entsprechend der EuGH-Rechtsprechung nicht nach, hat der Arbeitnehmer einen Schadenersatzanspruch in Form des Ersatzurlaubs, der sich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 251 Abs. 1 BGB in einen Abgeltungsanspruch umwandelt (LAG Niedersachsen, 16.01.2019 – 2 Sa 567/18 – Revision beim BAG unter dem Az. 2 AZN 286/19 verworfen).
Die Entscheidung des EuGH zur Auslegung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vom 06.11.2018 C 619/16 und C 684/16 enthält keine zeitliche Geltungsbeschränkung. Daher kann bei Sachverhalten vor diesen Urteilen kein Vertrauensschutz gewährt werden (BAG, 26.05.2020 – 9 AZR 259/19).
Hat der Arbeitgeber mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt und hat der Mitarbeiter trotz dieser Maßnahmen aus freien Stücken keinen Urlaub genommen, besteht kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung (BAG, 19.02.2019 – 9 AZR 541/15; 9 AZR 321/16 und 9 AZR 423/16).
Den Verfall des Urlaubsanspruchs kann der Arbeitnehmer nicht durch eine fristlose Kündigung abwenden. Nach § 626 BGB ist Voraussetzung für eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund u.a., dass dem Kündigenden unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Obwohl durch den drohenden Verfall des Anspruchs auf Urlaub bzw. auf Urlaubsabgeltung ein finanzielles Interesse des Arbeitnehmers durchaus eingeräumt wurde, entschied das ArbG Siegburg, dass es an dem Arbeitnehmer gewesen sei, bei bestehender Arbeitsunfähigkeit den Verfall durch eine ordentliche Kündigung zu vermeiden (ArbG Siegburg, 22.11.2018 - 5 Ca 1305/18).
Nicht genommener Urlaub verfällt im Heimarbeitsverhältnis weder mit Ablauf des Kalenderjahres noch mit dem Ende der Beschäftigung, sondern ist unabhängig von einem Verzug des Heimarbeitgebers nach § 12 BUrlG abzugelten (LAG Niedersachsen, 15.11.2018 – 6 Sa 1225/17; BAG, 20.08.2019 – 9 AZR 41/19). Maßgebend ist der Zeitraum vom 1. Mai des dem Urlaubsjahr vorausgehenden Jahres bis zum 30. April des Urlaubsjahres. Dies ergibt die Auslegung des § 12 Nr. 1 BUrlG (vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen im Einzelnen BAG, 07.02.2019 - 6 AZR 75/18).
3. Durchführung und Höhe der Abgeltung
3.1 Ausschlussfristen
Für Abgeltungsansprüche werden häufig in Arbeits- oder Tarifverträgen Ausschlussfristen vereinbart. Dies ist zulässig (vgl. BAG, 17.10.2017 – 9 AZR 80/17 m.w.N.). Sind diese abgelaufen, besteht kein Anspruch mehr auf die Forderung. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung kann als reiner Geldanspruch solchen arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen unterliegen. Dem steht weder der unabdingbare Schutz des gesetzlichen Mindesturlaubs nach §§ 1, 3 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG noch die vom Gerichtshof der Europäischen Union vorgenommene Auslegung der Richtlinie 2003/88/EG entgegen (BAG, 22.10.2019 - 9 AZR 532/18). Die getroffene Regelung darf aber die Entstehung des Anspruchs nicht von weiteren als den im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen abhängig machen und die Grundsätze der Äquivalenz und Effektivität müssen gewahrt sein (BAG, 07.07.2020 – 9 AZR 323/19). Urlaubsabgeltungsansprüche unterliegen daher tarif- oder einzelvertraglichen Ausschlussfristen auch dann, wenn die zugrundeliegenden Urlaubsansprüche - etwa aufgrund unzureichender Aufklärung durch den Arbeitgeber - urlaubsrechtlich nicht verfallen konnten (LAG Düsseldorf, 24.06.2020 - 4 Sa 571/19). Der Wirksamkeit einer tariflichen Ausschlussfrist, die eine Geltendmachung des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit in Textform verlangt, steht der unabdingbare Schutz des gesetzlichen Mindesturlaubs nicht entgegen (BAG, 07.07.2020 – a.a.O.). Urlaubsabgeltungsansprüche sind nach der Rechtsprechung als reiner Geldanspruch nicht in der Weise abgesichert wie der eigentliche Urlaubsanspruch.
Die tariflichen Ausschlussfristen beginnen i.d.R. mit der Fälligkeit der Forderung. Eine Urlaubsabgeltung wird mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses fällig.
Häufig wird in Arbeitsverträgen auf Klauseln in Tarifverträgen verwiesen. Dann gelten die entsprechenden Bestimmungen, auch wenn keine Tarifbindung besteht (LAG Rheinland-Pfalz, 07.11.2018 – 7 Sa 46/18).
Endet das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers, haben dessen Erben nach der Rechtsprechung einen Anspruch auf Abgeltung seines nicht erfüllten Urlaubsanspruchs (§ 1922 Abs. 1 BGB i.V.m. § 7 Abs. 4 BUrlG). Da das Vermögen des Verstorbenen nach § 1922 Abs. 1 BGB als Ganzes auf die Erben übergeht, gilt jedoch eine tarifliche Ausschlussfrist, die den Abgeltungsanspruch erfasst, auch gegenüber den Erben (BAG, 22.01.2019 – 9 AZR 149/17). Der Abgeltungsanspruch der Erben entsteht mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird gleichzeitig fällig.
Anders ist die Rechtslage in Bezug auf Ausschlussfristen im kirchlichen Arbeitsrecht. Aufgrund der Regelungen im NachwG genügt die Bezugnahme auf die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Kirche nicht für die Anwendbarkeit von deren Ausschlussfristen. Es ist vielmehr erforderlich, dass – ggf. durch einen zusätzlichen Nachweis i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 NachwG – wörtlich auf die Ausschlussfristen in den AVR hingewiesen wird (BAG, 30.10.2019 – 6 AZR 465/18). Die Nichtbeachtung dieser Pflicht führt zu Schadenersatzansprüchen des Mitarbeiters, weil das NachwG verletzt wurde. Die AVR sind nach dem Urteil in diesem Zusammenhang nur als AGB einzustufen (siehe unten; a. M. BAG, 23.01.2002 – 4 AZR 56/01 und 29.05.2002 – 5 AZR 105/01).
Nach der Rechtsprechung müssen arbeitsvertragliche Ausschlussfristen mindestens drei Monate lang sein; tarifliche Ausschlussfristen können auch kürzer sein.
Zur Fristwahrung muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber ausdrücklich zur Zahlung auffordern; evtl. Formvorschriften dafür ergeben sich aus der tarifvertraglichen Bestimmung. Ggf. muss auch der Zugang der Aufforderung nachgewiesen werden. Wird eine Forderung per E-Mail geltend gemacht, ist der Absender darlegungs- und beweispflichtig für deren Zugang beim Empfänger. Die Absendung der E-Mail ist kein Anscheinsbeweis für den Zugang. Es muss zumindest eine Lesebestätigung vorgelegt werden (LAG Berlin-Brandenburg, 24.08.2018 – 2 Sa 403/18).
Reicht ein Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage ein, wird damit grundsätzlich gleichzeitig der Lohnanspruch geltend gemacht und damit die Ausschlussfrist dafür gewahrt (BAG, 19.09.2012 – 5 AZR 627/11). Dies gilt jedenfalls für Ausschlussfristen erster Stufe und für alle Ansprüche, die davon abhängen, dass die Kündigungsschutzklage Erfolg hat (BAG, 18.09.2019 – 5 AZR 240/18). Das ist jedoch bei Geltendmachung des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung nicht der Fall. Denn dieser Anspruch hängt nicht von dem Erfolg der Kündigungsschutzklage, also dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, ab, sondern setzt mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerade das Gegenteil voraus (BAG, 21.02.2012 - 9 AZR 486/10 u. 17.10.2017 – 9 AZR 80/17).
Vertragliche Ausschlussfristen sind in Bezug auf Urlaubsabgeltungen regelmäßig dahingehend auszulegen, dass ihnen das für den Urlaubsanspruch geltende Fristenregime als speziellere Regelung vorgeht. Der Ersatzurlaubsanspruch dient der Sicherstellung des Anspruchs auf bezahlte Freistellung und tritt als inhaltsgleicher Schadensersatz an die Stelle des erloschenen Urlaubsanspruchs. Aus dem Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) folgt, dass der Ersatzurlaubsanspruch wie der Urlaubsanspruch selbst keiner Ausschlussfrist unterliegt (BAG, 19.06.2018 – 9 AZR 615/17).
Dies gilt jedenfalls für den gesetzlichen Mindesturlaub. Mehrurlaub aufgrund von arbeits- oder tarifvertraglichen Bestimmungen können die Vertragsparteien frei regeln (BAG, 16.12.2014 – 9 AZR 295/13). Das schließt die Möglichkeit ein, den Mehrurlaub - ausdrücklich oder konkludent - dem Fristenregime des Bundesurlaubsgesetzes oder aber einem vom Bundesurlaubsgesetz abweichenden eigenständigen Fristenregime zu unterwerfen. In beiden Fällen ist die Vereinbarung dahingehend auszulegen, dass das für den Mehrurlaubsanspruch geltende Fristenregime als speziellere Regelung vertraglich vereinbarten Ausschlussfristen vorgeht (BAG, 19.06.2018 – a.a.O.). Nur wenn das eigenständige Fristenregime für den Mehrurlaub eine Ausschlussfrist vorsieht, ist diese zu beachten.
Ausschlussfristen, die die Abgeltung von Mehrurlaub regeln, unterliegen jedoch als AGB der Inhaltskontrolle und sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Tarifliche Ausschlussfristen unterliegen nicht der AGB – Kontrolle (§ 310 Abs. 4 BGB). Ebenso unterliegen vollständig in Bezug genommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen keiner Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Sehen sie jedoch eine Ausschlussfrist vor, ist dies als wesentliche Vertragsbedingung nach § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG schriftlich niederzulegen (BAG, 30.10.2019 – 6 AZR 465/18).
Gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung für den Verfall der Forderung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein (BAG, 17.10.2017 – 9 AZR 80/17). Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Verwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Zur Auslegung von AGB, insbesondere des Transparenz- und Bestimmtheitsgebotes siehe auch BAG, 12.06.2019 – 7 AZR 428/17.
Eine vom Arbeitgeber vorformulierte Verfallsklausel ist wegen Verstoß gegen das Transparenzgebot in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam, wenn sie ohne Einschränkung alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den von § 1 MiLoG garantierten Mindestlohn erfasst, weil dies nach § 3 Satz 1 MiLoG unzulässig ist (BAG, 18.09.2018 – 9 AZR 162/18; LAG Rheinland-Pfalz, 10.02.2020 – 3 Sa 337/19; LAG Hamburg, 31.01.2018 – 33 Sa 17/17 u. LAG Hamm, 13.02.2019 – 5 Sa 524/18). Dies gilt jedenfalls für Arbeitsverträge, die wie der vorliegende nach dem 31.12.2014 abgeschlossen wurden (BAG, Urteil vom 18.09.2018, 9 AZR 162/18). Bei Altverträgen, die vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes abgeschlossen worden sind, verstößt eine vertragliche Verfallklausel, die sich auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bezieht, jedoch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB (BAG, 24.09.2019 – 9 AZR 273/18). In diesen Fällen ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine einschränkende, das Mindestlohngesetz nicht umfassende Auslegung geboten (BAG, 17.10.2017 – 9 AZR 80/17; LAG Hamburg, 31.01.2018 – 33 Sa 17/17). Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob ein Altvertrag durch zwischenzeitlich erfolgte Änderungen zum Neuvertrag wird und ggf. durch eine umfassende Verfallklausel gegen das Transparenzgebot verstoßen kann. Nach Auffassung des LAG Düsseldorf ist eine Ausschlussklausel, die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch den Anspruch auf Urlaubsabgeltung untergehen lässt und die daher auch den Anspruch auf den Mindestlohn entzieht, wirksam. Denn dem Abgeltungsanspruch stehe kein Zeitraum erbrachter oder aufgrund gesetzlichen Anspruches auf Freistellung bei Entgeltfortzahlung nicht erbrachter Arbeitsleistung gegenüber (LAG Düsseldorf, 11.12.2019 - 7 Sa 161/19 – Revision anhängig unter dem Az.: 9 AZR 40/20).
Bezieht sich in Neufällen eine Verfallklausel im Arbeitsvertrag auf sämtliche finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, so ist diese wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam. Denn damit werden auch die Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz umfasst (LAG Rheinland-Pfalz, 18.07.2019 - 5 Sa 26/19). Dies gilt für Arbeitsverträge, die seit dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes am 12.08.2014 geschlossen wurden.
Die Ausschlussfrist beginnt mit der Fälligkeit der Abgeltung, also dem Ende des Arbeitsverhältnisses, weil dann der Anspruch auf die Urlaubsabgeltung fällig wird (BAG, 17.10.2017 – a.a.O.). Die Anwendung von Ausschlussfristen ist nicht durch § 13 Abs. 1 BUrlG (Unabdingbarkeit der gesetzlichen Vorschriften, z.B. über den Mindesturlaub und die Abgeltungspflicht) ausgeschlossen (BAG, 09.08.2011 – 9 AZR 365/10). Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer seinen Anspruch innerhalb der Übertragungsfrist nach § 7 Abs. 3 BUrlG geltend macht (BAG, 19.06.2012- 9 AZR 652/10).
Eine unangemessene Benachteiligung ist bei einer einzelvertraglichen Ausschlussfrist, die eine gerichtliche Geltendmachung verlangt, anzunehmen, weil diese vom gesetzlichen Verjährungsrecht abweicht und dieses bei der Inhaltskontrolle von Ausschlussfristen als gesetzliches Leitbild nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB anzusehen ist (BAG, 20.06.2018 – 5 AZR 262/17). Diese Vorschrift erfasst Bestimmungen, die mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
Zum Teil ist in Ausschlussklauseln bestimmt, dass der Anspruch bei dessen Ablehnung durch die Gegenseite innerhalb einer bestimmten Frist gerichtlich geltend gemacht werden muss. In seinem solchen Fall ist die Frist gehemmt, solange die Vertragsparteien in dieser Frage noch Vergleichsverhandlungen führen (BAG, 20.06.2018 – 5 AZR 262/17). Der Zeitraum der Vergleichsverhandlungen wird dann in die Ausschlussfrist nicht eingerechnet (§ 209 BGB). § 203 S. 1 BGB gilt entsprechend; dagegen ist § 203 S. 2 BGB, wonach die Verjährung frühestens drei Monate nach Ende der Hemmung eintritt, ist auf arbeitsvertragliche Ausschlussfristen nicht entsprechend anwendbar (BAG, 20.06.2018 a.a.O.).
Teilweise werden auch zweistufige Ausschlussfristen vereinbart (z.B. dass der Anspruch innerhalb von drei Monaten in Textform geltend gemacht werden und bei Ablehnung nach einem weiteren Monat eingeklagt werden muss). Eine solche Klausel ist grundsätzlich zulässig (LAG Köln, 18.11.1996 – 3 Sa 852/16). Ausschlussfristen zweiter Stufe dürfen aber nicht so weit gefasst sein, dass eine Klage auch einzureichen ist, wenn der Anspruch anerkannt wird (BAG, 03.12.2019 – 9 AZR 44/19). Eine entsprechende AGB-Klausel ist irreführend und daher gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
Hinsichtlich der Form, in der der Anspruch geltend gemacht werden muss, ist bei der Verwendung von AGB § 309 Nr. 13 BGB zu beachten. Dadurch ist eine Bestimmung, die für die Wahrung der Ausschlussfrist die Geltendmachung durch eine strengere Form als die Textform vorschreibt, unwirksam. Daher ist auch eine E-Mail oder eine SMS ausreichend. Von § 309 Nr. 13 BGB wird aber nicht erfasst, wenn die Ausschlussklausel zwingend die Geltendmachung der Forderung durch Klage vorschreibt (ErfK/Preis, 18. Aufl. 2018, §§ 194-218 BGB, Rn. 45). Diese ist immer schriftlich bei Gericht einzureichen. Verfällt allerdings der tarifliche Mehrurlaub aufgrund einer tarifvertraglichen Bestimmung am Ende eines Referenzzeitraumes auch dann, wenn der Arbeitgeber mit der Gewährung des Urlaubs in Verzug geraten ist, tritt an die Stelle des Urlaubsanspruchs ein auf bezahlte Freistellung gerichteter Ersatzurlaubsanspruch. Nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB tritt der Verzug ein, ohne dass es einer Mahnung bedarf, wenn der Arbeitgeber die Gewährung des Urlaubs ernsthaft und endgültig verweigert (BAG, 11.12.2018 – 9 AZR 161/18).
3.2 Verwirkung des Anspruchs
Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist kein Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Entgeltanspruch, der auch verwirkt sein kann. Die Verwirkung kann eintreten, wenn seit der Entstehung des Anspruchs eine erhebliche Zeit vergangen ist (hier: Zwei Jahre und vier Monate) und die Umstände erkennen lassen, dass der Gläubiger, also hier der Arbeitnehmer, seine Forderung nicht mehr geltend machen wird. Zudem muss der Schuldner darauf vertrauen dürfen, dass er nicht mehr in Anspruch genommen wird und eine Inanspruchnahme darf ihm im Hinblick auf die Gesamtumstände nicht zumutbar sein (ArbG Karlsruhe, 16.03.2018 – 7 Ca 214/17).
Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Sie hat nicht den Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen (Zeitmoment). Es müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Gläubigers als auch des Schuldners hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Schuldner als unzumutbar anzusehen. Der Gläubiger muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Schuldner sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Die Verwirkung dient dem Vertrauensschutz. Weiterhin muss - als Zumutbarkeitsmoment - das Erfordernis des Vertrauensschutzes das Interesse des Gläubigers an einer sachlichen Prüfung des von ihm behaupteten Anspruchs derart überwiegen, dass dem Schuldner die Erfüllung des Anspruchs oder die Einlassung auf die Klage nicht mehr zuzumuten ist (BAG, 24.08.2016 – 5 AZR 129/16).
3.3 Verjährung
Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung unterliegt auch der Verjährung. Es gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 BGB). Evtl. kürzere Ausschlussfristen gehen der Verjährung vor. Dagegen hat das BAG offen gelassen, ob auch der Urlaubsanspruch an sich, d.h. der Anspruch auf Freistellung, der Verjährung unterliegt (BAG, 19.03.2019 – 9 AZR 881/16). Es hat aber in der Entscheidung gleichzeitig betont, dass die in einer Entgeltabrechnung enthaltene Mitteilung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen ein - rein tatsächliches - Anerkenntnis i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB enthalten kann. Liege ein solches vor, beginne die Verjährungsfrist für die in den Abrechnungen ausgewiesenen Urlaubsansprüche jeweils an dem auf die Abrechnung folgenden Tag erneut zu laufen, wenn die Verjährungsfrist zu dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Entgeltabrechnung erteilt, noch nicht abgelaufen sei. Die Frage der Verjährung des Anspruchs auf Urlaub wirkt sich aber auch auf die Urlaubsabgeltung aus. Ist der originäre Urlaubsanspruch verjährt, gibt es nichts mehr, was abzugelten wäre. Das BAG hat zur Klärung den EuGH um Vorabentscheidung gebeten, ob es mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der EU im Einklang steht, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht bereits nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen konnte, gem. § 194 Abs. 1, 195 BGB der Verjährung unterliegt (BAG, 29.09.2020 – 9 AZR 266/20 [A]).
In dem beim BAG anhängigen Verfahren hat sich zuvor das LAG Düsseldorf mit dieser Problematik beschäftigt. Kommt der Arbeitgeber den Mitwirkungsobliegenheiten (siehe unter 1) nicht nach, die ihn bei einem richtlinienkonformen Verständnis von § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG treffen, so tritt der am 31. Dezember des Urlaubsjahres nicht verfallene Urlaub zu dem Urlaubsanspruch hinzu, der am 1. Januar des Folgejahres entsteht. Für ihn gelten, wie für den neu entstandenen Urlaubsanspruch, die Regelungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 BUrlG(BAG, 25.06.2019 - 9 AZR 546/17). Kommt der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten auch in den Folgejahren nicht nach, kann er nach der Entscheidung des LAG Düsseldorf die Erfüllung des über die Jahre kumulierten Urlaubsanspruchs nicht unter Berufung auf den Eintritt der Verjährung nach § 214 Abs. 1 BGB verweigern (LAG Düsseldorf, 02.02.2020 - 10 Sa 180/19). Auch das LAG Niedersachsen hat in diesem Sinne entschieden. Die nationale Rechtslage sei eindeutig und einer europarechtskonformen Auslegung nicht zugänglich (LAG Niedersachsen, 20.08.2020 – 5 Sa 614/20).
3.4 Verzicht auf Abgeltung
Der Arbeitnehmer kann auf den Anspruch auf Abgeltung, wegen der eben beschriebenen Unabdingbarkeit der gesetzlichen Regelungen, nicht im Voraus verzichten. Möglich ist aber ein Verzicht, nachdem der Anspruch bereits entstanden ist, also nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (BAG, 14.05.2013 – 9 AZR 844/11). Denkbar wäre ein solcher Verzicht z.B. im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs, der nach Ende des Arbeitsverhältnisses geschlossen wird. Ein Verzicht auf die Urlaubsabgeltung tritt auch ein, wenn im Rahmen einer Vereinbarung über die Abwicklung des Arbeitsvertrages erklärt wird, dass alle gegenseitigen Ansprüche erledigt sein sollen. Dagegen ist der Verzicht im Rahmen eines Aufhebungsvertrages, der ja vor Ablauf des Arbeitsverhältnisses geschlossen wird, unwirksam.
3.5 Urlaubsabgeltung und Arbeitslosengeld
Kann ein Arbeitsloser wegen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung beanspruchen, ruht das Arbeitslosengeld für die abgegoltenen Urlaubstage (§ 157 Abs. 2 SGB III). Das Ruhen schließt sich direkt an das Ende des Beschäftigungsverhältnisses an (vgl. LSG Bayern, 25.10.2017 – L 10 AL 93/17). Es tritt nicht ein, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter auch aus betriebs- oder personenbedingten Gründen kündigen könnte. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung geht nicht nach § 115 Abs. 1 SGB X auf die Bundesagentur für Arbeit in Höhe eines gezahlten Arbeitslosengeldes über, wenn die Ursache für die Zahlung von Arbeitslosengeld nicht eine Weigerung des Arbeitgebers ist, eine Urlaubsabgeltung zu zahlen (BAG, 19.06.2018 – 9 AZR 615/17).
3.6 Höhe der Abgeltung
Die Höhe der Abgeltung ergibt sich zunächst aus der Anzahl der zustehenden Urlaubstage. Dabei besteht der Anspruch auch auf Urlaubstage, die vom Vorjahr übertragen wurden. Weiter kommt es darauf an, was ein Urlaubstag in Geld wert ist. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf bezahlte Freistellung, d.h. ihm steht für diesen Tag der Betrag zu, den er normalerweise durch seine Arbeit verdient hätte. Hat der Arbeitnehmer regelmäßig Überstunden geleistet und wären diese auch während seines Urlaubs angefallen, ist der dadurch erhöhte Verdienst zu berücksichtigen.
Verdienstkürzungen infolge von Kurzarbeit sich dürfen für die Dauer des gesetzlichen Mindesturlaubs nicht mindernd auswirken (§ 11 Abs. 1 S. 3 BUrlG). Das Urlaubsentgelt richtet sich daher nach dem gewöhnlichen Verdienst, den der Arbeitnehmer ohne die Kurzarbeit erzielt hätte (EuGH, 13.12.2018 – C-385/17). Dies gilt auch für die Urlaubsabgeltung. Für einen evtl. tariflichen oder arbeitsvertraglichen Zusatzurlaub können abweichende Regelungen getroffen werden. Allerdings hat der EuGH betont, dass die volle Vergütung nur für die Dauer des unionsrechtlichen Mindesturlaubs gezahlt werden muss. In dem verhandelten Fall kam es daher zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Kurzarbeit von 26 Wochen nach Unionsrecht nur der halbe Jahresurlaub von zwei Wochen beansprucht werden kann. Das nationale Gericht müsse die konkrete Urlaubsdauer aufgrund der innerstaatlichen Regelungen bestimmen.
Entstehen Bruchteile von Urlaubstagen von weniger als einen halben Urlaubstag, ist der Anspruch weder auf volle Urlaubstage auf- noch abzurunden, sofern nichts Anderes durch Gesetz, Tarif- oder Arbeitsvertrag geregelt ist (BAG, 08.05.2018 – 9 AZR 578/17; zu § 17 MTV Aviation vgl. LAG Köln, 21.03.2018 – 3 Sa 164/17). Es verbleibt daher bei dem Anspruch auf den bruchteiligen Urlaubstag. § 5 Abs. 2 BUrlG schließt dies nicht aus (BAG, 23.01.2018 – 9 AZR 200/17). Nach der Rechtsprechung des BAG ist der Vorschrift im Umkehrschluss nur zu entnehmen, dass ein Urlaubsanspruch, der weniger als einen halben Tag umfasst, nicht aufzurunden ist, nicht aber, dass er ersatzlos entfällt (BAG, 14.02.1991 – 8 AZR 97/90 sowie 23.01.2018 a.a.O.).
Bei einer festen Monatsvergütung ist dies relativ einfach zu ermitteln (Einzelheiten und Rechenweg vgl. § 11 Abs. 1 BUrlG):
1. Schritt: Ermittlung des Bruttoverdienstes pro Arbeitstag (einschließlich Sachbezüge und Zuschläge)
2. Schritt: Der Verdienst pro Arbeitstag wird mit der Anzahl der abzugeltenden Urlaubstage multipliziert.
Beispiel:
Das Arbeitsverhältnis von Herrn A. wird durch fristlose Kündigung zum 30.09.2021 beendet. Er hatte ein festes Monatsgehalt von 2.800 EUR bei 5-Tage-Woche. Der Resturlaub für das Jahr 2021 beträgt 10 Tage.
1. Schritt: 2.800 EUR X 3 = 8.400 EUR : 13 (Wochen) = 646,15 EUR : 5 (wöchentliche Arbeitstage) = 129,23 EUR Bruttoverdienst pro Arbeitstag = Abgeltungsbetrag
2. Schritt: 129,23 EUR Abgeltungsbetrag pro Arbeitstag X 10 Urlaubstage = 1.292,30 EUR Urlaubsabgeltung brutto.
Bei schwankenden Bezügen sind die laufenden Vergütungen aus den letzten drei Monaten zugrunde zu legen und dann der Durchschnitt wie oben beschrieben zu ermitteln (§ 11 BUrlG – siehe auch LAG Köln, 08.11.2018 – 6 Sa 256/18). Bei der Berechnung werden Überstundenvergütungen ausgeklammert. Zur Berücksichtigung einer fiktiven Provision im Rahmen der Entgeltfortzahlung und des Urlaubsentgelts bei stark schwankenden Provisionen im Referenzzeitraum aufgrund einer Schätzung sowie unter Berücksichtigung einer vereinbarten monatlichen Mindestprovision siehe LAG Köln, 08.05.2020 - 4 Sa 662/19.
Nach § 288 Abs. 5 BGB hat der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale von 40 EUR. Nach der Rechtsprechung des BAG findet § 288 Abs. 5 BGB grundsätzlich auch in Fällen Anwendung, in denen sich der Arbeitgeber mit der Zahlung von Arbeitsentgelt in Verzug befindet. Allerdings schließt § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten, sondern auch einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und damit auch den Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB aus (BAG, 25.09.2018 – 8 AZR 26/18). In Bezug auf die Zahlung einer Urlaubsabgeltung kommt das ArbG Dortmund jedoch zu dem Ergebnis, dass der Anspruch auf die Verzugspauschale gegeben ist. Es bezieht sich dabei auch auf ein Urteil des LAG Hamm, wonach § 288 Abs. 5 BGB auch im Arbeitsrecht Anwendung findet. Eine Bereichsausnahme für arbeitsrechtliche Forderungen habe der Gesetzgeber nicht vorgesehen (LAG Hamm, 18.07.2018 – 2 Sa 1828/17, im Ergebnis a.M. LAG Nürnberg, 21.08.2018 – 7 Sa 422/17 – mit Hinweis auf den Geltungsbereich der Richtlinie 2011/7/EU).
Von dem errechneten Betrag sind grundsätzlich noch die Steuern und die Sozialversicherungsbeiträge einzubehalten. Die Urlaubsabgeltung ist als Arbeitslohn zu versteuern. Es liegen auch keine außerordentlichen Einkünfte vor; eine Besteuerung als Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten kommt daher nicht in Betracht (FG Hamburg, 19.03.2019 – 6 K 80/18).
Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Erben nach dem Tod des Arbeitnehmers einen Anspruch auf die Abgeltung des zu Lebzeiten des Verstorbenen erworbenen Urlaubs (EuGH, 12.06.2014 – C-118/13; 06.11.2018 – 569/16 u. 570/16). Im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH hat das BAG nunmehr entschieden, dass mit dem Tod des Arbeitnehmers zwar dessen Freistellungsanspruch untergeht, der Anspruch auf Vergütung für die Urlaubstage jedoch als Abgeltungsanspruch bestehen bleibt und dieser auf die Erben übergeht (BAG, 22.01.2019 – 9 AZR 45/16 und 328/16 – vgl. auch 2.5). Daher spielt es keine Rolle mehr, ob der Anspruch auf die Urlaubsabgeltung aus Anlass einer regulären Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder durch den Tod des Arbeitnehmers entstanden ist.
Für die Beiträge zur Sozialversicherung wird die Urlaubsabgeltung in beiden Fällen als Einmalzahlung betrachtet, d.h. sie ist dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum im laufenden Kalenderjahr zuzuordnen, auch wenn sie erst später ausgezahlt wird. Zu berücksichtigen ist dabei auch die März-Klausel. Hat das Arbeitsverhältnis bereits im Vorjahr geendet und erfolgt die Auszahlung nach dem 31.03., sind ausnahmsweise keine Beiträge mehr zu zahlen. Da die Urlaubsabgeltung als Einmalzahlung betrachtet wird, fallen die Umlagen bei Krankheit und Mutterschaft nicht an. In Bezug auf Urlaubsabgeltungen für einen verstorbenen Arbeitnehmer haben die Krankenkassen ihre frühere, abweichende Auffassung aufgegeben (TOP 1 des Besprechungsergebnisses vom 20.11.2019). Die neue Rechtsauffassung ist auf alle nach dem 22.01.2019 gezahlten Urlaubsabgeltungen anzuwenden. Erfolgte die Zahlung davor, bleibt es bei der früheren Rechtslage; daher sind keine Beiträge zu zahlen (TOP 04 des Besprechungsergebnisses vom 12.11.2014).