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BFH, 25.02.2009 - IX R 62/07 - Zinsen für die zur Finanzierung von Kapitallebensversicherungsbeiträgen aufgenommenen Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Bundesfinanzhof
Urt. v. 25.02.2009, Az.: IX R 62/07
Zinsen auf Lebensversicherungsbeiträge können Werbungskosten sein
Kosten, die für die Finanzierung von Beiträgen für eine — zur Sicherung eines Anschaffungsdarlehens abgetretene — Lebensversicherung entstehen, können steuerliche Werbungskosten sein. Das hat der BFH entschieden. (Hier hatte ein Steuerzahler bei mehreren Banken für den Kauf mehrerer — zur Vermietung vorgesehener — Immobilien Darlehen aufgenommen. Die Rückzahlung sollte durch zeitgleich abgeschlossene Kapital-Lebensversicherungen mit einer Mindestlaufzeit von 12 Jahren vorgenommen werden. Um die Beiträge für die Versicherungen finanzieren zu können, wurden ihm zusätzliche Darlehen gewährt. Die Zinsen dafür wurden vom BFH als Werbungskosten anerkannt.)
Quelle: Wolfgang Büser
Zinsen für die zur Finanzierung von Kapitallebensversicherungsbeiträgen aufgenommenen Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
Verfahrensgang:
vorgehend:
FG Düsseldorf - 21.08.2007 - AZ: 17 K 2330/06 E
Fundstellen:
BFHE 224, 351 - 353
AB 2009, 2
BFH/NV 2009, 1025-1026
BFH/PR 2009, 249
BStBl II 2010, 459-460 (Volltext mit amtl. LS)
BStBl II 2009, 459-460
DB 2009, 1048
DStRE 2009, 583-584
DStZ 2009, 382-383
ErbStB 2009, 179
EStB 2009, 192
FR 2009, 871-872
GStB 2009, 26
GStB 2009, 307
HFR 2009, 655
Info M 2009, 391
KÖSDI 2009, 16511
KSR direkt 2009, 3-4
MBP 2009, 111
NWB 2009, 1395
NWB direkt 2009, 505
NZM 2009, 709-710
RdW 2009, 489-490
SJ 2009, 5
SJ 2009, 26
StB 2009, 178
StBp 2009, 212
StBW 2009, 3-4
StC 2009, 8
StuB 2009, 401
StX 2009, 292-293
VP 2009, 92
WPg 2009, 628
WPg 2009, 653-654
ZBB 2009, 230
ZfIR 2009, 382-383
Jurion-Abstract 2009, 223778 (Zusammenfassung)
BFH, 25.02.2009 - IX R 62/07
Amtlicher Leitsatz:
Dient eine Kapitallebensversicherung der Rückzahlung von Darlehen, die zum Erwerb von Mietgrundstücken aufgenommen worden sind, so sind die Zinsen für ein zur Finanzierung der Versicherungsbeiträge aufgenommenes Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.
Gründe
1
I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) nahm im Zusammenhang mit dem Kauf verschiedener, zu Vermietungszwecken vorgesehener Immobilien Darlehen auf, deren Rückzahlung durch gleichzeitig abgeschlossene Kapitallebensversicherungen mit einer Mindestlaufzeit von 12 Jahren erfolgen sollte. Die Ansprüche aus den Lebensversicherungen wurden an die finanzierenden Kreditinstitute abgetreten. Die Versicherungsprämien finanzierte der Kläger durch verzinsliche Darlehen, wodurch in den Streitjahren 1992 bis 1997 jährlich Aufwendungen zwischen 4 066 DM und 73 177 DM entstanden.
2
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte in den geänderten Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre die Finanzierungskosten der Lebensversicherungsbeiträge nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
3
Das Finanzgericht (FG) ließ in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 370, veröffentlichten Urteil die Zinsaufwendungen für die Versicherungsbeiträge nicht als Werbungskosten zum Abzug zu; die Schuldzinsen dienten auch der Absicherung des Todesfallrisikos und seien insoweit gemischt veranlasst (§ 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--).
4
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die er auf eine Verletzung materiellen Rechts stützt. Aus der Nichtabziehbarkeit der Versicherungsbeiträge folge nicht auch die der hierfür aufgewendeten Zinsen.
5
Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben sowie die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1992 bis 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass Zinsaufwendungen in Höhe von 49 382 DM (1992), 73 177 DM (1993), 19 824 DM (1994), 25 281 DM (1995), 9 948 DM (1996) und 4 066 DM (1997) als weitere Werbungskosten berücksichtigt werden.
6
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
7
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG die geltend gemachten Schuldzinsen im Grundsatz nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zum Abzug zugelassen.
8
1.
Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Dies gilt auch für Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Ein Abzug dieser Aufwendungen als Sonderausgaben kommt dann nicht in Betracht (§ 10 Abs. 1 Satz 1 EStG).
9
Als abziehbare Werbungskosten müssen Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet worden sein, die durch die Einkünfteerzielung --hier aus Vermietung und Verpachtung-- veranlasst ist. So verhält es sich, wenn der Steuerpflichtige ein Darlehen tatsächlich dazu verwendet, um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, insbesondere indem er damit Anschaffungskosten eines der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudes finanziert (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. März 2007 IX R 10/06, BFHE 217, 531, BStBl II 2007, 645, m.w.N.). Ein allein rechtlicher Zusammenhang --etwa aufgrund einer Besicherung des Grundstücks-- reicht ebenso wenig aus wie eine bloße gedankliche Zuweisung des Steuerpflichtigen (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteil vom 6. Oktober 2004 IX R 68/01, BFHE 207, 24, BStBl II 2005, 324, m.w.N.).
10
Schließt der Erwerber eines Grundstücks zur Sicherung des Kaufpreises eine Risikolebensversicherung ab, so führen zwar die Prämien selbst nach ständiger Rechtsprechung nicht zu Werbungskosten (BFH-Urteil vom 7. August 1990 IX R 139/86, BFH/NV 1991, 94, m.w.N.). Anders verhält es sich aber mit den Schuldzinsen, die der Erwerber aufwenden muss, weil er die Prämienzahlungen ihrerseits durch Darlehen finanziert hat. Während mit den Versicherungsbeiträgen die Anschaffungsdarlehen getilgt werden und sie deshalb zum privaten Vermögensbereich des Darlehensnehmers zählen, dienen die hier streitigen Schuldzinsen der Finanzierung der Tilgung der Anschaffungskosten und sind deshalb in gleicher Weise zu beurteilen wie Schuldzinsen für ein Anschaffungsdarlehen. Die Finanzierung der Vermietungsobjekte über Kapitallebensversicherungen ist Bestandteil eines einheitlichen Gesamtkonzepts zur Finanzierung der Anschaffungskosten (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2005 IX R 15/04, BFHE 210, 24, BStBl II 2005, 754). Wenn Darlehen ausschließlich zur Finanzierung der Lebensversicherungsbeiträge aufgenommen werden, dienen sie der Tilgung von Darlehen, mit denen die Anschaffungskosten der zu vermietenden Immobilien finanziert werden. Entscheidet sich der Steuerpflichtige --anstelle einer Langfristfinanzierung allein durch Darlehen-- für eine kürzere Laufzeit der Finanzierung unter Einsatz von Kapitallebensversicherungen, so würde seine Finanzierungsfreiheit (vgl. grundlegend Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193) in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt, wenn der wegen der kürzeren Finanzierungszeit höhere Finanzierungsaufwand nicht realitätsgerecht berücksichtigt würde.
11
2.
Nach diesen Grundsätzen kann das Urteil des FG keinen Bestand haben.
12
a)
Im Streitfall sind die Zinsen für die zur Finanzierung von Kapitallebensversicherungsbeiträgen aufgenommenen Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Sie dienen der Finanzierung der Anschaffungskosten der Vermietungsobjekte im Rahmen eines einheitlichen und marktgängigen Finanzierungskonzepts.
13
b)
Die Sache ist nicht spruchreif. Ausgehend von der Ablehnung eines Werbungskostenabzugs dem Grunde nach hat das FG keine hinreichenden Feststellungen zur Höhe der abziehbaren Zinsen getroffen.
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