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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Telearbeit - Allgemeines
Telearbeit - Allgemeines
Inhaltsübersicht
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Information
1. Bedeutung von Telearbeit/Homeoffice
Rund 40 Prozent der Beschäftigten arbeiten schon heute regelmäßig außerhalb ihres Unternehmens, unabhängig von Ort oder Zeit. Knapp die Hälfte davon arbeitet häufig von zu Hause aus. Eine aktuelle Befragung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigt die großen Vorteile von Homeoffice. Dazu gehört, dass die Beschäftigten ihre Arbeit selbstständiger planen können und mehrEntscheidungsfreiheit sowie Mitspracherechte haben. Gleichzeitig haben diese Beschäftigten jedoch auch stärkere psychische Belastungen als Menschen, die nur an ihrem Arbeitsplatz tätig sind. "Erschöpfung, Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen. Wer viel im Homeoffice arbeitet, leidet häufiger unter solchen Problemen als andere Beschäftigte. Dennoch haben flexible Arbeitsbedingungen viele Vorteile. Wichtig ist, die Arbeitsbedingungen gesundheitsförderlich zu gestalten. Für die Studie, die im aktuellen Fehlzeiten-Report 2019 erschienen ist, hat das WIdO im Frühjahr 2019 etwa 2.000 Beschäftigte zwischen 16 und 65 Jahren befragt.Viele Befragte mit Homeoffice berichten von einer höheren Arbeitszufriedenheit und den Vorteilen flexibler Arbeit. Neben einer höheren Autonomie gehört für mehr als zwei Drittel (67,3 Prozent) dazu, dass sie zu Hause mehr Arbeit bewältigen können, und drei Viertel (73,7 Prozent) schätzen daran, dass sie konzentrierter arbeiten können als am Arbeitsplatz. Darüber hinaus beschreibt fast jeder Zweite (45,8 Prozent) mit Homeoffice seinen Arbeitsaufwand außerhalb des Unternehmens als genau richtig.
(Auszug aus der Pressemitteilung zum Fehlzeiten-Report 2019 des Wissenschaftliches Instituts der AOK (WIdO) und AOK-Bundesverband v. 17.09.2019, Berlin)
In Deutschland herrscht immer noch eine starke Anwesenheitskultur. In vielen Berufen fehlen die technischen oder strukturellen Voraussetzungen für die Arbeit von zu Hause.
Ein Drittel der Betriebe in Deutschland bietet Beschäftigten die Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten. Bei Betrieben mit über 500 Beschäftigten ist es die Hälfte. In den meisten Unternehmen, die Homeoffice anbieten, ist dies keine Arbeitsform für den Alltag und deshalb nur unregelmäßig möglich.
Das Arbeiten im Homeoffice wird verstärkt für Führungskräfte und im Dienstleistungssektor angeboten.
Die Nutzung von Homeoffice hat unter den Beschäftigten seit 2013 nicht zugenommen. Die Erreichbarkeit der Beschäftigten außerhalb der Arbeitszeit für dienstliche Anliegen hat sich dagegen erhöht.
Räumlich und zeitlich entgrenztes Arbeiten ist vor allem in Berufen mit hoher Qualifizierung, hohem Zeitdruck und hoher Autonomie verbreitet sowie bei Frauen, die Kinder betreuen.
Beschäftigte, die räumlich und/oder zeitlich entgrenzt arbeiten, fühlen sich mit ihrem Betrieb enger verbunden.
Beschäftigte, die (teilweise) während der Arbeitszeit im Homeoffice arbeiten, bewerten verschiedene Aspekte ihrer Arbeitsqualität wie die Zufriedenheit und die Fairness des Vorgesetzten eher positiv.
Beschäftigte, die außerhalb ihrer Arbeitszeit - also in ihrer Freizeit - von zu Hause arbeiten, empfinden häufiger Rollenkonflikte zwischen Arbeits- und Privatleben.
Ein Drittel der Angestellten, die nie von zu Hause arbeiten, würde dies gerne gelegentlich oder regelmäßig tun.
Beschäftigte, die nicht von zu Hause arbeiten, das aber gerne tun würden, bewerten Aspekte ihrer Arbeitsqualität wie Zufriedenheit und Verbundenheit mit dem Betrieb eher schlechter.
(Mobiles und entgrenztes Arbeiten - Aktuelle Ergebnisse einer Betriebs- und Beschäftigtenbefragung - Bundesministerium für Arbeit und Soziales, November 2015)
Arbeitnehmer sollen nach Plänen des Bundesarbeitsministeriums bald bessere gesetzliche Rahmenbedingungen für mobiles Arbeiten von zu Hause aus erhalten. Ein Gesetz mit dem Recht auf Homeoffice hätte noch im Jahre 2019 beschlossen werden sollen. Zum geplanten Gesetz sollen auch Möglichkeiten der Vereinbarung von Modellen der Arbeitszeiterfassung gehören. Ein Recht auf mobile Arbeit soll jedoch auf diejenigen Fälle beschränkt, in der Homeoffice im Hinblick auf den Arbeitsmitteleinsatz auch außerhalb des Betriebs wirklich möglich ist (so der Staatssekretär Björn Böhning gegenüber dem Netzwerk Deutschland; FAZ.NET v. 26.02.2019). In der neueren Diskussion ist die Frage, ob Arbeitgeber einen Anspruch von Arbeitnehmern auf Homeoffice-Arbeit "aus betrieblichen Gründen" ablehnen können sollen.
In einem Antrag an den Bundestag fordert die Fraktion Bündnis90/Die Grünen die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das Recht auf Homeoffice und mobiles Arbeiten an einem selbstgewählten Ort festschreibt und die Rahmenbedingungen von mobiler Arbeit einfach und rechtssicher ausgestaltet (Deutscher Bundestag Drucksache 19/13077 v. 10.09.2019).
Eine besondere und aktuelle Bedeutung hat die Telearbeit bzw. die Arbeit im Homeoffice durch den Ausbruch des Coronavirus SARS-Cov-2 und der damit verbundenen Erkrankung Covid-19 im Frühjahr 2020 erhalten.
Aus betrieblichen Gründen zur Verhinderung bzw. Verlangsamung einer Ausbreitung der Corona-Pandemie im Betrieb ermöglichten daraufhin viele Unternehmen ihren Angestellten ein mobiles Arbeiten im Homeoffice - in einem weit größerem und großzügigerem Umfang als dies zu normalen Zeiten möglich gewesen wäre.
Die Erfahrungen mit der Corona-Pandemie und deren Auswirkungen auf die gesellschaftliche und betriebliche Sphäre werden die Rahmenbedingungen der Arbeit im Homeoffice und deren gesetzliche Regelung maßgeblich beeinflussen.
Bis jetzt (Stand 30.09.2020) ist ein solches Gesetz zur Regelung mobilen Arbeit, der Telearbeit und der Arbeit im Homeoffice noch nicht im Bundestag verabschiedet worden.
2. Begriff von Telearbeit und Homeoffice
Der Begriff "Telearbeit" bzw. der Arbeit im Homeoffice wird in der Praxis oft uneinheitlich verstanden. Das liegt zum einen an der fehlenden, gesetzlichen Definition dieses Begriffes, zum anderen aber auch an den unterschiedlichen Erscheinungsformen, in denen Telearbeit auftreten kann. Sie kann z.B. in der Wohnung des Mitarbeiters (heimbasierte Telearbeit) oder auch unterwegs (mobile Telearbeit) erbracht werden. Bzgl. des Begriffs heimbasierte Telearbeit ist auch der Begriff des Homeoffice gebräuchlich im Sinne eines mit moderner Kommunikationstechnik ausgestatteten Büros in der eigenen Wohnung oder im eigenen Wohnhaus. Auch setzen manche Arbeitgeber ihre Mitarbeiter direkt bei einem Kunden ein, wobei der Arbeitgeber häufig auch die gesamte Ausstattung, mit der sie arbeiten, zur Verfügung stellt (On-site-Telearbeit). Schließlich kann Telearbeit auch ausgeführt werden, indem Telearbeitsplätze in einem Tele-Center oder Call-Center gebündelt werden.
Telearbeitsplätze sind - gem. der gesetzlichen Definition in § 2 Abs. 7 ArbStättV "vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. Ein Telearbeitsplatz ist vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist".
Unter Telearbeit im Rahmen der Arbeitsstättenverordnung fallen keine Heimarbeitsverhältnisse im Sinne des § 2 Absatz 1 des Heimarbeitsgesetzes.
Die Arbeitsstättenverordnung sieht nur Regelungen für Telearbeitsplätze im Privatbereich der Arbeitnehmer vor, für mobiles Arbeiten, d.h. außerhalb von Betrieb und Privatbereich, dagegen nicht. In verschiedenen Betrieben gibt es aber meist nur noch Betriebsvereinbarungen zum mobilen Arbeiten, auch wenn wahrscheinlich regelmäßig und ein großer bzw. der größte Teil der Arbeitszeit zu Hause gearbeitet wird, wo auch ein Telearbeitsplatz möglich wäre.
Merkmal des mobilen Arbeitens hingegen ist, so das Landesinstitut für Gestaltung des Landes NRW, die zeitliche und örtliche Flexibilität. Vom Grundsatz her erfolgt mobile Arbeit außerhalb von definierten und geregelten Arbeitsumgebungen.
Mobiles Arbeiten, d.h. gelegentliches Arbeiten von zuhause aus oder während der Reisetätigkeit, Abrufen von Emails nach Feierabend außerhalb des Unternehmens, Arbeit zuhause ohne eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz usw. unterliegt nicht der Arbeitsstättenverordnung; es handelt sich dabei nicht um Telearbeit im Sinne der Verordnung. Mobiles Arbeiten ist vielmehr ein Arbeitsmodell, das den Beschäftigten neben der Tätigkeit im Büro noch Arbeiten außerhalb der regulären Arbeitszeit zuhause oder unterwegs ermöglicht durch ständige Zugangsmöglichkeit über Kommunikationsmittel zum Unternehmen bzw. Betrieb (KomNet Dialog 30563, Stand 23.04.2019).
Natürlich kann mobile Arbeit auch im häuslichen Bereich erfolgen, aber eben nicht nur. Für diesen Fall kann der Arbeitgeber Arbeitsmittel anbieten, wie sie auch regelmäßig bei Telearbeitsplätzen zum Einsatz kommen. Anders als bei Telearbeitsplätzen ist dies aber eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers.
Hinweis:
Siehe dazu weiter und im Einzelnen: Telearbeit/Homeoffice - Definition und Formen
3. Rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten von Telearbeit/Homeoffice
Bei der Einführung von Telearbeit stellt sich oft die Frage nach dem richtigen Rechtsverhältnis. Telearbeit kann prinzipiell in unterschiedlichen Rechtsverhältnissen erbracht werden. In aller Regel wird vorliegen ein:
Arbeitsverhältnis
Heimarbeitsverhältnis
Rechtsverhältnis als arbeitnehmerähnliche Person
Rechtsverhältnis als Selbstständiger
(Siehe auch: Arbeitnehmer, Heimarbeit - Arbeitsrecht, Telearbeit - Arbeitsvertrag und Telearbeit - sonstige Rechtsverhältnisse.)
4. Einführung und Beendigung von Telearbeit/Homeoffice
Der Arbeitgeber kann bei der Einführung von Telearbeit bzw. Arbeit im Homeoffice entweder auf seine bisherigen Mitarbeiter zurückgreifen oder auch neue Mitarbeiter einstellen. Er sollte bei seiner Entscheidung jedoch berücksichtigen, dass erfolgreiche Telearbeit motivierte Mitarbeiter verlangt.
Beide Parteien, der Arbeitnehmer sowie die Arbeitgeber, sind bei der Einführung von alternierender Telearbeit bzw. Arbeit im Homeoffice auf die Zustimmung der jeweils anderen Partei angewiesen.
Ist der Arbeitsort im Arbeitsvertrag nicht festgelegt, bestimmt ihn der Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechts (§ 106 GewO). Dieses muss er nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) ausüben und somit auch die Interessen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers berücksichtigen.
Eine Ausnahme ergibt sich aus dem Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) dar. Dieses gilt nur für die Bundesverwaltung und die Unternehmen und Gerichte des Bundes, nicht für die Privatwirtschaft (vgl. § 2 BGleiG). Aus § 16 Absatz 1 Satz 2 BGleiG folgt ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bezüglich der Einführung von Telearbeit (BVerwG, 31.01.2008 - 2 C 31/06).
Schon aufgrund der im Grundgesetz, in Art. 13 GG festgelegten Unverletzlichkeit der Wohnung erstreckt sich das arbeitgeberseitige Weisungsrecht nicht auf die Zuweisung einer Tätigkeit im Homeoffice. Dies gilt selbst dann, wenn im Arbeitsvertrag ein entsprechendes Weisungsrecht ausdrücklich verankert ist, da eine entsprechende Arbeitsvertragsklausel im Regelfall gegen S 307 Abs. I Satz I BGB verstößt und daher unwirksam ist.
Der Arbeitgeber ist aufgrund seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts nicht berechtigt, dem Mitarbeiter einen Telearbeitsplatz - einseitig gegen dessen Willen -zuzuweisen. Nachdem ein Ingenieur sich geweigert hatte, im Homeoffice zu arbeiten, erhielt er von seiner Firma eine außerordentliche Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung. Das LAG Berlin-Brandenburg stellte fest, dass die außerordentliche Kündigung rechtsunwirksam ist, weil für sie ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB fehlt (LAG Berlin-Brandenburg, 10.10.2018 - 17 Sa 562/18).
Wenn jedoch im Arbeitsvertrag die Versetzung auf einen Telearbeitarbeitsplatz bereits vereinbart gewesen wäre, dann wäre der Arbeitnehmer auch zur Ausführung von Telearbeit aufgrund des Weisungsrechts des Arbeitgebers verpflichtet gewesen.
Bei der Einführung von Telearbeit/Arbeit im Homeoffice im bestehenden Arbeitsverhältnis handelt es sich in der Regel um eine Versetzung oder eine Änderung des Arbeitsvertrags, nicht allein wegen der örtlichen Veränderung der Arbeit, sondern weil sich mit der Einführung der Telearbeit bzw. der mobilen Arbeit im Homeoffice in der Regel das gesamte Bild der Tätigkeit des Mitarbeiters verändert .
Im Falle von Neueinstellungen müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich zunächst über die Art des Rechtsverhältnisses einigen, in welchem die Telearbeit/Arbeit im Homeoffice erbracht werden soll.
Dabei sind die Besonderheiten der einzelnen Rechtsformen zu berücksichtigen. Bei der Ausgestaltung der Telearbeit/Arbeit im Homeoffice bzw. der Beschäftigungsverhältnisse sollte diejenige Rechtsform gewählt werden, die beiden Seiten das gewünschte Maß an Absicherung und Selbstständigkeit bietet.
Aufgabe und Verantwortung des Mitarbeiters und dessen Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs werden bei der Einführung von Arbeit im Homeoffice grundlegend geändert:
Es wird in der Wohnung des Mitarbeiters eine Arbeitsstätte vorgehalten.
Diese muss den arbeitsschutzrechtlichen Anforderungen entsprechen; auch wenn der Betrieb die notwendigen technischen Arbeitsmittel stellt, ist der Mitarbeiter als Wohnungsinhaber in die Sicherstellung der Arbeitsschutzvorschriften der außerbetrieblichen Arbeitsstätte eingebunden. Dies gilt für die Räumlichkeit als solche aber auch für das Mobiliar, welches der Mitarbeiter anschafft und dafür Aufwendungsersatz erhält.
Der Mitarbeiter ist enger als bei einer betrieblichen Arbeitsstätte in die Haftung für Schäden an betrieblichen Arbeitsmitteln eingebunden, auch wenn dafür eine Versicherung abgeschlossen wird.
Der Arbeitnehmer ist als Wohnungsinhaber verkehrssicherungspflichtig für die außerbetriebliche Arbeitsstätte.
Er muss den Datenschutz an der außerbetrieblichen Arbeitsstätte sicherstellen.
Die Nutzung der vertraglich vereinbarten außerbetrieblichen Arbeitsstätte ist etwas grundlegend anderes als die Nutzung einer betrieblichen Arbeitsstätte. Der Mitarbeiter ist völlig anders in die Aufgabenerfüllung, d.h. in den Betriebsablauf eingebunden. Die funktionale Erbringung der Arbeitsleistung ist in der außerbetrieblichen Arbeitsstätte eine völlig andere (vgl. LAG Düsseldorf, 10.09.2014 - 12 Sa 505/14).
Aufgrund des in § 106 GewO festgelegten Weisungsrechts kann der Arbeitgeber in der Regel auch - einseitig - den Arbeitsort bestimmen. Deshalb kann der Arbeitgeber auch eine bereits praktizierte Homeoffice Tätigkeit beenden, indem er den Arbeitnehmer anweist, künftig seine Arbeitsleistung - vollständig oder teilweise - außerhalb des Homeoffice, z.B. in der Betriebsstätte des Arbeitgebers, zu erbringen.
Dies gilt nicht wenn das Weisungsrecht durch eine arbeitsvertragliche Regelung, durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung beschränkt ist und der Arbeitnehmer einen unbefristeten, zeitlich, tage- oder wochenweise beschränkten Anspruch auf Telearbeit bzw. Arbeit im Homeoffice hat.
Ein Arbeitgeber, der mit seinem Arbeitnehmer eine Vereinbarung trifft, wonach der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung für eine bestimmte Dauer im Homeoffice ausüben kann, macht sich schadensersatzpflichtig, wenn dem Arbeitnehmer die vereinbarte Arbeit im Homeoffice nicht gewährt wird. Der Schaden tritt an den jeweiligen Tagen ein, an dem der Arbeitnehmer anstatt Telearbeit von zuhause zu leisten, die Büroräume des Arbeitgebers aufsuchen muss. Ersatzfähig sind die Kosten für die Fahrten vom Heimarbeitsplatz zum Büro. Für die Berechnung des Schadensersatzanspruchs für die Fahrten zur Dienststelle nach § 287 BGB kann die Kilometerpauschale nach § 5 BRKG in Höhe von 0,30 € zugrunde gelegt werden (LAG Rheinland-Pfalz, 07.11.2018 - 7 Sa 46/18).
5. Anspruch des Arbeitnehmers auf Telearbeit bzw. Arbeit im Homeoffice
Einen gesetzlichen Anspruch auf Telearbeit bzw. Arbeit im Homeoffice gibt es z.Zt. in Deutschland nicht.
Ein Anspruch auf Telearbeit/Arbeit im Homeoffice ergibt sich auch nicht aus einer Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers aus § 241 Abs. 2 BGB.
Der Arbeitnehmer kann aber vom Arbeitgeber verlangen, dass dieser unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen nach billigem Ermessen über den Wunsch nach Telearbeit/Arbeit im Homeoffice entscheidet (LAG Rheinland-Pfalz vom 18.12.2014 - 5 Sa 378/14).
Aus der in § 241 Abs. 2 BGB normierten Rücksichtnahmepflicht und der Abwägung beiderseitiger Interessen erwächst - so das LAG Rheinland-Pfalz in diesem Urteil - auch unter Berücksichtigung des grundrechtlichen Schutzes von Ehe und Familie bzw. Pflege und Erziehung der Kinder (Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 GG) aber kein Anspruch des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin auf einen Halbtagsarbeitsplatz an einem anderen Standort oder in einem Home-Office.
Der von der Arbeitnehmerin geltend gemachte Anspruch auf Ausübung des Versetzungsrechts, der letztlich in eine Versetzungspflicht an einen anderen Standort, hilfsweise in ein Home-Office, münden sollte, ergibt sich - so das LAG Rheinland-Pfalz - auch nicht unmittelbar aus § 106 GewO. Nach dieser Vorschrift kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Aus der gewählten Formulierung "kann" ergibt sich, dass es sich hierbei um ein Gestaltungsrecht des Arbeitgebers handelt. Wenn der Arbeitgeber sein Gestaltungsrecht ausübt, hat er bei der Ermessensentscheidung die Grundsätze der Billigkeit zu beachten. Aus § 106 GewO lässt sich unmittelbar keine Pflicht des Arbeitgebers zur Ausübung des Direktionsrechts in gewünschter Weise herleiten. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist nach § 106 Satz 1 GewO Sache des Arbeitgebers.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann es aber die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird, wenn er aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen (BAG, 19.05.2010 - 5 AZR 162/09).
Nach diesen Grundsätzen ist der Arbeitgeber aufgrund seiner Rücksichtnahmepflicht aber nur gehalten, den Antrag des Arbeitnehmers auf eine Änderung der vertraglichen Beziehungen zu prüfen und darüber unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen nach billigem Ermessen zu befinden.
in Zeiten der Corona-Pandemie könnte sich im Einzelfall und ausnahmsweise ein Anspruch eines Arbeitnehmers ergeben, wenn es ihm aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung bzw. Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe und einer konkret an seinem Arbeitsplatz bestehenden Gefährdung für seine Gesundheit und sein Leben, es nicht möglich oder unzumutbar ist, seine Arbeitsleistung an seinem bisherigen Arbeitsplatz zu erbringten. Dies zudem unter der Voraussetzung, dass übliche Schutz- und Hygienemaßnahmen nicht ausreichen und eine zumutbare - befristete - Versetzung innerhalb des Betriebs nicht möglich ist.
Ausnahmsweise kann sich ein Rechtsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers ergeben aus einer Vereinbarung in seinem Arbeitsvertrag, aus Regelungen in einer Betriebsvereinbarung (in der Privatwirtschaft), einer Dienstvereinbarung (im öffentlichen Dienst) oder einem Tarifvertrag.
Arbeitnehmer sollen nach Plänen des Bundesarbeitsministeriums bald bessere gesetzliche Rahmenbedingungen für mobiles Arbeiten von zu Hause aus erhalten. Ein Gesetz mit dem Recht auf Homeoffice hätte noch im Jahre 2019 beschlossen werden sollen. Dazu ist es aber bisher (Stand 30.09.2020 nicht gekommen.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will bis Herbst 2020 nunmehr unter dem Eindruck der Corona-Pandemie ein Gesetz zum Recht auf Homeoffice vorlegen. "Jeder, der möchte und bei dem es der Arbeitsplatz zulässt, soll im Homeoffice arbeiten können - auch wenn die Corona-Pandemie wieder vorbei ist", sagte Heil der "Bild am Sonntag" (faz.net v. 26.04.2020).
"Wir lernen in der Pandemie gerade, wie viele Arbeiten heutzutage von zu Hause erledigt werden können", erklärte der Minister. In der Corona-Krise sei die Zahl der Arbeitnehmer im Homeoffice ersten vorsichtigen Schätzungen zufolge von 12 auf 25 Prozent aller Beschäftigten gestiegen. "Das wären acht Millionen Männer und Frauen, die ihren Job gerade von zu Hause aus erledigen." Das sollten sie auch in Zukunft können.
Wo es betrieblich möglich sei, könne künftig jeder Arbeitnehmer das Arbeiten von zu Hause einfordern, erläuterte Heil. "Man darf entweder komplett auf Homeoffice umsteigen oder auch nur für ein oder zwei Tage die Woche." Mit fairen Regeln werde er verhindern, dass "sich die Arbeit zu sehr ins Private frisst". Auch im Homeoffice gebe es einen Feierabend - "und zwar nicht erst um 22 Uhr" .
Zur Umsetzung des Koalitionsvertrages hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales schon Lösungsvorschläge (Erörterungsrecht mit begründeter Ablehnung, Fiktion) erarbeitet:
Ein Erörterungsrecht mit begründeter Ablehnung soll die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers stärken. Der Arbeitgeber muss mit dem Arbeitnehmer dessen Wunsch nach mobiler Arbeit erörtern und hierauf reagieren, um die Fiktionswirkung zu verhindern.
Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber Beginn, Dauer, Umfang und Verteilung der mobilen Arbeit spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn in Textform mitteilen.
Der Arbeitgeber hat die Pflicht, diesen Wunsch mit dem Arbeitnehmer zu erörtern mit dem Ziel, zu einer Vereinbarung zu gelangen.
Der Arbeitgeber kann den Wunsch des Arbeitnehmers, mobil zu arbeiten, begründet ablehnen (keine qualifizierten Ablehnungsgründe).
Die Ablehnung muss form- und fristgerecht erfolgen.
Versäumt der Arbeitgeber die Erörterung und/oder lehnt er nicht form- und fristgerecht ab, gilt die vom Arbeitnehmer gewünschte mobile Arbeit als vereinbart (Zustimmungsfiktion).
Bei ordnungsgemäßer Ablehnung durch den Arbeitgeber neues Verfahren frühestens nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums nach Zugang der Ablehnung.
Tarif- und Betriebspartner sollen eigene Modelle zur mobilen Arbeit regeln können.
(Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Vereinbarkeit Pflege, Familie und Beruf, Mobiles und dezentrales Arbeiten, 1. Januar 2020
6. Betriebszugehörigkeit und "betriebliches Leben"
Bezüglich der Frage nach der Betriebszugehörigkeit gibt es keine Unterschiede zwischen einem Telearbeitnehmer bzw. Arbeitnehmer im Homeoffice und "normalen"Arbeitnehmern. Der Telearbeitsplatz gilt als Bestandteil des Betriebes und die Telearbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmer im Homeoffice haben die gleichen Rechte und Pflichten, wie alle anderen Arbeitnehmer.
Dies gilt auch, wenn heimbasierte Telearbeit (Arbeit im Homeoffice) geleistet wird und der Telearbeitnehmer daher ausschließlich in seiner eigenen Wohnung arbeitet. In diesem Fall wird er zwar in räumlicher Unabhängigkeit für den Arbeitgeber tätig, jedoch ersetzt die elektronische Verbindung mit dem Arbeitgeber diese räumliche Trennung.
Ferner ist der Telearbeitnehmer in der Ausübung seiner Tätigkeit vom Arbeitgeber abhängig und in die Organisation des Betriebes eingebunden. Bei heimbasierter Telearbeit bzw. bei Arbeit im Homeoffice existieren daher ebenfalls ein einheitlicher Leitungsapparat und eine einheitliche Organisation. Mit einer betrieblichen oder individuellen Vereinbarung sollte daher ein Rahmen geschaffen werden, der die Teilnahme des Telearbeitnehmers am Betriebsgeschehen unterstützt.
Hierbei sollten die folgenden Punkte beachtet werden:
Der Telearbeitnehmer sollte regelmäßig über alle betrieblichen Ereignisse informiert werden.
Er sollte das Recht haben, an allen betrieblichen Versammlungen und Besprechungen teilzunehmen, die Aspekte seiner Arbeit betreffen.
Der Telearbeitnehmer sollte das Recht haben, ohne Beschränkung oder Kontrolle die vorhandenen Kommunikationsmittel arbeitsbezogen zu nutzen. Diese Nutzung betrifft neben der sozialen Kommunikation mit den Kollegen auch die Kommunikation mit der betrieblichen Interessenvertretung.
Es sollten Telearbeitskreise als Forum zum Erfahrungsaustausch mit Telearbeitnehmern, betrieblichen Mitarbeitern, Vorgesetzten und Betriebsräten eingerichtet werden.
Darüber hinaus sind auch die Telearbeitnehmer, die Mitarbeiter der Büroarbeitsplätze und die Vorgesetzten gefordert, die Integration der Telearbeitnehmer zu fördern.
7. Gewerkschaftliche Betreuung
Die kollektive Interessenvertretung durch die Gewerkschaften setzt einen engen Kontakt zum Mitarbeiter voraus. Dies kann z.B. der persönliche Kontakt zur gesamten Belegschaft oder zu einzelnen Mitarbeitern sein. Auch Werbemaßnahmen im Betrieb, die Versendung von Einladungen, Aushänge an "schwarzen Brettern" oder das Verteilen von Informationsmaterial gehören zur gewerkschaftlichen Betreuung. Bei der Telearbeit ist der direkte Kontakt zwischen Gewerkschaft und dem Telearbeitnehmer durch die reduzierte betriebliche Anwesenheit in geringerem Umfang gegeben. Die Telearbeitnehmer können deshalb auch gezielt und direkt über elektronische Kommunikationsmittel angesprochen werden.
Praxistipp:
So können z.B. frühzeitig Einladungen über einen E-Mail-Verteiler an alle Telearbeitnehmer versandt werden. Diese können dann die Teilnahme an Veranstaltungen rechtzeitig einplanen. Auch zu verteilendes Informationsmaterial oder Aushänge können so den Telearbeitnehmern zugänglich gemacht werden. Diese Nutzung der Kommunikationsmittel sollte in einer Vereinbarung schriftlich geregelt werden, da die Gewerkschaft hierbei das Eigentum des Arbeitgebers nutzt.
In manchen Fällen ist es sinnvoll oder erforderlich, den Arbeitnehmer persönlich anzusprechen. Die gewerkschaftliche Interessenvertretung muss sich dann zunächst einen Überblick über die Telearbeits- und Büroarbeitstage der einzelnen Mitarbeiter verschaffen. Sofern die persönliche Ansprache am heimischen Arbeitsplatz erfolgen soll, steht dem von Arbeitgeberseite nichts entgegen. Eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft besitzt zur Wahrnehmung der im Betriebsverfassungsgesetz genannten Aufgaben und Befugnisse das Recht auf Zugang und Betätigungsfreiheit im gesamten Betrieb (§ 2 Abs. 2 BetrVG, Art. 9 Abs. 3 GG), zu dem auch die heimischen Telearbeitsplätze zählen. Der Arbeitnehmer kann sich dagegen auf die Unverletzlichkeit seiner Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) berufen, wenn er diesen persönlichen Kontakt an seinem häuslichen Arbeitsplatz durch die Gewerkschaft nicht wünscht.
In Betrieben ohne Betriebsrat sind für den Arbeitnehmer in Telearbeit insbesondere die Mitwirkungs-, Anhörungs- und Beschwerderechte (§§ 81 - 86a BetrVG) von Bedeutung.