Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Gerichte - Landesarbeitsgericht (LAG)
Gerichte - Landesarbeitsgericht (LAG)
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.
- 5.Rechtsprechungs-ABC
- 5.1
- 5.2
- 5.3
- 5.4
- 5.5
- 5.6
- 5.7
- 5.8
- 5.9
- 5.10
- 5.11
- 5.12
- 5.13
- 5.14
- 5.15
- 5.16
- 5.17
Information
1. Allgemeines
Die Arbeitsgerichtsbarkeit ist wie alle anderen Gerichtszweige dreistufig gegliedert. Zwischen der ersten Instanz der Arbeitsgerichte und der dritten und höchsten Instanz des Bundesarbeitsgerichts mit Sitz in Kassel/Erfurt liegen auf der mittleren Ebene als zweite Instanz die Landesarbeitsgerichte.
2. Errichtung und Organisation
In den Ländern der Bundesrepublik werden neben den Arbeitsgerichten Landesarbeitsgerichte eingerichtet (§ 33 ArbGG).
Die Geschäfte der Verwaltung und Dienstaufsicht der Landesarbeitsgerichte führen die zuständigen obersten Landesbehörden (Minister, Senat), § 34 Abs. 1 ArbGG. Von dort können beide Bereiche auf den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts übertragen werden, § 34 Abs. 2 ArbGG.
Die Landesarbeitsgerichte bestehen aus den Präsidenten, den Vorsitzenden Richtern und ehrenamtlichen Richtern, § 35 Abs. 1 Satz 1 ArbGG. Die ehrenamtlichen Richter werden je zur Hälfte aus den Kreisen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber genommen, § 35 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. Jede Kammer (Spruchkörper) des Landesarbeitsgerichts ist mit einem vorsitzenden Berufsrichter und je einem Beisitzer aus dem Arbeitgeber- und Arbeitnehmerlager besetzt, § 35 Abs. 2 ArbGG. Die ehrenamtlichen Richter müssen das 30. Lebensjahr vollendet haben und sollen schon mindestens vier Jahre Beisitzer eines erstinstanzlichen Arbeitsgerichts gewesen sein, § 37 Abs. 1 ArbGG.
3. Der zweite Rechtszug
Die Landesarbeitsgerichte sind nach §§ 64 Abs. 1; 78; 87 Abs.1 ArbGG zuständig für
Berufungen gegen erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Urteile
Beschwerden gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden
Beschwerden gegen das Verfahren beendende Beschlüsse der Arbeitsgerichte
Das Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetz vom 30.03.2000 hat die bisherigen Berufungsvoraussetzungen geändert: Nach dem neuen § 64 Abs. 2 ArbGG kann dieses Rechtsmittel seit dem 01.05.2000 nur eingelegt werden,
wenn es in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt oder
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses.
Im neuen § 64 Abs. 3a ArbGG heißt es dazu: "Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden."
Gegen Urteile der Landesarbeitsgerichte findet nach Maßgabe der §§ 72 ff. ArbGG die Revision zum Bundesarbeitsgericht statt. Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte können nach §§ 92 ff. ArbGG mit der Rechtsbeschwerde angegriffen werden.
4. Anschriften
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Börsenstraße 6
70174 Stuttgart
Tel.: 0711/6685-0
Fax: 0711/6685-400
Web: http://www.lag-baden-wuerttemberg.de
Landesarbeitsgericht München
Winzererstraße 104
80797 München
Postfach 400180
80701 München
Tel.: 089/30619-0
Fax: 089/30619-211
E-Mail: poststelle@lag-m.bayern.de
Web: http://www.arbg.bayern.de
Landesarbeitsgericht Nürnberg
Roonstraße 20
90429 Nürnberg
Tel.: 0911/928-0
Fax: 0911/928-2750
E-Mail: poststelle@lag-n.bayern.de
Web: http://www.arbg.bayern.de/lagn
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Magdeburger Platz 1
10785 Berlin
Postfach 303633
10727 Berlin
Tel.: 030/90171-0
Fax: 030/90171-222
E-Mail: praesident@larbg.berlin.de
E-Mail: pressestelle@larbg.berlin.de
Web: http://www.berlin.de/sen/arbeit/landesarbeitsgericht/index.html
Landesarbeitsgericht Bremen
Am Wall 198
28195 Bremen
Tel.: 0421/361-6371
Fax: 0421/361-6579
E-Mail: office@lag.bremen.de
Web: http://www.landesarbeitsgericht.bremen.de
Landesarbeitsgericht Hamburg
Osterbekstraße 96
22083 Hamburg
Postfach 760720
22057 Hamburg
Tel.: 040/42863-5665
Fax: 040/42863-5852
E-Mail: poststelle@arbg.justiz.hamburg.de
Web: http://www.landesarbeitsgericht.hamburg.de
Hessisches Landesarbeitsgericht
Gutleutstraße 130
60327 Frankfurt am Main
Tel.: 069/15047-0
Fax: 069/15047-8300
E-Mail: verwaltung@lag-frankfurt.justiz.hessen.de
Web: http://www.lag-frankfurt.justiz.hessen.de/
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Haus der Justiz
August-Bebel-Straße 15-20
18055 Rostock
Postfach 102189
18003 Rostock
Tel.: 0381/241-0
Fax: 0381/241-124
E-Mail: verwaltung@lag-rostock.mv-justiz.de
E-Mail: pressesprecher.lag@lag-rostock.mv-justiz.de
Web: http://www.mv-justiz.de/pages/arbeitsgerichte/lag_mv.htm
Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Siemensstraße 10
30173 Hannover
Tel.: 0511/80708-0
Fax: 0511/80708-25
E-Mail: lagh-poststelle@justiz.niedersachsen.de
Web: http://www.landesarbeitsgericht.niedersachsen.de
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Ludwig-Erhard-Allee 21
40227 Düsseldorf
Postfach 103444
40025 Düsseldorf
Tel.: 0211/7770-0
Fax: 0211/7770-2199
E-Mail: poststelle@lag-duesseldorf.nrw.de
Web: http://www.lag-duesseldorf.nrw.de
Landesarbeitsgericht Hamm
Marker Allee 94
59071 Hamm
Postfach 1907
59061 Hamm
Tel.: 02381/891-1
Fax: 02381/891-283
E-Mail: poststelle@lag-hamm.nrw.de
Web: http://www.lag-hamm.nrw.de
Landesarbeitsgericht Köln
Blumenthalstraße 33
50670 Köln
Postfach 130115
50495 Köln
Tel.: 0221/7740-0
Fax: 0221/7740-356
E-Mail: poststelle@lag-koeln.nrw.de
Web: http://www.lag-koeln.nrw.de
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Ernst-Ludwig-Straße 1
55116 Mainz
Postfach 3030
55020 Mainz
Tel.: 06131/141-0
Tel.: 06131/141-9508
Fax: 06131/141-9506
E-Mail: poststelle.lag@arbg.mjv.rlp.de
Web: http://www.justiz.rlp.de
Landesarbeitsgericht Saarland
Obere Lauerfahrt 10
66121 Saarbrücken
Tel.: 0681/501-3603
Fax: 0681/501-3607
E-Mail: presse@soziales.saarland.de
Web: http://www.arbeitsgerichte.saarland.de
Sächsisches Landesarbeitsgericht
Zwickauer Straße 54
09112 Chemnitz
Postfach 704
09007 Chemnitz
Tel.: 0371/453-0
Fax: 0371/453-7222
Web: http://www.justiz.sachsen.de/lag
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt
Justizzentrum Halle
Thüringer Straße 16
06112 Halle
Postfach 100254
06141 Halle
Tel.: 0345/220-0
Fax: 0345/220-2240
E-Mail: poststelle@lag-hal.justiz.sachsen-anhalt.de
Web: http://www.sachsen-anhalt.de/index.php?id=3109
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Deliusstraße 22
24114 Kiel
Tel.: 0431/604-0
Fax: 0431/604-4100
E-Mail: post@lagsh.landsh.de
Web: http://www.arbgsh.de
Thüringer Landesarbeitsgericht
Justizzentrum Erfurt
Rudolfstraße 46
99092 Erfurt
Tel.: 0361/3776-371
Fax: 0361/3776-300
E-Mail: lag@largef.thueringen.de
Web: http://www.landesarbeitsgericht.thueringen.de
5. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet einige der wichtigsten Entscheidungen zum Stichwort Landesarbeitsgericht hinterlegt:
5.1 Ablehnung eines Sachverständigen
Nach § 49 Abs. 1 und Abs. 3 ArbGG findet gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts über die Ablehnung einer Gerichtsperson kein Rechtsmittel statt. Kraft ausdrücklicher Anordnung in § 64 Abs. 7 ArbGG gilt diese Bestimmung für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten entsprechend. Gegen den Beschluss über die Ablehnung eines Sachverständigen findet ebenfalls keine Beschwerde statt (BAG, 22.07.2008 - 3 AZB 26/08 - mit dem Hinweis, dass der Ausschluss des Rechtsmittels verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist).
5.2 Absoluter Revisionsgrund
Ein absoluter Revisionsgrund liegt nach § 547 Nr. 1 ZPO vor, "wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war". Auch wenn eine Verhandlung bereits geschlossen ist, kann das Gericht deren Wiedereröffnung anordnen (§ 156 Abs. 1 ZPO). Das bedeutet für § 547 Nr. 1 ZPO: "Der absolute Revisionsgrund ... liegt nicht vor, wenn nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung der Vorsitzende des Spruchkörpers ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter nach § 156 Abs. 1 ZPO die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnet und die Berufungskammer nach einer neuerlichen mündlichen Verhandlung in der dafür vorgesehenen Besetzung entscheidet" (BAG, 31.07.2018 - 3 AZN 320/18 - Leitsatz).
5.3 Beschwerde
Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. "Das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 87 Abs. 1 ArbGG setzt voraus, dass eine in der angefochtenen Entscheidung liegende Beschwer beseitigt werden soll. Werden im Rahmen der Beschwerdeinstanz infolge einer Antragsänderung ausschließlich neue prozessuale Ansprüche geltend gemacht und die Beseitigung der erstinstanzlichen Beschwer nicht weiterverfolgt, ist die Beschwerde unzulässig" (BAG, 24.10.2017 - 1 ABR 45/16 - Leitsatz).
5.4 Besetzungsrüge
Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG - das Verbot der Entziehung des gesetzlichen Richters - will, dass die Rechtsprechungsorgane nicht anders besetzt werden dürfen, als dies in den allgemeinen Normen der Gesetze und Geschäftsverteilungspläne vorgesehen ist. Der Begriff "gesetzlicher Richter" bedeutet, dass sich der für die einzelne Sache zuständige Richter im Voraus eindeutig aus einer allgemeinen Regelung ergeben muss. Das Kennzeichen der Gewährleistung des gesetzlichen Richters ist die normative, abstrakt-generelle Vorherbestimmung des jeweils für die Entscheidung zuständigen Richters.
Wenn vor diesem Hintergrund ehrenamtliche Richter abweichend von der Reihenfolge auf der Liste der Ehrenamtlichen aufgrund des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache zu einer Sitzung der LAG-Kammer herangezogen werden, ist das Gericht damit nicht vorschriftsmäßig besetzt (BAG, 26.09.2007 - 10 AZR 35/07 - mit dem Hinweis, dass die Besetzungsrüge unverzichtbar ist und deswegen auch das Einverständnis des Klägers mit der Besetzung der Richterbank am Erfolg der Rüge nichts ändert).
5.5 Ehrenamtliche Richter
Auch wenn ein nachgereichter Schriftsatz nicht mehr bei der Entscheidung über das Urteil Beachtung finden kann, weil das Urteil nach Beratung und Abstimmung zwar schon gefällt ist (§ 309 ZPO), aber noch nicht verkündet ist, muss das Gericht - hier ein LAG - weiterhin bis zur Verkündung des Urteils eingehende Schriftsätze zur Kenntnis zu nehmen und eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zu prüfen. "Im arbeitsgerichtlichen Verfahren haben im Fall eines nachgereichten Schriftsatzes die ehrenamtlichen Richter an der Entscheidung über eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung mitzuwirken" (BAG, 18.12.2008 - 6 AZN 646/08 - Leitsatz).
5.6 Freie richterliche Beweiswürdigung
Die Tatsachengerichte - Arbeits- und Landesarbeitsgericht - entscheiden gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO "nach freier Überzeugung", "ob eine tatsächliche Behauptung für oder nicht für wahr zu erachten sei." Das Revisionsgericht - Bundesarbeitsgericht - kann die freie richterliche Beweiswürdigung nur beschränkt überprüfen. Nämlich danach, ob sich das Tatsachengericht umfassend und widerspruchsfrei mit dem Prozessstoff auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und kein Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze vorliegt. Zudem gilt: "Der Angriff gegen die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts bedarf einer Verfahrensrüge" (BAG, 16.01.2018 - 7 AZR 312/16 - mit Hinweis auf BAG, 20.08.2014 - 7 AZR 924/12 - und BAG, 16.01.2008 - 7 AZR 603/06).
5.7 Freie richterliche Beweiswürdigung - 2
Die Tatsacheninstanzen müssen nach § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung entscheiden, ob sie eine Tatsache für wahr oder nicht wahr halten. Mögliche Zweifel müssen sie überwinden, obwohl sie sie nicht komplett ausschließen können. Es genügt daher, wenn ein für das praktische Leben brauchbarer Gewissheitsgrad erreicht ist, "der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen" (s. dazu BAG, 16.07.2015 - 2 AZR 85/15 - und BGH, 18.10.2017 - VIII ZR 32/16). Bei einem Indizienbeweis hat das Tatsachengericht zu prüfen, ob die behaupteten Hilfstatsachen, wenn man deren Richtigkeit unterstellt, es von der Wahrheit der Haupttatsache überzeugen. "Dabei sind die Tatsacheninstanzen grundsätzlich frei darin, welche Beweiskraft sie den behaupteten Indiztatsachen im Einzelnen und in einer Gesamtschau beimessen" (BAG, 25.04.2018 - 2 AZR 611/17).
5.8 Gehörsrüge
Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist verletzt, wenn das LAG einen in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag des Klägers nicht in den Urteilstatbestand aufnimmt und auch nicht über ihn entscheidet. Das aus Art. 103 Abs. 1 GG resultierende Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht nämlich, die Ausführungen der Prozessparteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Der Kläger hat in diesem Fall die Möglichkeit, nach § 321 ZPO eine Urteilsergänzung zu beantragen (BAG, 26.06.2008 - 6 AZN 1161/07).
5.9 Geschäftsverteilungsplan
Nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. "Gesetzlich" ist der Richter, der örtlich, sachlich und nach dem Geschäftsverteilungsplan des jeweiligen Gerichts zuständig ist. Eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans kann in Ausnahmefällen verfassungsrechtlich auch bei bereits anhängigen Verfahren zulässig sein, wenn nur so dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgebot angemessen Rechnung getragen werden kann (BVerfG, 18.03.2009 - 2 BvR 229/09 - mit dem Hinweis, dass es in Fällen dieser Art einer umfassenden Dokumentation und Darlegung der Gründe, die eine Umverteilung der richterlichen Geschäfte rechtfertigen, bedarf, um den Anschein willkürlicher Zuständigkeitsverschiebung auszuschließen).
5.10 Gesetzlicher Richter - 1
Ein Richter ist nach § 41 Nr. 6 ZPO von der Ausübung seines Richteramts kraft Gesetzes in Sachen ausgeschlossen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren beim Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat. Eine Rechtsmittelrichterin im Berufungsverfahren ist aber nicht deswegen ausgeschlossen, weil ihr Ehemann an der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung mitgewirkt hat.
Ebenso wenig ist dieser Umstand allein geeignet, die Ablehnung dieser Richterin nach § 42 Abs. 2 ZPO ("Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen") zu rechtfertigen (BGH, 17.03.2008 - II ZR 313/06 - mit dem Hinweis, dass das Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht verletzt wird, wenn das Berufungsgericht eine Sachentscheidung trifft, ohne darüber zu befinden, ob das erstinstanzliche Gericht einen Ablehnungsantrag unter Mitwirkung des abgelehnten Richters zu Recht als unzulässig verworfen hat).
5.11 Gesetzlicher Richter - 2
Die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts ist ein absoluter Revisionsgrund, § 547 Nr. 1 ZPO. Er liegt vor, wenn über den Rechtsstreit andere Richter entscheiden als die gesetzlich berufenen. "'Gesetzlicher Richter' bedeutet, dass sich der für die einzelne Sache zuständige Richter im Voraus eindeutig aus einer allgemeinen Regelung ergeben muss. (...) Dass seit mehreren Jahren ein Richter am Arbeitsgericht als Vorsitzender der 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt im Zeitpunkt der Zuteilung des Rechtsstreits an die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts tätig ist und diese selbst deshalb gegebenenfalls nicht vorschriftsmäßig besetzt war, ändert nichts an der ordnungsgemäßen Bildung der 7. Kammer und deren Kammerzuständigkeit nach dem Geschäftsverteilungsplan" (BAG, 13.10.2010 - 5 AZN 861/10 - mit dem Hinweis, dass die Kammer hier vorschriftsmäßig im Sinn des § 35 ArbGG mit einem Vorsitzenden besetzt gewesen ist).
5.12 Haupt-/Hilfsantrag
Legt die unterlegene Partei Revision ein, wird der Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung durch die in der Revisionsinstanz angefallenen Streitgegenstände bestimmt. Hat das zweitinstanzliche LAG einen Hauptantrag (hier: Klage auf Zahlung einer tariflichen Jahressonderzahlung) abgewiesen, fällt dieser Antrag beim Revisionsgericht nicht an, wenn der Beklagte bloß gegen die auf den Hilfsantrag (hier: Klage auf Zahlung einer Sonderzahlung aufgrund betrieblicher Übung) gestützte Klagestattgabe Revision einlegt. Der durch Abweisung seines Hauptantrags beschwerte Kläger ist gehalten, selbst ein Rechtsmittel einzulegen - sonst wird die gerichtliche Entscheidung in diesem Umfang rechtskräftig (BAG, 23.01.2019 - 4 AZR 445/17 - mit Hinweis auf BAG, 20.09.2017 - 6 AZR 474/16).
5.13 Prozesskostenhilfe - Versagung
Auch Berufungsklägern und -beklagten kann Prozesskostenhilfe gewährt werden. Nur: Ist die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig, darf Prozesskostenhilfe nach § 114 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO versagt werden. War der Rechtsmittelgegner in der Vorinstanz anwaltlich vertreten, darf ihm im Allgemeinen erst dann Prozesskostenhilfe gewährt werden, wenn das Rechtsmittel begründet wurde und keine Verwerfung des Rechtsmittels in Betracht kommt (s. dazu BAG, 15.02.2005 - 5 AZN 781/04 (A); BGH, 24.10.2012 - XII 460/11 - und BGH, 28.04.2010 - XII ZB 180/06). Prozesskostenhilfe kann nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur in Anspruch genommen werden, soweit sie für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung erforderlich ist. "Einer Partei, die auf Kosten der Allgemeinheit prozessiert, muss zugemutet werden, zulässige Maßnahmen erst dann vorzunehmen, wenn diese im Einzelfall wirklich notwendig werden. Bis zur Einreichung der Rechtsmittelbegründung bedarf der Rechtsmittelgegner in der Regel noch keines anwaltlichen Beistands, weil eine ihm nachteilige Entscheidung in der Sache nicht ergehen kann" (BAG, 23.04.2018 - 9 AZB 5/18)
5.14 Rechtsbeschwerde
Erklären beide Parteien das Verfahren in der Hauptsache für erledigt, muss das Gericht nach § 91a ZPO über die Verfahrenskosten entscheiden. Trifft das LAG die Kostenentscheidung, ist nicht die sofortige Beschwerde nach § 91a Abs. 2 ZPO statthaft, sondern die Rechtsbeschwerde nach §§ 574 ff. ZPO. Sie ist dann selbstverständlich auch an die Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 ZPO gebunden (BAG, 21.06.2006 - 3 AZB 65/05).
5.15 Richterliche Hinweispflicht
Das Gericht darf seine Entscheidung gem. § 139 Abs. 2 ZPO nur dann auf einen von einer Partei erkennbar übersehenen oder für unerheblich gehaltenen (oder vom Gericht anders als von beiden Parteien beurteilten) Gesichtspunkt stützen, wenn es die Parteien darauf hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Mit der richterlichen Hinweispflicht nach § 139 ZPO soll der Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör konkretisiert und Überraschungsentscheidungen vermieden werden. "Die Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO besteht auch gegenüber anwaltlich vertretenen Parteien, wenn der Prozessbevollmächtigte der substanziierungspflichtigen Partei ersichtlich darauf vertraut, dass sein schriftlicher Vortrag ausreicht" (BAG, 15.11.2018 - 6 AZR 294/17 - mit Hinweis auf BGH, 27.09.2006 - VIII ZR 19/04 - und dem Ergebnis, dass in diesem Fall ein Revisionsgrund i.S.d. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO vorlag).
5.16 Überprüfung von Verwaltungsakten
Die Gerichte aller Rechtszweige sind nach innerstaatlichem Recht an Bestand und Inhalt eines Verwaltungsakts (hier: Bescheid einer Krankenkasse über die Zahlung von Krankengeld) gebunden - es sei denn, den Gerichten ist eine Kontrollkompetenz eingeräumt (= Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten). Den Arbeitsgerichten ist es daher verwehrt, die materielle Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts zu überprüfen, wenn nicht ein Fall von Nichtigkeit des Verwaltungsakts vorliegt (s. dazu BAG, 15.02.2017 - 7 AZR 82/15; BAG, 16.04.2015 - 6 AZR 71/14; BAG, 07.07.1999 - 10 AZR 571/98 - und BAG, 28.06.2012 - 6 AZR 780/10). Liegt ein rechtskräftiger Bescheid vor, ist das vom Arbeitsgericht hinzunehmen - auch wenn der verklagte Arbeitgeber darauf hinweist, der Arbeitnehmer habe dem Leistungsträger (hier: Krankenkasse) nicht alle für den Leistungsbezug maßgeblichen Tatsachen mitgeteilt (BAG, 15.11.2018 - 6 AZR 522/17).
5.17 "Vergessene" Zulassung
"Hat das Landesarbeitsgericht eine Entscheidung über die Zulassung der Revision getroffen und es versehentlich versäumt, diese Entscheidung in den Urteilstenor aufzunehmen, ist es nach § 64 Abs. 3a ArbGG grundsätzlich nicht gehindert, den Urteilstenor unter den Voraussetzungen des § 319 ZPO von Amts wegen im Wege des Berichtigungsbeschlusses zu ergänzen. Allerdings muss das Gericht den Parteien gegenüber bis zum Ablauf der Frist des § 64 Abs. 3a Satz 2 ArbGG sein Versehen offenbart und seine Absicht mitgeteilt haben, das Urteil entsprechend zu berichtigen" (BAG, 22.03.2018 - 8 AZR 779/16 - Leitsatz).